Protocol of the Session on December 7, 2007

Wer ist dagegen? – Keiner. Enthält sich jemand? – Na gut, dann haben wir die Überweisung trotzdem einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf:

2 Gesetz zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie in Nordrhein-Westfalen (Erneuer- bare Wärme-Gesetz – EWärmeG)

Gesetzentwurf

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/5576

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die antragstellende Fraktion Herrn Kollegen Priggen das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Das Klimaschutzziel der Bundesregierung – zuletzt noch einmal bekräftigt durch die Vorlage aus dem Bundeskabinett –, 40 % CO2 einzusparen, erfordert konsequentes Handeln in allen Bereichen.

Der Gebäudesektor – damit beschäftigt sich ja der eingebrachte Gesetzentwurf – umfasst dabei etwa 30 % der CO2-Emissionen. Er ist ein entscheidendes Feld. Wir haben in Nordrhein-Westfalen rund 8 Millionen Wohnungen und davon 6 Millionen, die als energetisch sanierungsbedürftig gelten. Der große Teil des Energieverbrauchs in den Wohnungen geht auf Heizwärme und Warmwasser zurück.

Vor zwei Jahren hat die Große Koalition in Berlin angekündigt, ein Erneuerbare-Energien-WärmeGesetz einzubringen. Das ist jetzt tatsächlich geschehen. Mein Textstand ist gestern Nachmittag 17 Uhr. Da ist es ins Internet eingestellt worden. So lange haben die gebraucht, immerhin zwei Jahre.

Aber gleichzeitig hat es einen anderen interessanten Prozess gegeben. Das, was dabei herausgekommen ist, und das, was wir heute hier einbringen, ist aus meiner Sicht qualitativ eindeutig besser als das, was die Bundesregierung gestern ins Netz gestellt hat.

Die kurze Genese: Im Januar 2007 haben wir den ersten Antrag zu dem Thema eingebracht. Der Gesetzentwurf, der heute vorliegt, ist der dritte Antrag dazu.

Damals war der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, Herr Mappus, der Auslöser. Der Bericht in den „Stuttgarter Nachrichten“ vom 14. Dezember trägt die Überschrift: „Mappus plant Ökopflicht“.

Dann haben wir im Januar den ersten Antrag eingebracht und die Koalitionsfraktionen aufgefordert, hier analog zu ihren Baden-Württemberger

Kollegen etwas zu machen. Dieser Antrag ist abgelehnt worden.

Die Baden-Württemberger haben aber gehandelt und am 10. Juli 2007 tatsächlich einen Gesetzentwurf eingebracht. Immerhin sechs Monate später – das ist eine ganz ordentliche Leistung.

Wir haben unseren zweiten Antrag im August eingebracht. Er steht am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss auf der Tagesordnung. Wir können ihn jetzt zurückziehen, denn er hat sich mittlerweile überholt.

Die Baden-Württemberger haben das Gesetz nämlich am 7. November in zweiter Lesung verabschiedet. Interessanterweise ist der Gesetzentwurf von der CDU/FDP-Landesregierung eingebracht, im Beratungsverfahren durch Änderungsanträge der Grünen verbessert und von drei Fraktionen gemeinsam verabschiedet worden: CDU, FDP und Grüne im Landtag von BadenWürttemberg.

(Beifall von den GRÜNEN – Sylvia Löhr- mann [GRÜNE]: Hört, hört!)

Diesen Gesetzestext bringen wir heute mit unserem Gesetzentwurf 1:1 ein. Wir schmücken uns nicht mit fremden Federn, sondern wir bringen ihn 1:1 ein. Ich kann mir einige Verbesserungen vorstellen, die weiter gehen, so, wie das auch Gegenstand der Beratungen in Baden-Württemberg war. Aber ich meine, dass dies eine gute Grundlage ist.

Es besteht ja die Hoffnung, dass das, was in Baden-Württemberg für CDU und FDP möglich war, auch in Nordrhein-Westfalen gehen müsste, zumal wir immer den Anspruch erheben, Energieland Nummer eins zu sein, also eigentlich besser sein wollen. Deshalb müsste der Anspruch an uns selbst sein, ein Stück weiter zu gehen als die Baden-Württemberger Koalitionsfraktionen CDU und FDP.

Was ist der Kernpunkt dieses Gesetzentwurfs? In dem Gesetzentwurf steht, wir wollen ab dem 1. April 2008 bei neuen Wohngebäuden mindestens 20 % des Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien decken. Wir schreiben aber nicht vor, mit welcher Technik das erfolgen soll. Vielmehr sollen die Hausbauer selbst entscheiden, ob sie es über Solarkollektoren machen – Größenordnung, damit das klar ist: 4 % der Wohnfläche, also 100 qm Wohnfläche bedeuten 4 qm Kollektoren – oder aber über Geothermie, bessere Wärmedämmung, Pelletheizungen oder Ähnliches.

Das heißt, es gibt eine Vielzahl von technischen Lösungsmöglichkeiten. Aber es gibt die Vorschrift,

dass 20 % des Energieverbrauchs über erneuerbare Energien gedeckt werden. Das ist eines der Kernelemente des Gesetzes.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann gibt es den entscheidenden Punkt, an dem der Gesetzentwurf des Bundes eindeutig schlechter ist: In Baden-Württemberg ist vorgeschlagen worden – das ist hier Gegenstand –, ab dem 1. Januar 2010 auch Altbauten unter diese Regelung fallen zu lassen, mit einem geringeren Ansatz, nämlich dass nur 10 % der Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien gedeckt werden sollen, und der Relativierung, dass dies für den Fall gilt, dass in Altbauten die Heizung modernisiert und ersetzt wird. Das heißt, es gibt keine generelle Pflicht. Aber wenn die Heizung sowieso überholt werden muss und zum Beispiel der Kessel herauskommt, soll dort die 10 -%-ProzentPflicht gelten.

