Wir haben zwei aus meiner Sicht außerordentlich interessante Exkursionen durchgeführt. Wir sind als Erstes – sparsam, wie die Kommission war, haben wir uns einen Reisebus genommen; wir haben unseren Etat nicht ausgeschöpft, sondern haben das, was wir gemacht haben, auch immer unter dem Gesichtspunkt eines effektiven Um
gangs mit den dafür genutzten öffentlichen Geldern gemacht – in einer eintägigen Exkursion nach Den Haag gefahren, weil wir mit der niederländischen Regierung darüber reden wollten, wie die Niederländer mit ihren rückläufigen Gasvorräten umgehen, und mit der Firma Shell darüber, wie die Strategie der niederländischen Regierung und der Firma Shell als großer Förderer in den Niederlanden im Umgang mit der RessourcenProblematik aussieht.
Diese Exkursion war außerordentlich interessant, weil für uns deutlich geworden ist, dass sich die Niederländer vorsorgend darauf einstellen, unter anderem dadurch, dass sie drei LNG-Terminals in Planung haben, also Terminals, in denen verflüssigtes Erdgas angelandet werden kann, dass sie ihr größtes Gasfeld Groningen in der Produktion deckeln und die kleinen Felder draußen im Meer ausbeuten, dass sie ihre großen Gasspeicher nutzen, um zum größten Gashändler Westeuropas, zum zentralen Gashändler zu werden, und dass sie die Hochdrucknetze für Gas in staatlichen Besitz zurückgeführt haben, um die Durchleitungsautobahn für Gastransporte besser zu nutzen.
Die zweite Exkursion – auch sehr sparsam, sehr konzentriert in nur vier Tagen – hat uns nach Stockholm geführt. Die schwedische Regierung, früher sozialdemokratisch, jetzt konservativ geführt, verfolgt die Zielsetzung, Schweden bis 2020 zu einer ölfreien Gesellschaft zu machen. Trotz Regierungswechsel – das war für uns das Spannende – wird diese Strategie beibehalten. Die Skandinavier sind insgesamt eher etwas konsensorientiert in ihren politischen Entscheidungsprozessen.
Wir haben eine Reihe von Gesprächen mit der Stadtverwaltung in Stockholm mit dem Wirtschaftsministerium, mit Vattenfall, mit einzelnen Parlamentariern, aber auch mit Bauvertretern und Firmenvertretern geführt. Eine Reihe von Erkenntnissen, die wertvolle Anstöße sind, ist zu Teilen auch wieder in den verschiedenen Konzepten aufgetreten, die jetzt in der Diskussion sind.
Eine der spannenden Erkenntnisse war die konsequente energetische Nutzung von Abfällen zur Biogasgewinnung. Wir haben gesehen, dass die Schweden in ihren Kläranlagen in Stockholm tatsächlich biogene Abfälle mitvergären und damit ihre Stadtbusflotte betanken mit der Perspektive, den gesamten Stadtbusverkehr auf Biogas umzustellen. Während bei uns biogene Abfälle noch sehr stark in die Kompostierung fließen, nutzen die Schweden diese mit wesentlich höherem Energieinhalt beim Betreiben der Fahrzeuge. Wir
Wir haben auch interessante Gespräche über den jahrzehntelangen Ausbau von Nah- und Fernwärmesystemen geführt. Das hat bei den Schweden eine lange Tradition. Wir haben auch Gespräche über energiesparendes Bauen, das heißt über den Passivhausbau und den Niedrigenergiehausbau, und die Kosten geführt.
Wir sind von drei Preisszenarien ausgegangen, die ich eben schon einmal angesprochen habe: 100 $, 130 $, und wir haben – man mag es gar nicht sagen – ein Schockszenario von 100 $ pro Barrel im Jahre 2010 diskutiert. Angesichts der Realität ist der Schock zweieinhalb Jahre eher gekommen. Wir haben all die Szenarien aufgestellt und betrachtet und uns in der Kommission außerordentlich kontrovers darüber unterhalten, ob nicht 130 $ pro Barrel eine unzulässig hohe Annahme sei. Von den Instituten, mit denen wir geredet haben und von denen wir Gutachten einholen wollten, ist uns gesagt worden: Es gibt niemanden, der Programme hat, um Szenarien mit 200 $ das Barrel durchzurechnen. Das müsste also erst noch entwickelt werden.
