Ich habe dazu vor vier Wochen eine Anfrage gestellt. Die hätte spätestens heute beantwortet werden müssen. Ich höre aus der Staatskanzlei: Die Antwort lag vor, aber sie war nicht zufriedenstellend. – Sie ist nicht beantwortet. Ich kann Ihnen auch sagen, warum: Nach meiner Schätzung werden es nämlich mehrere zigtausend Jugendliche sein, die dadurch um ihr Wahlrecht gebracht werden.
Jetzt will ich Ihnen noch etwas in der Sache sagen, bevor ich auf Ihre Argumentationswechsel eingehe. Es ist eben kein beliebiges Argument der Opposition, sondern es ist Ihr beliebiges Argument, dass man bereits 2009 vor dem Hintergrund der beschriebenen Schwierigkeiten den Termin der Kommunalwahl mit dem der Europawahl zusammenlegen müsse.
Warum ist Ihr Argument beliebig? Bei drei Wahlen in viereinhalb Monaten – zwei wären ordnungsgemäß im September und eine wäre im Juni – bietet es sich an, dass die beiden, die im September liegen, zusammen stattfinden. Wenn Sie in Zukunft die Europawahl und die Kommunalwahl zusammenlegen wollen, wofür ohne diese Schwierigkeiten, die Sie jetzt verursachen, manches spricht, dann können Sie das erreichen, indem Sie die nächste Wahlperiode ordnungsgemäß um dreieinhalb Monate verkürzen. Dann könnte ab 2014 ohne die beschriebenen Probleme zusammen gewählt werden. Das ist der Weg, den fast alle anderen Bundesländer – bis auf eines – gegangen sind.
anschaut. Damals fanden solche Wahlen zusammen statt. Da hat die FDP landesweit 7,6 % an Zweitstimmen für die Bundestagswahl und am gleichen Tag 3,6 % für die Kommunalwahl bekommen. Das zeigt übrigens deutlich, dass die Menschen unterscheiden. Sie unterscheiden sehr wohl. Nur: Sie unterscheiden nicht so, wie Sie das wollen.
Meine Damen und Herren, das ist das Trauma der FDP, was Ihre eigentliche tiefe Motivation ausmacht. Dass das so ist, wird an folgenden Zitaten, mit denen ich den Spannungsbogen gerne schließen möchte, deutlich.
„Bei einem gemeinsamen Wahltermin … könnte die Kommunalwahl … aus dem öffentlichen Bewusstsein ausgeblendet werden.“
Weiter heißt es: Da das Landesparlament gerade daran arbeite, die Stichwahlen entfallen zu lassen, sei Raum für eine weitere Wahl.
„Wir müssen vermeiden, dass sich Wahlen gegenseitig kannibalisieren und dabei kommunale Belange untergehen.“
Am 5. März, nachdem Sie Ihren neuen Trick, der mit der geltenden GO, die Sie letztes Jahr beschlossen haben, übrigens nicht zusammenpasst, hier vorgestellt hatten, sagte er, die Entscheidung sei „technisch klug, stärkt Europa- wie Kommunalpolitik gleichermaßen und sichert die Akzeptanz bei den Bürgern“.
dann würden Sie nicht damit angeben, dass Sie die Wahlbeteiligung bei der Europawahl – sie lag letztes Mal bei 41 % – der bei der Kommunalwahl – da waren es 51 % – annähern wollen. Sie meinen, das sei ein Beitrag zur Wahlbeteiligung. Wir wollen 75 oder 80 %. Sie fürchten sich davor. Das ist die Wahrheit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kernargumente, die die Regierungsfraktionen vorgetragen haben, will ich nur noch einmal kurz erwähnen: die dauerhafte Reduktion der Wahltermine, die Deckungsgleichheit der Wahlperioden zwischen Europa- und Kommunalwahl – auch das Einstimmenwahlrecht kann man an der Stelle noch nennen –, die Bedeutungswahrung der Kommunalwahlen und natürlich auch die Steigerung der Wahlbeteiligung durch die Zusammenführung von Wahlen.
Ich glaube, es ist sehr deutlich geworden, dass sich die Öffnungszeitenproblematik, die in der Vergangenheit von der Opposition riesig thematisiert worden ist, in Luft aufgelöst hat. Es war auch eine Schimäre von Ihnen, dass die Öffnungszeiten bis 18 bzw. 21 Uhr nicht in Einklang zu bringen wären. Die parteipolitischen Vorteile, die Sie hier ständig vor sich hertragen, sind von Prof. Korte eindeutig widerlegt worden. Es ist überhaupt nicht vorauszusehen, was in einem Zeitraum von einem oder zwei Jahre vor dem Termin letztendlich für wen besser ist. Das sind Diskussionen aus dem Kaffeesatz, die ich gar nicht weiter verfolgen will.
