Protocol of the Session on October 24, 2007

Das heißt, die Investition in die Kraftwärmekopplung zu lenken, wäre richtig. Das hieße aber: Dieses Land müsste sich in Berlin aufstellen und seine Interessen in den Prozess massiv einbringen. Und das geschieht nicht.

Stattdessen laufen Sie wieder den großen Stromerzeugern hinterher und lassen ein Kondensationskraftwerk nach dem anderen bauen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Kollege Römer, Sie haben eben – ich habe es mitgeschrieben – von kleinräumig begründeten Einzelinteressen gesprochen. Da müssten Sie sich Krefeld aber auch genau anschauen; denn ich finde das bei den Vorbelastungen, die es konkret an dem Standort in Krefeld gibt, schon ein bisschen merkwürdig.

Gerade was Atemwegserkrankungen und Staubbelastung angeht, werden in Krefeld die Diskussionen seit 15, 20 Jahren massiv geführt. Insofern gibt es sehr gute Gründe, sich zu fragen: Können wir nicht da ein modernes GuD-Kraftwerk bauen, so wie es morgen eingeweiht wird und wie es auch von Statkraft letzte Woche eingeweiht worden ist. Warum geht das da nicht? Und warum muss da noch zusätzlich ein Kohlekraftwerk mit all den technisch einzuschränkenden aber unvermeidbaren Emissionsproblemen dazukommen? Das müsste man sich anschauen. Und das als „kleinräumig begründete Einzelinteressen“ abzutun, finde ich, ehrlich gesagt, nicht ganz korrekt. Aber sei’s drum.

(Winfried Schittges [CDU]: Sehr richtig!)

Wir meinen, dass Krefeld eine besonders schwierige Emissionssituation hat und dass man es denen nicht mit dem Knüppel von hier – der Antrag war ja an der Stelle noch schlimmer, bis er entschärft worden ist – und gegen die Interessen vor Ort aufzwingen sollte, zumal Sie es an anderen Standorten nicht tun würden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Als nächster Redner spricht für die CDU-Fraktion der Kollege Lienenkämper. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Wir reden ja über zwei verbundene Anträge, einmal über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Weitere Kohlekraftwerke in NRW sind mit den Klimaschutzzielen … nicht vereinbar!“ und dann über den gemeinsamen Antrag der drei Fraktionen CDU, FDP und SPD.

Lassen Sie mich zuerst ein paar Worte zum Antrag der Grünen sagen: Aus unserer Sicht ist das wieder einmal ein guter Beleg dafür, wie realitätsferne Energiepolitik funktionieren soll.

Es wird behauptet, dass mit den von der Bundesregierung vorgegebenen Klimaschutzzielen der Bau neuer Kohlekraftwerke nicht vereinbar sei. Die Wahrheit, meine Damen und Herren, sieht anders aus. Bis zum Jahre 2020 besteht in Deutschland ein erheblicher Ersatzbedarf an Investitionen in Kohlekraftwerke.

Dabei handelt es sich ausdrücklich nicht um zusätzlichen Bedarf, sondern allein um Ersatzinvestitionen für veraltete Anlagen. Das sind gerade die Anlagen, die die schlechteste CO2-Bilanz haben und über die immer als Dreckschleudern und als Klimakiller zu lesen ist.

Im Übrigen verstehe ich die gesamte Energiepolitik der Grünen nicht. 21 % des Stroms in Deutschland werden von Steinkohlekraftwerken erzeugt, rund 26 % von Braunkohlekraftwerken und 30 % durch Atomkraftwerke. Wir alle wissen, dass der Atomausstieg beschlossen ist. Wenn wir als Arbeitshypothese zunächst unterstellen, dass der Ausstieg auch weiter geht, stellt sich mir die Frage: Wie in Gottes Namen sollen denn die 21.000 Megawatt Leistung bis 2021 ersetzt werden, wenn nicht auch durch neue und moderne Kohlekraftwerke? Deswegen stelle ich mit Bedauern fest, dass die Grünen mit ihrem Antrag auf einer energiepolitischen Geisterfahrt sind.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Ich würde gerne noch intensiver auf die Energiepolitik eingehen, verzichte aus Zeitgründen aber darauf. Wenn ich hier im Plenum in die Runde schaue, wird sich sicherlich noch eine Gelegenheit finden, die Energiepolitik noch einmal in ei

nem größeren Zusammenhang und mit einem insgesamt größeren Interesse zu bearbeiten.

Deswegen komme ich nun zum gemeinsamen Antrag von CDU, FDP und SPD, der das Kraftwerk in Krefeld-Uerdingen betrifft. Herr Kollege Römer, ganz so ist es nicht gewesen: Wir haben uns Ihrem Antrag nicht angeschlossen oder sind ihm beigetreten, sondern wir haben einen gemeinsamen Antrag formuliert, der ein bisschen anders aussieht als Ihr ursprünglicher. Das ist aber nur eine Nebenbemerkung.