Alles, was diskutiert worden ist, bewegte sich in dem Szenario. Vor dem Hintergrund, dass wir etwa Anfang 2000 bei 20 $ pro Barrel – 1998 kostete der Barrel noch 10 $ – lagen, ist das jetzt natürlich eine exorbitante Steigerung. Alle wissenschaftlichen Institute, EWI, prognos, die auf Bundesebene als Höchstpreisvariante 2006 oder 2007 Preisentwicklungsannahmen aufgestellt haben, sind weit hinter dem zurückgeblieben, was sich jetzt als Szenario einstellt. In den Anhörungen haben uns Vertreter der Ölindustrie klar vermittelt, dass eher wieder mit einer rückläufigen Tendenz zu rechnen ist als mit Steigerungen auf die Preise, über die wir aktuell diskutieren.
Ich will die wesentlichen Ergebnisse, die natürlich von Faktoren beeinflusst sind, nur kurz zusammenfassen. Wir haben außerordentliches Glück, dass der Wechselkurs des Euro gegenüber dem Dollar die ganze Zeit für uns relativ günstig verläuft. Wenn bei Öl und Gas, das beides in Dollar gehandelt wird, die Dollarschwäche nicht so durchschlagen würde, hätten wir noch ganz andere Preissteigerungsraten zu verzeichnen. Das muss man berücksichtigen.
Die für uns alle überraschende Erkenntnis bei den gerechneten Szenarien war, dass die hauptsächlichen kritischen Punkte nicht Wirtschaft und Industrie waren. Das heißt: Bei den angenommenen Preisszenarien von 130 $ pro Barrel ist uns von
den Gutachtern vermittelt worden, dass die Industrie das relativ gut verkraftet, weil sie in einem internationalen Wettbewerb steht und alle Mitwettbewerber von den gleichen Preisen ausgehen müssen. Hinzu kommt, dass der Anteil der Ölkosten im Maschinen- und Anlagenbau im Schnitt bei etwa 2 % liegt. Es gibt einzelne Bereiche, bei denen das kritischer ist und die wir auch spezieller untersucht haben. Aber dadurch, dass der Anteil insgesamt nicht so hoch ist und dadurch, dass die Unternehmen im internationalen Wettbewerb stehen, war dieses Preisniveau nicht von durchschlagender Wirkung.
Wir haben festgestellt, dass es an der Stelle vor allem eine Kaufkraftschmälerung gibt, das heißt in den Bereichen Bildung, Kultur und Tourismus, während andere Bereiche noch stärker unter Druck kommen. Es gibt aber auch Gewinner dieses Prozesses, und zwar im Maschinenbau und in der Elektrotechnik, die von neuen Techniken, die im Zuge dieser Entwicklung auf den Markt kommen – Effizienztechnologien, erneuerbare Energien und anderes –, profitieren, sodass dort positive Effekte zu realisieren sind.
Am stärksten betroffen sind die Kommunen – das war eine eindeutige Erkenntnis – durch die deutlich ansteigenden Heizkosten aufgrund ihres hohen Nachholbedarfs bei den kommunalen Liegenschaften und öffentlichen Einrichtungen, aber auch weil sie Träger der Heizkostenbeihilfe für diejenigen sind, die unter geringem Einkommen leiden oder über staatliche Beihilfesysteme Transferleistungen erhalten. Die Kommunen sind darüber hinaus benachteiligt, weil sie einen Sanierungsstau haben und weil es in Teilen jedenfalls eine mangelnde Professionalität im Energiemanagement und im Energiecontrolling gibt. Deswegen existieren – in Teilen jedenfalls – auch wenige Kenntnisse über die Energiekostensituation, und es wird relativ wenig vorausschauend geplant. Hier existiert also ein großer Nachholbedarf.
