Protocol of the Session on April 17, 2008

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube: Alle, die einen Funken parlamentarischer Selbstachtung im Leib haben, müssten unserem Antrag eigentlich zustimmen können. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Ortgies das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Jeder Bürger dieses Landes reagiert sensibel auf Berichte, die die Sicherheit unseres Trinkwassers anzuzweifeln versuchen.

Darum begrüßen wir als CDU-Fraktion ausdrücklich die umfangreichen Bemühungen der schwarzgelben Landesregierung und des zuständigen Ministeriums um die Reinhaltung unserer Gewässer und unseres Trinkwassers. Keine Landesregierung zuvor hat eine solche Erfolgsbilanz vorzuweisen.

(Beifall von CDU und Holger Ellerbrock [FDP])

Auch im bundesdeutschen Vergleich stehen wir als Land Nordrhein-Westfalen an der Spitze.

Trotz dieser unabweisbaren Erfolgsbilanz versucht die Opposition immer wieder, den Umweltminister direkt und persönlich anzugreifen. Und wieder grüßt das Murmeltier PFT!

(Kopfschütteln von Sylvia Löhrmann [GRÜ- NE])

Das Thema Ihres heutigen Antrags, in dem Sie dem Minister die Missbilligung wegen angeblich geschönter Tabellen aussprechen wollen,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Höchstrichter- lich bestätigt!)

ist bereits in der letzten Woche im zuständigen Ausschuss ausführlich diskutiert worden.

Diese vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz erarbeiteten Tabellen sind im MUNLV nicht manipuliert worden, sondern Rechenwerte unterhalb der Nachweisgrenze wurden laut bundesweit geltender Konvention auf null gesetzt.

Wenn man diese Restwerte mit dem Wasseranfall der Ruhr multipliziert – das sind zurzeit im Mittel 60.000 l pro Sekunde –, kommt man natürlich auf fiktive Frachten.

Der Entschließungsantrag der Opposition spricht inzwischen nicht mehr von einer Lüge, wie Sie es in der letzten Woche noch getan haben, sondern Sie sprechen jetzt von einer Unrichtigkeit. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Ich lerne daraus, dass Sie in Ihrer Argumentation ein wenig vernünftiger geworden sind.

Dem Verlangen nach Daten und Unterlagen aus dem MUNLV ist weitgehend nachgekommen worden.

Aus diesen Vorgängen eine bewusste Manipulation der Öffentlichkeit zu konstruieren, wie Sie es in der letzten Woche gemacht haben,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das hat das Gericht festgestellt!)

und dem Minister bewusste Täuschung vorzuhalten, grenzt schon an Bösartigkeit.

(Beifall von CDU und FDP – Svenja Schulze [SPD]: Vom Gericht?)

Im Übrigen: Wenn man die Berichte dieser Sonntagszeitung liest, die sich in regelmäßigen Abständen dem Umweltministerium widmen, habe ich den Eindruck, dass es hier Beziehungen einer ganz besonderen Art gibt.

(Lachen und Widerspruch von SPD und GRÜNEN – Svenja Schulze [SPD]: Gehört die „Welt“ jetzt den Grünen?)

Ich wundere mich auch, dass dieser sogenannte Skandal, dessen Ursprünge in die Regierungszeit von Rot-Grün reichen, immer wieder aufgewärmt wird. Im Klartext: Die Stoffe, die jetzt im Wasser gefunden werden, gibt es nicht erst seit Uhlenbergs Zeiten. Aber sein Haus hat es geschafft, diese Stoffe überhaupt nachzuweisen. Sie haben gar nichts gesucht, deswegen konnten Sie auch nichts finden. Das ist der Unterschied.

