Protocol of the Session on April 17, 2008

Damit bringt das sogenannte Kinderbildungsgesetz nicht mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit für Kinder im frühkindlichen Alter, sondern verschärft die Unterschiede. Das ist zutiefst ungerecht, Herr Minister, weil sich die Kinder die Stadt, in der sie geboren werden, doch nicht aussuchen können.

(Beifall von SPD und Rüdiger Sagel [frakti- onslos])

Seien Sie bitte vorsichtig mit frühen Jubelarien nach dem Motto, alles wäre ein voller Erfolg. Schauen Sie sich die Lage doch einfach ganz in Ruhe an. Seien Sie still, demütig und froh darüber, dass die örtlichen Jugendhilfeträger Schlimmeres verhütet haben. Das KiBiz funktioniert doch nur wegen der Kommunen und nicht wegen des Landes.

(Minister Armin Laschet: Wegen beider!)

Es funktioniert zwar trotz aller Befürchtungen, aber nicht deshalb, weil es ein gutes Gesetz wäre, Herr Minister.

(Minister Armin Laschet: Natürlich!)

Die Menschen vor Ort bemühen sich, soziale Härten, die in Ihrem Gesetz angelegt sind, im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums zu verhindern. Dafür sollten Sie dankbar sein und nicht auch noch so tun, als wenn Sie die Weisheit mit Löffeln gefressen hätten.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Altenkamp. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Aktuelle Stunde.

Ich rufe auf:

2 Missbilligung geschönter PFT-Daten – Umweltminister Uhlenberg muss umfassende Akten-Einsicht gewähren

Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/6529

Entschließungsantrag

der Fraktion der SPD

Drucksache 14/6582

Entschließungsantrag

der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Drucksache 14/6587

Entschließungsantrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/6598

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Rüdiger Sagel (fraktionslos) Drucksache 14/6599

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion dem Abgeordneten Remmel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht heute nicht um die Person Eckhard Uhlenberg, sondern um den Umweltminister, um die Glaubwürdigkeit, um Vertrauen und um den Umgang mit Wahrheit. Gerade auf dem sensiblen Feld Umwelt handelt es sich dabei um hohe politische Güter und um ein Kapital, das man nicht leichtfertig verspielen sollte.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Es geht um die PFT-Datenaffäre und um die Frage, wie das Parlament damit umgeht, dass der Umweltminister zum Jahreswechsel – wie von Gerichten festgestellt – mit geschönten Zahlen einen Erfolg vorgegaukelt und die Öffentlichkeit in die Irre geführt hat.

Der Ausgangspunkt waren Auskunftsbegehren aus dem parlamentarischen und dem öffentlichen Raum im Herbst 2007 zu einer zentralen Frage des PFT-Skandals: In welchem Umfang sind industrielle Einleiter über Kläranlagen an der PFTBelastung des Ruhrwassers beteiligt?

Der Minister antwortete lange Zeit nicht. Erst als er sich durch ein Rechtsgutachten mehr oder weniger dazu genötigt sah, antwortete er, aber eben nicht mit reinen Messdaten, sondern mit statistisch bearbeiteten und politisch kommentierten Daten.

Es gab zwei zentrale amtliche Aussagen: Die PFT-Belastung aus Kläranlagen an der Ruhr wurde um ein Drittel reduziert. Die PFT-Belastung der Ruhr beträgt 147 g pro Tag. – Beide Aussagen sind unwahr.

(Beifall von der SPD)

Am 24. Januar wurde das im Parlament deutlich angesprochen. Anstatt zu korrigieren und zu widerlegen, unterstellt der Minister den Kritikern ei

ne gegen ihn gerichtete Verleumdungskampagne. Er greift die Presse an, spricht wörtlich „von einem Skandal im öffentlichen Umgang mit diesem Thema“ und beschimpft die Kritiker sogar als „Fälscher, Verdreher und Ahnungslose“. – Ich halte fest: Statt die Zeit für die Aufklärung zu nutzen, werden Journalisten und Kritiker eingeschüchtert, diffamiert und juristisch auf das Härteste bekämpft.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das hat dank der Entscheidung des Berliner Landgerichts in der letzten Woche ein Ende. Ich zitiere einige wenige Passagen:

„… falsche Berücksichtigung von Messdaten... Zwar gibt die Tabelle die PFT-Frachtreduzierung mit null an, lässt jedoch unberücksichtigt, dass die Fracht dort aktuell im Verhältnis zu den Ausgangsbedingungen um über 60 g pro Tag ansteigt.“

Weiter heißt es:

„… Die Messdaten wurden einfach weggelassen. Im Ergebnis ist die Tabelle damit offenbar unrichtig, jedenfalls irreführend.“

In der mündlichen Urteilsbegründung spricht die Richterin von geschönten Daten.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Hört, hört!)

Das Landgericht Hamburg beschreibt es in seinem Beschluss als „geschöntes Datum“, dass eine rechnerisch gegebene Frachterhöhung um 69,1 g offensichtlich nicht angegeben wird.

Gut 70 g am Tag wegzulassen, ist keine Bagatelle.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist auch weder ein handwerklicher Fehler noch eine politische Dusseligkeit, wie die FDP-Fraktion meint. 70 g am Tag mehr ändern die Richtung der zwei zentralen politischen Botschaften, nämlich in Sachen Frachtreduzierung und Belastung von 147 g am Tag. Das Gegenteil ist richtig: Es hat einen Frachtanstieg auf über 200 g pro Tag gegeben.

Trotz eindeutiger, erdrückender Faktenlage und trotz mehrfacher Nachfrage blieb der Minister in der letzten Woche im Umweltausschuss bei diesen zwei Aussagen. Ich finde, das ist ein unglaublicher Vorgang. Wann ist einem Minister von einem Gericht schon einmal so deutlich ins Stammbuch geschrieben worden: falsch, offenbar unrichtig, geschönt?

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich bin fassungslos, dass noch nicht einmal jetzt eine Korrektur oder gar eine umfassende Aufklärung erfolgt. Es wird kein reiner Tisch gemacht. Warum sollte eigentlich ein Gutachter helfen, wenn es um eine einfache Korrektur geht? Alles riecht also nach trotzigem „weiter so“. Wir meinen, das Parlament kann diese Vorgänge nicht hinnehmen.

Deshalb unser Antrag: Missbilligung! Deshalb: umfassende Akteneinsicht!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube: Alle, die einen Funken parlamentarischer Selbstachtung im Leib haben, müssten unserem Antrag eigentlich zustimmen können. – Vielen Dank.