Protocol of the Session on September 28, 2005

Letzte Anmerkung: Ich halte es für richtig, bei neuen Antriebstechniken auch gemeinsam mit Ihnen noch einmal zu überlegen, ob wir uns dort, wo die Markteinführung noch nicht gelingt, besondere Fördermaßnahmen einfallen lassen müssen. Auch das geht nur im Zusammenwirken zwischen Land und Bund.

Insgesamt freue ich mich allerdings auf eine, wie ich hoffe, an der Sache ausgerichtete Debatte. - Danke.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Als nächster Redner hat der Kollege Eiskirch von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich mit meiner Rede anfange, möchte ich kurz auf das eingehen, was Herr Brockes gesagt hat. Herr Brockes, Sie haben darauf hingewiesen, dass das Premiumsegment sich um 12 % gesteigert habe und nunmehr - wenn ich es richtig mitgeschrieben habe - 63 % an der deutschen Automobilproduktion ausmache.

(Dietmar Brockes [FDP]: Das ist falsch!)

Könnte man das mit normaler Mathematik auch so deuten, dass es diese Steigerung um 12 % nicht deshalb gegeben hat, weil das Premiumsegment so wunderbar funktioniert, sondern deshalb, weil wir mittlerweile eindeutig Schwächen im Kleinwagensegment haben, was durchaus für die Argumentation von Herrn Priggen sprechen würde? Könnte das genauso der Fall sein?

Zweitens. Herr Brockes, ich habe vor der heutigen Rede versucht, bei uns in der Fraktion jemanden zu finden, der mit mir wetten wollte, dass Sie in dieser Frage nicht wieder das Wort Ökosteuer hochziehen würden - wie überall, wo es auch nur im Entferntesten irgendwo um Kraftstoffe oder Energie geht. Es wollte keiner mit mir wetten. Sie reagieren wirklich wie ein pawlowscher Hund auf dieses Thema.

(Beifall von der SPD)

Ich sage es aber noch einmal: Die letzte Ökosteuerstufe war 2003. Knappe 30 % der seit der ersten Stufe im Jahr 1998 entstandenen Preissteigerung gehen auf die Ökosteuer zurück. Zwei

Drittel - wenn seit 2003 an dieser Stelle nichts mehr passiert ist, haben alle seitdem eingetretenen Erhöhungen ja zweifelsohne eine andere Ursache - gehen auf das zurück, was am Markt geschieht, und der Markt ist ja nun Ihr Ding. Insofern sollten Sie da einmal ein bisschen Ruhe an den Tag legen.

(Beifall von der SPD)

Nun zum Antrag, Herr Brockes. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bringt ihre Sorge um die nachhaltige Stärke der NRWAutomobilwirtschaft zum Ausdruck, eine Sorge um die technologische Führerschaft und Innovationsfähigkeit der deutschen Autobauer, festgemacht an der Frage der kraftstoffsparenden Technologien.

Natürlich weiß ich als Bochumer Abgeordneter um die Bedeutung der Automobilindustrie für Nordrhein-Westfalen im Allgemeinen und vieler der einzelnen Regionen im Besonderen.

Die Automobilindustrie leistet einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung in NordrheinWestfalen: 30 Milliarden € Umsatz, dabei eine Exportquote von über 60 % mit einem Exportüberschuss von 6 Milliarden €. Dies alles haben 85.000 Beschäftigte nur im unmittelbaren Bereich der Automobilindustrie, bei den Autobauern und den Zulieferern, erschaffen.

In Nordrhein-Westfalen sind, wenn ich das korrigieren darf, drei große Fertigungswerke angesiedelt: Ford in Köln, Mercedes in Düsseldorf und Opel in Bochum. Mindestens genauso wichtig ist aber: Fast 800 Betriebe der Zulieferindustrie mit fast 115.000 Beschäftigten sind in den Regionen rund um diese Werke und darüber hinaus, wie Frau Thoben schon richtig sagte, in vielen Regionen des Landes angesiedelt, ganz besonders stark in Ost- und Südwestfalen.

Die Automobilindustrie in Nordrhein-Westfalen ist seit vielen Jahren ein arbeitsplatzstabiler Industriezweig - wobei man aufgrund der Größe eher von einem Industrieast denn einem Industriezweig sprechen müsste.

In Nordrhein-Westfalen hat sich eine durchaus belastbare Wertschöpfungskette etabliert, die für die wirtschaftliche Stabilität Nordrhein-Westfalens von großer Bedeutung ist. Diese Wertschöpfungskette fußt auch auf einer Vielzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen, deren spezifischer Problemlagen wir uns ebenso bewusst sein müssen wie den Anforderungen der großen Produzenten.

Meine Damen und Herren, aufgrund der hohen Bedeutung der Branche für die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung Nordrhein-Westfalens möchten wir noch einmal unterstreichen, wie wichtig die technologische Weiterentwicklung zur Sicherung beziehungsweise zum Ausbau der Marktanteile ist.

