Zwischen dem, was Sie hier an Empörung immer künstlich hochziehen, und dem, was dann tatsächlich im Rahmen der Umsetzung in der Realität passiert, gibt es große Unterschiede. Deswegen tritt eigentlich nie ein, was Sie voraussagen, und auch bei diesem Gesetzentwurf wird nicht eintreten, was Sie prophezeien. Dass dies eine Opposition entsprechend hochziehen muss und dass es Ihnen auch wehtut, wenn Reformen durchgeführt werden, die Sie möglicherweise nicht gemacht hätten, ist mir klar.
Solche Reformen machen Sie nicht, weil Sie ein anderes Verständnis vom Staat haben. Sie haben ein anderes Verständnis von Subsidiarität. Sie wollen immer alles beim Staat aufhängen. Wir von der Koalition der Erneuerung sind für Subsidiarität. Für Subsidiarität waren die Grünen früher übrigens auch einmal. Die SPD wollte immer alles beim Staat lassen, aber die Grünen waren mal eine Partei, die einmal gesagt hat: Was eine kleinere Einheit erledigen kann – das gilt auch für Verwaltungen –, das soll sie auch erledigen können. Sie hängen aber immer noch an der alten Idee der rot-grünen Regierung, dass eigentlich nur der Staat in der Lage ist, auch im Bereich der Umweltverwaltung die Aufgaben zu bewältigen.
Hier wählen wir einen völlig anderen Ansatz. Wir nehmen die Menschen mit. Wir nehmen die Kommunen mit. Aufgaben können zum Teil wegfallen.
Aufgaben können privatisiert werden. Ganz wichtige Aufgaben im Bereich der Umweltverwaltung können kommunalisiert werden.
Herr Minister, als ich in meinem Redebeitrag Herrn Schramma, den Oberbürgermeister der Stadt Köln, mit seiner Befürchtung zitiert habe, es werde zu einem Mehr an Bürokratie und zu einem Nachteil für die Wirtschaft kommen, haben Sie ausweislich des Protokolls den Zwischenruf platziert: Das sieht der heute nicht mehr so! – Da Sie eben von Horrorszena
rien gesprochen haben, frage ich Sie, ob Sie mir bitte sagen können, wann und wo sich Herr Schramma in eine andere Richtung geäußert hat.
Herr Kollege Körfges, der Oberbürgermeister der Stadt Köln hatte ein ganz bestimmtes Anliegen im Raum des Zaunprinzips. Er war der Auffassung, dass dann die Stadt Köln für die Genehmigung einer Emissionsanlage nicht die Zuständigkeit habe.
Das war eine Detailfrage, die in der Stadt Köln diskutiert worden ist. Andererseits hat er hier seine Interessen als Sprecher der kommunalen Spitzenverbände vertreten.
Das ist ein normaler Prozess. Das kennen wir doch. Deswegen werden diese Anhörungen durchgeführt, und ein Teil der Anregungen aus der Anhörung – der Abgeordnete Ellerbrock ist eben darauf eingegangen –, ist in das Gesetzgebungsverfahren eingeflossen. Dass es dabei unterschiedliche Interessen gibt, mit denen man sich auseinandersetzen muss, ist klar. Die Kommunen wollen möglichst viele Aufgaben wahrnehmen – die kommunalen Spitzenverbände haben sich sehr früh positioniert –, während andere der Auffassung sind, eigentlich solle alles beim Staat bleiben. Das ist ein ganz natürlicher Prozess.
Nach einem Jahr der Umstellung wird diese Diskussion wie bei der Forstreform oder bei den anderen Vorhaben im Bereich der Verwaltungsstrukturreform, die diese Landesregierung auf den Weg gebracht hat, beendet sein. Deswegen möchte ich zu den Inhalten gar nichts mehr sagen. Es ist ein gutes Gesetz, es ist ein sehr ehrgeiziges Gesetz, Aufgaben, die bisher staatlich wahrgenommen worden sind, im Genehmigungsverfahren auf die kommunale Ebene zu übertragen – im Sinne von Subsidiarität, im Sinne von Aufgabenerledigung vor Ort.
