Protocol of the Session on August 27, 2008

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vom Ministerpräsidenten des Energielandes Nummer eins erwarte ich, dass er den Menschen echte Perspektiven aufzeigt. Insbesondere moderne Kraftwerkstechnologie und die erneuerbaren Energietechniken bieten diese Chancen, Kolleginnen und Kollegen. Windräder werden nicht aus Wind gebaut, Biomassekraftwerke nicht aus Gülle. Das ist modernster Maschinen- und Anlagenbau. Das sind Verbundstoffe und Aluminium. Das sind Getriebetechnik und Rohrleitungsbau. Wir reden hier von Branchen, die ein echtes Pfund in NRW sind und es auch bleiben sollen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Ministerin Christa Thoben: Zu welchem Thema spre- chen Sie?)

Jeder, der weiß, wie viel Forschungs- und Entwicklungschancen in zahlreichen Techniken der erneuerbaren Energien und der Kraftwerkstechnologie stecken, wie viele Produktionschancen dort sind, der darf mit diesen Antworten aus NRW nicht zufrieden sein. Wir sind der Standort für jede dieser modernen Technologien. Wir laden ein, hier zu investieren, hier zu entwickeln und hier zu produzieren! – So, Herr Ministerpräsident, müsste die glaubwürdige Botschaft eines Ministerpräsidenten aus Nordrhein-Westfalen lauten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich will nicht zusätzlich auf das widersinnige Eintreten für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken eingehen. Das macht weder den Strom billiger, noch schafft es Arbeitsplätze hier bei uns in Nordrhein-Westfalen.

Eine aktivierende Politik für erneuerbare Energien hingegen würde Arbeitsplätze in NordrheinWestfalen schaffen können. Deswegen ist es umso bedauerlicher, dass Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern um die Windkraft buhlen, Brandenburg, Sachsen und viele andere Regionen um die Solarenergie.

Diese nordrhein-westfälische Landesregierung betreibt durch ihr aktives Unterlassen von Wirtschaftspolitik den Aufbau Nord und den Aufbau Ost, und zwar zulasten Nordrhein-Westfalens. Sie sollten die Verantwortung tragen, die Sie von den Bürgern übertragen bekommen haben. Werden Sie ihr endlich gerecht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Für die CDUFraktion spricht der Kollege Peter Kaiser.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich einen herzlichen und ausdrücklichen Dank an die Antragsteller aussprechen: Dass das Positionspapier der CDU-Landtagsfraktion „Sicherheit für Nordrhein-Westfalen durch einen starken und unabhängigen Verbraucherschutz“ heute so prominent auf die Tagesordnung gekommen ist, nenne ich fraktionsübergreifendes Handeln. Dafür zunächst einmal herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute in vier Monaten – das zeigt der Blick auf den Kalender – ist das Weihnachtsfest gerade vorbei, und wir bereiten uns auf Silvester vor. Der Silvesterkater wird am kommenden Silvester nicht so stark sein. Ich

glaube, den größeren Kater wird es geben, wenn im nächsten Jahr die Abrechnung der Energieversorger eintrifft.

Die Entwicklung der Energiepreise in den zurückliegenden Monaten lässt schon erahnen, welche Nachzahlungsforderungen auf jeden Haushalt im Lande zukommen. Angesichts der Dramatik der Situation verbietet sich jeder Kalauer, mit dem wir uns in weniger bedrohlichen Lebenslagen Mut zusprechen.

Die steigenden Preise für Strom und Gas werden jeden von uns treffen. Sie werden erschreckend viele Menschen sogar an ihre ohnehin eng gesteckten Grenzen bringen, sozial schwach gestellte Haushalte schlimmstenfalls in die Zahlungsunfähigkeit manövrieren. Hier gilt es, frühzeitig gegenzusteuern und flankierende Maßnahmen zu ergreifen.

Vor zwei Wochen – ich sagte es bereits eingangs – hat die CDU-Fraktion ihr Positionspapier zum Verbraucherschutz vorgestellt. Darin fordern wir transparente und verbraucherfreundliche Energiepreise. Aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher ist dies eine im wahrsten Sinne des Wortes existenzielle Frage.

Hier hat sich die CDU-Fraktion klar positioniert. Verbraucherschutz begreifen wir als ganzheitlichen Ansatz, der die konkreten Probleme der Menschen in ihrem Alltag aufgreift und mit Blick darauf möglichst konkret formulierte politische Lösungsvorschläge entwickelt und umsetzt.

Wir sagen eines deutlich: Es sind in erster Linie die großen Energieversorger, die nicht nur eine Verantwortung für ihre im Moment goldgeränderten Bilanzen, sondern auch für ihre Kunden haben.

