Protocol of the Session on December 19, 2007

Ich halte es für klug, wenn junge Menschen, vielleicht auch veranlasst durch die Einführung von Studienbeiträgen, zunächst einmal selbst prüfen, welche Perspektiven sie haben, welches für sie der richtige berufliche Weg sein kann, um sich danach für das Fach oder den Weg zu entscheiden, der für sie richtig ist.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Es bringt uns nichts, sich erst einmal irgendwo zu immatrikulieren, weil es nichts kostet, und sich dann möglicherweise für ganz andere Dinge zu entscheiden. Wenn dieserlei Prüfung des eigenen Lebenswegs auch eine Auswirkung von Studienbeiträgen ist, dann kann ich das für mich nur begrüßen.

(Karl Schultheis [SPD]: Herr Lindner, wissen Sie, wovon Sie reden?)

Meine Damen und Herren, ich will diesen Antrag der Grünen zum Anlass nehmen – auf die zahlreichen, schon bekannten Argumente einzugehen, bringt ja nichts –, um unseren Hochschulen einmal zu danken.

(Karl Schultheis [SPD]: Der weiß gar nicht, wovon er redet!)

Wir haben jetzt ein Jahr Studienbeiträge, und an vielen Hochschulen sehen wir, dass etwas passiert ist, dass die Gelder genutzt werden, um die Qualität der Lehre zu verbessern. Übrigens: Auch in Köln – das ist von Ihnen verschiedentlich kritisiert worden – sind Gelder nicht aus unedlen Motiven zurückgehalten worden, sondern weil eine noch bessere Verwendung für das nächste Jahr geprüft werden sollte, nämlich die Schaffung von Stellen.

(Karl Schultheis [SPD]: Energiekosten!)

An vielen Stellen sehen wir, dass die Hochschulen sehr ernsthaft mit diesem Instrument umgehen und sich darum bemühen, die Studienbedingungen zu verbessern. Es gibt vorbildliche Initiativen, Transparenz in die Verwendung zu bringen. Ich nenne nur das Internetangebot der RWTH Aachen oder der Universität Bielefeld, die für jeden einsehbar im Internet im Detail zeigen, was mit

diesen Geldern passiert. Ich glaube, wir sind hier auf einem ausgezeichneten Weg.

Dort, wo es noch Fehlverwendungen gibt oder geben könnte, es öffentlich gemacht und kritisiert wird, hat der Fachminister mehrfach zugesagt, dass er im Wege seiner Rechtsaufsicht diesen Fällen nachgeht. Bislang haben sich diese Fälle dann immer in Luft aufgelöst.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Das heißt, wenn Sie Anzeichen haben, dass irgendwo die Gelder aus Studienbeiträgen nicht richtig verwendet werden: Geben Sie es weiter an das zuständige Ministerium. Dann wird Herr Pinkwart dem nachgehen. Aber versuchen Sie nicht, damit Öffentlichkeit zu machen, wobei Sie möglicherweise selbst wissen, dass die Vorwürfe gar nicht stichhaltig sind.

Ich will schließen mit einem Appell an die Vertreter der Studierenden, die ASten, Fachschaften: Alle, die sich um die Interessen von Studierenden bemühen, sollten ihre Kräfte darauf konzentrieren, in der Hochschule zu noch besseren Verteilungs- und Verwendungsmöglichkeiten für die Studienbeiträge zu kommen. Sie sollten ihre Kräfte nicht verschleißen, um gegen Windmühlen zu kämpfen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Kämpfen Sie ge- gen Windmühlen?)

Wir haben Studienbeiträge eingeführt. Die Studierendenvertreter sind jetzt gefordert, in den Hochschulen ganz konkret dafür zu sorgen, dass die Gelder wirklich zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden. Dafür sind sie gewählt; diesen Auftrag sollten sie annehmen. Dann können wir aus diesem Instrument noch stärker einen Gewinn für unsere Hochschullandschaft machen. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lindner. – Als nächster Redner hat jetzt Herr Abgeordneter Sagel das Wort. – Nicht? – Dann spricht jetzt Herr Minister Dr. Pinkwart für die Landesregierung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beiträge der Opposition an dieser Stelle waren selten so entlarvend wie heute Nachmittag.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Ihre Politik ist entlarvend!)

Sie haben – liebe Frau Löhrmann, wenn Sie verfolgt haben, was hier durch die Oppositionsredner gesagt worden ist – den eigentlichen Grund für die Antragsinitiative wie für die Einlassung gesehen. Man will offensichtlich einen Popanz aufbauen, damit man für die nächste Wahl ein Thema hat, und agiert dann, wenn Sie mit der Wirklichkeit konfrontiert werden, nach dem Motto, was nicht sein darf, kann auch nicht sein, damit Ihr Trugbild möglichst lange aufrechterhalten bleiben kann.

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie müssen sich fragen – da werden wir Sie nicht aus der Verantwortung lassen, auch mit Bezug auf das, was Sie mit 2010 im Blick haben mögen –: Was haben Sie, als Sie in der Verantwortung waren, konkret getan, um die Qualität von Studium und Lehre in Nordrhein-Westfalen zu verbessern?

(Beifall von FDP und CDU – Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Sie haben die Mittel für die Hochschulen gekürzt, Langzeitstudienkonten gegen Ihre Wahlaussage eingeführt und das Geld danach noch nicht einmal bei den Hochschulen belassen, sondern beim Finanzminister abgegeben. Das war Ihre Politik.

