Vielen Dank, Herr Minister Prof. Dr. Pinkwart. – Langer Applaus für eine verlängerte Rede! Ich darf darauf hinweisen, dass damit allen anderen Fraktionen im Hause nun noch einmal zehn Minuten und 56 Sekunden Redezeit zur Verfügung stehen. Wir addieren das schon einmal im Einzelnen. Insbesondere profitiert davon natürlich die SPD-Fraktion, die schon 46 Sekunden über der Zeit war und damit auch noch einmal Gelegenheit hätte, das Wort zu ergreifen.
Als Nächste hat sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Abgeordnete Dr. Seidl zu Wort gemeldet.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Pinkwart, Sie haben eben so ein wunderschönes Bild von der Bergischen Universität Wuppertal gezeichnet, die jetzt wegen ihrer Studierendenanfängerzahlen so viel mehr Geld bekommt. Wir allerdings hören von dort, dass die Bergische Universität zurzeit nicht weiß, wo sie ihre Studierenden unterbringen soll, dass sie ihre Seminare und Vorlesungen in Kinosälen abhalten.
Das ist kein Witz, das ist traurige Realität. Man hat sich dort überlegt, ob man nicht ein Zelt für 600 Studierende auf dem Campus errichten soll, damit man mit der Überlast, die sie zurzeit an der Hochschule haben, irgendwie zurechtkommt. Das ist doch die traurige Realität, die wir an unseren Hochschulen haben.
Es macht auch ein wenig wütend, wenn Sie sich heute hier hinstellen und diesen Hochschulhaushalt abfeiern. Ich will das noch einmal zusammenfassen: Rückzug aus der staatlichen Verantwortung, Studiengebühren, deren Verwendung mehr als zweifelhaft erscheint, viel zu wenige Studie
rende und der wachsende Akademiker- und Fachkräftemangel – das ist doch die traurige Bilanz Ihrer Regierungszeit. Und das ist die Realität, vor der wir heute diesen Hochschulhaushalt diskutieren.
Da nützt es überhaupt nichts, wenn Sie immer in die Vergangenheit gucken. Diese Legislaturperiode ist schon über die Hälfte vorbei. Das heißt, es ist Ihre Regierungszeit und es ist Ihre Realität, die wir heute diskutieren und vorfinden.
Wenn wir uns die Innovationspolitik – ich möchte gern noch auf diesen Bereich eingehen – des selbsternannten Innovationsministers ansehen, dann kann man doch nur sagen: Der Name alleine macht das Programm noch nicht gut. Es ist eine Innovationspolitik ohne Schwerpunkte und ohne Profil.
Wenn man sich die neue Clusterpolitik der Landesregierung ansieht, die in sage und schreibe 16 Clustern abgebildet wird, erkennt man doch, wer sich hier nicht hat durchsetzen können, Herr Pinkwart. Ein Innovationsfonds ohne Transparenz und Zielsetzung, eine Innovationsallianz, die alleine von den Hochschulen getragen wird – viel heiße Luft, aber wenig Innovation, viele schöne Worte, aber wenig Gestaltung.
Stattdessen mussten wir vor Kurzem im Ausschuss noch feststellen, dass Sie unsere Forschungsinstitute in Nordrhein-Westfalen – Titelgruppe 73 – nach und nach ausbluten lassen. Dabei wurde doch auch vonseiten der Sprecher anschaulich dargelegt, dass diese wissenschaftlichen Einrichtungen genau in diesem Bereich der Innovationsförderung, von dem immer geredet wird, an der Schnittstelle zwischen den Hochschulen und der mittelständischen Wirtschaft tätig sind. Sie arbeiten an ergebnisoffener Grundlagenforschung und wirtschaftlich orientierter Produkt- und Dienstleistungsentwicklung. Sie beraten als Transfereinrichtungen die Politik im Land, im Bund und in der EU bei allen fachlichen Fragen.
