Protocol of the Session on March 12, 2008

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Es mag ja sein, dass wir Sozialdemokraten in 39 Jahren nicht immer alles richtig gemacht haben. Aber nach drei Jahren eine solche Arroganz der Macht zu entwickeln, wäre uns niemals eingefallen.

(Beifall von der SPD – Widerspruch von der CDU)

Bei manchen von Ihnen hat man den Eindruck, die sind nicht im Landtag, sondern auf einem Kegelausflug.

Wir werden dafür sorgen, dass es dazu eine verfassungsrechtliche Klärung geben wird, bei der man nur hoffen kann, dass auch beim Verfassungsgericht in Münster der gesunde Menschenverstand einzieht und Ihnen ein solches Treiben untersagt wird.

Den Bürgerinnen und Bürger werden wir erklären, was bei Kommunalwahlen stattfindet.

Herr Kollege Jäger, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich bin mir sicher: Ihr Versuch, die Intelligenz der Bürgerinnen und Bürger herunterzureden, wird scheitern. Wir werden es den Leuten sagen, dass Sie die Trickser in diesem Land sind, um persönliche Vorteile zu erlangen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Jäger. – Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Lux.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jäger, es geht einem ein bisschen auf die Nerven, wenn Sie meinen, Sie hätten die Definitionsmacht, was der wahre Grund für alles ist.

(Beifall von CDU und FDP – Ralf Jäger [SPD]: Herr Lux, das kann man nachlesen!)

Es ist unerträglich, wie Sie versuchen, hier festzulegen, was die wahren Gründe sind.

(Ralf Jäger [SPD]: Das kann man nachlesen! – Edgar Moron [SPD]: Darüber gibt es einen Vermerk!)

Ich kann Ihnen noch einmal deutlich sagen, was der wahre Grund ist, Herr Jäger, und zwar mit der gleichen Münze, nämlich dass Sie die Wahltermine möglichst weit nach hinten verschoben haben möchten, weil Sie aufgrund der derzeitigen Umfrageergebnisse zu Recht jede Wahl zu scheuen haben.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Fragen Sie Ihre Bambinigeneräle, was sie im letzten Jahr verhandelt haben!)

Dies kann ich in Anbetracht Ihrer 23 % sehr gut verstehen. Darum werfen wir Ihnen das nicht vor, sondern wir stellen das nur fest. Dass Sie die Kommunalwahl mit der Bundestagswahl zusammenlegen möchten, kann ich verstehen, weil Sie kommunalpolitisch nicht mehr existent sind und natürlich mit den bundespolitischen Themen punkten wollen. Das ist ganz klar.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Sind wir jetzt beim humoristischen Teil des Plenums?)

Herr Jäger, eines sollten Sie bei Ihrer Wortwahl aber an den Tag legen: Wir lassen uns von Ihnen nicht kriminalisieren, indem wir uns von Ihnen in die Ecke von Neppern, Schleppern und Bauernfängern stellen lassen.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das machen Sie selber! – Hans-Willi Körfges [SPD]: Genau dahin gehören Sie!)

Das ist politisch ein bisschen unter der Gürtellinie. Eigentlich können Sie mehr, Herr Jäger. Eigentlich sind Sie auf solche Mittel nicht angewiesen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Aber Sie liefern die Steilvorlage dazu!)

Der Innenminister hat eben noch einmal sehr deutlich die Gründe dargestellt, insbesondere die verfassungsrechtlichen Zusammenhänge. Wir kennen es ja von Ihnen, dass Sie bei jedem Reformschritt, den Sie kritisieren, auf der einen Seite mit verfassungsrechtlichen Bedenken und auf der anderen Seite mit dem Hinweis kommen, wir störten die Gemeinsamkeit, wir versuchten kein gemeinsames Vorgehen.

Ich beginne mit dem zweiten Hinweis: Mit Ihnen ist zumindest in den letzten zweieinhalb Jahren kaum etwas gemeinsam zu machen, weil Sie nicht in der Lage sind, zu Veränderungen zu kommen. An Ihnen klebt der Mehltau des alten Systems. Davon kommen Sie nicht los. Sie möchten am liebsten alles so behalten, wie es früher gewesen ist. Mit Ihnen ist keine Reform zu machen.

(Beifall von der CDU)

Sie sind hier mit demokratietheoretischen und verfassungsrechtlichen Bedenken gekommen.

(Carina Gödecke [SPD]: Bisher haben Sie die Klagen verloren!)

Der Innenminister hat deutlich gemacht, in welchen Bundesländern Wahlen zum Teil bis zu sechs Monaten vor Ablauf der Wahlperiode stattfinden können. Dann kann das verfassungsrechtlich oder demokratietheoretisch überhaupt nicht so gefährlich sein, wie Sie das darstellen. Dies muss man natürlich vernünftig begründen. Dazu sind wir entschlossen und bereit. Wir sagen ganz deutlich: Es dient den Bürgern in ihrem Wahlverhalten, wenn man Europawahl und Kommunalwahl zusammenlegt, weil es viele gute Gründe dafür gibt und nicht nur die Länge der Wahlperioden.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Lesen Sie den Vermerk vom letzten Jahr! Da war Ihre ehrli- che Begründung! Alles andere ist Trickserei!)

Darüber hinaus sage ich Ihnen ganz deutlich, dass alle froh sind – eigentlich Sie auch –, dass wir es dadurch schaffen, im Jahr 2009 die Anzahl der Wahltermine und damit die Kosten und die

Belastungen in den Kommunalverwaltungen gewaltig zu reduzieren.

