Protocol of the Session on December 5, 2007

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die Landesregierung hat Herr Innenminister Dr. Wolf das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schade, Herr GFG-politischer Sprecher Jäger, ich hatte bis zu Ihrem polemischen Abgang die Hoffnung, dass wir uns sachlich unterhalten können, aber dann begann wieder das Täuschen, Tricksen, Verschleiern, das Sie ja aus Ihrer Regierungszeit noch gut beherrschen.

Sie haben nicht zur Kenntnis genommen, dass wir eine neue Politik eingeläutet haben, und die heißt Transparenz. Es ist für die Kommunen klar absehbar, wie die Regeln sind. Wir haben diese Regeln auch eingehalten. Wir haben – das hat sich früher die Landesregierung als große Leistung angerechnet – die 23 % am Verbundsatz erhalten. Das ist natürlich in Ihrer Diktion eine Leistung der jetzigen Landesregierung. Ich bin sehr dankbar, dass auch die Koalitionsfraktionen diesen Weg unterstützen. Das ist Verlässlichkeit, das ist Planbarkeit für unsere kommunalen Gebietskörperschaften.

(Beifall von der FDP)

Wenn Herr Jäger hier über die Kassenkredite lamentiert, dann muss man den Zuhörerinnen und Zuhörern auch einmal sagen, dass diese nicht in den zweieinhalb Jahren der schwarz-gelben Regierungszeit entstanden sind,

(Beifall von Walter Kern [CDU])

sondern über Jahre und Jahrzehnte aufgebaut worden sind. Das ist in vielen Fällen Misswirtschaft seit vielen Jahren.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Gerade Herr Jäger kommt aus einer Stadt, die sich damit auskennt; sie befindet sich seit 1992 im Nothaushaltsrecht. Er soll uns doch bitte nicht sa

gen, die Probleme seien in den letzten Jahren entstanden.

(Beifall von der CDU – Ralf Jäger [SPD]: Das ist dummes Zeug, Herr Minister!)

Durch die neue Finanzpolitik versuchen wir ja gerade, die Erblast abzutragen. Wir versuchen, das strukturelle Defizit zu vermindern, was Ihnen aus eigener Kraft niemals gelungen ist, Herr Jäger.

Wir wollen doch festhalten – da spreche ich sicherlich auch für Herrn Linssen –, dass Haushaltskonsolidierung weder auf Landesebene noch auf kommunaler Ebene mit einem Knall geht. Wenn man so tief in dem Mist sitzt, den Sie uns hinterlassen haben, geht das nicht in wenigen Tagen, Wochen oder Jahren. Dann muss man langfristig daran arbeiten.

Wir sind sehr froh – ich kann mir gut vorstellen, dass Herr Lux ein Stück weit stolz darauf ist –, dass wir jetzt über dem Jahr 2000 liegen. Das ist mehr als das, was Sie in all den Jahren den Kommunen geben konnten und geben wollten.

Wenn wir einmal eine Synopse der Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände der letzten Jahre einholten, stünden wir im Vergleich ganz gut da, glaube ich. Dass sie immer noch ein bisschen mehr haben möchten, ist nachvollziehbar. Wir sind aber ein verlässlicher Partner der Kommunen. Wir haben ihnen Planungssicherheit verschafft, was zu Ihren Zeiten niemals der Fall war, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich bin Herrn Engel auch sehr dankbar, dass er noch einmal klargestellt hat, dass auch diejenigen, die ganz besonders schlecht dastehen – und wir wissen um die kritische Finanzlage der Kommunen –, jedenfalls in Teilbereichen auch wieder ein bisschen Licht am Ende des Tunnels sehen. Wir können feststellen, dass es erstmals seit dem Jahr 2000 einen Rückgang der Gesamtzahl der Haushaltssicherungskommunen und der Nothaushaltskommunen gibt. Das ist auch ein Fortschritt.

(Beifall von Horst Engel [FDP])

Herr Engel hat die Zahlen ja genannt und Sie verbessert, Herr Jäger. Wir haben nur noch, aber leider immer noch 104 Nothaushaltskommunen.

Wir müssen versuchen, auch an dieser Stelle Entlastung zu schaffen. Das muss aber mit einer vernünftigen Wirtschaftspolitik untermauert werden. Die Steuern fallen schließlich nicht vom Himmel. Die Zuweisungen des Landes werden doch nicht

mal so eben aus dem Ärmel geschüttelt, sondern von den Menschen in Nordrhein-Westfalen erarbeitet. Das schaffen wir nur mit einer vernünftigen Reformpolitik, die auch auf Freiheit abstellt.

Deswegen bin ich froh, dass wir den Kommunen mehr Freiheit geben können. Im GFG beträgt die Aufteilung, wie von Herrn Lux geschildert, 87:13. Der ganz überwiegende Anteil sind also disponible Mittel. Wir haben den Kommunen auch Möglichkeiten gegeben, sich im System freier zu bewegen. Wir haben eine Kommunalisierung von Aufgaben mit entsprechender Finanzierung geleistet – all das, was lange Jahre gefordert ist.

Ich kann Sie nur bitten, diesem GFG Ihre Zustimmung zu erteilen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Innenminister Dr. Wolf. – Als Nächster spricht der fraktionslose Kollege Sagel.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Die Regierung Rüttgers macht auch 2008

(Unruhe – Glocke)

keine Politik für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger – und schon gar nicht für diejenigen, die auf Hilfe angewiesen sind. Sie macht keine Politik der Chancengleichheit – und schon gar nicht für die Schwächeren, sozial Benachteiligten und Kinder und Jugendlichen in NRW. Dies sieht man in den Kommunen des Landes sehr deutlich.