Am stärksten betroffen sind Verbraucherinnen und Verbraucher, und von ihnen vor allen Dingen die Einkommensschichten, die über geringere Einkommen verfügen, also etwa 20 % der Bevölkerung, die in Teilen auch wenige Möglichkeiten bei stark steigenden Heizkosten haben, sehr kurzfristig umzusteigen. Das lässt natürlich vor dem aktuellen Hintergrund von 124 bis 125 $ pro Barrel und den nachklappenden Preissteigerungen bei Gas, die immer mit einem halben Jahr Verzögerung eintreten, schon befürchten, was hier im nächsten Winter in den Bereichen passiert, wenn sich die Preise so weiterentwickeln oder sogar noch steigen.
Eigentlich ist es Ziel einer Enquetekommission, zusammen zu einem Bericht zu kommen. Das haben wir nicht geschafft. Warum wir das nicht geschafft haben, wird gleich in den Beiträgen der einzelnen Fraktionen deutlich werden. Wir hatten nämlich in zwei zentralen Fragen deutliche Widersprüche.
Wir haben aber wiederum im Konsens untereinander darauf verzichtet, in dem Bericht dem Mehrheitsvotum der Regierungsfraktionen unzählige Einzelstellungnahmen als Minderheitsvoten hinzuzufügen und dadurch das Ganze unlesbar zu machen. Es ist ein vernünftiges Vorgehen gewesen, dass wir uns darauf verständigt haben, einen Mehrheitsbericht – das ist der offizielle Kommissionsbeschluss, getragen von den Regierungsfraktionen – und ein separates Minderheitenvotum vorzulegen. So kann sich derjenige, der sich mit der Materie befassen und die Ergebnisse nachlesen will, genau darüber informieren, wo die Unterschiede und Gewichtungen liegen. Das wird in den Debattenbeiträgen gleich sicherlich noch klargestellt werden.
Trotzdem glaube ich, dass in dem Mehrheitsbericht viel von dem steckt, was wir zusammen erarbeitet haben. Insofern kann ich mich bei allen Kollegen nur noch einmal bedanken. Es ist klar, dass man zum Schluss in der Sache auch eine Differenz hat. Wir stehen da ja nicht alleine. Die Differenz in den Sachfragen können wir ja auch mit den Äußerungen von Sachverständigen, die wir hier im Plenarsaal gehört haben, belegen. Insofern sind das Positionierungen, die in der gesamten Thematik immer vorkamen. Wenn ich mir jetzt die Erklärungsversuche in den Zeitungen und übrigen Medien durchlese, wie man den rasanten Preisanstieg und seine Bewertung darstellt, so finden wir dort die unterschiedlichen Einschätzungen durchaus wieder.
Insofern war es ein vernünftiges Vorgehen, dass wir den Bericht in zwei getrennten Voten vorlegen. Wer sich damit befassen will, findet – das ist meine feste Überzeugung – eine Quelle, aus der man gut schöpfen kann. Wir haben zusätzlich zu diesem Material alles, was wir an Gutachten und Protokollen erstellt haben, auf der Homepage eingestellt und stellen es allen, die es interessiert, zur Verfügung. Wir haben das Material auch an die anderen Parlamente in der Bundesrepublik weitergegeben. Im Übrigen muss man noch einmal sagen: Wir sind das erste Parlament überhaupt, das sich mit dieser Frage in einem systematischen Arbeitsprozess befasst hat. Es ist völlig unstrittig, dass die Frage brennender wird und auf der Tagesordnung ist.
Wir sind im Erkenntnisstand ein Stück weitergekommen: Das ist nicht das Ende der Fahnenstange; da ist noch viel Arbeit drin. Ich kann nur sagen: Es hat sehr viel Spaß gemacht, es war anstrengend. Ich habe sehr viel gelernt und will mich dafür bei allen Kollegen bedanken.
Dass wir im politischen Wettstreit Punkte kontrovers sehen und das austragen, ist unsere normale Arbeit. Dafür brauchen wir uns nicht zu schämen. Das ist auch Ausdruck des politischen Wettstreits, für den wir hier sitzen. Ganz herzlichen Dank an Sie alle. Ich wünsche der kontroversen Debatte einen erfolgreichen Verlauf. Dabei darf ich mich dann noch einmal melden.