(Horst Becker [GRÜNE]: Aber guter Kaffee- satz für Gelb! – Hans-Willi Körfges [SPD]: Wüst und Lindner tun das aber!)
Das Thema der einmaligen Überlappung ist sehr intensiv angesprochen worden. Dazu muss ich Ihnen einfach sagen, meine Damen und Herren, dass es hierzu nur in begrenztem Umfang Vorgaben seitens der Rechtsprechung gibt. Sie wissen, dass eine feste Grenze, bis zu der vor Ablauf einer Wahlperiode gewählt werden darf, nicht festzustellen ist.
Eine mir bekannte Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs aus 1974 jedenfalls sieht eine solche Grenze nicht vor. Dies ist auch in unserer Landesverfassung für die Kommunalwahlen nicht vorgeschrieben. Insofern kann man sagen, dass es ein gesetzgeberisches Ermessen gibt, das natürlich nicht unbegrenzt ist.
Vielen Dank, Herr Wolf. – Ihnen ist der Entwurf der Regierungsfraktionen vermutlich auf dem gleichen Wege zugeleitet worden wie uns. Deshalb unterstelle ich, dass er Ihnen bekannt ist. Meine Frage: Beabsichtigt die Landesregierung entgegen dem vorgelegten Gesetzentwurf, neugewählte Kommunalvertreter in dem Überlappungszeitraum zu vergüten?
Die Frage, Herr Kollege Jäger, ist einigermaßen überraschend. Denn die Neugewählten sind erst dann im Amt, wenn die neue Wahlperiode begonnen hat. Das ist, glaube ich, völlig klar. Von daher bedarf diese Frage keiner weiteren Beantwortung.
Ich möchte gerne noch etwas zum Thema „Vorverlegung der Wahl“ sagen. Wenn man bedenkt, dass die jetzige Wahlperiode – übrigens auch aufgrund einer Entscheidung von Ihnen, Herr Jäger – 20 Tage länger ist als fünf Jahre, dann wird klar, dass die fünf Jahre schon einen Monat vorher, nämlich etwa Ende September, ausgeschöpft werden. Das heißt, die Wartezeit, die jetzt diskutiert wird, ist zu relativieren.
Es gibt die Möglichkeit, den Termin für Landtagswahlen drei Monate nach vorne zu verlegen. Auch dann müsste nach Ihrer Diktion – das ist übrigens auch von Ihnen beschlossen und gewollt – all das Unheil drohen, das jedenfalls hier plötzlich auftauchen sollte.
Nach meinem Eindruck hatten wir hier eine Abwägungsentscheidung zu treffen zwischen einer jetzt vorzunehmenden Verkürzung einer Wahlperiode oder aber einer vorherigen Wahl, aber dann erst Wirkung mit Ablauf der Wahlperiode. Diese Abwägungsentscheidung – da hat der Gesetzgeber sicherlich auch ein entsprechendes Ermessen – kann aus meiner Sicht jedenfalls so getroffen werden.
Wir sind im Übrigen auch mit dem Argument, der Frage konfrontiert, die Herr Becker eben noch einmal eingebracht hat, nämlich ob sich die Wählerschaft möglicherweise in irgendeiner Weise anfechtbar verändert, wenn man vorher wählt und nicht erst an dem normalerweise stattfindenden Wahltermin irgendwann im September. Herr Becker, es gibt an dieser Stelle auch Rechtsprechung.
Herr Becker, wenn es Sie interessiert, dann hören Sie doch bitte zu, denn ich trage das jetzt für Sie vor.
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Doch! – Horst Becker [GRÜNE]: Doch! Nur die Anfrage ha- be ich immer noch nicht beantwortet be- kommen, die eigentlich schon hätte beant- wortet werden müssen!)
Darauf werde ich gleich zurückkommen, Herr Becker. – Tatsache ist jedenfalls, dass sich die Änderung der Wählerschaft – wenn wir das einmal so bezeichnen wollen – in einem solch kleinen Bereich bewegt, dass das verfassungsgerichtlich jedenfalls nach dem, was wir hier erkennen können, in keiner Weise anfechtbar ist.
Ihre Anfrage wird fristgerecht beantwortet, genauso wie in früheren Zeiten. Sie wird nicht vorzeitig beantwortet. Sie wird dann beantwortet, wenn es Ihnen zusteht.
Aber eines kann ich Ihnen von Rot und Grün nicht ersparen: Wenn Sie tatsächlich darüber diskutieren wollen, dass einige jüngere Menschen ihr Wahlrecht nicht ausüben können, weil sie am Stichtag noch nicht das Wahlalter erreicht haben, dann können Sie ja auch mal kurz überlegen, wie viele Hunderttausende von Menschen beim Rücktritt der Regierung Schröder um ihr Wahlrecht betrogen worden sind.