Die Mehreinnahmen der Kommunen von 855 Millionen € kommen allein konjunkturell bedingt zustande; denn insgesamt hat sich die Landesregierung durch Änderungen im System um rund 1 Milliarde € entlastet. Im Moment gibt es den Helmut im Glück; in den nächsten Jahren droht wieder eine karge „Linssen“-Suppe.

Die Verschuldung der Kommunen steigt so weiter auf über 13 Milliarden €, und die meisten Kommunen sind in der Haushaltssicherung. Auch da richtet sich Ihre Steuer- und Finanzpolitik wieder gegen Bürgerinnen und Bürger; denn ganz klar ist: Wenn den Städten die Mittel fehlen, wird wieder der Sozialetat beschnitten und werden im Umwelt- und Ökologiebereich Projekte wieder nicht verwirklicht werden können.

Dies wird zudem zulasten von Kindern und Jugendlichen gehen. Ganz real erleben wir dies jetzt bei den Auswirkungen von KiBiz und der Abschaffung der Elternbeitragsausgleichszahlungen. Zum

Beispiel fehlen in Münster – meiner Kommune, aus der ich komme – alleine im nächsten Jahr 2 Millionen € an Landeszuweisungen – Geld, das den Kommunen und den Kindergärten fehlt und das die Stadt jetzt alleine aufbringen muss. Es gibt natürlich auch weiter steigende Ausgaben im Sozialbereich.

Ich zitiere hier einmal Herrn Prof. Sander vom Städtetag NRW. Konkret hat er bei der Anhörung zum GFG 2008 gesagt:

„Wir haben immerhin noch Kassenkredite von über 12 Milliarden €. Das heißt, diese Situation“

nämlich die Steuermehreinnahmen –

„müsste mehrere Jahre anhalten, damit wir überhaupt wieder etwas von diesen hohen Kassenkrediten abtragen könnten, und es befinden sich von den 427 Kommunen noch 190 im Haushaltssicherungskonzept, und davon haben 113 kein genehmigtes Haushaltssicherungskonzept.“

Weiter sagt Prof. Sander:

„Der Verbundsatz bleibt unverändert, und hier ist natürlich die kritische Bemerkung anzubringen, dass es beim Solidarbeitragsgesetz keine Spitzabrechnung gibt; …“

Außerdem sagt er:

„Die Steuern sind gestiegen, sodass uns über 900 Millionen € nicht zukommen.“

Diese 900 Millionen €, die der Vertreter des Städtetages NRW konkret nennt, sind das, was Sie den Kommunen in den letzten Jahren weggenommen haben.

„Die kommunale Finanzsituation wird massiv beeinflusst durch die Hartz-IV-Reformen. Es war vorgesehen, dass die Kommunen mit 2,5 Milliarden € entlastet werden. Betrachtet man die tatsächliche Entwicklung und rechnet man den Entlastungsbetrag auf NordrheinWestfalen runter, so bleibt im Großen und Ganzen eine Entlastung von 110 Millionen € für die Kommunen.“

Alles das sagt Prof. Sander vom Städtetag dazu. Deshalb müssen wir im Zusammenhang mit dem GFG nochmals kritisieren, dass das Land seinen Beitrag für die Sonderentlastung der Kommunen in den neuen Bundesländern in Höhe von 220 Millionen € bei den Kommunen refinanziert, indem es seine Zahlungen beim Wohngeld entsprechend kürzt. Das ist die reale Situation.

Es gibt auch weitere strukturelle Verschlechterungen – vor allem dadurch, dass die Grunderwerbsteuer aus den Verbundgrundlagen des Finanzausgleiches des Jahres 2007 herausgenommen worden ist, was ein Defizit von 188,2 Millionen € bedeutet. Auch das ist eine deutliche Verschlechterung.

Deswegen fordern die Landschaftsverbände im Einklang mit den kommunalen Spitzenverbänden, die Verbundgrundlagen 2008 wieder um vier Siebtel des Grunderwerbsteueraufkommens des Landes zu erhöhen. Aber auch das machen Sie nicht.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Das ist Ihre reale Politik. Sie ist gegen die Kommunen und gegen die Bürgerinnen und Bürger des Landes gerichtet – mit allen sozialen und ökologischen Folgewirkungen.

Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Für die Fraktion der Grünen hat sich noch einmal Kollege Becker zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil dieser sogenannte Kommunalminister, der sich in Wahrheit noch nicht mal auf Sport wirklich konzentrieren kann, an dieser Stelle wieder einmal Zahlen nennt und einen Eindruck zu erwecken versucht, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben. Herr Wolf lebt nicht in der Wirklichkeit.

Herr Wolf, wenn Sie sich in der Wirklichkeit auskennen und sie nicht seit Jahren ausblenden würden, wüssten Sie, der ganz leichte Rückgang bei den Nothaushaltkommunen – bei gleichzeitigem Anstieg der absoluten Schulden – hat nur etwas damit zu tun, dass all diese Kommunen auf NKF – neues kommunales Finanzmanagement – umgestellt haben. Das heißt, diese Veränderung beruht allein auf der Berechnungsmethode. Alle, die neu keinen Nothaushalt mehr fahren, sind NKFKommunen, haben also eine buchhalterische Umstellung vorgenommen. Das ist der ganze Effekt, der überhaupt nichts mit einem Abbau von Schulden zu tun hat. Sie sind wieder einmal als Blender aufgefallen, als ein Mann, der entweder keine Ahnung hat oder alle anderen veräppeln will.