Herr Priggen, vielen Dank für Ihren Bericht als Vorsitzender der Enquetekommission. Ich darf mich im Namen des gesamten Parlaments bei Ihnen und Ihren Kollegen sowie den Sachverständigen und den Mitarbeitern sehr herzlich für die Arbeit bedanken, die Sie uns vorgelegt haben.
Wir werden jetzt darüber zu diskutieren haben. Ich gebe das Wort an den Kollegen Weisbrich von der CDU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Vorsitzenden war der Sache angemessen und hat das grundsätzlich angenehme Diskussionsklima in der Kommission zutreffend beschrieben. Umso überraschender ist für mich der Entschließungsantrag, den die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen heute vorgelegt haben. Das veranlasst mich, die Arbeit unter politischen Gesichtspunkten etwas kritischer zu bewerten, als das sonst vielleicht erforderlich gewesen wäre.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat im September 2005 eine Enquetekommission zu den Auswirkungen längerfristig stark steigender Preise von Öl- und Gasimporten auf die Wirtschaft und die Verbraucherinnen und Verbraucher in Nordrhein-Westfalen beantragt. Die Antragsbegründung enthält drei Kernthesen:
Erstens. Bereits jetzt sind die sprunghaft angestiegenen Öl- und Gaspreise eine erhebliche Belastung für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen.
Zweitens. Die Parallelität von steigender Nachfrage und absehbarer Angebotsverknappung lässt weitere drastische Preissteigerungen und zunehmende Verteilungskämpfe wahrscheinlich erscheinen.
Drittens. Ohne einen sicheren und in Bezug auf den Preis volkswirtschaftlich darstellbaren Zugriff auf die Schlüsselressourcen Öl und Gas läuft das Land Nordrhein-Westfalen Gefahr, die industrielle Fertigung nicht im bisherigen Ausmaß erhalten zu können.
Aus Sicht der Antragsteller war es Ziel der Kommissionsarbeit, dieses Untergangsszenario zu beweisen und daraus Forderungen nach einem totalen Ökö-Staat herzuleiten. Dieser Versuch ist in zweierlei Hinsicht misslungen:
Erstens. Die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung hat im Auftrag der Kommission die Datenlage analysiert und kam zu dem Ergebnis, dass der Kostendruck, dem die Unternehmen ausgesetzt sind, wegen der weltweit gleichen Entwicklung zu einem großen Teil überwälzt werden kann. Plakativ ausgedrückt: Solange die Energiepreise international für alle Wettbewerber in ähnlichem Umfang steigen, ist die Industrie in Nordrhein-Westfalen von der Kostenseite her nicht bedroht. Dieses gilt umso mehr, als in den meisten Branchen der Energieanteil an den Produktionskosten unter 2 % liegt und die energieintensiven Branchen stärker auf Kohle und Strom angewiesen sind als auf Öl und Gas. Kollege Priggen hat das eben in seinem Vorsitzendenbericht bestätigt.
Zweitens. Eine Expertenanhörung hat ergeben, dass die jetzt schon bekannten Öl- und Gasvorräte grundsätzlich ausreichen werden, um die zu erwartende Mengennachfrage über unseren Untersuchungszeitraum bis 2030 hinaus zu befriedigen. Von Krieg und Terroranschlägen abgesehen, resultiert die tatsächliche Verfügbarkeit von Öl und Gas vor allem aus den ökonomischen und politischen Strategien der Anbieter, die zu 80 % allerdings Staatsunternehmen sind. Daneben ist die Verfügbarkeit eine Funktion der eingesetzten Fördertechnologien, der getätigten Infrastrukturinvestitionen und der aufgewandten Förderkosten.
