Herr Dr. Wolf, nach Ihren einleitenden Worten und insbesondere nach der Pressemitteilung könnte man aber glauben, diese Landesregierung hätte ein Füllhorn von Wohltaten über die kommunale Familie ausgeschüttet.
Die bedankt sich aber nicht bei Ihnen. Der Jubel will keinen Anfang nehmen. Im Gegenteil: Die kommunalen Spitzenverbände sind unisono mit der Opposition einer Meinung. Sie ziehen die Städte und Gemeinden in unserem Lande seit Ihrem Regierungsantritt über den Tisch, meine Damen und Herren.
Wir freuen uns alle darüber, dass die öffentlichen Einnahmen gestiegen sind. Die 7,7 Milliarden €, die Sie in Ihrer Pressemitteilung in den Mittelpunkt der Erwägungen stellen, sind wirklich eine stattliche Summe. Aber um glaubwürdig und ehrlich zu bleiben, meine Damen und Herren, muss man die Relation zu den Steuereinnahmen des Landes sehen. Dann merkt man, dass Sie auch an dieser Stelle im Prinzip bei den Kommunen abgekocht haben.
Im Augenblick sind es – ich will mich nicht um 100.000 € nach oben oder unten streiten – mindestens 1,7 Milliarden € aus den letzten Jahren, die Sie den Kommunen vorenthalten haben. Vergleicht man den Zuwachs der Steuereinnahmen des Landes mit der Steigerung der Finanzmasse für die Schlüsselzuweisungen, wird klar, wie Sie tatsächlich mit dem Thema Kommunalfinanzen umgehen: Die Steuereinnahmen des Landes sind um 3,9 % gestiegen, die Schlüsselmasse lediglich um 2,1 %. Erklärung gefällig? Man kann es zum Beispiel mit der Herausnahme der Grunderwerbsteuer und ähnlicher Anschläge erklären, die Sie in diesem Bereich gemacht haben. Darüber hinaus haben Sie den Kommunen auch tüchtig in die Tasche gegriffen; darauf ist verschiedentlich eingegangen worden.
Wenn der verehrte Kollege Lux sagt, wir geben euch eure Städte zurück, ist das zum einen inhaltlich falsch, weil wir die kommunale Selbstverwaltung haben. Zum anderen wären die Kommunen besser bedient, Herr Lux, wenn Sie ihnen ihr Geld zurückgeben würden.
Zudem höre ich voller Erstaunen, dass die 23 % Ihrer Aussage nach nicht die Zehn Gebote bzw. kein Verfassungsgrundsatz seien. Was soll der geneigte Hörer sich nach dieser Ankündigung denken, Herr Lux? Zuerst gehen Sie an die Schlüsselmasse, und dann stellen Sie die Prozente für die Zukunft zur Disposition. Das kann doch alles nicht wahr sein.
Wenn Kollege Engel von der FDP-Fraktion die Verlangsamung des Anstiegs der Kassenkredite angesichts der allgemeinen Konjunkturlage zu einem Markenzeichen für kommunalfreundliche Landespolitik macht, zeigt das eindeutig:
Besonders bezeichnend – allerdings würde ich dazu ein internes Gespräch vorschlagen – finde ich den Hinweis auf die zahlreichen Kommunen, die sich nicht mehr in der Haushaltssicherung befinden. Das ist richtig. Wenn der Hintergrund eine strukturelle Verbesserung wäre, könnte man sich darüber tatsächlich freuen. Herr Kollege Engel, an diesem Punkt bin ich ganz nah bei Ihnen: Das ist im Zusammenhang mit dem Umstieg auf NKF zu sehen.
Wenn der Innenminister als Antwort auf die strukturelle Notlage von Kommunen zusätzliche Sparsamkeit – darüber kann man immer diskutieren – und die Veräußerung von kommunalem Eigentum empfiehlt, zeigt das zwei Dinge:
Zweitens. Sie haben die Systematik nicht verstanden. Denn wenn Sie das Eigentum aus der Bilanz herausrechnen, haben Sie im Prinzip nichts verbessert. Gehen Sie daher in sich und überprüfen Sie einmal, ob es eine Jubelmeldung wert ist, dass die NKF-Systematik dazu führt, dass sich einige Kommunen nicht mehr im Nothaushaltsrecht befinden!
Nun möchte ich zum Lenk-Gutachten und zu weiteren Leistungen dieser Landesregierung kommen. Was Sie mit der Rückzahlung der überzahlten Solidarbeiträge der Kommunen aufführen, übertrifft eine Echternacher Springprozession bei Weitem.
Erster Akt: Es gibt eine schallende Ohrfeige des Verfassungsgerichtshofs. Zweiter Akt: Sie machen sich das Ergebnis insoweit zu eigen, dass Sie ein nicht gut gemachtes, aber immerhin von einer guten Absicht getragenes Abschlagsgesetz auf den Weg bringen. Im Detail haben wir sicherlich das eine oder andere dagegen gesagt. Dritter Akt: Sie berufen sich auf das Lenk-Gutachten, obwohl es Fehler wiederholt, die das Verfassungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen schon erkannt und ausgeräumt hatte, und sagen den Kommunen: Nicht ihr habt von uns etwas zurückzubekommen – im Gegenteil, es ist in die andere Richtung überzahlt worden.
