Protocol of the Session on December 7, 2007

Es bleibt festzustellen: Dieses Hochschulmedizingesetz bringt jedenfalls keine Innovationen und keine qualitative Verbesserung, weder für die Lehrenden noch für die Studierenden oder gar für die Patientinnen und Patienten. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, lehnen wir diesen Gesetzentwurf heute ab.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Dr. Seidl. – Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Dr. Pinkwart.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wo waren Sie eigentlich heute Morgen bei der Schuldis- kussion? Da habe ich Sie vermisst!)

Schade. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle sind uns einig, dass wir Forschung, Lehre und Krankenversorgung in der Hochschulmedizin stärken und die Universitätskliniken finanziell langfristig sichern wollen.

Nach dem Hochschulfreiheitsgesetz wird heute der zweite Gesetzentwurf zur Stärkung und Verselbstständigung der Hochschulen auf den Weg gebracht, diesmal speziell für die Hochschulmedizin. Damit erhält auch die Hochschulmedizin ein modernes Recht, das den großen Anforderungen, die an die medizinischen Fachbereiche und Universitätskliniken in Zeiten des immer stärker und schneller werdenden Wettbewerbs herangetragen werden, gerecht wird.

Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine leistungsstarke Hochschulmedizin. Das hat die Expertenkommission Hochschulmedizin Ende letzten Jahres ausdrücklich festgestellt. Entscheidend ist – das muss man ebenfalls in den Blick nehmen, auch nach den Beiträgen von Frau Gebhard und Frau Seidl; das hat die Kommission auch zutage gefördert –, dass wir noch mehr Potenzial für echte Spitzenleistungen in der Medizinforschung haben, wenn wir an die Qualität der Forschung anderer Bundesländer national, aber auch an die anderer europäischer Länder international anknüpfen wollen.

Dieses Potenzial fördern wir, indem wir die bestmöglichen Rahmenbedingungen durch neue forschungsorientierte Schwerpunktprofessuren schaffen. Hierfür stehen in den nächsten fünf Jahren 19 Millionen € zur Verfügung stellen. Im Januar des kommenden Jahres werden die Gewinner des Wettbewerbes bekannt gegeben. Zudem erreichen wir das durch verbesserte Strukturen in den Medizinischen Fakultäten und Universitätskliniken. Das Hochschulmedizingesetz schafft die Grundlagen hierfür.

Mit diesem Gesetz erhalten die Medizinischen Fakultäten und Universitätskliniken noch mehr Autonomie und Gestaltungsspielraum als bislang. Bei der Formulierung des Gesetzes haben wir uns von dem Grundgedanken des Hochschulfreiheitsgesetzes ebenso leiten lassen wie von den Erfahrungen, die die Medizinischen Fakultäten und Universitätskliniken mit der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts, die schon unter der Vorgängerregierung eingeführt worden ist, gemacht haben.

Hier möchte ich hinzufügen: Alles, was wir nicht noch besser haben machen und nicht noch besser haben formulieren können, haben wir fortgeschrieben, unter anderem auch das, was Sie, Frau Gebhard, jetzt kritisieren, nämlich, dass im Gesetz steht: „Das Universitätsklinikum dient dem Fachbereich Medizin zur Erfüllung seiner Aufgaben in Forschung und Lehre.“ Das haben wir übernommen. Das haben wir nicht besser schreiben können.

(Beifall von der FDP – Heike Gebhard [SPD]: Doch!)

Aber ich kann Ihnen sagen: Wir haben lange daran gebastelt,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Ja, Sie basteln! Die Bastelkoalition!)

es noch besser zu machen, aber wir haben es nicht noch besser hinbekommen. Insofern bedau

re ich Ihnen eigentlich sagen zu müssen, dass Sie jetzt etwas kritisiert haben, was jedenfalls die Vorgängerregierung schon so formuliert hat. An der Stelle bescheinige ich ihr jedenfalls, dass sie offensichtlich gut gearbeitet hat.

(Heike Gebhard [SPD]: Schauen Sie doch einmal in das Anhörungsprotokoll!)