Die statistische Reichweite der Ölreserven wurde Ende der 60er-Jahre mit ca. 30 Jahren angegeben und liegt heute bei rund 41 Jahren, obwohl inzwischen mehr als 100 Milliarden Tonnen Öl oder mehr als 50 % der 1968 ausgewiesenen Reserven gefördert wurden. Ähnliches gilt für Erdgas, wobei hier die Reichweite derzeit sogar mit 65 Jahren angegeben wird. Bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes im Jahre 2030 wird es keinesfalls durch eine Erschöpfung der Quellen dazu kommen, dass die Nachfrage nach Öl und Gas nicht gedeckt werden könnte.
Meine Damen und Herren, damit besteht kein Grund zu hektischem Aktionismus. Es besteht jedoch jeder Grund zu vorausschauendem und planvollem Handeln.
Während die Analyse der Auswirkungen von Öl- und Gaspreissteigerungen auf die Wirtschaft eher beruhigend ausfällt – auch das hat Kollege Priggen eben vorgetragen –, geben die Auswirkungen von Energiepreissteigerungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher und öffentliche Haushalte durchaus Anlass zu Besorgnis.
Die steigenden Energiekosten der privaten Haushalte können im Gegensatz zu Industrie und Gewerbe nicht weitergegeben werden. Sie verringern unmittelbar das für Konsumzwecke und für Ersparnisse verfügbare Budget. Das trifft besonders die einkommensschwächsten Haushalte, weil sie mehr als 99 % ihres Nettoeinkommens für Haushaltsenergien ohne Treibstoff aufwenden müssen, während der Energiekostenanteil bei den einkommensstärksten Haushalten lediglich bei etwa 3 % liegt.
Besonders betroffen von steigenden Energiepreisen sind Rentnerhaushalte und unterhaltsberechtigte Haushalte, insbesondere Alleinerziehende und damit vor allem Frauen, denn sie stellen 94 % der 119.000 Alleinerziehenden in NordrheinWestfalen, die Anträge auf Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe gestellt haben. Es gibt – auch aufgrund ihrer höheren Lebenserwartungen – deutlich mehr Rentnerinnen als Rentner. Ähnliche Beobachtungen gelten auch für Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte.
Die öffentlichen Haushalte sind auf unterschiedliche Weise von steigenden Energiekosten betroffen. Von besonderer Bedeutung sind steigende Heizkosten in öffentlichen Gebäuden, Kosten der Fuhrparke und mittelbare Belastungen durch höhere Heizkostenzuschüsse für die Empfänger von Transferleistungen. Der unabweisbare Mehraufwand kann zu Verzicht auf freiwillige Leistungen beispielsweise im Bildungssektor führen.
Im Verkehrssektor schlagen schockartig steigende Preise sowohl auf die Teilnehmer am Individualverkehr als auch am Güterverkehr durch. Insbesondere im Individualverkehr können sie auf Sicht aber durch Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und durch Substitution aufgefangen werden.
Meine Damen und Herren, gerade die Betrachtung der Folgewirkungen von Preissteigerungen für Verbraucherinnen und Verbraucher zeigt, wie notwendig es ist, dass wir Schluss machen mit der Verteufelung einzelner Primärenergieträger, damit Energie insgesamt bezahlbar bleibt. Den
Verbraucherinnen und Verbrauchern geht es nicht um Öl und Gas, sondern es geht ihnen um die Energiepreise insgesamt. Es nutzt niemandem, wenn wir teures Mineralöl abrupt durch noch teurere Bioprodukte ersetzen. Es ist Unsinn, die Strompreise durch Steuern, Abgaben und den krankhaft forcierten Einsatz von erneuerbaren Energieträgern erst in den Himmel zu jagen, um sodann Sozialtarife zu fordern.
Ich halte es für verantwortungslos, so zu tun, als ob die gegenwärtigen Ölpreise einen realen Hintergrund hätten und unaufhörlich weiter steigen müssten. Tatsache ist, dass die Preise augenblicklich beim Zehnfachen der Förderkosten liegen und dass das Handelsvolumen für Öl an den Börsen 15 Mal so hoch ist wie der Verbrauch. Hier werden des Kaisers neue Kleider gehandelt. Die Internet- und die Immobilienblase sind bereits geplatzt. Sie dürfen wetten, wann die Ölblase ebenfalls platzt.