Herr Priggen, natürlich wären wir zu Recht besorgt, wenn Deutschland die technologische Führerschaft in diesem Bereich verlieren würde. Aber wir haben die technologische Führerschaft im Ganzen nicht verloren. Wir dürfen den Verlust technologischer Spitzenposition nicht allein daran festmachen, dass in technologischen Teilaspekten französische beziehungsweise japanische Hersteller vorne liegen - bei Rußpartikelfiltern die Franzosen und bei Verbrauch und Antriebstechnologien die Japaner. Dort müssen wir aufholen; keine Frage. Klar ist aber auch: Diese Aufgabe ist zu bewältigen.

In erster Linie ist diese Bewältigung ja nun Sache der Automobilindustrie, der Produzenten wie der Zulieferer. Das soll uns nicht daran hindern, die Rahmenbedingungen noch weiter zu verbessern. Sie sprachen gerade von Förderprogrammen, Frau Thoben. So ist aus meiner Sicht der unsrige Beitrag insbesondere zur nachhaltigen Entwicklung der Industrie an dieser Stelle zu leisten.

Im Markt herrscht zweifelsohne ein hoher Innovationsdruck, auch und vielleicht mittlerweile insbesondere bei den Zulieferern. Dorthin wird immer mehr verlagert, was Innovationen angeht. 17 % der FuE-Ausgaben der deutschen Industrie fließen in Autos. 30 % des FuE-Personals sind in der Automobilbranche beschäftigt. Das sind Zahlen, die den hohen Innovationsdruck, aber auch die hohe Innovationsbereitschaft verdeutlichen, die es in der nordrhein-westfälischen Automobilindustrie gibt. Hier ist mit Neuem richtig Geld zu verdienen. Insofern passiert das auch.

Der hohe Innovationsdruck bei Produkten, Produktionstechniken und Produktionsabläufen wird besonders in der mittelständischen Zulieferindustrie deutlich, in die dieser Innovationsdruck immer mehr verlagert wird. Dies erfordert vielfach Investitionsbedarfe mit erhöhtem Finanzierungsdruck für den Mittelständler. Dort können wir - damit haben die Grünen mit ihrem Antrag sehr Recht -, wie im Antrag gefordert, über Programme der NRWBank im Bereich des im Mittelstand kritischsten Faktors Unterstützung leisten. Da wird mir auch Herr Brockes zustimmen, dass das notwendig ist. Dabei sollte man nur aufpassen, dass man nicht im Rahmen der angekündigten Thobenschen Förderstreichprogramme die vorgenannten Äste

absägt, auf denen viele Menschen in NordrheinWestfalen sitzen.

(Beifall von der SPD - Zuruf von Ministerin Christa Thoben)

- Frau Thoben, wenn bei Ihnen jedes Förderprogramm nur noch als Subvention läuft, können wir das im Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie gerne einmal diskutieren. Das sind nicht pure Subventionstatbestände, und das wissen Sie auch ganz genau. Wenn Sie davon reden, 20 % kürzen zu wollen, bin ich sehr gespannt, ob Sie in jedem Programm 20 % kürzen oder lieber die ganz wegkürzen, die nicht Ihr Klientel betreffen, und die anderen in vollem Umfang stehen lassen. Das diskutieren wir an der entsprechenden Stelle, Frau Thoben.

(Beifall von der SPD)

Produktionsmethoden und -techniken für innovative Automobile sind Voraussetzungen, um neue Märkte zu erobern. Besonders interessant erscheinen derzeit China, Osteuropa und Südamerika. Nordrhein-westfälische Automobilproduzenten und Zulieferer begeben sich auf diese Märkte nicht nur mit Produkten, sondern auch mit Produktion.

Kraftstoffverbrauch ist sicherlich in der bekannten Kombination aus Spritpreis und Kyoto-Vorgaben eines der wichtigen Markteintritts- und Volumenkriterien. Die deutsche Automobilindustrie ist bezüglich der neuen Kraftstoffe, der Rußpartikelfiltertechnik und der Antriebstechniken nicht auf der Höhe der Zeit. Das muss sich wieder ändern. Dies ist in erster Linie Aufgabe der Unternehmen.

Dem im Antrag unterschwellig vorhandenen Ansatz nach zumindest teilweise staatlich-dirigistischer Unterstützung müssen wir - auch da wird Herr Brockes mir zustimmen - zum großen Teil widersprechen. Ein im Großen und Ganzen funktionierender Markt mit ausreichender Transparenz und verteilter Marktmacht hat zumindest bei den Rußpartikelfiltern gezeigt, dass er bei gesetzten Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Euro-Abgasnorm und Feinstaubgrenzwerten, dem in diesem Technologiefeld führenden Hersteller zum Erfolg verhilft.

