Protocol of the Session on August 23, 2007

sind folgende Fragen zu beantworten: Wie stellen wir sicher, dass diese Menschen weiterhin als arbeitssuchend bei den Agenturen registriert sind und damit auch, wenn auch auf einem geminderten Niveau, ihre Rentenansprüche sicher sind? Wie erhalten oder verschaffen wir dieser Personengruppe den Zugang zu den Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, zu Beratung und Unterstützung?

Den vielen Datenreporten, die es mittlerweile zu diesem Thema gibt, haben Sie, Herr Minister, noch einen weiteren hinzugefügt, der nun quartalsmäßig erscheint. Ich will jetzt nicht über die Qualität dieser Datenreporte streiten, aber es ließe sich schon manchmal ein Wort darüber verlieren.

Keine Daten liegen aber über die Menschen vor, die aus dem Arbeitslosengeld-I-Bezug ausscheiden und bei den Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II nicht auftauchen. Da sehen wir dringenden Handlungsbedarf. Wir wollen uns dieser Menschen annehmen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Da Sie nun die Erledigung der Aufgaben nach dem SGB II für die Kommunen als Pflichtaufgabe nach Weisung ausgestaltet haben, wird es Ihnen nun auch möglich sein, dem Parlament und all denen im Land, die ein Interesse daran haben, vorzulegen, wie dann die psychosoziale Betreuung, die Maßnahmen der Schuldnerberatung und der Kinderbetreuung für diesen Personenkreis im Land ausgestaltet sind.

Dieser Bereich gehört zum Fördern. Das Prinzip „Fördern und Fordern“ unterstützen wir und tragen wir nachhaltig weiter. Wir werden aber darauf achten, dass es sich im Gleichklang für die Menschen im Land bewegt und nicht nur in einigen Großstädten Anwendung findet, sondern überall im Land. Der Anspruch der Menschen reicht von Minden-Lübbecke bis Aachen, von Borken bis in den Hochsauerlandkreis. Wir wissen, dass es in diesem Feld für die Menschen ein großes Gefälle gibt.

Wir freuen uns auf eine spannende und erkenntnisreiche Debatte im Ausschuss und setzen auch auf den Erkenntnisgewinn der Regierungsfraktionen, damit sie hier im Interesse der Arbeitslosenzentren zu einer Umkehr kommen. – Danke schön.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Garbrecht. – Als nächster Redner

hat für die Fraktion der CDU der Kollege Lehne das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD! Herr Garbrecht, Sie irren. Sie sprechen in Ihrem Papier davon, dass die Landesregierung Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit entziehen würde. – Dies ist falsch. Moralin zu spritzen, hilft nicht. Die Tatsachen sind andere.

Wahrscheinlich wäre es bei der Formulierung des Antrags von Vorteil gewesen, wenn § 16 Abs. 2 SGB II vollständig gelesen worden wäre. Vielleicht ist es auch von der SPD beabsichtigt, wesentliche Bevölkerungsgruppen nicht einmal mehr zu erwähnen. Ich verweise auf die Ziffer 3 Ihres Antrags. § 16 Abs. 2 SGB II spricht nämlich nicht nur von den Suchtberatungen, der Schuldnerberatung und der psychosozialen Beratung, sondern zusätzlich noch von der Betreuung minderjähriger oder behinderter Kinder und von der häuslichen Pflege für Angehörige. Ihr Antrag zeigt deshalb einmal mehr die unglaubliche Oberflächlichkeit, mit der Sie Politik gestaltet haben und gestalten wollen. Behinderten- und Kinderbetreuung findet bei Ihnen offensichtlich nicht mehr statt.

In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen einmal ein paar Zahlen in Erinnerung rufen. Im Mai 2005 gab es in Nordrhein-Westfalen noch über 1 Million Arbeitslose. Das waren über 12 %. Zwei Jahre später, im Juli 2007, lagen wir in NordrheinWestfalen bei unter 860.000 Menschen ohne Arbeit. Das sind 9,6 %. Die Arbeitslosigkeit sinkt konstant. Wie war das bis zum Mai 2005, als RotGrün regierte? – Die Arbeitslosigkeit stieg stetig.

Schauen wir uns in diesem Zusammenhang zwei weitere Zahlen genauer an. Im April 2005 waren 112.000 Menschen unter 25 Jahre arbeitslos. Im Juni 2007 waren es nur noch 82.687. Die Zahlen sind deutlich und fallend.

Dies zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Diesen haben Sie nie gefunden.

(Karl Schultheis [SPD]: Glauben Sie das wirklich selbst, was Sie da erzählen?)