(Norbert Römer [SPD]: Wir haben das ge- meinsam gemacht!)

Wir sind froh, dass wir es so gemacht haben, denn das gemeinsame Zeichen ist richtig. Wir unterstützen die Errichtung eines hochmodernen Kraftwerks im Chemiepark Krefeld-Uerdingen. Hier kann ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz erbracht werden, indem es zu einer deutlichen Reduktion von CO2-Emissionen je produzierter Einheit Strom kommt, wenn und soweit die Bayer AG bereit ist, die alten Kessel im Park vom Netz zu nehmen.

Durch die deutliche Steigerung des Wirkungsgrades und die Möglichkeit einer kontinuierlichen Auskopplung von Dampf können bis zu 30 % der Primärenergie eingespart werden.

Neben den Klimagesichtspunkten wird so gleichzeitig auch der Industriestandort Krefeld gefestigt. Durch die Größe des Investitionsprojekts werden Arbeitsplätze gesichert.

Auch der Eintritt von neuen Marktteilnehmern und somit steigender Wettbewerb auf dem Strommarkt kann dadurch erreicht werden. Das ist eine Forderung, die wir bei den steigenden Energiepreisen oft diskutiert haben; darüber haben wir gerade heute Morgen noch gesprochen. Nur durch neue Wettbewerber und die ergänzenden Maßnahmen, über die wir heute Morgen debattiert haben, kann dieser Entwicklung entgegengewirkt werden.

Allerdings steht Krefeld in einer Sondersituation, auf die hingewiesen werden muss. Eine Verbesserung der Klimabilanz wird nur dann erzielt, wenn die alten Kessel tatsächlich vom Netz genommen und durch neue hochmoderne ersetzt werden. Deshalb appellieren wir dringend an die Bayer AG, einen verbindlichen Zeitplan für das Abschalten der Altanlagen zu nennen. Wenn die Bayer AG nun kartellrechtliche Bedenken geltend macht, interessiert mich das zunächst herzlich wenig, meine Damen und Herren. Bayer ist ein Weltkonzern. Ich habe lange genug als Rechtsanwalt gearbeitet, um zu wissen, wie man zum

Hauptbedenkenträger werden kann. Bayer soll das Problem im eigenen Haus lösen. Die Menschen in Krefeld haben einen Anspruch darauf, verbindlich zu wissen, wann die alten Kessel vom Netz genommen werden, bevor ein neues Kraftwerk kommt.

Als Landtag akzeptieren wir natürlich die Landesverfassung und damit auch die Planungshoheit der Stadt Krefeld; das ist völlig klar. Aus diesem Grunde haben wir das auch bewusst in den Antrag hineingeschrieben. Natürlich ist es keine vergnügungssteuerpflichtige Angelegenheit, die Menschen vor Ort von der Notwendigkeit eines neuen Kraftwerks zu überzeugen. Deswegen gibt es die Planungshoheit. Diese Verfahren müssen mit der Stadt Krefeld durchgeführt werden; in Krefeld wird das Verfahren entschieden.

Wir wollen nur das Signal senden, dass wir uns wünschen, dass es der Politik in Krefeld gelingt, durch einen breiten Schulterschluss am Ende des Tages gemeinsam die richtige Entscheidung zu treffen. Sie muss in Krefeld getroffen werden; dazu gehört auch Bayer – mit den Erklärungen, die wir gefordert haben. Das sagen wir in aller Deutlichkeit.

Im Ergebnis können wir uns nicht der Erneuerung des nordrhein-westfälischen Kraftwerksparks verschließen. Wir brauchen diese Investitionen sowie die Anwendung moderner Kraftwerkstechnologie, um unseren Wirtschaftsstandort langfristig zu sichern. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lienenkämper. – Für die Fraktion der FDP hat nun Kollege Brockes das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als niederrheinischer Abgeordneter bin ich froh, dass die Fraktionen von CDU, SPD und FDP heute einen gemeinsamen Antrag eingebracht haben, mit dem wir fraktionsübergreifend noch einmal für das Kraftwerkserneuerungsprogramm in Nordrhein-Westfalen werben und den Chemiestandort Niederrhein stärken wollen.

Das geschieht in der festen Überzeugung – dabei sind CDU und SPD mit uns einig –, dass wir dringend neue Erzeugungskapazitäten benötigen, um dem Wettbewerb auf dem Strommarkt die entscheidenden Impulse zu geben.

Wir sind aber auch auf diese neuen Kraftwerke angewiesen, um den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen im internationalen Wettbewerb zu stärken. Insbesondere die energieintensiven Bereiche wie die Chemie brauchen eine sichere Versorgung mit preiswerter Energie.