Was soll mehr Triebfeder sein, energiesparende Technik einzusetzen, als der derzeit extrem hohe Benzinpreis? Der hohe Mineralölpreis bringt vielfältige Nachteile für die Wirtschaft und für die Verbraucher mit sich. Als starker Innovationsmotor zur schnelleren Entwicklung effizienter Automobile taugt er aber allemal. Der Verbraucher wird durch die Benzinpreishöhe geradezu an

gehalten, den Kraftstoffverbrauch zu einem zentralen Element seiner Kaufentscheidung zu machen. Auf die Veränderung kaufentscheidender Kriterien reagiert Industrie; das ist sicher. Da, Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen, ist unser Vertrauen in funktionierende Marktmechanismen sehr groß.

Was können wir, was kann der Landtag NRW tun?

Wir können erstens Sorge dafür tragen, dass in Nordrhein-Westfalen die Ingenieurausbildung an den Hochschulen, ausgehend von einem bereits jetzt hohen Niveau, kontinuierlich weiterentwickelt wird.

Wir können zweitens Sorge dafür tragen, dass in Nordrhein-Westfalen das bestehende Automobilcluster systematisch gestärkt und die marktnahe Verbindung zwischen Forschung und Wirtschaft weiter unterstützt wird.

Wir können drittens Sorge dafür tragen, Frau Thoben, dass Nordrhein-Westfalen dem erhöhten Investitionsbedarf mittelständischer Automobilzulieferer durch eine Einbeziehung dieser Branche in das Förderinstrumentarium der NRW-Bank Rechnung trägt.

Bei diesen Forderungen dürfen wir uns der Unterstützung des abwesenden Ministerpräsidenten sicher sein. Er hat schließlich von etwas über einem Jahr in seiner Presseerklärung vom 25. August 2004 gefordert: NRW muss beim Automobilbau wieder mehr Gas geben.

Dann „man tau“, wir sind gespannt.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Eiskirch. - Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU Kollege Burkert das Wort.

Frau Präsidentin! meine Damen und Herren! Ich bin sehr erstaunt, Herr Eiskirch, wie Sie hier von Subventionen sprechen, die wir streichen oder gar nicht erst geben würden. Sie selber haben verhindert, dass alternative Kraftstoffe vernünftig auf den Weg gebracht werden konnten,

(Beifall von der CDU)

indem Sie gesagt haben: „Wir subventionieren“, und alle Anwender haben auf die Einführung dieser Kraftstoffe gewartet. Mittlerweile sind diese Kraftstoffe am Markt etabliert, weil die Mineralölpreise davongelaufen sind.

Zurück zum Thema. Der deutsche Automobilbau ist mit Verlaub eine Schlüsselindustrie von hohem Innovationsstandard. Die Automobilindustrie hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie im Umweltschutz, in der Sicherheitstechnologie und in der Zuverlässigkeit - Airbag, ABS, ESP seien beispielhaft erwähnt - initiativ geworden ist.

Wenn ich aber im Antrag der Grünen lese, dass sie die Fahrzeuge und die Gesetzgebung in China zum Umweltschutz als Nonplusultra bezeichnen - 7,2 l/100 km bei 500 kg Leergewicht; selbst der Trabi mit seinem Plastikgehäuse konnte dies nicht schaffen -, vermute ich, es geht nicht um das Fahrzeug, das 500 kg wiegt. Wenn wir einen Vergleich anstellen, setzt ein kleines Auto in Deutschland mit 1 l/100 km 330,6 kg in Bewegung, eine gehobene Mittelklasse schafft 202 kg, und selbst die schwere Luxusklasse, die von Ihnen gegeißelt wurde, schafft 187,1 kg. Das chinesische Fahrzeug, das Sie als Superauto anpreisen, schafft allerdings nur klägliche 69,4 kg. Sie sehen, man sollte diese Zahlen auch in einen vernünftigen Kontext setzen.

Somit können wir sagen: Unsere Fahrzeuge in Deutschland haben Spitzentechnologie im Kraftstoffverbrauch. Das heißt nicht, dass man Gutes nicht noch verbessern kann. Deshalb ist es wichtig, Rahmenbedingungen auf den Weg zu geben.

Die Frau Ministerin hat eben sehr deutlich gesagt, was wir tun wollen. Wir werden den gerade zitierten Koalitionsvertrag umsetzen. Wir sollten mit allen beteiligten Gruppen und allen Kräften vernünftig zusammenarbeiten und nicht auf eine Ecke draufhauen. Dann können wir die Chancen für unser schönes Land Nordrhein-Westfalen und seine Bevölkerung nutzen. Nörgler und Miesmacher können wir dabei nicht gebrauchen. Wir brauchen Menschen, die die Ärmel aufkrempeln. - Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir sind am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen die Überweisung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/284 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie - federführend -, den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, den Ausschuss für Frauenpolitik sowie den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, For

schung und Technologie. - Ich höre gerade, dass zur Mitberatung ebenfalls an den Ausschuss für Bauen und Verkehr überwiesen werden soll. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer der Überweisungsempfehlung mit der genannten Ergänzung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Enthaltungen? - Diese Überweisungsempfehlung ist mit Zustimmung aller im Hause vertretenen Fraktionen angenommen worden.