Ähnlich sieht es bei den arbeitslosen über Fünfzigjährigen aus. Im Juni 2006 waren es noch 259.381, im Juni 2007 nur noch 216.363.

In diesem Land ist seit dem Regierungswechsel ein Klima der Hoffnung gewachsen. Die Menschen haben wieder Perspektive. Die Wirtschaft ist optimistisch. Das belegen zwei weitere Zahlen. Im Mai dieses Jahres gab es 5.678.000 beitrags

pflichtige Beschäftigte. Das sind 115.600 Beschäftigte mehr als noch im Mai 2006.

Dabei bleibt die Arbeitskräftenachfrage – das ist besonders wichtig – auf einem hohen Niveau stabil. Im Juli 2007 wurden 49.360 offene Stellen gemeldet. Das sind 4,6 % mehr als im Vormonat.

Es ist auch der Regierungskoalition zu verdanken, dass die Arbeitslosigkeit sinkt und neue Beschäftigung ermöglicht wird. Den Menschen wieder eine Perspektive zu geben, das ist gut.

Grundsätzlich muss man sich bei Ihrem Antrag fragen, sehr verehrte Damen und Herren von der SPD, ob wir denn jetzt demnächst jeden einzelnen Punkt des Haushalts hier im Hohen Hause debattieren wollen und sollen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Bei der Art Ihrer Haushaltsführung, ja!)

Die Haushaltsdebatte war gestern – wenn ich einmal daran erinnern darf. Das wäre der richtige Zeitpunkt für dieses zugegebenermaßen wichtige Thema gewesen. Sie haben es wieder verschlafen.

Sie vergessen: Wenn jetzt die ESF-Mittel, die bei der Finanzierung der Beratungszentren eine maßgebliche Rolle spielen, seitens der EU dramatisch gesenkt werden, wofür die Landesregierung nun einmal nicht verantwortlich ist, dann befiehlt es einem schon der gesunde Menschenverstand, zu prüfen, ob neue Strukturen nicht effektiver oder kostengünstiger arbeiten.

Dass Arbeitslose – egal, ob jung oder alt, ob erst seit zwei Wochen oder schon seit zwei Jahren arbeitslos, mit oder ohne Migrationshintergrund usw. –, dass alle diese Menschen gut beraten werden sollen, darüber sind wir uns einig. Das wollen wir alle. Das wird auch so bleiben.

Im Gegensatz zur Opposition sind wir aber nicht so strukturkonservativ oder, besser gesagt, beratungsresistent. Wir sehen, dass Veränderungen nötig sind.

(Zuruf von der SPD)

Geht es nach der Opposition, bleibt alles so, wie es ist. Dies hat zur Folge, dass sich nichts ändert. Sie wollen weiterhin mit der Gießkanne verteilen – immer ein bisschen mehr, auch wenn es nichts mehr zu verteilen gibt.

(Zuruf von Barbara Steffens [GRÜNE])

Das Land will sich aber aus völlig nachvollziehbaren Gründen aus der Gießkannenförderung zurückziehen und den ALO-Beratungsstellen die

Möglichkeit geben, sich bis zum September 2008 neu aufzustellen und die Beratungsangebote zu überdenken. Das ist aufgrund der alternativen Finanzierungsmöglichkeiten im SGB II und aus den bereits geschilderten Gründen mehr als verständlich.

An dieser Stelle sei auf die desaströse Verschuldung des Landes in Höhe von 113 Milliarden € im Mai 2005 hingewiesen, die ausschließlich RotGrün verursacht hat. Dem Bürger kann nicht oft genug vor Augen geführt werden, dass 13 Millionen € Zinszahlungen am Tag keinen großen Gestaltungsspielraum mehr zulassen und die Staatsverschuldung schon zum Wohle insbesondere unserer Kinder und der folgenden Generationen um jeden Preis zurückgeführt werden muss. Das weist aber auf den Kern des Problems: Wir müssen mit dem engen Spielraum, den uns die rotgrüne Vorgängerregierung hinterlassen hat, eben sehr sorgsam umgehen. Die Gießkanne werden wir deshalb schön im Giftschrank lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren, bei der Beratung von Arbeitslosen wollen wir keine bruchartigen Einschnitte oder Veränderungen. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass Herr Minister Laumann angekündigt hat, eine Übergangszeit bis zum 30. September 2008 zu finanzieren, die den betroffenen Einrichtungen eine Neuorientierung ermöglicht.

Fakt ist aber auch, dass wir den Erhalt von Parallelstrukturen nicht weiter fördern und finanzieren wollen. Wir wollen klare und effiziente Strukturen. Auch die Menschen wollen einen Ansprechpartner und eine Beratung aus einer Hand, einen Behördengang und eine Telefonnummer.