Ich bedanke mich bei den Koalitionsfraktionen für die Unterstützung. Von der sozialdemokratischen Fraktion habe ich nichts anderes erwartet, weil der Staat bei der SPD eine ganz große Funktion hat. Die Grünen sind in den vergangenen Jahren programmatisch unter die Räder gekommen, weil sie ein besonderes Staatsverständnis haben. Aber da unterscheiden sich wohl die Grünen in Nordrhein-Westfalen von den Grünen in anderen Landesverbänden. Damit müssen wir leben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/5588 den Gesetzentwurf Drucksache 14/4973 in der Fassung der Beschlüsse des Ausschusses anzunehmen. – Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP. – Wer ist dagegen? – SPD und Bündnis 90/Die Grünen. – Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. – Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und der Gesetzentwurf Drucksache 14/4973 in dritter Lesung verabschiedet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ganz aktuell – deswegen ist der Zeitpunkt gut gewählt –: Wir haben seit gestern die Ergebnisse der Automobilbranche in Deutschland, und wir stellen eine Zweiteilung der Entwick
lung fest. Auf der einen Seite sind wir stark im Export, auf der anderen Seite hat die Automobilindustrie in Deutschland auf dem nationalen Markt das schlechteste Ergebnis seit der Wiedervereinigung eingefahren. Licht am Ende des Tunnels deutet sich an. Die Branche rechnet dank neuer Modelle im kommenden Jahr mit einem insgesamt besseren Abschneiden.
Das zeigt: Die Automobilindustrie spielt in Nordrhein-Westfalen und in der Bundesrepublik Deutschland eine entscheidende Rolle, wenn es um Industrialisierung und um Innovation geht. In Nordrhein-Westfalen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind rund 800 Unternehmen der Automobilbranche zuzurechnen. Beispiele sind die FordWerke in Köln, das Opel Werk in Bochum. Die Daimler AG produziert in Düsseldorf Nutzfahrzeuge. Karmann produziert in Rheine, hoffentlich noch lange für viele Beschäftigten. Deswegen wünschen wir uns, dass es bald eine gute Lösung für Karmann in Rheine gibt.
Frau Ministerin Thoben, der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen setzt sich sehr für den Standort Osnabrück ein. Ein vergleichbares Engagement der Landesregierung Nordrhein-Westfalens für die Beschäftigten am Standort Rheine ist nicht zu vernehmen. Da ist Herr Wulff besser als Sie, meine Damen und Herren von der Regierung.
Köln ist der Entwicklungs- und Produktionsstandort des Toyota Formel-1-Teams. Mit Citroen, Volvo, Toyota, Renault und Mazda unterhalten weltweit tätige Automobilfirmen wichtige Distributionszentren bzw. Deutschlandzentralen in NRW. Kurzum: Die Automobilbranche ist landauf, landab vertreten. NRW ist ein wichtiges Autoland, und deswegen brauchen wir entscheidende Impulse, damit es hier weitergehen kann.
Die Automobilbranche in Nordrhein-Westfalen – das ist das Besondere – ist vor allem durch die Zuliefererindustrie geprägt. Etwa ein Drittel der deutschen Zuliefererunternehmen sind in Nordrhein-Westfalen angesiedelt. Delphi, GKN, Visteon, Johnson Controls Automotive Interiors sind prominente Beispiele. Die Branche ist ungeachtet dieser weltweit bekannten Unternehmen, aber vor allem mittelständisch geprägt. 85 % der Unternehmen beschäftigen weniger als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Rund um das Kraftfahrzeug sind in Nordrhein-Westfalen 200.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt.
Diese Fakten sprechen für sich und sind Grund genug, dass wir in Nordrhein-Westfalen über die Automobilbranche diskutieren und darüber sprechen, wie unsere Beiträge aussehen, damit wir diesen wichtigen Sektor für Nordrhein-Westfalen stabilisieren und – selbstverständlich – ausbauen können.
Der Landtag hat sich in dieser Legislaturperiode bereits mehrfach mit der Automobilindustrie befasst. Das verdeutlichen die beiden Großen Anfragen der SPD-Fraktion, unsere heutige Entschließung und, Herr Kollege Priggen, der Antrag, den Bündnis 90/Die Grünen eingebracht haben.
Wir müssen leider feststellen: Die Antworten auf die beiden Großen Anfragen der SPD-Fraktion durch die Landesregierung sind Ausdruck einer wirtschaftspolitischen Gleichgültigkeit. Lieblos ist eine Bezeichnung, die man für die eine oder andere Antwort mit Sicherheit wählen muss, Frau Thoben. Offensichtlich ist das Interesse, diese wichtige Branche genau zu definieren, zu analysieren und zielgenau zu stärken, eben nicht ausgeprägt.