Wir planen, meine sehr verehrten Damen und Herren – das ist auch deutlich geworden –, keine Privatisierungen. Es bleibt grundsätzlich bei der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts. Ich füge aber hinzu – das habe ich von Anfang an gesagt; deswegen habe ich die Aufregung auch gar nicht verstanden, die hier von einigen dazu erzeugt worden ist –: Wenn die Hochschulen und die Universitätskliniken andere Rechtsformen bevorzugen, werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten die hierfür erforderlichen Grundlagen schaffen. Das Hochschulfreiheitsgesetz gibt den Hochschulen insgesamt die Möglichkeit, sich auch das passende Rechtskleid zu geben, das sie brauchen, um ihre Arbeit noch besser erledigen zu können.

Wir planen auch keine Fusion, meine Damen und Herren. Aber die Hochschulen können demnächst selbst entscheiden, mit welchem anderen Standort sie gemeinsame Fachbereiche bilden wollen. Die Ruhrgebietsallianz der Universitäten Bochum, Duisburg–Essen sowie der Technischen Universität Dortmund könnten hier Vorreiter sein – nicht nur Bochum und Essen im Bereich der Medizin, sondern auch Bochum und Dortmund etwa im Bereich des Maschinenbaus und anderer Disziplinen, wo es schon heute sehr enge Zusammenarbeitsformen gibt.

Die Universitätskliniken in Aachen und Maastricht erwägen seit einiger Zeit auch einen solchen hochschul- und sogar länderübergreifenden Schritt. Wir sind in einer engen Begleitung dieses Bemühens mit der niederländischen Regierung und hoffen sehr, was auch dem Ziel der Landesregierung entspräche, mit dem Beneluxraum enger zusammenzuarbeiten, dass wir diese beabsichtigte enge Kooperation zwischen den Universitätsklinika Aachen und Maastricht auch tatsächlich zu einem Abschluss führen können.

Innerhalb der Universitätskliniken schaffen wir autonome Strukturen, mit denen sie noch flexibler auf die jeweiligen Belange reagieren können. So übernimmt in den Aufsichtsräten der Universitätskliniken künftig ein externer Sachverständiger den Vorsitz. Alle Mitglieder des Aufsichtsrats haben das gleiche Stimmrecht, nämlich jeweils nur eine Stimme.

Bessere Bedingungen für öffentlich-private Partnerschaftsmodelle sollen helfen, das zukünftig schneller gebaut und dringende Investitionen auch früher als bislang realisiert werden können.

Mehrere Universitätskliniken können gemeinsame Serviceeinrichtungen, zum Beispiel im Dienstleistungsbereich, bilden und so Synergiepotenziale erschließen und ein noch effizienteres Wirtschaften erlangen, was für die dauerhafte Stabilität der Universitätsklinika natürlich unverzichtbar ist.

Für hochqualifizierte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen – das ist mir ganz besonders wichtig – schaffen wir Anreize, die den Standort Nordrhein-Westfalen noch attraktiver machen. Eine Änderung des Landesbesoldungsgesetzes soll einen Verbleib in oder einen Wechsel nach Nordrhein-Westfalen gerade auch der jungen Nachwuchswissenschaftler erleichtern.

Die Grundlagen für ein forschungsfreundliches Umfeld und Klima in der Hochschulmedizin sind damit, meine Damen und Herren, gelegt. Ich gehe davon aus, dass sich damit die internationale Sichtbarkeit – ich füge hinzu: damit auch die Qualität der Patientenversorgung – in Zukunft noch deutlich erhöhen wird.

Ich freue mich auch, dass es nach der Anhörung das Benehmen der Fraktionen gab, sich für die Mitgliedschaft der Pflegedirektoren im Vorstand auszusprechen. Die Ärztlichen Direktoren hatten uns vor den Beratungen etwas anderes mitgeteilt. Sie haben in der Anhörung dann anders votiert. Die Universitätskliniken sollen den rechtlichen Rahmen vorfinden, den sie so bewerten, dass sie damit am besten arbeiten können. Deswegen finde ich es gut, dass wir die Pflegedirektoren jetzt mit dabei haben. Ich denke, das ist eine gute Entscheidung.