Überschneidungen mit Kompetenzen und Angeboten der Kommunen und des Bundes kosten Zeit und Geld. Lassen wir doch die Kommunen vor Ort, die nahe am lokalen Markt und am Betroffenen sind, die Angebote passgenau einrichten. Warum sollen wir uns da einmischen? Jetzt haben die Beteiligten etwa bei der Arge und der Arbeitslosenberatungsstelle die Möglichkeit, neue gemeinsame Wege unter den Möglichkeiten des SGB II zu finden.

Wenn der Bund und die Kommunen die Arbeitslosenberatung im Rahmen des SGB II auch für Personenkreise leisten können, die besondere Schwierigkeiten haben, sich in Arbeitsprozesse zu integrieren, ist nicht einzusehen, weshalb das Land noch zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen soll. Die Strukturen haben sich so verändert, dass die Hilfe des Landes in der vorhandenen Form überholt und auf andere Weise wirkungsvoller ist.

Diese Gelder möchten wir lieber in Projekten konzentrieren, die besonders junge Menschen fördern. Ich bin mir sicher, dass die Landesregierung insofern auf einem guten Weg ist.

Uns ist klar, dass es nach Neustrukturierungen von Verwaltungseinheiten nicht zu Lücken in der Betreuung von Arbeitslosen kommen darf. Niemand darf vor verschlossenen Türen stehen. Es wird sichergestellt, dass jeder Arbeitssuchende einen kompetenten Ansprechpartner findet, der ihm in seiner individuellen Lage weiterhelfen kann.

Meine Damen und Herren von der SPD, wenn Sie daran mitarbeiten wollen, schlage ich vor, dass wir diesen Antrag gemeinsam im Ausschuss beraten. Aber tun Sie mir bitte den Gefallen und geben Sie den Menschen in diesem Land und auch sich selbst neue Perspektiven. Schüren Sie keine überflüssige Angst. Die Landesregierung wird auch die Arbeitslosen nicht im Stich lassen.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Die Länder Brandenburg und Schleswig-Holstein haben es vorgemacht, die im Übrigen von der SPD oder auch von der SPD regiert werden. In diesem Sinne freue ich mich auf die gedeihliche Zusammenarbeit im Ausschuss zum Wohle der Arbeitslosen in unserem Land. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lehne. – Als nächster Redner hat nun der Kollege Dr. Romberg für die Fraktion der FDP das Wort.

(Zuruf von der SPD: Oh nein!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Arbeitslosenzentren und -beratungsstellen in NRW haben gute Arbeit geleistet; das steht außer Frage. Leider suggeriert der Antrag der SPD, dass die Landesregierung dies nicht anerkennt und die Fördermittel aus reiner Willkür streicht. Die tatsächlichen Gründe für den Entschluss, auf die weitere Finanzierung zu verzichten, sucht man in dem Antrag vergebens. Doch diese Gründe sollten spätestens seit dem Erlass vom 18. Juni 2007 auch der SPD bekannt sein.

Mit dem Auslaufen der Förderung reagiert die Landesregierung zum einen auf die erhebliche Mittelkürzung bei der Strukturfondsförderung der Europäischen Union. Es handelt sich um eine Reduzierung der jährlichen ESF-Mittel von 157 Milli

onen € auf 97 Millionen €. Aus diesem Grund ist eine finanzielle Förderung in der nächsten Förderphase von 2007 bis 2013 leider nicht mehr realisierbar.

Die schwarz-gelbe Koalition hat auch mit Blick auf das dringend notwendige Ziel der Haushaltskonsolidierung von Beginn an klargestellt, dass Politik nicht alle Interessen bedienen kann, weil das Land entweder Finanzmittel ausgeben müsste, die es nicht hat, oder aber die wenigen Mittel auf so viele Töpfe verteilen müsste, dass sich keine nachhaltigen Effekte erzielen ließen.

Aus diesem Grund müssen wir uns bei der Arbeitsmarktpolitik auf die zentralen Probleme konzentrieren. Entsprechend setzt sich die Landesregierung für die Schwerpunkte Jugend und Berufsausbildung, Förderung der Beschäftigungsfähigkeit und Integration besonderer Zielgruppen ein. Das wichtigste Ziel besteht darin, Arbeitslosigkeit erst gar nicht entstehen zu lassen. Die SPD, die neuerdings für den vorsorgenden Sozialstaat eintritt, müsste das eigentlich begrüßen.

(Zuruf von Günter Garbrecht [SPD])