Es gibt noch eine weitere Feststellung. Das ist eine interessante Spur, Herr Kollege Lux, in Bezug auf die Frage, wie es mit den Kommunalfinanzen weitergeht; Kollege Becker hat darauf hingewiesen. Im Begründungsteil ziehen Sie ganz deutlich die Karte Lenk-Systematik nach dem Motto: Liebe Kommunen, viel Vergnügen. Wir zeigen euch schon einmal, was in den kommenden Jahren auf euch zukommt.
Meine Damen und Herren, die Kommunen haben im wahrsten Sinne des Wortes bei dieser Landesregierung eine Menge zu klagen. Der Verfassungsgerichtshof empfindet Ihre Form der Landesregierung zwischenzeitlich als zwangsweise aufgedrängtes Beschäftigungsprogramm. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wenn Sie über Kommunalfreundlichkeit reden und Ihnen die Kommunen beim Verfassungsgerichtshof zum wiederholten Male nachweisen, dass Sie sie zum Beispiel in Fragen der Konnexität übervorteilen, kann doch an Ihrer übertriebenen Selbstbelobigung irgendetwas nicht richtig sein. Und all das geschieht vor dem Hintergrund sprudelnder Steuereinnahmen.
Ich kann nur im Interesse der Kommunen hoffen, dass der Weltuntergangsprophet, der im Augenblick den Ministerpräsidenten gibt, mit seinen Prognosen zur Konjunktur nicht richtig liegt. Denn die Wahrheit wird bei sinkenden Steuereinnahmen sehr deutlich werden: Sie haben die Kommunen in unserem Land über den Tisch gezogen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist doch immer gut, wenn man den geballten Sachverstand der SPD-Fraktion erst zur Kenntnis nehmen kann, um darauf zu replizieren. Ich möchte dieser Crew der Verunsicherung und Vertuschung gerne noch einmal die eigenen Leistungen vor Augen halten, die dazu geführt haben, dass wir in diese Misere geraten sind.
Es ist nicht nur so, wie heute Morgen dargestellt worden ist, dass Sie den Landeshaushalt vor die Wand gefahren haben. In Ihrer Zeit haben sich all
die Probleme aufgehäuft. Ich hatte in einer früheren Debatte schon einmal dargestellt, wie sich auch die Verschuldung in den Kommunen aufgebaut hat. Es ist doch völlig klar, dass wir solche Dinge nicht in wenigen Jahren abbauen können. Im Gegenteil ist hier eine langfristige Konsolidierung angesagt.
Die Landesregierung hat ihrerseits alles getan. Kollege Lux hat es genauso wie Herr Engel sehr deutlich gesagt: Wir stehen zu den 23 % in dieser Legislaturperiode. Das ist völlig klar von uns definiert worden. Wir sind für diese Legislaturperiode gewählt worden; deswegen sagen wir das auch gerne zu. Alles andere, was Sie gesagt haben, ist von daher völlig nebulös. Es ist ein selbst angerührter Zahlensalat, in dem Sie sich immer wieder selber verfangen.
Meine Damen und Herren, einige Punkte möchte ich noch einmal aufgreifen: Wir haben sehr deutlich festzustellen, dass es eine drastische Steigerung der Einnahmen der Kommunen gibt. Genauso wie das Land von den Mehreinnahmen profitiert, tun dies auch die Kommunen. Mit Blick auf den 23-%-Anteil ist es völlig klar, dass wir eine faire Beteiligung nach dem, was die Verfassung Nordrhein-Westfalens gebietet, auch vorgenommen haben – immer in der Abwägung von Landes- und Kommunalfinanzen.
Wir haben heute Morgen hier diskutiert, welche Erblast Sie uns hinterlassen haben und was wir auf Landesseite an Konsolidierung tun müssen. Genau das Gleiche muss man natürlich auch auf der anderen Seite bei den Kommunen einfordern.
Es ist also ein schwieriger Abwägungsprozess. Die sprudelnden Einnahmen, die Sie hier immer beschwören, sind doch letztendlich auch bei uns zu 90 % zur Herabsetzung der Nettokreditaufnahme eingesetzt worden. Damit ist nicht irgendwo draußen groß Geld ausgegeben worden,
sondern wir haben letztendlich das Geld nicht ausgegeben, das wir, wenn wir Ihre Politik verfolgt hätten, weiterhin aus Krediten hätten geben müssen. Wir haben uns davon abgewandt. Wir haben einen neuen Weg der Konsolidierung eingeschlagen, der nun Früchte zeigt.