(Beifall von CDU und FDP – Widerspruch von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wird sind uns einig: Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Aller

dings kann heute die Analytik auch die kleinsten Spuren nachweisen, von denen wir vorher gar nichts wussten. Wir leben heute in einer modernen Industriegesellschaft und sind leider umgeben von Umweltchemikalien. Das geht los bei den Pillen, die wir Menschen täglich schlucken, und führt bis hin zu diversen Stoffen aus den Produktionsprozessen der Industrie. Leider lösen sich diese Stoffe nicht restlos auf, sondern sie tauchen in Spuren irgendwo wieder auf. Wir haben das gerade in der vergangenen Woche im Ausschuss gehört, als von der neuen Chemikalie, die mit Tosu abgekürzt wird, berichtet wurde.

Aber anstatt anzuerkennen, dass das Haus Uhlenberg diesen Stoff aufgespürt, sofort darüber berichtet und Gegenmaßnahmen eingeleitet hat,

(Ralf Jäger [SPD]: Er ist ja fast ein Held!)

hagelt es schon wieder Vorwürfe. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie beschimpfen die Feuerwehr, statt den Brandstifter zu bekämpfen.

(Zuruf von Ralf Jäger [SPD])

Die SPD-Fraktion erweckt in einer Pressemeldung von Montag den Eindruck, dass der Minister die Stoffe persönlich ins Wasser gekippt hat.

(Widerspruch von der SPD)

Sie werfen dem Haus vor, es handele nicht. Ich frage mich hinsichtlich dieser Maßnahmen, die der Minister gleich sicherlich noch aufzählen wird: Was soll man eigentlich noch mehr tun?

In Nordrhein-Westfalen werden alle PFTBelastungen – das ist der Ursprung des heutigen Antrags – an Kläranlagen erfasst. Das ist bundesweit einmalig. Der bundesweit vorbildliche Zielwert von 300 ng an Kläranlagenabläufen wird durchgängig eingehalten. Die PFT-Belastung anderer Flüsse in Deutschland bewegt sich übrigens mindestens auf demselben, wenn nicht sogar auf einem höheren Niveau.

Der Verursacher des schwerwiegendsten Falles ist gefunden. Ein Unternehmen hat mit krimineller Energie industrielle PFT-haltige Abfälle als Düngemittel mit dem sinnigen Namen Terra Farm vertrieben und entsorgt.

Ich darf dazu anmerken, dass der BUND schon im Jahre 2002 – das betone ich ausdrücklich – nach diesem „stinkenden Bodenverbesserer“ gefragt hat. Damals wurde nichts unternommen. Im Jahre 2002 fühlte man sich im MUNLV unter der damaligen Ministerin nicht zuständig. Terra Farm wurde bis ins Jahr 2005 weiter ausgebracht, ohne dass

etwas unternommen wurde. Das muss man sich anlässlich der Vorwürfe, die Sie heute wieder vorbringen, langsam auf der Zunge zergehen lassen.

Diese belastete Ackerfläche wird seit dem Bekanntwerden saniert. Die Belastung aus dieser Fläche ist spürbar gesunken. Im Übrigen zeigt dieser Fall sehr deutlich – ich bin selbst Landwirt –, dass wir Landwirte schon genau hinsehen müssen, aus welchen Quellen sogenannte Bodenverbesserer stammen, die irgendwo von irgendwelchen ominösen Anbietern offeriert werden.

Meine Damen und Herren, ich befürchte, dass wir auch zukünftig damit leben müssen, immer wieder Spuren von Chemikalien im Wasser oder auch in Lebensmitteln zu finden. Es wird keine Analysewerte mit absoluter Null mehr geben. Es kann darum wahrscheinlich auch keine Nulltoleranz mehr geben.

Das MUNLV hat bei PFT als Zielwert 100 Nanogramm pro Liter Trinkwasser vorgegeben. Die von der Trinkwasserkommission des Bundes ausgegebene Unbedenklichkeitsgrenze beträgt bei lebenslanger Aufnahme durch den Menschen 300 Nanogramm PFT pro Liter. Die Ablaufwerte an einigen Kläranlagen erreichen ca. 300 Nanogramm pro Liter Abwasser – ich betone: pro Liter Abwasser. Ich möchte noch einmal klarstellen: Der für den Menschen relevante Wert ist der Wert für das Trinkwasser. Ich wüsste nicht, dass irgendein Mensch Ablaufwasser aus Kläranlagen trinkt.

