Dieses Bild hat mich erschreckt und nachdenklich gemacht. Ich hoffe, dass solche Bilder nicht von hier aus um die ganze Welt ziehen, in Länder, wo ein Liter Milch Luxus ist, den sich kaum ein Mensch leisten kann. Milch aus dem Güllefass darf kein Bild werden, das Menschen aus anderen Ländern mit Deutschland verbinden.
Bei allem Verständnis für diese Proteste muss die Versorgung der Bevölkerung und insbesondere der Kinder hinreichend sichergestellt werden. Das ist wichtig.
Wir haben viel zu staatlicher Intervention gehört. Staatlich regulierte Preise sind sicher keine Lösung. Frau Schulze von der SPD hat dieses Thema gerade schon wieder mit dem Mindestlohn in Verbindung gebracht. Wir brauchen auch keinen Mindestlohn für Milchbauern. Auch Milchbauern brauchen weniger Staat, weniger Regulierung.
Ich bin sicher, dass die Milchquotierung, wie sie jetzt stattfindet, den Milchbauern und auch den Verbrauchern schadet. Diese Dinge passen nicht in die aktuelle Zeit.
Die Grünen schreien nach einem neuen EUFonds. Das wären noch mehr staatliche Eingriffe, die dieses System eher schwächen und für noch viel größere Probleme sorgen würden.
Ich glaube auch nicht, dass man sagen kann, die Verbraucherpreise müssten immens steigen. Verbraucher – diese Erfahrungen aus den vergangenen Monaten sollten wir im Hinterkopf haben – reagieren sensibel auf Preissteigerungen, auch bei Milchprodukten. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als der Butterpreis von heute auf morgen um 80 % gestiegen ist. Da haben viele Geringverdienerfamilien gesagt: Dieser Preis ist für uns nicht tragbar. – Man hat gesehen, dass mit den immensen Preissteigerungen viele Verbraucher umgestiegen sind und weniger gekauft haben, was den Milchbauern auch nicht hilft. Es geht darum, Preise angemessen zu gestalten. Dafür ist sicher nicht der Staat da. Hilfreich wäre sicherlich, wenn weniger Milch produziert würde, um eine Verknappung zu erreichen, denn Verknappung sorgt für Preissteigerung. Dies ist besser, als Milch zu vernichten.
Die Grünen monieren, dass Landwirtschaftsminister Uhlenberg schweigt. Das kommt gerade von den Grünen! Ich hatte immer gedacht, dass dieser Landwirtschaftsminister auch ein Verbraucherschutzminister ist und die Interessen von Milchbauern und Verbrauchern bündeln muss.
Er ist nämlich für beide zuständig. Er betreibt keine Lobbypolitik für einen Berufsstand, sondern er ist dafür zuständig, dass es vernünftige Rahmenbedingungen für unternehmerische Landwirtschaft gibt, und hat gleichzeitig dafür zu sorgen, dass für die Verbraucher qualitätsvolle Produkte in ausreichender Menge vorhanden sind.
Zu den Blockaden von Molkereien, die auch Milchbauern betroffen haben, die Milch liefern wollten, habe ich von der Opposition gar nichts gehört. Dazu hätte ich mir klare Worte gewünscht. Frau Watermann-Krass, wenn Sie in Everswinkel waren: Unterstützen Sie solche Blockaden, die nach meiner Auffassung rechtswidrig sind, die eine Nötigung darstellen?
Das sind, glaube ich, keine Mittel. Wir als Parlamentarier sollten sagen, dass wir diese Proteste nicht unterstützen. Dazu hätte ich mir schon deutliche Worte gewünscht. Stattdessen schreit die Opposition wieder nach neuem Steuergeld, nach Programmen. Das alles kann keine Lösung sein.
Wir brauchen gerade in diesem Bereich weniger Staat. Dann kommt es zu einer Regulierung und zu angemessenen Preisen, die für Milchbauern und Verbraucher sinnvoll sind. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Romberg. – Ich will mich bei Ihnen entschuldigen. Aufgrund eines technischen Versehens wurde Ihnen Ihre Redezeit nicht angezeigt. Sie sind aber genau im Rahmen geblieben. Danke dafür.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Romberg, meinen Sie denn, die Bauern machen das gerne? Meinen Sie, die Bauern hätten in ihrem Leben nichts anderes zu tun, als Molkereien zu blockieren? Meinen Sie, jemand, der von Kindesbeinen an auf seinem Hof, mit den Tieren und dem Produkt großgeworden ist, verteilt gerne Milch auf dem Acker? Das muss doch der Ausdruck einer absoluten Notsituation sein.
