Vielen Dank, Frau Kollegin, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben gerade die Voraussetzungen erwähnt, unter denen ein Ausbau bzw. ein Einsatz der Videoüberwachung laut Polizeigesetz möglich ist. Wollen Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir mit dem Antrag die Vorlage eines Berichts erwirken wollen, und zwar auf der Grundlage des Beschlusses, wie er jetzt für die Kölner Ringe gefasst wurde? Diese Berichte möchten wir gerne vorliegen haben. – Nehmen Sie zur Kenntnis, dass das der einzige Inhalt dieses Antrags ist?
Das nehme ich gerne zur Kenntnis. Aber dann hätten Sie hier einen solchen Antrag nicht zu stellen brauchen, wenn das so ist. In § 15a Abs. 5 PolG NRW – ich zitiere – steht nämlich:
„§ 15a tritt am 31. Juli 2018 außer Kraft. Die Auswirkungen dieser Vorschrift und die praktische Anwendung werden durch die Landesregierung unter Mitwirkung einer oder eines unabhängigen wissenschaftlichen Sachverständigen geprüft. Die Landesregierung berichtet dem Landtag über das Ergebnis der Evaluierung.“
Ich gehe mal davon aus, dass sich die Landesregierung auch an dieses Gesetz hält. Dafür brauchen wir jetzt hier Ihren Antrag nicht.
Ich würde aber gerne noch einmal darauf abstellen – weil das jetzt oftmals in den Medien so dargestellt wird, warum wir die Videoüberwachung ausbauen wollen –, was sie nicht kann und was sie auch nicht darf. Das ist wichtig, das noch einmal zu erwähnen.
Die Polizei darf sie gar nicht präventiv zur möglichen Beweissicherung einsetzen. Vielfach heißt es ja – ich habe es heute Morgen erst wieder in einem Kommentar, ich glaube, in der „Rheinischen Post“ gelesen –: Warum macht ihr das nicht? Man kann damit nachher doch die Täter fassen!
Dem entgegne ich: Nein, das dürfen wir nicht. Das Bundesverfassungsgericht nimmt hier sehr klar – das ist in der Tat schwer vermittelbar – die Abgrenzung vor, was wir überhaupt dürfen und was wir nicht dürfen. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen darf präventiv mit der Begründung der Beweissicherung – falls dort irgendetwas passieren sollte – keine Plätze überwachen. Diese Begründung steht dem Verfassungsrecht entgegen. Das will ich noch einmal ausdrücklich sagen, weil auch GdPVorsitzende in diesem Land dies immer wieder als Begründung anführen. Da sollte man jedoch redlich sein. Diesem Landtag sollte das Selbstverständnis innewohnen, dass sich die Legislative selbstverständlich an Verfassungsvorgaben hält.
Zweiter Punkt. Was kann Videoüberwachung das denn überhaupt leisten? Wenn etwas passiert – das ist, wie ich finde, die wesentliche Voraussetzung für den Einsatz dieser Kameras –, muss die Polizei schnell vor Ort sein und helfen. Denn ansonsten ist das eine Scheinsicherheit für die Opfer, die sich sicher fühlen; wenn dann aber etwas passiert, ist die Polizei nicht da, um ihnen zu helfen.
Das ist eine wichtige Voraussetzung. Denn dies erfordert dann wiederum nicht nur das Personal, das die Bildschirme überwacht, sondern auch frei verfügbare Kräfte, die sehr schnell vor Ort sein können.
Deswegen ist es so wichtig, dass wir die Videoüberwachung – das haben aber bis jetzt auch alle gesagt – nicht als Allheilmittel betrachten und sie nicht überall zur Sicherheit einsetzen können oder sollten, weil ansonsten Scheinsicherheit suggeriert wird.
Dieses Problem ist in Düsseldorf gut gelöst. Dort sind diese Voraussetzungen erfüllt. Der Kriminalitätsbrennpunkt ist tatsächlich an die Örtlichkeit gebunden. Da trifft man sich am Wochenende, vor allem nachts, um Straftaten zu begehen. So ist das einfach.
Frau Kollegin, es gibt einen weiteren Wunsch nach einer Zwischenfrage; diesmal von Herrn Olejak. Lassen Sie sie zu?
Vielen Dank, Frau Düker, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. Sie erwähnten gerade, dass ein ausschlaggebendes Argument die Erreichbarkeit des möglichen Tatortes für die Polizei ist. Da stellt sich mir eine andere Frage. In Düsseldorf ist ja die Polizeiwache – ich als Düsseldorfer weiß das – …
… in der Altstadt direkt 50 m in Reichweite. Wie weit ist denn die nächste Polizeiwache von den Kölner Ringen überhaupt entfernt? Kann man das da überhaupt rechtfertigen?
Ich gehe umgekehrt heran, Herr Kollege. Wenn Videoüberwachung eingesetzt wird, müssen – damit es nicht zu einer Scheinsicherheit führt – diese Voraussetzungen gegeben sein oder eben geschaffen werden.
sie ist innerhalb von einer Minute zu erreichen. Das ist hier der Gewinn dieser Kameras. Die sind ja auch nicht ständig im Einsatz, sondern dann, wenn dort – ich sage mal – die Post abgeht, nämlich nachts an Wochenenden. Dann schafft es die Polizei, in weniger als einer Minute vor Ort zu sein und größeren Schaden zu verhindern. Wenn eine Schlägerei anfängt, kann die Polizei sofort da sein, bevor es in eine Massenschlägerei ausartet.
