Protocol of the Session on November 15, 2007

Das gültige Gesetz zur Personalmitbestimmung – das potenziert den Vorgang – wird verletzt und stattdessen wird bereits auf der Grundlage eines noch nicht gültigen Gesetzes gehandelt. Einzelmaßnahmen werden umgesetzt bzw. angedacht. Die Mitbestimmung wird außer Kraft gesetzt. Dagegen haben die Personalräte massiv Einspruch erhoben. Sie lehnen dieses Verfahren ab und haben bereits gerichtliche Schritte eingeleitet.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Interessanterweise gibt es in diesem Zusammenhang unterschiedliche Praktiken in den einzelnen Regierungsbezirken. Ausnahme ist der Regie

rungsbezirk Arnsberg. Dort werden Mitbestimmungsrechte ernst und wahrgenommen, in allen anderen Regierungsbezirken nicht. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die Landesregierung im Umgang mit den Menschen, den Landesbediensteten und dem Parlament.

Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Aufgaben kommunalisiert werden sollen, werden bei den Bezirksregierungen schon Personalzuordnungspläne – so wie im Gesetzentwurf, der noch gar nicht beschlossen ist, in § 61 vorgesehen sind – erstellt. Diese Zuordnungs- und Verteilungspläne sollen – so ist jedenfalls unsere Information – demnächst im Kabinett beschlossen werden.

Unter dem Strich wird hier bereits etwas vollzogen, exekutiert, das noch gar nicht beschlossen worden ist. Deshalb, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, muss es in unser aller Interesse liegen, diesen Vorgang sofort zu stoppen, damit der Landtag in Ruhe beraten kann.

Ich habe bis jetzt noch nichts über den Stand der Beratungen gesagt. Es ist ganz interessant, sich das einmal anzuschauen. Ich habe es noch nicht erlebt, dass die Kommunen, die Umweltverbände, die Wirtschaft in dieser Breite den Inhalt des Gesetzentwurfes für zutiefst überarbeitungswürdig halten. Auch aus diesem Grund ist es notwendig, dass kein Vorgang außerhalb des Parlaments den parlamentarischen Beratungen vorweggreift. Daran müssten auch Sie ein ureigenes Interesse haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Herr Remmel. – Für die CDU-Fraktion spricht nun der Kollege Löttgen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Innenminister wird Ihnen zum Abschluss dieses Redeblocks noch einmal in aller Klarheit und Kürze die Gründe für die Kommunalisierung der Umweltverwaltung und für die Vorgehensweise der Landesregierung bei der Umsetzung des demnächst vom Landtag zu beschließenden Gesetzes darlegen.

Inhaltlich habe ich bereits in der ersten Lesung zu diesem Gesetz am 20. September dieses Jahres Stellung genommen. Daher möchte ich heute den Versuch unternehmen, den Antrag der Grünen in einen Gesamtkontext einzuordnen.

(Horst Becker [GRÜNE]: Da kommt was bei raus!)

Schon im Umweltausschuss am 24. Mai dieses Jahres hat sich Herr Remmel über angeblich nicht über dem Landespersonal aufgespannte Regenschirme und über Vorwürfe im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Landes aufgeregt.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Seitdem belasten uns Bündnis 90/Die Grünen mal durch Herrn Becker, mal durch Herrn Remmel mit stereotypen Vorwürfen, deren Wortwahl – beispielsweise schäbig, Verfassungsbruch, Durchpeitschen – weit unparlamentarischer ist, als es dieser Antrag vermuten lässt. Ein Vorschlag zu Beginn, Herr Remmel: Bevor Sie wie beim vorliegenden Antrag einfach kritisieren um des Kritisierens willen, machen Sie doch Vorschläge, die über den Status quo hinausgehen. Ich habe keinen von Ihnen gefunden.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Es geht dar- um, dass wir in Ruhe beraten können!)

Stattdessen befassen Sie die Regierung und dieses Haus seit der Entscheidung des Kabinetts am 19. Juni 2007 mit einem Wust von Anträgen und Vorwürfen, die bei niemandem zu einem Erkenntnisgewinn geführt haben. Sie sind sich nicht sicher, was denn nun vordringlicher zu kritisieren sei: der Gesetzentwurf oder das angebliche Vorgehen der Landesregierung oder vielleicht beides. Sie beklagen alltägliche Vorgänge und heften ihnen das Attribut „unparlamentarisch“ an.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Klar!)

Dies tun Sie, um ein Thema für Ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Damit decken Sie Ihre eigentlichen Absichten auf. Sie wollen die Menschen in diesem Land verunsichern, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Das – und nicht das vorausschauende Handeln der Minister Wolf und Uhlenberg – nenne ich schäbig.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, Sie verbreiten jeden Tag aufs Neue Weltuntergangsszenarien. Sie argwöhnen eine Verschwörung zu Ihrem Nachteil. Sie zeigen mit dem Finger auf andere und merken nicht, dass Sie vor einem Spiegel stehen.

Ungeordnete Leute, so hat Machiavelli gesagt, fürchten sich immer vor geordneten.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Ui! – Weiterer Zu- ruf von der SPD: Donnerwetter!)

Ich wollte heute Nachmittag auch etwas intellektuell Anspruchsvolles für Sie bringen.

Diese Furcht ist der Stachel im Fleisch der Grünen. Sie können es nicht verwinden, dass vor Ihren Augen eine neue, eine erfolgreiche Ordnung geschaffen wird, die als Plattform für eine erfolgreiche Zukunft dient.

