Protocol of the Session on May 14, 2008

Außer Zweifel steht hingegen, dass keine Institution besser geeignet ist, mit gegebenen Ungewissheiten umzugehen, als der Markt.

(Beifall von der FDP – Johannes Remmel [GRÜNE]: Der Markt hat das mit dem Klima auch schon gut geschafft!)

Ja, Herr Remmel, dass Sie die Marktwirtschaft nicht verstehen, ist mir nicht erst seit heute bekannt. Hören Sie zu! Dann lernen Sie noch was.

(Ralf Witzel [FDP]: Privat vor Staat! – Ge- genruf von Uwe Leuchtenberg [SPD]: Private Tankstellen!)

Meine Damen und Herren, die Suchprozesse des Marktes, die durch die hohen Weltmarktpreise ausgelöst werden, zeigen bereits erkennbare Erfolge.

(André Stinka [SPD]: Fragen Sie mal die Bürger!)

Innerhalb eines Jahres sind allein vor der Küste Brasiliens zwei große Ölfelder

(Uwe Leuchtenberg [SPD]: Das ist ein Am- menmärchen! Da glaubt doch keiner dran!)

und ein riesiges Gasfeld entdeckt worden.

(Uwe Leuchtenberg [SPD]: In 10.000 Jahren zu erschließen!)

Bei dem größten Ölfund seit 30 Jahren, den es aus Sicht der Geologen eigentlich gar nicht geben dürfte,

(Uwe Leuchtenberg [SPD]: Deswegen sind die Preise auch so gefallen! Das nennt man Marktwirtschaft!)

könnte es sich um die drittgrößte Ölquelle weltweit handeln.

(Uwe Leuchtenberg [SPD]: Wir haben neue Quellen, und deswegen sind die Preise ge- stiegen! – Gegenruf von Ralf Witzel [FDP]: Sie sind in den letzten Jahren aufgrund der Politik gestiegen! Ökosteuer und all diese Abkassierereien! Das ist doch nicht der Markt! Die Ökosteuer ist Staatsanteil und doch nicht Produktanteil am Benzin! – Ge- genruf von Uwe Leuchtenberg [SPD]: Jetzt hat die Ökosteuer schon was mit den Quel- len in Brasilien zu tun!)

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle, Herr Kollege Priggen, nutzt es Ihnen auch nichts, wie auf der Pressekonferenz geschehen, diese Suchergebnisse kleinzureden. Sie zitierten dort einen Artikel aus der „Financial Times“, in dem spekuliert wird, dass das gefundene Ölfeld lediglich den weltweiten Bedarf von knapp 180 Tagen decken kann. Was Sie dabei allerdings verschwiegen haben, ist die Tatsache, dass dieser Artikel aus dem November letzten Jahres stammt und sich demzufolge nur auf den ersten Fund beziehen konnte. Gleichsam versuchen Sie, mit Ihren relativierenden Aussagen darüber hinwegzutäuschen, dass der wesentlich größere Ölfund erst vor gut einem Monat bekannt gegeben wurde und diese Vorkommen von gewaltigem Ausmaß sind.

Meine Damen und Herren, zurück zu den Erfolgen, die durch die Suchprozesse des Marktes

ausgelöst werden! Schließlich steuern Preise besser als Politik.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Mit neuen Bohrtechniken, die insbesondere auch aus Nordrhein-Westfalen kommen – hier werden zum Beispiel neue Stahlsorten entwickelt, mit denen neue Bohrer hergestellt werden können –, kann die Entölungsrate vorhandener Quellen von derzeit rund 35 % auf in Einzelfällen bis zu 70 % erhöht werden. Die intensivere Ausbeutung alter Felder führt dazu, dass eigentlich erschöpfte Vorkommen wie die in der Nordsee reanimiert werden. Gleichzeitig reagiert auch die Nachfrageseite durch sparsameren Umgang mit Öl und Gas, zum Beispiel durch einen Umstieg auf vorhandene Substitute. Die Wirtschaft sucht zudem gemeinsam mit unseren Forschungseinrichtungen intensiv nach neuen Technologien, die ohne Öl und Gas auskommen.

Meine Damen und Herren, diese Beispiele verdeutlichen einerseits die Dynamik des Marktes und legen andererseits die Untauglichkeit des statischen Ansatzes der Geologen bei der Bestimmung der zukünftigen Verfügbarkeit von Öl und Gas schonungslos offen.

Vom Ökonomienobelpreisträger Paul Anthony Samuelson stammt die Aussage, Gott habe den Ökonomen zwei Augen gegeben, eines für die Angebots- und eines für die Nachfrageseite. – Meine Damen und Herren, diesem Bild folgend, sind die Geologen auf einen Blindenhund angewiesen,

(Bodo Wißen [SPD]: Was kommt hinter den Augen?)

da sie Reaktionen auf der Angebots- wie auch auf der Nachfrageseite, die von den Preissignalen ausgehen, einfach ausblenden. Trotzdem sind SPD und Grüne in ihrer Argumentation der geologischen Sichtweise eines kurz bevorstehenden Höhepunktes der weltweiten Ölförderung blind gefolgt. Die harten Eingriffe in den Markt, die Sie hiermit rechtfertigen, lassen bereits aus der Distanz erahnen, dass diese abseits jeglicher ökonomischer Vernunft niedergeschrieben wurden.