Trotzdem sollte man sich vielleicht einmal klarwerden, was 300 Nanogramm eigentlich bedeuten. Ich habe das ausgerechnet: 1 Gramm sind 1.000 Milligramm, 1 Milligramm sind 1.000 Mikrogramm, 1 Mikrogramm sind 1.000 Nanogramm; 1 Gramm sind somit 1 Milliarde Nanogramm. Wenn ich das auf ein Stück Würfelzucker beziehe, stelle ich fest, dass ein Stück Würfelzucker 3 Milliarden Nanogramm wiegt. Die Belastung von 300 Nanogramm pro Liter entspricht also der Verteilung eines Stücks Würfelzucker auf 30.000 Kubikmeter Wasser oder – umgerechnet – auf die Ladung von 1.000 Tanklastzügen.

Wir wissen: Die Dosis macht das Gift. Diese Rechnung soll sicherlich keine Rechtfertigung dafür sein, unser Wasser zu belasten. Aber ich glaube, es ist gut zu wissen, in welchen Dimensionen wir uns hier bewegen.

Die Nachweisgrenze aller Stoffe wird durch die moderne Analytik immer weiter nach unten gehen. Wir diskutieren heute Verbindungen, die man vor Jahren noch gar nicht kannte. Trotzdem versuchen Sie mit schon entnervender Penetranz, jeden neuen Fund dem Minister anzuhängen. Das

neueste Beispiel haben wir gestern und heute in der Zeitung gelesen. Der Minister wird sicherlich darauf eingehen.

Ich wiederhole: Das Ministerium ist Vorreiter bei der Bekämpfung von PFT. In keinem anderen Bundesland wird der Weg dieses Stoffes von der Einleitung bis zum eventuellen Vorkommen im Wasser derart intensiv verfolgt und untersucht, um Maßnahmen einzuleiten.

Ich darf aus einer Pressemitteilung des BUND, von dem man nicht unbedingt behaupten kann, dass er der CDU nahe steht, von gestern zitieren: Wir würdigen die Erfolge des Ministeriums in Düsseldorf. Wir würdigen die Senkung auf ein Drittel des Trinkwasserzielwertes. Dieser Erfolg ist bundesweit einmalig. – So der BUND in seiner gestrigen Pressemitteilung!

Weitere Einleitungen an PFT stammen im Übrigen – in etwas geringerem Maße – aus Industriebetrieben, zum Beispiel aus Galvanikbetrieben, die PFT als Netzmittel einsetzen, also als Arbeitsschutzmittel, um die Arbeiter vor schädlichen Dämpfen zu schützen. Wir müssen auch hier versuchen, die Einleitung dieses Stoffes zu verhindern bzw. ihn später herauszufiltern. Wichtig ist die Maßnahme am Anfang des Prozesses.

Meine Damen und Herren, noch ein Wort zu der Chemikalie Tosu, die ja im Gegensatz zu PFT, wie ich gehört und gelernt habe, nicht durch Filter aus dem Wasser zu entfernen ist, sondern dessen Einleitung bereits verhindert werden muss. Hier hat das Haus Uhlenberg umgehend nach dem Fund mit dem betroffenen Unternehmen Maßnahmen eingeleitet, um eine Gefährdung des Wassers zu verhindern. Noch im April wird eine sogenannte Umkehrosmose eingebaut. Was soll man noch mehr tun?

Meine Damen und Herren, zum Schluss: Alle Untersuchungswerte zeigen, unser Wasser ist sauber. Das MUNLV tut alles, um unser Lebensmittel Trinkwasser unbelastet zu erhalten. Wir unterstützen diese Maßnahmen, verweisen auf unseren Entschließungsantrag und lehnen Ihre Anträge aufgrund falscher Angaben ab. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Ortgies. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Abgeordnete Schulze.