Es gibt seriöse Quellen, die sagen, dass die Gesamtmenge der Ölförderung in den nächsten fünf bis zehn Jahren den Höhepunkt erreichen wird. Es wird dann zwei Szenarien geben, die gleichzeitig ablaufen werden: Die Fördermöglichkeit wird abnehmen, gleichzeitig wird es einen deutlich ansteigenden Bedarf geben, weil Länder wie Indien und China auf den Weltmarkt drängen - wir erleben das ja jetzt schon in anderen Rohstoffbereichen - und mehr Öl haben wollen. Bei einem sich verknappenden Angebot und einer stärkeren Nachfrage bedeutet das, dass die Kosten dann noch weiter ansteigen werden.
Das spielt sehr wohl auch für ein Industrie- und Energieland wie Nordrhein-Westfalen eine Rolle, weil wir uns natürlich darauf einstellen müssen. Wir brauchen uns nicht um fünf oder zehn Jahre zu streiten. Wir müssen uns darauf einstellen, wie sich das entwickelt und welche Auswirkungen das für NRW haben kann. Gleichzeitig müssen wir dabei davon ausgehen, dass Mitte des Jahrhunderts neun Milliarden Menschen auf der Welt Energie haben wollen und nachfragen werden und dass natürlich vor allen Dingen bei den beiden Primärenergieträgern Öl und Gas die Nachfrage so stark ansteigen wird, dass Verknappungs- oder Auslauf-Szenarien zu befürchten sind.
Zur gleichen Zeit führen wir die Klimaschutzdebatte. Ich erinnere an die letzten Ereignisse bei uns, im Alpenraum, in Südfrankreich und in New Orleans, wo sich ja jetzt schon die nächste Katastrophe andeutet, auch an die Starkregenereignisse, die bei uns immer häufiger auftreten. Die gesamte Frage des Klimaschutzes spielt jedenfalls bei den meisten Menschen, die sich damit befassen, eine wichtige Rolle.
- Walsum ist eine andere Baustelle. Ich würde gerne darüber diskutieren, ob es dabei tatsächlich um energiepolitische Gesichtspunkte geht oder darum, dass wir einen bestimmten Bereich sozialverträglich beenden und damit auch Hochwasserrisiken und anderes beseitigen. Aber, keine Sor
Aus beidem - aus der Diskussion über die Reichweite und den Klimaschutz - folgt, dass wir effizienter mit Energie umgehen müssen, dass wir sie sparsamer einsetzen und dort, wo es möglich und vom Preis her vernünftig ist, Substitutionsmechanismen entwickeln müssen. Ich bin mir sicher, dass wir uns irgendwann an den Kopf fassen werden, wenn wir registrieren, dass wir Öl in Gebäuden verheizt haben, obwohl dort die Substitutionsmöglichkeiten am einfachsten sind.
Gestern wurde die Internationale Automobilausstellung in Frankfurt eröffnet. Dort wird vor dem Hintergrund der hohen Ölpreise intensiv darüber diskutiert, wie Kraftfahrzeuge entwickelt werden können, die weniger Energie brauchen. Das Thema spielt für Nordrhein-Westfalen eine außerordentlich wichtige Rolle, weil der gesamte Bereich der Petrochemie und der daran hängende Maschinenbau auf den Rohstoff Erdöl angewiesen sind. Wenn Verknappungs- und Preissteigerungsszenarien in der angedeuteten Art auftreten, spielt das also eine Rolle. Deshalb muss auch da unsere Konsequenz sein, dass wir in den Bereichen nachwachsende Rohstoffe, Energiesparen und Energieeffizienz ambitioniert vorgehen und die Chancen für Nordrhein-Westfalen nutzen, die wir als Technikland im Export brauchen.
Herr Ministerpräsident, wenn ich mir Ihren Koalitionsvertrag und Ihre Regierungserklärung ansehe, lese ich zu all dem überhaupt nichts. Dann kann ich sehr wohl verstehen, dass die SPD-Fraktion eine Aktuelle Stunde beantragt, weil zu einer Debatte, die in den letzten Wochen und Monaten so intensiv läuft, im Programm der Regierungsfraktionen überhaupt nichts enthalten ist - obwohl gerade die CDU vor langer Zeit in der Klimaschutzpolitik Meriten hatte; aber in den letzten Jahren ist von ihr in NRW nichts gekommen.
Wir haben ein drittes Thema, die Wettbewerbsdebatte, die wir, wenn wir uns heute Morgen die Zeitungen anschauen, in vielen Facetten erleben. Bei der Wettbewerbsdebatte würde ich gerne - das hat mit unserem Antrag zu tun - mit einem Zitat des Vorstandsvorsitzenden der Norddeutschen Affinerie, Dr. Werner Marnette, anfangen, der in einem Interview in der „Süddeutschen Zeitung“
Deutschland ist jetzt quasi aufgeteilt in vier Besatzungszonen: Die Konzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW beherrschen 90 % des Marktes, und zwar bis tief hinein in die kommunalen Strukturen. Zwischen den Besatzungszonen findet kein Wettbewerb statt. Früher haben sich die Monopolisten noch um große Kunden bemüht. Heute müssen wir als Großkunden die Erzeuger bitten, uns ein Angebot zu machen.