Das Düsseldorfer Konzept können wir vor Ort – auch ich als Grüne – und für das Land absolut mittragen, weil hiermit tatsächlich ein Sicherheitsgewinn verbunden ist.
Das ist für mich – ganz nüchtern betrachtet – die wesentliche Voraussetzung. Das Gesetz haben wir. Wir entscheiden nicht parteipolitisch, wo jetzt Videokameras aufgebaut werden, weil das gerade gut in meinen Wahlkreis passt, sondern wir halten uns an die gesetzliche Grundlage: Es muss geeignet sein. Es muss erforderlich sein. Es muss ein Brennpunkt nachgewiesen werden. Die Polizei muss vor Ort sein können, wenn etwas passiert, und sie muss die Bildschirme beobachten können. Dann – und nur dann – trägt das Ganze zu mehr Sicherheit bei.
Herr Schittges, Sie haben vorhin mal eben aus dem Ärmel geschüttelt: Wenn wir das alles hätten, dann
Das kann Videoüberwachung nicht leisten. So ehrlich sollten wir sein. Die Abschreckungswirkung im Bahnhof von Köln war offenbar nicht gegeben; denn dort hängen überall Kameras. Der ganze Bahnhof wird massenhaft von Kameras überwacht. Trotzdem haben diese Taten dort leider stattgefunden.
Das heißt: Wenn wir den Menschen mit dem Installieren der Videokameras tatsächlich mehr Sicherheit bieten können – ich bin dafür, wenn genau das funktioniert –, dann müssen wir dies entlang dieser Kriterien tun. Denn ansonsten – da bin ich wieder bei dieser Symbol- und Aktionismuspolitik – erreichen wir am Ende nichts.
Wir dürfen als Antwort auf diese schrecklichen Vorfälle von Köln keine Scheinlösungen anbieten, um politische Geländegewinne zu erzielen. Wenn die Opfer am Ende nicht merken, dass mehr Sicherheit vorhanden ist und dass sie besser geschützt werden, dann verlieren wir Vertrauen.
Wir Grüne stehen für einen ehrlichen und pragmatischen Umgang mit diesem Instrument, und genauso werden wir zukünftige mögliche Standorte für Videoüberwachung bewerten. Dann wird auch mehr für die Sicherheit in diesem Land dabei herauskommen. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es vorwegzuschicken: Wir Freie Demokraten wünschen uns statt Debatten über mehr Videokameras grundsätzlich eher Debatten über mehr Personal für Polizei und Justiz.
(Frank Herrmann [PIRATEN]: Ich auch, ja! – Zuruf von der SPD: Da hat die schwarz-gelbe Regierung gekürzt!)
Genau das ist der eigentliche Knackpunkt, und den haben wir hier schon oft genug erläutert. Ohne flankierende und ergänzende Maßnahmen kann Videobeobachtung keine Wirksamkeit entfalten. Ansonsten diskutieren wir tatsächlich über Scheinsicherheiten. Ansonsten ist es Aktionismus, dem auch wir eine Absage erteilen.
Deswegen – auch Frau Düker hat es gerade gesagt –: Videoüberwachung ist an Gefahrenpunkten so – und auch wirklich nur so – einzusetzen, dass Polizeikräfte dort unverzüglich eingreifen können. Denn klar ist doch: Die Kamera an sich verhindert keine Straftaten; das können nur die eingesetzten und physisch tatsächlich anwesenden Polizeibeamten. Fehlt es daran, wird es schon rechtlich schwierig. Frau Düker hat das eben schon dargestellt; das brauche ich an dieser Stelle nicht zu wiederholen. Das ist so weit auch bekannt.
Fakt ist aber auch: Nordrhein-Westfalen verfügt gegenwärtig über eine vergleichsweise zurückhaltende gesetzliche Regelung zur präventivpolizeilichen Videobeobachtung. § 15a Polizeigesetz lässt die öffentliche Videoüberwachung lediglich an Kriminalitätsbrennpunkten zu, übrigens stets befristet. Damit unterliegt sie auch einer Evaluierungspflicht.
Insofern erschließt sich mir nicht ganz genau diese Forderung nach dem wissenschaftlichen Bericht. Wissenschaftlicher und ein bisschen unabhängiger – das geht immer; aber an dieser Stelle sehe ich nicht die zwingende Notwendigkeit.
Uns Freien Demokraten geht es um eine sinnvolle Austarierung zwischen Freiheit und Sicherheit in Nordrhein-Westfalen. Ich glaube: Wie so oft und in vielen anderen Politikbereichen darf man das nicht schwarz-weiß malen. Das hilft an dieser Stelle nicht weiter.
Wir stehen für eine vernunftgeleitete, größtmögliche Abwägung von Freiheit und Sicherheit. Als Richtschnur gilt: So viele Maßnahmen zur Sicherheit wie nötig und so wenige Beschränkungen bürgerlicher Freiheiten wie möglich.
Ihr Antrag bringt uns an dieser Stelle leider nicht weiter und nimmt sich dieser Problematik auch nicht richtig an. Deswegen können auch wir ihm leider nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.