Statt dieses Know-how zu nutzen, statt den Instituten einen verbindlichen Rahmen und ein Profil zu geben, haben Sie deutlich gemacht, Herr Pinkwart, dass Sie an diesen Einrichtungen überhaupt kein Interesse haben. Dabei würde ein solcher stark profilierter Verbund von Forschungseinrichtungen viele Chancen für echte Innovationen eröffnen. Innovationen entstehen nämlich nicht nur aus einzelnen Technologien. Innovationen
entstehen vor allem durch Querdenken und durch Vernetzungen. Aber dass Sie dies bislang nicht erkannt haben, haben Sie schon mit der Zerschlagung des Wissenschaftszentrums unter Beweis gestellt.
Und was tun Sie zur wirksamen Behebung des Fachkräftemangels? Während Sie, Herr Pinkwart, mit den Hochschulen einen Hochschulpakt aushandeln, verkündet der Ministerpräsident den Neubau von Fachhochschulen. Statt mehr Studienplätze zu schaffen, wird hier das Geld in unnötige Infrastruktur gepulvert. Hier geht es offensichtlich nicht mehr um Inhalte, sondern um regionale Begehrlichkeiten. Alles in allem ist das eine Politik, die mehr vom Schein lebt als von der Tatkraft.
Wenn wir in Nordrhein-Westfalen Innovationsland Nummer eins werden wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann rate ich Ihnen zuallererst eines: Investieren Sie in Köpfe! Nur mit einem zukunftsweisenden und einem qualitätsvollen Ausbau unserer Studienplätze in Nordrhein-Westfalen werden wir nämlich dem Fachkräftemangel wirksam begegnen können. Hierzu haben wir heute die entsprechenden Anträge gestellt. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Seidl. – Für die FDP-Fraktion hat sich der Kollege Witzel zu Wort gemeldet. 13 Minuten und 21 Sekunden stehen Ihnen, Herr Witzel, jetzt noch zur Verfügung. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, heute wäre eine sehr gute Gelegenheit, liebe Kolleginnen und Kollegen auch von der Opposition, der Landesregierung und unserem Innovationsminister für all das zu danken, was er die letzten zweieinhalb Jahre auf den Weg gebracht und auch im neuen Haushalt für das Jahr 2008 angelegt hat.
Meine Damen und Herren, die Neuprofilierung des Politikfeldes Innovation ist auch im Vergleich der Bundesländer beispiellos. Deshalb teilen wir ausdrücklich die Philosophie, die dahintersteht: dass das Ministerium nämlich nicht – so wie früher bei Ihnen –Hochschulbürokratie verwaltet, sondern dass es sich hier auf eine schlanke Rechtsaufsicht konzentriert, um für Innovationspo
litik, für Fortschritt und damit für die Zukunft unseres Landes, für neue Arbeitsplätze und für den Strukturwandel umso mehr Ressourcen frei zu haben.
Das Beispiel der Kinosäle, das Sie hier vorgetragen haben, Frau Kollegin Seidl, ist schon bemerkenswert. Ich kann Ihnen sagen: Zu Zeiten von Rot-Grün war das für mich als Student absolute Realität. Fragen Sie mal bei der Gesamthochschule Essen nach:
Das dortige CinemaxX-Kino mit seinen rosa Plüschsesseln wurde bis in den Nachmittag hinein immer gerne für die Hochschule genutzt, um Veranstaltungen auszulagern, weil die baulichen Voraussetzungen der Hochschule nicht ausreichend waren.
Also, wenn Sie das als einen Punkt, den Sie uns hier vorwerfen, neu erkannt haben sollten, dann schauen Sie sich bitte die letzten zehn Jahre rotgrüner Politik an.
Da sich meine Heimatregion, das Ruhrgebiet, wie wohl kaum eine andere in unserem Land im Umbruch befindet, kann ich nur unterstreichen, wie wichtig diese Ausrichtung auf Innovationen für unser Land ist, wenn wir uns im Rahmen des Strukturwandels zukünftige Chancen erarbeiten wollen. Die Vielzahl an Programmen, die hier auch in der Vernetzung mit anderen Ressorts angestoßen worden sind – ich nenne beispielhaft die Profilierung als Forschungsstandort für den Gesundheitsbereich oder die Konzentration auf Innovationen im Bereich der Werkstofftechnologie –, ermöglicht viele Projekte. Dies ist nur deshalb möglich, weil es gelungen ist, private Partner zu finden, die dem öffentlichen Etat, welcher aus Steuergeldern besteht, zusätzliche Mittel zuführen. Es ist hervorragend und im Vergleich zu Ihrer Regierungszeit beispiellos, in welcher Art und Weise das gelingt.
