Protocol of the Session on December 6, 2007

Im Übrigen, Herr Eumann – das richtet sich natürlich an Sie, aber auch an die geschätzte Kollegin Frau Seidl –, Frau Seidl, Sie hatten das Problem benannt, wir würden vielleicht diejenigen, die studieren könnten, aber offensichtlich aufgrund unserer „schlechten Bedingungen“ kein Studium aufnähmen, benachteiligen. Ich frage Sie einmal, wa

rum Sie es, solange Sie in der Verantwortung waren, zugelassen haben, dass Nordrhein-Westfalen unter allen 16 Bundesländern mit Abstand die niedrigste Übergangsquote bei Hochschulzugangsberechtigten zum Hochschulstudium hatte. Das hätte Sie auf die Barrikade bringen müssen! Sie haben indes offensichtlich nichts unternommen.

Sie waren mit Ihrer Bilanz, was die Übergangsquote betrifft, im Ländervergleich das Schlusslicht. Jetzt merken wir: Es zieht langsam an. Gott sei Dank! Natürlich muss Nordrhein-Westfalen den Anschluss finden, auch beim Übergang von Hochschulzugangsberechtigten zum Hochschulstudium. Aber dafür müssen Sie die Hochschulen auch so attraktiv machen, dass sich die jungen Menschen eingeladen fühlen.

Mit Ihren hohen Abbrecherquoten und Ihren geringen Erfolgsquoten – ich sage es noch einmal: 28 % der Studierenden schafften das Studium in der Regelstudienzeit – haben Sie keine Einladung an die jungen Menschen ausgesprochen, sich auf ein Studium einzulassen. Wir ändern die Bedingungen, und damit wird sich auch die Übergangsquote im Interesse der jungen Menschen ändern. Wer eine Hochschulzugangsberechtigung hat, kann und wird in Nordrhein-Westfalen auch erfolgreich studieren können. Das ist der Politikwechsel hier in Nordrhein-Westfalen, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Minister, Ihre Redezeit ist zu Ende. – Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schultheis?

Herr Präsident, ich habe mich sehr darum bemüht, meine Rede mit der Beantwortung der vielen Fragen, die mir gestellt worden sind, zu verbinden.

Also gestatten Sie keine Zwischenfrage?

Ich kann natürlich jede Zwischenfrage noch zusätzlich beantworten, wenn mir das nicht auf die Redezeit angerechnet wird.

Wir halten die Zeit an, dann wird gefragt.

Ich wäre aber dankbar, wenn ich noch zwei Gedanken zusätzlich ausführen dürfte.

Im Prinzip kann die Regierung die Redezeit ausdehnen. Aber wenn Sie die Zwischenfrage annehmen, dann stoppen wir die Zeit. Ja?

Das mache ich sehr gerne. Ich danke Ihnen.

Bitte schön. – Herr Kollege Schultheis.

Vielen Dank, Herr Minister. Ich finde den Vorwurf der Zahlenschieberei nicht okay, gerade in diesem Kontext nicht, wo Sie gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten große Erfolge angesichts historisch hoher Zahlen an Studienanfängern feiern wollten. Sie haben Ihre Zahlen – das kann passieren – um mehr als 50 % korrigieren müssen.

Stimmen Sie mit mir überein, dass die endgültigen Zahlen derjenigen, die in Nordrhein-Westfalen zum nächsten Semester studieren, erst Mitte Dezember durch das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik vorliegen werden und dass die KMK-Prognose hinsichtlich der zusätzlichen Studienberechtigten auf 8,1 % und nicht auf 1,8 % ausgelegt ist?

Ich kann darauf sehr gerne antworten, Herr Schultheis. Ich habe Ihnen natürlich nur die vorläufigen Zahlen des Landesamtes für Statistik mitteilen können, die 3,8 %, die Sie auch nur kennen.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Wir können zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur vorläufige Zahlen mitteilen. Die haben immer einen gewissen Grad an Ungenauigkeit. Ich habe Ihnen auch den Zuwachs bei den Hochschulzugangsberechtigten gemäß Landesamt für Statistik mitgeteilt: Das sind die 1,8 %. Mehr Zahlen, die auf Nordrhein-Westfalen zutreffen, kann ich Ihnen nicht mitteilen. Die Differenz von 3,8 zu 1,8 % beträgt für mich immer noch 2 Prozentpunkte. Insofern stelle ich fest: Wir haben mehr Studienanfänger als Studienberechtigtenzuwachs in diesem Jahr, in 2007. Das führt mich zu der positiven Bewertung, die ich eben vorgenommen habe.