Frau Gebhard möchte ich noch zurufen: Es bleibt natürlich beim Querverweis des Krankenhausgesetzes. Was Sie hier, Frau Gebhard, problematisiert haben, sehen wir nicht so. Im Krankenhausgesetz sind alle Fragen der Seelsorge und anderes geregelt. An den Stellen bezieht sich das Krankenhausgesetz auch auf das Hochschulmedizingesetz.

Auch wenn meine Stimme heute aufgrund des allgemein grassierenden grippalen Infekts, der den einen oder anderen nun auch erfasst hat, nicht so kraftvoll ist, lassen Sie mich mit einem Satz schließen – auch wenn Sie von der Opposition das nicht so gerne hören, aber das ist eben der Unterschied –:

Die neue Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen sehen im Mittelpunkt des Handelns den Menschen. Auch und gerade in der Hochschulmedizin stehen für uns der Patient und dessen beste Versorgung auf internationalem Spitzenniveau im Mittelpunkt. Wir hoffen, dass wir diesem Ziel mit diesem weiteren gesetzgeberischen Schritt einen deutlichen Schritt entgegenkommen. – Herzlichen Dank für Ihre freundliche Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister Pinkwart. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Eumann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Minister Pinkwart, gerade – auch wenn Ihre Stimme Sie beinahe verließ – beim letzten Punkt würden wir Sie gerne beim Wort nehmen. Auch uns sind die Patientinnen und Patienten und deren Möglichkeiten besonders wichtig.

Uns alle hat mit Datum vom 29. November – meine Kollegin Gebhard hat darauf Bezug genommen – der Brief des Katholischen Büros NordrheinWestfalen, Kommissariat der Bischöfe, erreicht. Hier fordert das Katholische Büro NordrheinWestfalen die Einfügung von Patientenvorschriften, also von Dingen, die Ihnen, wie wir gerade gehört haben, besonders wichtig sind. Wir glauben, dass diese Anregungen Eingang finden müssen.

Deswegen beantrage ich gemäß § 73 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages NordrheinWestfalen eine dritte Lesung dieses Gesetzentwurfs, damit wir den Brief und die Anregungen des Katholischen Büros angemessen berücksichtigen können.

Zur Vorbereitung der dritten Lesung beantrage ich im Namen der SPD-Fraktion gemäß § 73 Abs. 2 der Geschäftsordnung die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie. – Herzlichen Dank.

(Christian Lindner [FDP]: Kein Mensch ap- plaudiert! – Gegenruf von Ulla Meurer [SPD]: Wenn Sie das wollen, können wir das ja noch tun!)

Danke schön, Herr Eumann. – Herr Henke hat das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kolle

gen! Es gibt ja in der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage einige Ausführungen, die klarmachen, über welch bedeutenden Bereich der öffentlichen Infrastruktur wir in NordrheinWestfalen sprechen.

Man muss sich ja nur einmal die Ertragsprognosen für die verschiedenen Klinika ansehen, die für Aachen bei 394 Millionen €, für Bonn bei 487 Millionen €, für Düsseldorf bei 410 Millionen €, für Essen bei 422 Millionen €, für Köln bei 281 Millionen € und für Münster bei 426 Millionen € liegen. Das zeigt die Volumina, die dort wirtschaftlich bewegt werden, natürlich zu einem erheblichen Teil über das Thema Krankenversorgung und damit spielt sich das selbstverständlich nur zu einem Teil im Landeshaushalt ab.

Laut Antwort der Landesregierung beläuft sich der Investitionsbedarf für Aachen auf 512 Millionen €, für Bonn auf 167 Millionen €, für Düsseldorf auf 181 Millionen €, für Essen auf 242 Millionen €, für Köln auf 247 Millionen € und für Münster auf 452 Millionen €. Das macht deutlich, welche gewaltige Aufgabe sich dem Land stellt und vor welcher Aufgabe wir als Landesgesetzgeber über die Haushaltsgesetzgebung stehen. Das ist keine Kleinigkeit.