Meine Damen und Herren, in ihrem Entschließungsantrag unterstellen SPD und Grüne der Kommissionsmehrheit, die Augen vor der Endlichkeit von Öl und Gas zu verschließen. Ich stelle fest: Diese Behauptung erfolgt wider besseres Wissen. Genauso unwahr ist, dass die Kommissionsmehrheit keine konkreten Maßnahmen vorschlägt, wie Nordrhein-Westfalen auf steigende Energiepreise und schwindende Ressourcen reagieren kann.
Die Kommissionsmehrheit hat keinen Zweifel daran gelassen, dass die Abhängigkeit von Öl und Gas beendet werden muss, so schnell wie möglich aus Gründen der Versorgungssicherheit, des Klima- und des Umweltschutzes, aber auch so behutsam wie nötig, damit Energie für alle bezahlbar bleibt. Genau an dieser Stelle unterscheiden sich die Konzepte von Koalition und Opposition. Sie setzen auf Ökosozialismus, Planwirtschaft und Bevormundung der Bürger. Wir wollen weg von dirigistisch lenkenden Staatsinterventionen, ordnungsrechtlichen Eingriffen und hin zu wettbewerb- und marktwirtschaftlichen Auswahlprozessen.
Sie glauben, dass es Aufgabe der Politik ist, heute darüber zu entscheiden, welcher Energiemix in 20 oder 30 Jahren von den Unternehmern und Verbrauchern realisiert werden soll. Wir wollen Forschung und Entwicklung ohne Scheuklappen fördern, um durch technischen Fortschritt die ungewissen Herausforderungen an den Energiemärkten bestehen zu können. Und wir wollen die Anpassungsfähigkeit der Energieverbraucher, von
Industrie, Gewerbe und privaten Haushalten stärken, weil sie letztlich die Lasten tragen müssen. Dafür sind Steuersenkungen, Abbau von Marktzutrittsschranken und Bürokratieabbau, zum Beispiel bei Planungs- und Genehmigungsverfahren, die besten Mittel.
In diesem Sinne spricht die Enquetekommission zehn konkrete Empfehlungen aus. Dazu gehören die Überprüfung sämtlicher bestehender und geplanter bundesweiter Eingriffe in den Energiesektor nach Maßgabe ihrer Effizienz und ordnungspolitischen Unbedenklichkeit, Anpassungen im Mietrecht, Erstellung von Wärmetestaten zuzüglich eines wärmetechnischem Sanierungsplans für Gebäude, unterstützt durch staatlich geförderte qualifizierte Beratung und Schulung, Einrichtung eines zeitlich befristeten Programms zu befristet und degressiv ausgestatteten Abschreibungserleichterungen für die beschleunigte wärmetechnische Sanierung des Gebäude-, Fahrzeug- und Anlagenbestandes sowie des Einsatzes marktnaher erneuerbarer Energieträger, Vorbildprojekte der öffentlichen Hand mit Verpflichtung der Gebietskörperschaften zur Einführung eines Energiemanagements, Selbstverpflichtungen der Wirtschaft zum Aufbau von Nutzungsenergiemärkten und von dezentralen Kraft-Wärme-KopplungsSystemen und der entschiedene Ausbau der staatlichen Unterstützung für die Erforschung und Entwicklung marktferner energietechnischer Systeme und Energieträger in Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen, verbunden mit der Errichtung eines entsprechenden Forschungsfonds.
Diese Vorschläge, etwas anders gegliedert, substantiell verflacht, in Unterpunkte zerlegt und ergänzt um Trivialitäten wie „Sparsame Busse und Bahnen im ÖPNV einsetzen“ oder „Sparsame Dienstfahrzeuge nutzen“, sind auch Gegenstand Ihres sogenannten Minderheitenvotums. Dieses Plagiat hat aus meiner Sicht nur einen Zusatznutzen: Es macht deutlich, was Sie von Forschungsaktivitäten halten. Offenkundig nichts! Denn diesen Punkt haben Sie nicht übernommen.