Und so muss das von uns auch interpretiert werden. Alles andere geht an der Sache vorbei. Wenn man das ernst nimmt, dann kann man beileibe nicht so auftreten und so reden, wie Sie das hier heute getan haben.
Ich habe sowieso den Eindruck, dass sich die Regierungsfraktionen mit allem und jedem beschäftigt haben, aber nicht mit der Sache, um die es geht.
Herr Ellerbrock, wie ein Taumelkäfer: erst in die eine Richtung ein bisschen Verständnis, ein bisschen Beruhigung nach dem Motto „Ja, da gibt es ein Problem“ und dann in die andere Richtung: Aber übertreiben dürft ihr es auch nicht. – Jedoch kein einziges Wort zur Sache!
Herr Uhlenberg, das ist ja schon ein Muster in der Auseinandersetzung. Sie müssen sich daran gewöhnen, dass es hier im Landtag eine Opposition gibt und Ihre Politik – auch wenn Sie selbst sie als königlich landwirtschaftlich verstehen – kritisiert wird. Es ist keine Majestätsbeleidigung, sondern unsere Aufgabe, ja sogar unsere Pflicht, Ihre Politik zu kritisieren.
Herr Uhlenberg, dann sagen Sie doch einmal etwas zur Sache. Sie haben kein einziges Wort zur Milchquote verloren. Noch am 29. April 2008 haben Sie gemeinsam mit Decker und Möllers die Abschaffung der Superabgabe gefordert. Sagen Sie doch heute einmal etwas dazu! Sagen Sie doch einmal etwas zu der Forderung in Bezug auf die Saldierungsbestimmungen. Sie treten sogar für eine europaweite Handelbarkeit der Milchquoten ein.
Das sind die Punkte, um die es geht. Es geht darum, gleiche Augenhöhe herzustellen. Sie betreiben aber eine andere Politik. Es ist eine feine Sache, hier im Parlament Beruhigungspillen für die Bauern auszugeben. Aber im Hinterzimmer werden die Vorbereitungen für eine andere, eine agrarindustriell geprägte Politik getroffen. Das ist heute das Thema, und das muss hier in aller Deutlichkeit angesprochen werden.
Es muss angesprochen werden, was in Zukunft das Leitbild unserer Landwirtschaft sein soll. Sind die Agrarindustrie und die großen Betriebe unser Leitbild, oder wollen wir eine Politik, die an den Stellen auf Marktregulierung setzt, wo es darum geht, Strukturen dauerhaft zu erhalten? Es geht gar nicht um einzelbetriebliche Förderung. Das wollen die Bauern gar nicht, wie sie uns erklärt haben. Sie wollen lediglich gerechte Preise für ihre Arbeit. Dieses Ziel muss im Mittelpunkt unserer Anstrengungen stehen. Dem kann man nicht gerecht werden, indem man sich dem Thema nicht stellt, sondern abtaucht und in der Sache letztlich nichts dazu sagt.
Die Debatte heute hat gezeigt: Moralin reicht nicht aus, weder gegenüber den Bauern noch gegenüber den großen Einzelhandelsunternehmen. Es geht darum, Marktbedingungen zu beschreiben und Rahmenbedingungen zu setzen – die werden von der Politik mitbestimmt –, die garantieren, dass es zu fairen und gerechten Preisen kommt. Da haben wir einen Auftrag. Dem sind Sie jedenfalls heute nicht gerecht geworden. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Als Nächster hat Herr Kollege Kemper für die CDU-Fraktion das Wort.
ich hier vorne am Rednerpult ein Glas Milch bekomme. Aber Sie alle wissen, dass das nicht sein darf. Also trinken wir weiter Wasser.