Jetzt läuft Ihre Zeit weiter. Ab jetzt überziehen Sie. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Ja, die überziehe ich – herzlichen Dank! –, denn ich möchte schon noch gern etwas zu den anderen Elementen sagen, zum Beispiel zu der Wettbewerbsfähigkeit des Forschungs- und Technologiestandortes Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Hierzu möchte ich hervorheben, dass wir die Exzellenzinitiative in diesem Jahr natürlich mit noch mehr Mitteln durchführen können. Die steigen auf 20 Millionen €. Die Fördermittelsenkung von 15 %, von der Sie sprachen, Herr Schultheis, ist schon nicht mehr aktuell. Das werden eher 10 % sein. Im Übrigen liegt es nicht am Land, sondern gemeinsam an Bund und Ländern, die das so festgelegt haben. Ich hätte mir das auch anders vorstellen können.

(Karl Schultheis [SPD]: Ich finde gut, dass wir das erfahren!)

Aber das wurde vom Bund mit einem festen Finanzrahmen so vorgegeben. Wir sind jedoch jetzt schon bei „nur“ 10 %. Die DFG sagt uns, am Ende könnte es sein, dass alle Projekte voll ausfinanziert werden, weil erfahrungsgemäß doch nicht alle Bruttoanmeldungen in vollem Umfang in der vorgeschriebenen Zeit abgerufen werden. Ich sehe hier daher zurzeit keine Probleme. Die Hochschulen können ihre Projekte hervorragend realisieren. Nordrhein-Westfalen hat so weit gut abgeschnitten, dass alle Landesmittel, die vorgesehen waren, abgerufen werden können.

Ein weiteres Schwerpunktthema ist die Spitzenforschung in der Medizin, die wir durch den Landeswettbewerb, der ausgeschrieben ist, gezielt stärken wollen. Wir wollen in den nächsten Jahren jährlich 4 Millionen € zusätzlich bereitstellen, um durch Schwerpunktprofessuren für exzellente Forschung Sorge zu tragen.

Der Ausbau des vorhandenen Höchstleistungsrechners ist in der Debatte bereits erwähnt worden. Er wird durch die Landesregierung durch Verpflichtungsermächtigungen in der Größenordnung von 44 Millionen € unterstützt, meine Damen und Herren. Das kann man nicht hoch genug als Beitrag des Landes Nordrhein-Westfalen werten, um Spitzenleistung möglich zu machen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Die Kollegen aus Bayern und aus Baden-Württemberg beobachten sehr

sensibel, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen auf dem Gebiet der Höchstleistungsrechner nicht nur in Deutschland eine Spitzenposition anstreben, sondern auch in Europa.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich bin dem Parlament und den regierungstragenden Fraktionen ausgesprochen dankbar, dass wir die Mittel für diese Forschungsverstärkung zur Verfügung gestellt bekommen. Das ist zumindest aus meiner Sicht keine Selbstverständlichkeit.

Für das Max-Planck-Institut für die Biologie des Alterns hat die Landesregierung eine Mitfinanzierung in Höhe von insgesamt 30,1 Millionen € bereitgestellt. Auch das ist ein ganz entscheidender Schritt, um die Fähigkeiten Nordrhein-Westfalens auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften zu stärken.

(Karl Schultheis [SPD]: Wann kommt es denn?)

Natürlich kommt es, Herr Schultheis.

(Karl Schultheis [SPD]: Wann denn?)

Die Professuren sind nicht nur ausgeschrieben, sondern die Berufungen haben stattgefunden. Die Verfahren sind so weit abgeschlossen. Wir können 2008 beginnen, für die berufenen Köpfe die Gebäude zu errichten usw. Das läuft alles fahrplanmäßig auf ganz hervorragende Weise.