Ich glaube, das, was Werner Marnette kritisiert hat - er musste daraus die Konsequenzen ziehen und als Vorsitzender des Energieausschusses des BDI zurücktreten, weil der Druck der Großkonzerne zu stark war; das hat er selber gesagt, das ist nicht meine Erfindung -, ist sehr wohl wert, hier im Hause Thema zu sein.
Im Energiebereich des Koalitionsvertrags steht hierzu kein Wort. Ich habe dann weitergesucht, weil es Analogien gibt. Das, was wir im Strombereich kritisieren, die Konzentration der Herstellung von Strom und der Besitz der Netze bei den Großkonzernen, haben wir auch im Nahverkehrsbereich. Da findet sich im Koalitionsvertrag zum Verkehrsbereich immerhin der Satz:
Das ist richtig, das ist ein guter Weg. Wenn Sie ihn denn umsetzen würden, wäre das etwas Vernünftiges. Wieso findet sich Derartiges nicht im Bereich Energiepolitik? Wir haben viele Debatten um die Erneuerbaren - das ist ja eines Ihrer Steckenpferde - gehabt. Darauf setzen Sie immer. Dass die Netzdurchleitungskosten in der Bundesrepublik um 3 Cent höher sind als im europäischen Mittel und dass die vorhandenen Netzstrukturen missbraucht werden, um damit auf der einen Seite die Preise zu treiben und auf der anderen Seite Rekorderlöse zu erzielen, ist ein Thema, das Sie auch beschäftigen müsste. Dazu findet man in Ihrem Koalitionsvertrag kein Wort, und in der Regierungserklärung ist es auch nicht enthalten.
Das heißt, die Kritik, dass sich diese Landesregierung offensichtlich nicht vernünftig mit diesen Themen beschäftigt, keine Schritte nach vorne macht und keine Lösungsmöglichkeiten anbietet, ist der Grund für die Aktuelle Stunde. Das ist aus meiner Sicht völlig richtig und nachvollziehbar. Sie haben es in der Oppositionszeit nicht gemacht; jetzt erwarten wir es von Ihnen. Ich kann dem Kol
legen Horstmann nur zustimmen: Wir werden Sie sicherlich nicht aus der Debatte entlassen, sondern werden die Debatte weiterführen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Horstmann, so temperamentvoll wie heute habe ich Sie noch nie erlebt. Ich glaube, Sie wollen davon ablenken, dass Sie in Ihrer Amtszeit als Energieminister Nordrhein-Westfalens restlos gescheitert sind.
Die Wählerinnen und Wähler haben uns am 22. Mai ein klares Mandat für eine neue Energiepolitik in Nordrhein-Westfalen erteilt. Wir haben vor der Wahl gesagt, was wir in der Energiepolitik machen werden, und wir werden uns daran halten. Das werden Sie erleben.
Die Anträge, die heute von SPD und Grünen gestellt wurden, passen nicht so recht zusammen. Sie haben nur einen gemeinsamen Nenner nach der alten Indianerweisheit: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Obwohl die abgewählte Streitkoalition oft genug demonstriert hat, dass den Roten Bergbausubventionen über alles gehen, während die Grünen lieber Windsubventionen nachjagen, hacken heute die alten Streithähne gemeinsam auf uns ein, weil wir mit beidem aufräumen wollen.
Dabei ist die Unterstellung, verehrter Herr Kollege Horstmann, die Landesregierung könnte die Interessen des Energielandes Nordrhein-Westfalen verspielen, ziemlich dreist. Seien Sie versichert: Das Gegenteil wird der Fall sein. Das zeigt schon ein einfacher Blick auf die Fakten. Sie haben behauptet, das Kraftwerkerneuerungsprogramm komme zum Stocken. Im Gegenteil, das Kraftwerkerneuerungsprogramm läuft auf Hochtouren. In Hamm-Uentrop wurde vor wenigen Tagen mit dem Bau eines GuD-Kraftwerks begonnen. In Hürth steht der Neubau, wie Sie wissen, unmittelbar bevor. RWE plant in Walsum.
Das 5-Milliarden-Investitionsprogramm ist also voll im Plan. Wir verunsichern die Energiewirtschaft ganz bestimmt nicht.
Sie dürfen versichert sein: Auch die erneuerbaren Energien werden unter Schwarz-Gelb nicht zu kurz kommen. Derzeit werden in NordrheinWestfalen - und das ist das Ergebnis Ihrer Politik - lediglich 3 % des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen. Bundesweit sind es, wenn ich richtig informiert bin, Herr Kollege Priggen, etwa 10 %.
Sie können davon ausgehen, dass die neue Landesregierung im Gegensatz zu ihren Amtsvorgängern diesen Rückstand deutlich verringern wird - allerdings mit stetem Blick auf technologische Realisierbarkeit und auf Wirtschaftlichkeit.