(Beifall von der CDU)

Auch die großen Versorger werden auf Dauer ihre Preisgestaltung nicht aus dem Bauch heraus machen können. Das greifen wir auf und sagen: Denkt an eure Kunden – überdenkt eure Politik des Stromabschaltens – und stellt euch freiwillig der Aufgabe, kunden- und verbraucherfreundliche progressive Stromtarife zu entwickeln.

Deshalb, Herr Kollege Priggen, ist es wohl richtig, was Christian Weisbrich gesagt hat und was auch in unserer Presseerklärung ausgeführt wird: Keine staatliche Preisgestaltung, freiwillige Verbesserungen – das ist das, was wir wollen.

(Beifall von der CDU)

Viele Menschen empfinden die Stromabschaltung als einen tiefen Einschnitt. Daher muss man einmal die Frage stellen, ob die Stromkonzerne bei ausbleibender Zahlung eigentlich einen verantwortungsvollen Umgang mit ihren Kunden pflegen. Wer einmal, wenn auch nur für kurze Zeit, ohne Strom gewesen ist – etwa, weil bei Straßenbauarbeiten ein Versorgungskabel durchtrennt worden ist –, dem wird von einer Sekunde zur anderen ganz schmerzlich bewusst, in welch hohem Maße unsere Lebensqualität von der zuverlässigen Energieversorgung abhängig ist, egal, ob Sie auf den Schreck des ausbleibenden Stroms einen Kaffee kochen, einen kleinen Imbiss zubereiten oder ein eisgekühltes Getränk genießen wollen, ganz zu schweigen von mit Strom bereitgestelltem Licht, das unseren Alltag im besten Sinne des Wortes erhellt.

Neben der kritischen Prüfung und dem Vergleich von Angeboten der Energieversorger ist vor allem das gezielte Energiesparen eine unverzichtbare Möglichkeit, den Energieverbrauch zu senken und so bares Geld zu sparen. Weil sicherlich nicht jeder von uns ein fachlich versierter Sparfuchs ist, hält die CDU-Fraktion die gezielte Energieberatung bei privaten Haushalten, aber auch bei Unternehmen und Kommunen für notwendig, um Einsparungen und Effizienzsteigerungen möglich zu machen. Durch die daraus möglicherweise resultierenden Renovierungsmaßnahmen erhält das örtliche Handwerk zudem die Chance, seine hohe Qualifikation unter Beweis zu stellen.

Loben muss man auch die Informationskampagne der Verbraucherzentralen zu den Möglichkeiten, Stromanbieter zu wechseln, wie auch das Beratungsangebot der EnergieAgentur.NRW, um das noch einmal klarzustellen.

Selbstverständlich wird die Fraktion die Situation der Bezieher geringer und mittlerer Einkommen nicht aus den Augen verlieren. Dazu sollten die Stromanbieter neue Tarife entwickeln, die Stromsparen nicht durch eine hohe Grundgebühr bestrafen, sondern durch einen linearen und progressiven Verlauf begünstigen.

Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann keine Preise festsetzen. In einer sozialen Marktwirtschaft gelten die Regeln des Marktes. Für die Preisgestaltung sind die Unternehmen verantwortlich. Mit unserem Positionspapier haben wir die Verantwortlichkeit der Wirtschaft deutlich benannt und uns deutlich für eine faire Tarifgestaltung ausgesprochen.

Staatlich subventionierte Sozialtarife – das sagen wir aufgrund der aktuellen bundespolitischen Dis

kussion – lehnt die CDU-Landtagsfraktion ausdrücklich ab. Stattdessen befürworten wir ganz ausdrücklich den Wettbewerb unter den Energieversorgern, die durch gut informierte, Preisvergleiche anstellende Verbraucherinnen und Verbraucher in ihrer Preisgestaltung beeinflusst werden. Mehr Wettbewerb ist der beste Schutz der Verbraucher, und nur gut informierte Verbraucher können in ihrem Haushalt mit einem überlegten Anbieterwechsel so gezielt sparen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Kaiser. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Kollege Ellerbrock.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem Beitrag vom Kollegen Priggen und auch von Herrn Leuchtenberg stellt sich für mich die Frage: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen den sogenannten Sozialtarifen und den Spartarifen? Der Hintergrund – bei beiden Definitionen steht dies sicherlich im Raum – ist letztendlich die Vorstellung, dass der Staat vorgibt, welchen Bedarf der Bürger hat.

Wenn jetzt gefordert wird, einen Spartarif für den Energiebereich anzubieten, dann wäre es nur konsequent, bei den Wasserpreisen zu fragen: Wie viel Wasser benötigt der Bürger als Grundlast, wie viel Abwasser kann er weggeben? Demnach müssen wir an dieser Stelle also auch Spartarife einbringen. Wir müssten letztlich – sicherlich etwas überzeichnet – fragen: Wie viel Benzin muss der Bürger subventioniert oder ermäßigt bekommen, wenn er Pendler ist?