Regierung und Koalitionsfraktionen arbeiten Schritt für Schritt daran, auf der Grundlage Ihrer in weiten Teilen katastrophalen Hinterlassenschaft dem Land und seinen Bürgern Chancen zu eröffnen und Möglichkeiten zu geben, und zwar in einem globalisierten Wettbewerb, dessen Tempo atemberaubend ist.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Hoffentlich stolpert dieses hohe Ross irgendwann auch einmal!)

Wir möchten weiterhin nicht nur bestehen, sondern allen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land Teilhabe ermöglichen. Wir möchten Verlässlichkeit in eine Welt des permanenten Wandels bringen und Entscheidungen im Sinne des Subsidiaritätsprinzips wieder in das nachvollziehbare Umfeld der Bürger verlagern, Herr Remmel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Realität verschließen Sie sich von Bündnis 90/Die Grünen bedauerlicherweise. Die CDU-Fraktion kann sich Ihrem Antrag schon deshalb nicht anschließen, weil sie die Ehrlichkeit des Ansinnens bezweifelt.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Löttgen. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Körfges.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich beim Kollegen Löttgen ganz ausdrücklich. Wir haben uns immer gefragt: Welchem Staatsverständnis folgen Sie in der regierungstragenden Koalition? Welchem Staatsverständnis folgt der Herr Innenminister? – Jetzt wissen wir es: Machiavelli, Il Principe.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Aber selbst diesem undemokratischen Anspruch werden Sie in vielem nicht gerecht. Denn das war ja wenigstens in sich schlüssig. Was Sie uns – und nicht nur uns, sondern vielen Menschen im Land – unter der Überschrift Verwaltungsstrukturreform antun, verdient hingegen beim besten Willen nicht das Attribut Schlüssigkeit.

Herr Löttgen, wenn Sie hier schon regelmäßig zum Thema Verwaltungsstrukturreform das Wort ergreifen, würde ich auch darum bitten, die Rede, die Sie zur Versorgungsverwaltung gehalten haben, wenigstens in ein paar Grundpassagen abzuändern; denn das kam mir – und zwar auf eine unangenehme Art und Weise – bekannt vor.

(Beifall von Bodo Wißen [SPD] und Johan- nes Remmel [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, wir haben vor Beginn der Anhörung zur Kommunalisierung der Umweltverwaltung mit großem Erstaunen davon Kenntnis genommen, dass die Landesregierung bereits konkrete Schritte unternimmt, dieses Gesetz umzusetzen. Das gilt – der Herr Kollege Remmel hat darauf hingewiesen – insbesondere für die wirklich wichtige und wesentliche Frage der Zuordnung des Personals.

Daraufhin haben wir als SPD-Fraktion eine Aktuelle Viertelstunde beantragt. In dieser Aktuellen Viertelstunde hat es einen – zugegebenermaßen interessanten – formalen Meinungsaustausch über eine Frage gegeben, die ich strafrechtlich wie folgt kategorisieren würde: Haben wir ein unmittelbares Ansetzen zur Tat oder lediglich straflose Vorbereitungshandlungen?

Von der heutigen Debatte erhoffe ich mir keine wesentlichen neuen Erkenntnisse. Im Gegenteil: Ich befürchte fast, dass die Landesregierung wieder einmal nichts unversucht lassen wird, um hier die tatsächlichen Umstände ihres Vorgehens zu verschleiern.

Deshalb will ich mich eigentlich nur an die Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen wenden. Bei diesem Antrag geht es um unser Selbstverständnis. Es geht um das Parlamentsverständnis. Es geht um Ihre Rolle als regierungstragende Koalitionsfraktionen. Vor diesem Hintergrund ist die Anteilnahme auf Ihrer Seite einigermaßen spärlich.

Allerdings zeigt das Verfahren auch – das ist auf jeden Fall festzustellen, wenn man Umsetzungsschritte unternimmt oder auch nur vorbereitet, bevor eine Anhörung stattgefunden hat –, dass Sie nicht bereit sind, sich auch nur mit einem einzigen Argument gegen Ihre Pläne ernsthaft auseinanderzusetzen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Da frage ich mich wirklich: Welches Selbstverständnis haben Sie als Parlamentarierinnen und Parlamentarier? – Diese gefährliche Mischung aus fachlicher Ignoranz und Arroganz der Macht führt geradewegs ins Chaos.

Meine Damen und Herren, es geht Ihnen doch nicht darum, Bürokratie abzubauen. Das glatte Gegenteil ist der Fall. Ich zitiere jetzt einmal einen lieben Menschen, der sich an den Herrn Ministerpräsidenten persönlich gewandt hat. Wörtlich schreibt der Oberbürgermeister der Stadt Duisburg in einem mir vorliegenden Brief seinem Freund Jürgen:

Aus Sicht der Stadt Duisburg führt die Reform

der Umweltverwaltung –

zu einem Zuwachs an Bürokratie mit unklaren Regelungen für Verantwortlichkeit und Doppelarbeit, erheblichen Mehrkosten für die Kommune und zu erheblichen Vollzugsdefiziten.

So schreibt Adolf Sauerland, Oberbürgermeister der Stadt Duisburg.

Herr Löttgen, ich weiß nicht, ob Sie ihm die Vorwürfe, die Sie der Opposition regelmäßig machen, auch gerne machen möchten. Unter Parteifreunden ist das ja vielleicht auch im kleinen Kreis möglich.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn Herr Sauerland das versteht, dann kann es keine große Kunst sein,