Wir haben jetzt – das klang auch beim Thema Innovationsfonds an – insgesamt 140 Millionen € zur Verbesserung der Innovationskraft des Landes Nordrhein-Westfalen in den drei Häusern Innovation, Wirtschaft und Umwelt bereitstellen können. Damit halten wir nicht nur Wort, sondern wir eröffnen auch die Möglichkeit, NordrheinWestfalen in den Schwerpunktbereichen, die wir definiert haben, wirksamer nach vorne zu bringen.

Vonseiten der Opposition wurde hier dazwischengerufen: Was machen Sie denn eigentlich? – Das habe ich mich auch gefragt, als wir in die Verantwortung kamen, rückblickend auf das, was Sie getan haben. Was haben Sie eigentlich gemacht? Es war eben so: Sie haben alles und nichts gemacht. Sie haben zumindest in den Hochglanzbroschüren einen Blumenstrauß an vermeintlicher Schwerpunktsetzung gebunden. Da haben Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr erkennen können.

Frau Kollegin Thoben und ich haben erstmalig eine Clusterstrategie für Nordrhein-Westfalen vorgelegt.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Erstmals? – Karl Schultheis [SPD]: Das ist nichts Neues!)

Mit der Innovationsstrategie haben wir erstmalig Schwerpunkte im Bereich Forschung und Technologie definiert, meine Damen und Herren. Wenn wir sagen, wir konzentrieren uns jetzt auf die Bereiche, in denen Nordrhein-Westfalen stark ist, um mit den Stärken Spitzenpositionen zu erreichen, ist das ein Neuanfang für Nordrhein-Westfalen.

(Karl Schultheis [SPD]: Das ist im besten Fall eine Fortsetzung!)

Diese Klarheit bei der Betonung von Stärken und die Bereitschaft der Politik, gezielt in die Stärken zu investieren, hat es vorher leider nicht gegeben.

(Beifall von CDU und FDP)

Das gab es in Süddeutschland. Deswegen ist man da weiter als wir. Wir ändern das jetzt beherzt. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Schritt.

Jetzt will ich auf die Zahlen eingehen – Kollege Löttgen war so freundlich, das auch anzusprechen – und einen Vergleich zu Ihren damaligen Zahlen ziehen. Wir haben im Einzelplan 06 im Jahr 2008 ein Volumen von 575 Millionen € für die Förderung von Forschung und von Innovation. Das bedeutet einen Zuwachs von 14,4 % im Vergleich zum Vorjahr. Dann sagen Sie doch bitte noch einmal, wir würden im Bereich Forschung, Technologie und Innovation keinen Schwerpunkt setzen! Wenn eine Steigerung von 14,4 % für Sie nicht Nachweis genug ist, dass wir Schwerpunkte setzen, möchte ich gerne wissen, welche Zahlen Sie noch von uns geliefert bekommen möchten, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition.

Insgesamt wächst der Etat um fast 3 %. Für Innovation, Forschung und Technologie wächst der Etatansatz um 14,4 %. Das ist eine ganz klare Aussage: Wir reden nicht nur davon, Innovationsland Nummer eins werden zu wollen, sondern wir investieren auch, damit wir eine Aussicht haben, das werden zu können, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir haben in den letzten beiden Jahren mit dem Zukunftspakt, mit dem Studienbeitragsgesetz, mit dem Hochschulfreiheitsgesetz, mit der Begleitung der Exzellenzinitiative und mit dem Hochschulpakt wichtige Weichenstellungen vorgenommen. Und wir haben bereits wichtige Erfolge bei der Ansiedlung von Spitzenforschungseinrichtungen erreicht.

Es ist unser Ziel, auf diesem Kurs der Qualitätssteigerung, der Exzellenz in der Spitze und der besseren Qualität in der Breite für NordrheinWestfalen fortzufahren, in den nächsten Jahren nicht nur gezielt zu investieren, sondern die Gestaltungskräfte durch die Reformen auch so zu befreien, dass sie für unser Land die notwendige Kreativität und das notwendige Engagement hervorbringen, damit wir wieder Anschluss an die Spitze finden und damit Nordrhein-Westfalen wieder dort hinkommt, wo es hingehört, nämlich nach vorne. – Herzlichen Dank für Ihre freundliche Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall von CDU und FDP)