In diesem Ansatz, nach dem der Staat definiert, welche Bedürfnisse der Bürger zu haben hat, dokumentiert sich Ihr Gedankengut. Er zielt ab auf eine staatliche Preisgestaltung und ist von daher nichts anderes als das Gedankengut der sozialistischen Planwirtschaft. Dabei dachte ich, dass dieses Gedankengut nach dem ökonomisch begründeten Untergang der DDR nun wirklich hintanstehen würde. Aber nein, die Linken mit ihren Tolerierungsangeboten Richtung SPD und Grüne in Hessen machen sich genau dieses Gedankengut zu eigen. Deswegen ist es richtig, wenn Herr Weisbrich und auch die Ministerin hier so deutlich sagen, dass wir uns dem widersetzen. Das ist völlig klar.

(Beifall von der FDP – Rüdiger Sagel [frakti- onslos]: Sie haben nicht richtig zugehört! – Zuruf von Reiner Priggen [GRÜNE])

Zweiter Punkt. Machen wir uns doch nichts vor: EEG, KWK, Ökosteuer, Mehrwertsteuererhöhung, Emissionshandel – alles das wirkt preistreibend.

Zum Kollegen Priggen sage ich: Auch das EEG ist vom Prinzip her ein sinnvolles Instrument

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Ach! Auf ein- mal!)

Frau Kollegin, wenn Sie früher einmal zugehört hätten, wäre das etwas anderes gewesen –, ein richtiges Instrument, aber unter der Voraussetzung: zeitlich begrenzt, gedeckelt und wesentlich degressiver gestaltet.

Jetzt ist es aber so, dass wir mit dem Emissionshandel die preistreibenden Elemente EEG, KWK und Ökosteuer eigentlich obsolet gemacht haben. Ich stimme dem, was Sie gesagt haben, Kollege Priggen, ja zu: Da wieder herauszukommen ist wegen der Finanzierungsgeflechte schwierig. Aus der Finanzierung der Ökosteuer, des EEG usw. völlig auszusteigen ist schwierig. Damit wird sich jeder schwertun. Aber jetzt noch die Einspeisevergütungen nach dem EEG zu erhöhen, ohne Effizienzgesichtspunkte zu berücksichtigen, ist ein Schritt in die falsche Richtung.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, ich kann eigentlich nur sagen: Unter dem Deckmantel vorgeblich sozialer Wohltaten feiert in diesem Antrag von Rot-Grün wirklich Gedankengut von vorgestern, aus der DDR fröhliche Urständ. Das kann nicht richtig sein.

Das Motto, das dahintersteht und das wir überall sehen, nämlich „Nehmt den Reichen, gebt den Armen!“, hat noch nie die Lebenssituation der weniger begüterten Schichten verbessert. Noch nie hat das etwas verbessert! Aber es ist ja so schön, wie Sie eben, Frau Ministerin, zu sagen: Löhne rauf, Preise runter! Das ist schön populistisch, führt aber zu nichts.

Was setzen wir dem entgegen? Nur der informierte Bürger ist ein informierter Bürger.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Der Sprecher der Partei der Besserverdienenden!)

Wir brauchen eine bessere Kennzeichnung. Die muss wesentlich modifiziert werden. Es kann nicht sein, dass heute praktisch auf allen Kühlschränken „Energieeffizienzklasse A“ steht. Das muss alles nachgearbeitet und verbessert werden; das ist völlig klar.

Deswegen hat diese Koalition auch deutlich gemacht, den Verbraucherzentralen erstmalig eine

langfristig orientierte Kalkulationssicherheit bis 2010 zu geben. Da leisten die gute Arbeit.

Wir sollten gemeinsam dafür sorgen, Stand-bySchaltungen aufzugeben, damit man Geräte in toto abschalten kann. Der Blaue Engel als Markenzeichen soll deutlich machen, dass es nicht nur um Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit geht, sondern auch um geringen Verbrauch. Da muss ein Benchmarking eingeführt werden.

Wir müssen natürlich auch die Stromtarife wesentlich flexibler gestalten. Die Stromtarife wesentlich flexibler zu gestalten heißt: In den verbrauchsarmen Zeiten soll es billiger sein. Dazu läuft momentan ein interessanter Versuch in Mülheim: Zu verbrauchsschwachen Zeiten werden die Strompreise niedriger. Diesen Versuch hat ein großes Energieversorgungsunternehmen eingeleitet. Das ist eine vernünftige Sache. Davon verspreche ich mir eine ganze Menge. Ich will auch nicht verhehlen, dass einzelne Stadtwerke hier Vernünftiges geleistet haben.