Im Übrigen gibt es eine Härtefallregelung. Wenn es für jemanden unzumutbar ist – das leuchtet mir auch ein –, dort zu investieren, weil er es aufgrund seiner ökonomischen Situation nicht schaffen kann, gibt es eine Härtefallregelung.

Wir haben – ganz plastisch – die Fälle, dass sich diese Investitionen in ein Gebäude wirtschaftlich nicht mehr darstellen lassen, der Eigentümer aber ansonsten auch mit einem schmalen Einkommen mit seinem Haus sehr gut klarkommt. Dann soll nicht mit unproportionaler Härte gehandelt werden.

Ein entscheidender Punkt ist, dass der Hausbesitzer von diesen Verpflichtungen entbunden werden kann, wenn er sein Haus wesentlich besser isoliert, als es der Energieverordnungsstandard vorschreibt, wenn er also 30 % darunter bleibt.

All das sind Schritte, die aus meiner Sicht richtig sind. Wir müssen diese Schritte gehen, nicht nur mit Anreizen und Förderzusagen, sondern wir können an dieser Stelle sehr wohl auch ein Stück weit das Ordnungsrecht anwenden.

Meine Frage lautet, was passiert, wenn das in Baden-Württemberg so beschlossen ist und gleichzeitig das eintritt und gilt – das war für mich das Entscheidende –, was die Frau Ministerin gestern in der Debatte gesagt hat. Sie hat gesagt, der Bund würde ein weitergehendes Gesetz vorlegen, weshalb die Länder nicht handeln dürften, weil der Bund weiterreichendere Rechte hat.

Herr Kollege Priggen, darf ich Sie kurz unterbrechen? Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Romberg?

Ja, natürlich.

Herr Priggen, Sie haben die Härtefälle angesprochen, zum Beispiel ältere Leute mit einer niedrigen Rente. Wer soll festlegen, was ein Härtefall ist, beziehungsweise das prüfen?

Normalerweise muss die Kommune, wenn Häuser errichtet werden, nachher prüfen, ob das Gesetz tatsächlich umgesetzt wird, also ob bei der Wärmeerzeugung tatsächlich der vorgeschriebene Anteil an erneuerbaren Energien enthalten ist. Man wird eine geeignete Stelle dafür finden. Ich finde nicht, dass dies das Problem ist.

Das positive Signal ist, dass man es nicht mit dem Kopf durch die Wand macht, sondern dass man, wenn es sich tatsächlich um einen Härtefall handelt, wenn es ökonomisch nicht vertretbar ist, auch auf diese Härtefälle eingeht und die Leute nicht dazu zwingt. Das ist doch der ganz konkrete Fall: Jemand hat eine kleine Rente, kommt mit seinem Haus gut klar, ist aber nicht in der Lage, erhebliche Investitionen zu tätigen. Wenn das tatsächlich der Fall sein sollte, sollte niemand dazu gezwungen werden. Das ist die entscheidende Botschaft.

(Beifall von den GRÜNEN)

Gestern hat die Frau Ministerin in der Diskussion angeführt, das Gesetz des Bundes würde weiter gehen und eine Landesregelung sei obsolet. – In dem Bundesgesetz, das seit gestern, 17 Uhr, nach Kabinettsbeschluss im Internet verfügbar ist, steht in § 3 – Nutzungspflicht – unter Ziffer 2:

„Die Länder können eine Pflicht zur Nutzung von erneuerbaren Energien bei Gebäuden, die vor dem 1. Januar 2009 fertiggestellt worden sind, festlegen.“

Das ist eine eindeutige Klausel, die das, was Baden-Württemberg verfügt hat, und auch das, was wir machen sollten, ermöglicht. Es gibt in dem Gesetz auch an anderer Stelle Nachbesserungsklauseln, wonach Länder, wenn sie es denn wollen, weiter gehen können.

Das heißt, es gibt keinen Grund, das mit dem Hinweis auf das Bundesgesetz abzulehnen. Denn man kann es machen. Die spannende Frage ist ja, ob wir in Nordrhein-Westfalen unserem Anspruch, Energieland Nummer eins zu sein, gerecht werden und den baden-württembergischen Steilpass aufnehmen oder ob wir uns zurückleh

nen und auf den Bund verweisen. – Ich freue mich auf die Debatte.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Weisbrich das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Priggen, es ist tatsächlich so: In Baden-Württemberg hat die Regierungskoalition aus CDU und FDP – dann gemeinsam mit den Grünen – ein Gesetz zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie beschlossen.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Der Entwurf, den Sie heute vorgelegt haben – Sie haben es selbst gesagt –, ist von dem badenwürttembergischen Gesetz komplett abgeschrieben.

Ich nehme jetzt einmal nicht Sie als Person, sondern denke an die Grünen im Lande: Ich glaube, dass sie das für ungeheuer witzig halten und diesen Antrag als einen Beitrag zum geplanten Energiegroßkonflikt ansehen.

Ich glaube, das Klimaschutz-Thema ist viel zu komplex und viel zu ernst, um es für solche Zwecke zu instrumentalisieren.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wo bleibt die sachpolitische Auseinandersetzung?)