Energiepolitik für Nordrhein-Westfalen - ich bitte Sie, das einmal zur Kenntnis zu nehmen - ist für uns Standortpolitik und integraler Bestandteil der Wirtschaftspolitik; denn Energiepolitik hat Auswirkungen auf Beschäftigung, wirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit und damit auf den Wohlstand des Landes. Wenn Sie diese Parameter als Messgrößen sehen, dann können Sie sich auch einmal überlegen, ob Sie denn mit Ihrer Energiepolitik in der Vergangenheit erfolgreich waren oder ob Sie versagt haben.
Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit sowie Umwelt- und Sozialverträglichkeit sind für uns gleichrangige Ziele, deren Erfüllung wir Schritt für Schritt, ohne uns unter Druck setzen zu lassen, optimieren werden. Voraussetzungen dafür sind allerdings Zukunftsoffenheit, Innovationen sowie Anreize für Energieeinsparung und Energieeffizienz.
Zur Umsetzung - das sei auch klar gesagt - setzen wir auf einen marktwirtschaftlichen Rahmen und auf den darin angelegten Wettbewerb.
Aufgabe der Landespolitik ist es, den Energiestandort Nordrhein-Westfalen langfristig zu sichern, die Umwelt zu schonen, einen breiten Energieträgermix zu erhalten und über technische Innovationen zusätzliche Arbeitsplätze zu ermöglichen.
Meine Damen und Herren, diese Ziele lassen sich nur erreichen, wenn die Energieforschung in allen Bereichen vorangetrieben wird. Erfolge in diesem Sektor sichern auch die Exportmöglichkeiten des nordrhein-westfälischen Anlagebaus, den wir beileibe nicht unterschätzen. Energieforschung
ohne Scheuklappen ist für uns das strategische Element einer zukunftsorientierten, nachhaltigen Energieversorgung.
Wie wichtig das ist, zeigt ein Blick auf den zunehmenden Energiebedarf der Weltbevölkerung, der uns vor ganz neue Herausforderungen stellt. In Deutschland verfügen wir über einen installierten Kraftwerkspark von etwa 120.000 Megawatt. Allein der chinesische Zubaubedarf in den nächsten Jahren liegt bei 1 Million Megawatt - von Indien, Indonesien oder Brasilien einmal ganz zu schweigen. Allein die angenommene Versechsfachung des Pro-Kopf-Verbrauchs an Strom in Indien wird dort zu zusätzlichen CO2-Emissionen von 3,5 Milliarden t pro Jahr führen. Das ist der siebenfache Ausstoß der Industrie und der Energiewirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland.
Verehrter Kollege Priggen, damit werden die Bemühungen Europas, den CO2-Ausstoß binnen 20 Jahren um 250 Millionen t zu reduzieren, doch ziemlich relativiert. In Deutschland selbst fallen gerade einmal 4 % aller CO2-Emissionen an. Und bei den Minderungszielen für die nächsten Jahre geht es um die Verminderung von CO2 in Höhe von lediglich 0,07 % im Weltmaßstab.
Ich will mit diesen Hinweisen nur aufzeigen, dass rot-grüne Energie- und Umweltpolitik im nationalen oder gar regionalen Rahmen keine Zukunft hat. Eine Energie- und Umweltpolitik, die die nationalen Standortvor- und -nachteile bei der Erzeugung und Energieversorgung außer Acht lässt, die mit hohem finanziellem Aufwand Steinkohle und die unsichere Windenergie fördert und gleichzeitig aus der von allen wichtigen Industriestaaten genutzten Kernenergie aussteigt, wird keines der angestrebten Ziele erreichen - weder eine sichere, bezahlbare Energieversorgung noch den Schutz der Umwelt.
Angesichts des weltweiten Energiehungers werden wir uns damit abfinden müssen, dass die Preise für Primärenergieträger im Geleitzug nach oben gehen. Persönlich halte ich es deshalb für populistisch, wenn Politiker wie Sie, Herr Horstmann, hier vor der Bundestagswahl
den Eindruck erwecken, sie könnten diese Entwicklung stoppen. Nicht die Politik ist am Zuge, sondern das Bundeskartellamt mit seinen gesetzlichen Möglichkeiten. Und das Bundeskartellamt hat, wie Sie wissen, die richtigen Schritte eingeleitet.
als eine Marktverschließung, weil neue Wettbewerber so kaum Chancen haben, Kunden zu finden. Genauso wichtig wie die Verkürzung der Lieferbedingungen ist allerdings die Sicherung eines fairen Netzzugangs für neue Anbieter durch die Bundesnetzagentur.
Entscheidend im Kampf um mehr Wettbewerb wird es sein, dass Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur am gleichen Strang, in die gleiche Richtung ziehen. Die Einflussmöglichkeiten der Landesregierung darauf sind, wie Sie wissen, relativ begrenzt. Regional kann man das eine oder andere kontrollieren und in Ordnung bringen; insgesamt sind diese Möglichkeiten aber begrenzt. Wir sollten auch nicht so tun, als könnten wir etwas anderes erreichen, was uns als Politikern gar nicht zukommt.