Meine Damen und Herren, eine Energiepolitik, die sich nicht auf das Setzen ordnungspolitischer Rahmenbedingungen für den Wettbewerb beschränkt, sondern die, wie unter Rot-Grün geschehen, durch Technikverbote und Subventionen massiv in den Markt eingreift, kann hier keinen Beitrag leisten. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Dadurch werden Barrieren für den Markteintritt aufgebaut. Die Unternehmen werden geradezu eingeladen, ihr Kapital lieber an den Finanzmärkten anzulegen, statt in neue Kraftwerke zu investieren. Das alles muss zwangsläufig zu starken Preisanstiegen auf dem Strommarkt führen; diese Diskussion hatten wir eben schon.

Gerade deshalb ist die Unterstützung von CDU, SPD und FDP für das hochmoderne Kraftwerk in Krefeld nicht nur für den Chemiestandort Uerdingen so außerordentlich wichtig. Sie ist zugleich als Signal für eine breite politische Unterstützung für den Bau weiterer Kohlekraftwerke in Nordrhein-Westfalen zu verstehen.

Meine Damen und Herren, dieses Verhalten hat durchaus Vorbildcharakter für andere Bundesländer. Ich nenne hier nur ein Beispiel. Die unwürdige Diskussion um das von den Bremer Stadtwerken geplante und von den dortigen Sozialdemokraten unterstützte neue Steinkohlekraftwerk verdeutlicht dies eindrucksvoll. Die Tinte unter dem Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen war nach der Bremer Bürgerschaftswahl noch nicht trocken, da mussten sich die Stadtwerke auf Druck der Grünen von diesem Projekt verabschieden.

Da wir in Nordrhein-Westfalen keine Bremer Verhältnisse haben wollen, möchte ich von dieser Stelle aus noch einmal an die Krefelder CDURatsfraktion appellieren, ihre Position gegen den Neubau des hochmodernen Kohlekraftwerks zu überdenken.

Die Bedenken vor Ort sind unbegründet, nicht zuletzt deshalb, da der Neubau die Abschaltung von zwei alten Kohleblöcken ermöglicht und somit ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden kann.

Ich möchte den Kolleginnen und Kollegen von der SPD, die vor Ort zum Sinneswandel ihrer Ratsfraktion beigetragen haben, meinen Dank aussprechen. Sie wissen: Die FDP war die einzige

Partei, die sich vor Ort und hier im Landtag immer für den Bau ausgesprochen hat. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die SPD dem gefolgt ist, und würden uns sehr freuen, wenn auch die Union in Krefeld diesem Beispiel folgen würde.

(Svenja Schulze [SPD]: Man kann auch ü- bertreiben!)

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass dieses Bündnis auch bei anderen Punkten trägt, und möchte in diesem Zusammenhang die COPipeline ansprechen. Herr Römer, ich hoffe, ich habe Ihre Ausführungen richtig verstanden; zum Thema CO-Pipeline wird mein Kollege Ellerbrock gleich noch einiges sagen. Ich wünsche mir, dass dieser gemeinsame Antrag zur Stärkung der Chemiestandorte Krefeld und Niederrhein für andere Bereiche Beispielfunktion hat.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung Frau Ministerin Thoben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute zwei Anträge. Zum einen geht es um ein konkretes Projekt und zum anderen um den Antrag „Weitere Kohlekraftwerke in NRW sind mit den Klimaschutzzielen der Bundesregierung nicht vereinbar!“ der Grünen.

Ich hoffe zunächst einmal, dass folgende Punkte unstrittig sind:

Erstens. Das Alter des bestehenden Kraftwerksparks erfordert den Ersatz durch neue hocheffiziente Kohlekraftwerke.

Zweitens. Im Bau neuer hocheffizienter Kohlekraftwerke steckt ein großes Potenzial zur Reduzierung von CO2 mit positiven Wirkungen auf Wirtschaft, Arbeitsmarkt und knapper werdende Ressourcen.

Drittens. Nordrhein-Westfalen gilt weltweit als modernster Standort für hocheffiziente Kraftwerkstechnik. Diese Position gilt es nicht nur zu halten, sondern weiter auszubauen.

Viertens. Aus energie- und klimapolitischer Sicht ist es von herausragender Bedeutung, dass diese Investitionen auf Basis der jeweils modernsten und effizientesten Techniken erfolgen. Nur wer dieser Techniken anbieten kann, wird auf Dauer nicht nur das energie- und klimapolitisch Notwen

dige unterstützen, sondern auch die industrie- und arbeitsmarktpolitischen Chancen nutzen können, die die Nachfrage nach Kraftwerken weltweit bietet. Kurz: Klimaschutztechnik wird im Kraftwerksbereich zum Jobmotor.