Eine Bemerkung reizt mich, ich kann sie nicht zurückhalten: Herr Remmel, die von Ihnen eben zur Schau gestellte Betroffenheit und Anbiederung in Richtung der Bauern empfinde ich als unerträglich bzw. widerlich. Es tut mir Leid, aber das, was Sie gesagt haben, empfinde ich als unehrlich.
(Beifall von CDU und Dr. Stefan Romberg [FDP] – Johannes Remmel [GRÜNE]: Sie haben keinen Alleinvertretungsanspruch!)
Die Bauern brauchen einen auskömmlichen Milchpreis. Hinter diesem Ziel stehen im Moment 80 % der Bauern, die für einen Rückgang der Milchlieferungen an die Molkereien um bis zu 60 % verantwortlich sind. Sollte das Ergebnis dieses Milchstreiks lediglich verschüttete Milch sein – sollte also nichts dabei herumgekommen sein –, wäre das fatal für uns. Denn erst geht die Kuh, dann geht der Bauer und anschließend die Landschaft. Insofern haben wir hier Verantwortung. Ich komme gleich dazu, was wir im Rahmen unserer Verantwortlichkeiten machen können und was wir nicht machen können.
Man muss sich einmal genau anschauen, was wirklich passiert ist. Im April gab es eine Preissenkung, weil Aldi gehört hatte, dass die Milchmenge im europäischen Milchmarkt um 2 % erhöht wird. Das war im Übrigen eine Brüsseler Vorgabe, die weder Deutschland noch NordrheinWestfalen wollte. Unser Minister hat sich dagegen ausgesprochen. Wir mussten uns aber der Mehrheit in Brüssel beugen. Infolgedessen wurde die Milchmenge – theoretisch – um 2 % erhöht.
Vier Tage später hat Aldi mit der Firma Müllermilch einen Vertrag über ein halbes Jahr geschlossen und den Milchpreis für die Bauern um 13 Cent gesenkt. Irgendwann später haben sie – nicht öffentlich, aber halb öffentlich – eingeräumt, dass sie wohl überzogen haben.
Die augenblicklichen Reaktionen im Markt zeigen Folgendes: Rewe hat vorgestern gesagt, dass man miteinander reden müsse. Der Halbjahresvertrag steht also infrage. Die letzte Pressemeldung zu dem Thema ist vor zehn Minuten gekommen: Bei Aldi gibt es heute Mittag eine Telefonkonferenz. Das alles ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass Molkereien, Milchindustrieverband sowie Einzelhandel gesagt haben: Einen solchen Streik halten wir bedenkenlos vier bis fünf Wochen lang aus. – Wir sind jetzt am siebten Tag des Streiks. Die Bauern verlieren am Tag teilweise 500 € pro Betrieb. Ich habe hohen Respekt vor
Meine sehr verehrten Damen und Herren, erst dieser Milchstreik macht die Existenzangst der Bauern deutlich. Es geht nicht um die Frage „groß oder klein“. Sie sehen den kleinen neben dem großen Milchbauern streiken. Keiner kann mit diesen Preisen auskommen. Die Frage ist aber, welche Aufgabe die Politik, insbesondere die Politik in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf dieses Problem hat. Denn Milchpolitik wird im Wesentlichen nicht bei uns, sondern in Brüssel gemacht. Teilweise ist sie abhängig von WTO-Verhandlungen.
Übrigens ist Milch kein sensibles Produkt im Sinne der WTO-Bestimmungen, was uns einiges ermöglichen würde. Es würde eine schärfere Kontrolle durch die Kartellbehörden erlauben. Denn die Frage ist, ob es sein kann, dass fünf große Einkäufer – nämlich die großen Einzelhandelsunternehmen – zwei Drittel der gesamten Milchkontrakte jeweils auf ein Jahr abschließen. Es fällt mir schwer, zu glauben, dass diese Einkäufer sich nicht irgendwann einmal telefonisch zusammenschalten.
Die Frage ist, ob unsere soziale Marktwirtschaft, nach der die Politik Grenzen setzt, wie ich von Ludwig Erhard und Müller-Armack weiß, effektiv wirkt. Politik setzt Grenzen, und wir besitzen entsprechende Instrumente. Das erste Instrument ist die Überprüfung durch die Kartellbehörde, ob Marktmacht missbraucht wird. Wenn sie missbraucht wird, kann und muss die Kartellbehörde eingreifen.