Ich bin absolut sicher, dass diese Zusammenlegung von Kommunalwahl und Europawahl der Wahlverdrossenheit entgegenwirkt und deutlich macht, dass die Bürger sehr wohl unterscheiden können, ob sie in einer Bundestagswahl auch die Kommunalwahlen mit durchführen oder ob sie den Kommunalwahlen ein höheres Gewicht geben, wie wir das wollen. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lux. – Als Nächster spricht der Abgeordnete Sagel, fraktionslos.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Offensichtlich scheuen sich CDU und FDP mittlerweile nicht einmal mehr vor einer Wahlmanipulation. Der Unrechtsminister Wolf ist erneut die treibende Kraft. Wir haben hier den schlimmsten Fall verfassungswidrigen Bruchs der Demokratie. Eigentlich müsste Minister Wolf überwacht werden, denn er bricht demokratische Grundregeln.

Offensichtlich regiert in Düsseldorf bei CDU und FDP die pure Angst. Deswegen schrecken Sie mittlerweile auch nicht mehr vor einer Wahlmanipulation zurück. Ihr Argument, dass es bei einer Zusammenlegung von Europa- und Kommunalwahl zu einer wahrscheinlich deutlich höheren Wahlbeteiligung komme, ist mit Sicherheit nur vorgeschoben.

Letztmalig war es 1994 der Fall, dass die Bundestagswahl und die Kommunalwahl am selben Tag stattgefunden haben. Damals war es so, dass die CDU deutlich verloren hat. Die FDP wurde zur APO. Genau eine solche Rolle als außerparlamentarischer Opposition befürchten Sie wieder, obwohl die Prozenthürde abgeschafft worden ist. Trotzdem sind Sie von der FDP die treibende Kraft. Deswegen ist der Minister, der hier an meiner Seite sitzt, derjenige, der dieses Unrecht auch noch vorantreibt.

In NRW wird die Demokratie ad absurdum geführt. Das ist die Realität. Wenn Sie es ernst damit meinten, Geld einsparen und tatsächlich etwas für die Demokratie und die Wahlbeteiligung tun zu wollen, würden Sie die Bundestags- und die Kommunalwahl weiterhin an einem Tag durchführen.

(Widerspruch bei der CDU)

Das hat es 1994 schon einmal gegeben. Deswegen sage ich „weiterhin“, Herr Kollege. Vielleicht sollten Sie einmal zuhören, statt in Ihren Unterlagen zu blättern.

Schauen wir uns einmal die konkreten Zahlen an: Bei der vorigen Europawahl am 13. Juni 2004 lag die Wahlbeteiligung bei 41,1 %. Die Wahlbeteiligung bei der letzten Kommunalwahl am 26. September 2004 betrug 54,4 %. Hingegen war die Wahlbeteiligung bei der letzten Bundestagswahl am 18. September 2005 mit 78,3 % in Nordrhein-Westfalen deutlich höher.

Das macht klar: Wenn es zu einer Zusammenlegung von Bundestags- und Kommunalwahl käme, würde die Wahlbeteiligung deutlich über 70 % liegen. So ist zu befürchten, dass sie bei einer Zusammenlegung von Europawahl und Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen unter 50 % liegt. Das kann nicht im Interesse der Demokratie sein. Das, was die Wählerinnen und Wähler dafür an Regierung bekommen, kann nicht in deren Interesse sein.

Deswegen müssen wir dafür sorgen, dass es eine hohe Wahlbeteiligung gibt. Auch die Initiative „Mehr Demokratie“ sprach von einer äußerst müden Begründung des Ministers für seine Entscheidung. Denn wer die Kommunalwahl attraktiv machen wolle, der müsse bei einem demokratischeren Wahlrecht ansetzen und den Bürgern mehr Mitbestimmungsrechte einräumen. Das betrifft zum Beispiel auch das Thema Kumulieren und Panaschieren, was in anderen Bundesländern ja schon gemacht wird. Auch dazu sind Sie in Nordrhein-Westfalen meilenweit davon entfernt, so etwas durchzuführen.

Ehrlicherweise war auch nichts anderes zu erwarten.

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss. Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Ende, Herr Präsident. – Schon beim ersten Mal haben Sie versucht, die Kommunalwahl vorzuziehen. Das ist an massivem Widerstand gescheitert. Ich hoffe, dass es auch dieses Mal an massivem Widerstand scheitert und würde eine Verfassungsklage der Grünen – möglicherweise auch der SPD –, die diese schon angedeutet haben, unterstützen. – Danke schön.

Vielen Dank, Herr Sagel. – Wir kommen zum nächsten Redner. Für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich noch einmal der Kollege Becker gemeldet.

Herr Lux, Sie haben eben gesagt, es würde Sie wundern, dass die Opposition, Grüne und SPD, über den wahren Grund und ihre Motive reden. Obwohl ich es eben schon gemacht habe, darf ich stellvertretend für eine Reihe von Gründen einen Grund mit einem Zitat aus dem letzten Jahr belegen. Christian Lindner aus der „FAZ“ vom 21.08.2007:

„Bei einem gemeinsamen Wahltermin könnte die Kommunalwahl aus dem öffentlichen Bewusstsein ausgeblendet werden. Da das Landesparlament gerade daran arbeitet, die Stichwahlen bei Bürgermeister- und Landratswahlen entfallen zu lassen, sei Raum für eine weitere Wahl.“

Darum ging es Ihnen: Sie wollen keinen Termin gleichzeitig mit dem der Bundestagswahl. Es ging Ihnen nicht um die Europawahl. Das Argument ist absolut vorgeschoben, jetzt über eine Wahlbeteiligung bei der Europawahl zu reden. Ginge es Ihnen darum, würden Sie den Weg beschreiten, den ich und andere auch Ihnen beschrieben haben. Sie würden einen verfassungsrechtlich sauberen Weg gehen, um das im Jahr 2014 machen.