Von daher kann man über weitere Beratungen unaufgeregt reden. Man muss sich aber vor Augen führen, Herr Eumann, dass natürlich die relativ späte Idee des Katholischen Büros in der Sache ein bisschen ins Leere läuft. Denn wer kann sich denn wirklich vorstellen, dass auf die Geltung der organisatorischen Vorgaben, die aus dem Wunsch des Katholischen Büros hervorgehen, in den Universitätskliniken, die natürlich im Wettbewerb stehen, bei der Größe, die sie haben, tatsächlich verzichtet werden soll? Es ist ja völlig weltfremd, anzunehmen, dass gerade diese Großkrankenhäuser und Maximalversorger dort eine Ausnahme machen würden. Ich habe bereits im Ausschuss gesagt, dass wir selbstverständlich davon ausgehen – Herr Minister Pinkwart hat es noch einmal untermauert –, dass sich auch die Universitätskliniken daran gebunden fühlen. Sollten sie das nicht tun, dann wäre das der Zeitpunkt, zu dem man gewissermaßen gesetzgeberisch zu agieren hätte.

Diesbezüglich würde mich aber interessieren, ob Sie ein einziges Beispiel dafür nennen können, dass diese Regeln, die das Katholische Büro in das Hochschulmedizingesetz geschrieben haben will und die im Krankenhausgestaltungsgesetz enthalten sind, in den Universitätskliniken missachtet werden. Nennen Sie uns doch einmal die Universitätsklinik, die das missachtet.

Ich möchte nun auf das „Dienen“ eingehen. Natürlich dient die Opposition in diesem Haus der Regierung zur ständigen Verbesserung ihrer Arbeit durch Anregung. Das hat doch nichts mit einer Subordination zu tun, und deswegen muss man keine Unterlegenheitsgefühle entwickeln, sondern das folgt aus der Funktionalität. Von daher ist es so, dass auch ein Universitätsklinikum der Wissenschaft, der Forschung, der Lehre, dem Studium und dem Erfolg der Ausbildung an diesem Universitätsklinikum dient.

Ich habe manchmal den Eindruck, dass der Terminus des Dienens durch den einen oder anderen, in einer bestimmten Periode sozialisiert – ich stamme aus dem Abiturjahrgang 1972, als Rudi Dutschke sehr en vogue war – eine ideologische Interpretation erfährt, der sich aus der Sprache nicht ableitet und der gewissermaßen als eine Art Rolle von Dienstmann ohne Bezahlung gewertet wird. Ich halte dies für eine falsche Interpretation.

Wahr ist, dass es kein Universitätsklinikum als Universitätsklinikum, allenfalls als Krankenhaus der Maximalversorgung, gäbe, wenn sie nicht den Auftrag hätten, Studierende auszubilden und der Wissenschaft, der Forschung, der Innovation im Medizinbereich zu dienen. Und deswegen bedarf es keiner Aufregung.

Das ist auch keine veränderte Akzentsetzung, sondern ein Festhalten daran, dass der Kern der Existenz eines Krankenhauses als Universitätsklinikum darin liegt, Zwecke von Wissenschaft, Forschung, Studium und Lehre zu erfüllen. Das ist kein Grund zur Aufregung, sondern das wurde im Gesetzentwurf sehr gut herausgearbeitet. Deswegen würde ich mich bedanken, wenn Sie ihm in zweiter und möglicherweise demnächst auch in dritter Lesung zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Henke. – Herr Witzel von der FDP-Fraktion hat sich noch gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weil die Inhalte breit ausgetauscht worden sind, möchte ich mich nur zum Verfahren äußern, das von Herrn Eumann vorgeschlagen wurde. Eine dritte Lesung ist selbstverständlich; das sieht die Geschäftsordnung vor. Das ist Ihr gutes Recht.

Wir werden aber der Rücküberweisung in den Ausschuss nicht zustimmen. Das Gesetz wurde monatelang beraten. Noch in dieser Woche gab

es sehr umfangreiche Beratungen über eine Reihe von Änderungsanträgen.