Wenn Sie meine Rede heute Morgen richtig gehört haben, habe ich sehr wohl auch kritische Untertöne angeschlagen. Zum Rückgang der HSK- und Nothaushaltskommunen habe ich sehr wohl gesagt, dass es das eine oder andere Mal durchaus am NKF liegen kann, dass es aber natürlich
auch Kommunen gibt, die den Kopf ein Stück oberhalb der Wasserlinie bekommen haben, was uns sehr erfreut. Natürlich wollen wir das konsolidieren. Alle gemeinsam müssen wir daran arbeiten, dass wir eine Wirtschaftspolitik haben, die auch nachhaltig Wachstum befördert. Dann sind alle, Land und Kommunen, daran beteiligt.
Eine besondere Qualität der Filibusterei haben Sie natürlich wieder beim Thema Lenkgutachten an den Tag gelegt. Meine Damen und Herren, ich empfehle insbesondere dem ausgebildeten Juristen in der SPD-Fraktion, sich den Urteilstenor einmal genau anzuschauen und durchzulesen. Herr Körfges, dort steht ganz klar, dass sozusagen eine Ermittlung vonnöten ist. Diese Ermittlung von Einheitslasten – das müssen Sie sich nun anhören; ich habe Ihnen ja auch sehr ruhig zugehört – hat Herr Professor Lenk vorgenommen, der von den kommunalen Spitzenverbänden vorgeschlagen wurde. Inklusive der Fragen, die zwischen Land und Kommunen abgesprochen waren, ist das ein Gutachten, das ein hohes Maß an Neutralität hat. Dieses ist nun zu diskutieren.
Wenn dann der eine oder andere Abgeordnete meint, wir wollten da nicht schneller ran, kann ich nur entgegnen: Wir sind im Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden, die gebeten haben, dieses Gutachten intensiv zu prüfen. Wir haben allen Grund – in der bekannten Fairness, die wir an den Tag legen –, ihnen diese Zeit auch zu geben. Ich sagte vorhin schon: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Das sind alles hochkomplexe, hochkomplizierte Fragestellungen – bis hin zu dem, was wir aus dem ifo-Gutachten machen – beim Thema GFG der nächsten Jahre, vielleicht sogar des nächsten Jahrzehnts.
Meine Damen und Herren, tun Sie bitte nicht so, als ob Sie eine Lösung hätten, wie wir das kurzerhand lösen könnten. Ansonsten nehmen wir gerne Ihren Vorschlag entgegen und können ihn dann debattieren. Sich nur hierhin zu stellen und zu sagen, Sie wüssten alles besser, und uns der Verzögerung zu zeihen, das taugt nicht.
Wir gehen im Schulterschluss mit den kommunalen Spitzenverbänden diese Probleme an und müssen versuchen, die schwierigen Fragen gemeinsam in der nächsten Zeit zu lösen. Wir stehen an dieser Stelle nicht an, ganz klar zu sagen: Nur diese Regierung hat erstmals den Begriff Kommunalfreundlichkeit verdient. Über das, was Sie damals alles angerichtet haben, kann man nur den Mantel des Schweigens decken. Wir gehen mit einem Höchstbetrag an GFG-Zuweisungen – mit einer Milliarde € mehr als 2005 – an den Start. Dass daneben auch noch die Gewerbesteuerein
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer spannend und ich hätte mich nicht gemeldet, Herr Innenminister, wenn Sie nicht darauf abgehoben hätten, dass Sie das Land – wie Sie es immer darstellen – sanieren müssten. Sie führen an, dass das, was Sie den Kommunen vorenthalten – Sie enthalten ihnen gegenüber dem, was ihnen früher zugestanden hat, von den Steuermehreinnahmen eine Menge vor –, nötig gewesen sei, um den Landeshaushalt zu konsolidieren.
Nun mag man ja darüber streiten, ob das nötig und der richtige Weg ist. Das ist eine Sache, die das Parlament diskutieren kann. Was man nach meiner Ansicht nicht machen kann – und das sollten wir Ihnen auch nicht durchgehen lassen –, ist, wissend, wie die Situation im Land ist, vor den Wahlen 2005 zu versprechen, den Kommunen ginge es besser, wenn Sie an die Regierung kommen, und nach den Wahlen so zu tun, als seien Sie von der gesamtwirtschaftlichen und der gesamtfinanziellen Lage des Landes überrascht.
Vor dem Hintergrund rasant steigender Steuereinnahmen geben Sie den Kommunen nicht das, was ihnen zusteht, und tragen dazu bei – ich betone das an dieser Stelle –, dass die Kassenkredite explodieren. Innerhalb von drei Jahren haben sich die Kassenkredite von 10 Milliarden € auf 13,6 oder 13,8 Milliarden – darüber will ich gar nicht mehr streiten – erhöht. Das ist es eine dramatische Steigerung von mehr als einem Drittel. Und es sind Kredite auf der kommunalen Seite, die hoch zinsanfällig sind. Sie bauen im Land die Neuverschuldung zulasten der Kommunen ab, die dann sehr teure Kassenkredite aufnehmen müssen, weil sie keine andere Möglichkeit mehr haben.