(Beifall von der FDP)

Diese von den Ökonomen abgelehnte statische Betrachtungsweise hat es uns erklärtermaßen nicht erlaubt, einen gemeinsamen Endbericht vorzulegen.

(Uwe Leuchtenberg [SPD]: Außer den Öko- nomen sind alle anderen Wissenschaftler Dummschwätzer?)

Meine Damen und Herren, umso wichtiger war es uns aufzuzeigen, dass die Politik wegkommen muss von dirigistisch lenkenden Staatsinterventionen und ordnungsrechtlichen Eingriffen. Die Erkenntnis der Förderstaaten, dass sie ihre Marktmacht gegenüber den Verbraucherländern ausnutzen können, um die Öl- und Gaspreise weit über den eigentlichen Förderkosten zu stabilisieren, erweist sich für die Wirtschaft und die Menschen in Nordrhein-Westfalen als zunehmend problematisch. Der Macht des OPEC-Kartells können wir nur dann wirkungsvoll begegnen, wenn wir die vorhandenen Möglichkeiten zur Steigerung der Energieeffizienz konsequent nutzen und damit den Öl- und Gasverbrauch spürbar senken, wenn wir den Einsatz von Gas in der Verstromung nicht noch zusätzlich erhöhen, was jedoch bei einem Verzicht auf Kernenergie und Kohle zwangsläufig der Fall wäre, Herr Kollege Priggen.

(Beifall von der FDP – Uwe Leuchtenberg [SPD]: Wer will denn auf Kohle verzichten?)

Wer sich aus rein ideologischen Überlegungen eine derartige Selbstbeschränkung auferlegt, verschärft das Problem zusätzlich.

(Beifall von der FDP)

Herr Kollege Brockes, Ihre Redezeit ist im Prinzip zu Ende. Sie kommen zum Schluss. Danke schön.

(Uwe Leuchtenberg [SPD]: Wie: „im Prin- zip“?)

Herr Präsident, meine Uhr zeigt noch drei Minuten Redezeit an.

Meine Damen und Herren, verantwortungsvolle Politik sollte sich in einem marktwirtschaftlichen System darauf konzentrieren, Unternehmen und Verbraucher in die Lage zu versetzen, auf die großen Herausforderungen der Zukunft angemessen reagieren zu können. Dies setzt Freiräume voraus, die sie beispielsweise durch eine spürbare Senkung der Steuer- und Abgabenlast auf Energie erhalten könnten. Schließlich leiden die Menschen in unserem Land nicht nur unter den gestiegenen Importpreisen für Öl und Gas, sondern gleichfalls unter den von Rot-Grün eingeführten Ökosteuern und der Mehrwertsteuererhöhung der Großen Koalition.

Wir sollten die Marktteilnehmer nicht mit immer neuen Vorschriften, Standards und Quoten überziehen, sondern Hemmnisse und Restriktionen

beseitigen, damit vorhandene Effizienzsteigerungen zukünftig umgesetzt werden können.

(Uwe Leuchtenberg [SPD]: Die anderen sind schuld! Man selber braucht nichts zu tun!)

Nach unserer Auffassung gehören hierzu folgende Maßnahmen: Maßnahmen zur Beseitigung von Informationsdefiziten, Änderungen im Mietrecht, das derzeit häufig wärmetechnischen Sanierungsmaßnahmen entgegensteht, Abschreibungserleichterungen, damit unser Gebäudebestand schneller wärmetechnisch saniert wird und marktnahe erneuerbare Energien zügiger zum Einsatz kommen, und last, not least die Intensivierung der Forschungsaktivitäten zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft unter Einsatz der Hochtemperaturreaktortechnik. Hierdurch ließe sich Wasserstoff kostengünstig, risikoarm und CO2-frei für industrielle und Verkehrszwecke sowie für den Wärmemarkt herstellen.

(Bodo Wißen [SPD]: Aber nur im Kreis Vier- sen!)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Diese Empfehlungen sollten wir bei unserem weiteren Handeln in den Mittelpunkt stellen. – Vielen Dank für Ihre weitgehend vorhandene Aufmerksamkeit, Herr Kollege Wißen.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. Wir haben das mit der Redezeit hier auch geklärt. – Als Nächster hat Herr Kollege Priggen für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Kollege Brockes, Sie haben eben gesagt, keine Institution sei besser geeignet als der Markt. Dann haben Sie gesagt, die Geologen seien auf einen Blindenhund angewiesen. Beide Zitate helfen in der Sache überhaupt nicht weiter.

(Beifall von den GRÜNEN)

Eigentlich muss ich einen solchen Angriff auf die Marktwirtschaft zurückweisen, um das klar zu sagen. Der Markt hat hervorragende Mechanismen und ist hervorragend geeignet, bestimmte Prozesse zu steuern.

Um es einmal auf den Punkt zu bringen: Wenn wir heute einen Preis von 124 Dollar pro Barrel haben und ein halbes Jahr später auch die Gaspreise dieses Niveau erreichen, wird die nächste Heizkostenrechnung für weite Teile der Bevölkerung

bitterböse. Der Markt wird an der Stelle nicht helfen.

(Ralf Witzel [FDP]: Das liegt doch an der Steuer!)

Das liegt doch nicht an der Steuer. Das ist dummes Zeug.

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist steuerbedingt so!)

Herr Witzel, zu Ihrem Gequake von der Steuer will ich Ihnen auch einmal etwas sagen; denn das machen Sie ja jedes Mal.