Genau das macht in der Vernetzung der unterschiedlichen Bereiche das konsistente Bild der Koalition der Erneuerung aus: Wir bejahen den Strukturwandel. Es ist nämlich nicht länger vertretbar, Steinkohlenbergbau weiterhin auf Kosten der Allgemeinheit zu subventionieren. Deshalb vollziehen wir den Ausstieg,
dass es 2012 nicht zu einer Revision kommen wird. Es gibt aufgrund der wirtschaftlichen Fakten keine Alternative zum Ausstieg aus dem subventionierten Steinkohlenbergbau.
Das Land hat 500 Millionen € an Vergangenheitssubventionierung ohne jegliche Zukunftsaussichten aufgebracht. Dieses Geld investieren wir lieber in neue Instrumente, in gute Bildung, in gute Ausbildung, in den Strukturwandel und in die Innovationspolitik. Insofern ist auch der Innovationsfonds im dreistelligen Millionenvolumen, welcher in der zweiten Hälfte der Legislatur seine Wirkungen entfalten wird, ein gutes Beispiel auch im Vergleich mit anderen Bundesländern.
Sie können kein anderes Land in Deutschland benennen, das so konsequent Richtung Zukunft, Richtung Strukturwandel, Richtung Modernität und Richtung Innovation umgesteuert hat wie Nordrhein-Westfalen.
Von daher ist es gut, dass wir für diese Politik auch international Anerkennung erfahren, dass das Ausland also wieder nach NordrheinWestfalen schaut. Wir liegen mitten in Europa. Wir haben europäische Nachbarn. Aus diesem Grund ist es für uns als größtes Bundesland in Deutschland und als Land in der Größe vieler anderer europäischer Staaten wichtig, ein eigenes Profil für unsere Wissenschafts-, Hochschul-, Forschungs- und Technologielandschaft zu entwickeln. Da sind wir auf einem guten Weg.
Wir haben in der letzten Plenarwoche breit über den weltweit leistungsfähigsten Superrechner diskutiert. Dass solche Erfolgsmeldungen, dass wir in Nordrhein-Westfalen im Bereich von Spitzentechnologien weltweit führend sind, einmal die Schlagzeilen bestimmen, kann man nicht alleine der Landesregierung zuschreiben. Dafür ist das Zusammenwirken zwischen den Akteuren in den Einrichtungen und den Kompetenzen, die wir natürlich im System vorhalten – das ist gar keine Frage –, notwendig. Solche Meldungen belegen, dass das Klima in unserem Land hervorragend ist.
Es sind exzellente Aushängeschilder für das Marketing des Standorts Nordrhein-Westfalen, wenn im Ausland ankommt, in welchen Bereichen wir in Europa und weltweit führend sind.
Wir werden alles dafür tun, um Ihnen viele weitere Belege für die Innovationspolitik unseres Landes zu bringen. Denn das sind Investitionen in die Zukunft.
Das ist angesichts neuer Herausforderungen, die sich im Rahmen des demografischen Wandels in den nächsten Jahren ergeben, zugleich eine Investition in die Qualifizierung unserer Gesellschaft.
Deshalb freut es uns, dass wir im letzten Durchgang der Exzellenzinitiative erfolgreich abgeschnitten haben. Wir haben mit der RWTH Aachen ein hervorragendes Aushängeschild. Sie ist eine Visitenkarte für unser Land NordrheinWestfalen und auch für das Ruhrgebiet.
Frau Gödecke, zu Ihrem Zwischenruf: Auch für Bochum gab es sehr gute Nachrichten. Denn aufgrund der hervorragenden Platzierung, die die Ruhr-Universität erreicht hat,
ergibt sich für uns als Kinder des Ruhrgebiets in der nächsten Zeit die Gelegenheit, auch diesen Standort weiter zu profilieren.