(Beifall von der FDP)

Und es geht noch weiter. Jetzt fragen Sie, ob die Verwaltungskosten, die von den Hochschulen bei der Verwendung von Studienbeiträgen angesetzt werden, nicht zu hoch sind. Ich kann Ihnen sagen: Wir werden sehr kritisch darauf achten und tun das auch. Deswegen haben wir – das wissen Sie auch, da ich es Ihnen im Ausschuss schon vor Wochen dargelegt habe – bereits vor zweieinhalb Monaten den Stifterverband der Deutschen Wissenschaft und das Deutsche Studentenwerk als wahrlich objektive Begutachtergruppen beauftragt, sich intensiv nach einem Jahr Erfahrung mit Studienbeiträgen in Nordrhein-Westfalen mit dem zu beschäftigen, was die Hochschulen daraus gemacht haben, damit wir eine realistische Aufnahme von dem haben, was die Praxis gemacht hat. Dann wird man sehr gut sehen, wie hoch die Verwaltungskosten am jeweiligen Standort sind.

Eines kann ich Ihnen schon jetzt sagen: In der Anhörung zum Studienbeitragsgesetz ist Herr Möller als Kanzlersprecher gefragt worden, wie hoch er die Verwaltungskosten einschätze. Er hat damals gesagt, dass er sie auf etwa 2 bis 3 % schätze. Das entspräche den Verwaltungskosten, die seinerzeit mit Einführung der Langzeitstudienkontengebühren der Vorgängerregierung auch angefallen seien. Das heißt, die Hochschulen gehen davon aus, dass sie prozentual in etwa die Verwaltungskosten haben, die seinerzeit auch bei

den Langzeitstudienkontengebühren angefallen sind. Das, was wir von den einen oder anderen Hochschulen hören, deutet sogar darauf hin, dass es bei der einen oder anderen Hochschule niedriger ausfallen könnte.

Aber eines müssen Sie sich in Ihr Stammbuch schreiben lassen: Sie hatten ja ein Langzeitstudienkontengebührenmodell eingesetzt in zwei Stufen, zunächst einfach abkassieren und dann ab 2007 ein sehr differenziertes Studienkontenmodell. Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, hätte Verwaltungskosten von 15 % erzeugt.

(Beifall von CDU und FDP)

Das hätten Sie den Studenten auch noch abgenommen, anstatt die Bedingungen zu verbessern.

Nun möchte ich Sie noch auf zwei Dinge aufmerksam machen. Damit Sie die Wirkung von Studienbeiträgen auch einmal in der politischen Tragweite ermessen können, sage ich Ihnen Folgendes: Uns liegt eine aktuelle HIS-Studie zur Frage vor, inwieweit Studienbeiträge bei den jungen Menschen die Studienortentscheidung mit beeinflussen. Hier kommt die aktuelle HIS-Studie zu dem Ergebnis, dass nur 8 % der Studierenden angaben, dass Studienbeiträge für ihr Wahlverhalten ausschlaggebend sind, wohingegen 92 % der Studierenden sagen, dass andere Kriterien entscheidender sind, zum Beispiel das Studienangebot, die Nähe zum Heimatort und die Qualität der Lehrveranstaltungen.

Ein zweiter Punkt, der mir wichtig ist zu erwähnen, auch in der vorweihnachtlichen Stimmung, wo wir alle gerne mit einem guten Gewissen nach Hause gehen, ist, dass es im Kontext der jetzigen Statistik des Statistischen Bundesamtes einen Bericht des „Spiegel“ gibt, der ja für seine kritische und fundierte Berichterstattung allen gut bekannt ist. Der „Spiegel“ schreibt – ich zitiere –:

„Die Campusmaut hat offenbar einen Einfluss auf die Studienanfängerzahlen. Den Daten des Statistischen Bundesamtes zufolge sind die neuen Bundesländer ohne Studiengebühren für die Interessenten attraktiver als die sieben Länder mit Studiengebühren.“

Herr Minister.

Ich möchte das Zitat fortführen. Ich sehe, dass meine Redezeit zu Ende ist.

Der „Spiegel“ schreibt weiter:

„Es gibt aber auch Gegenbeispiele.“

Das ist von Herrn Kollegen Hollstein bereits angesprochen worden.

„So stieg die Zahl der Erstsemester in Nordrhein-Westfalen, das ebenfalls Studiengebühren kassiert, um rund 5 %.“

(Beifall von der CDU)

Um es genau zu sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Bezogen auf das Wintersemester 2007/2008, in dem erstmalig flächendeckend in Nordrhein-Westfalen von Studierenden Studienbeiträge erbeten wurden, beträgt nach dem Statistischen Bundesamt der Anstieg der Studienanfänger in NRW 4,6 %, im Bundesgebiet inklusive aller Länder, die keine Studienbeiträge erheben, 4,7 %. Das heißt, Nordrhein-Westfalen liegt im Durchschnitt aller 16 Bundesländer, was den Anstieg der Studierendenzahlen anbetrifft. Andere Bundesländer liegen deutlich darunter.

Ich meine, wir sollten uns mehr mit der Wirklichkeit beschäftigen als mit den Bildern, die Sie an die Wand malen wollen, um junge Menschen von einem vernünftigen Studium abzuhalten. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat direkte Abstimmung beantragt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags in der Drucksache 14/5780. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die SPD und der Abgeordnete Sagel. Wer ist dagegen? – CDU- und FDP-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist mit Mehrheit der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf:

9 Integrierte Versorgung rheumakranker Menschen in NRW verbessern

Antrag

der Fraktion der SPD

Drucksache 14/4008