Protocol of the Session on August 22, 2007

Meine Damen und Herren, wir fordern die Landesregierung und den Landtag daher auf, sich gemeinsam mit der Bundesregierung für eine Erhöhung des BAföG nach Maßgabe des BAföGBeirates einzusetzen; die Studiengebühren in NRW wieder abzuschaffen; die ungenutzten Mittel des Ausfallfonds bei der NRW.BANK für sowohl an Bedürftigkeit als auch an Leistung orientierte Stipendienprogramme einzusetzen; die Kürzungen der Haushaltsmittel für die Studentenwerke der beiden letzten Jahre zurückzunehmen, damit die Studentenwerke ihre Aufgabe in Beziehung auf den Sozialraum Hochschule voll wahrnehmen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schultheis. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Hollstein das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bildung, Bildung, Bildung und nochmals Bildung – der Titel des Antrages der SPD-Fraktion ist richtig gut. Er beschreibt die Bildungspolitik der Koalition der Erneuerung der letzten beiden Jahre. CDU und FDP haben in Nordrhein-Westfalen in Bildung investiert. Die Haushaltsansätze in diesem Bereich sind seit 2005 regelmäßig um dreistellige Millionenbeträge erhöht worden. Das ist konkrete Politik der Zukunft in unserem Land.

(Beifall von der CDU)

Der SPD-Antrag, der uns heute vorliegt, ist im Grunde nur ein Neuaufguss des Antrags „Chancengleichheit verbessern – BAföG 2007 erhöhen“ vom 16. Januar 2007, der am 23. Mai 2007 im Plenum beraten worden ist. Auf die Historie und die Details, die ich damals schon hier darstellen durfte, brauchen wir meines Erachtens gar nicht mehr im Detail einzugehen. Lassen Sie mich lieber in ein paar kurzen Anmerkungen auf die Forderungen eingehen, die Sie hier gestellt haben.

Sie haben zum Schluss Ihrer Rede dargestellt, dass der Landtag die Landesregierung auffordern soll, sich gemeinsam mit der Bundesregierung für eine Erhöhung des BAföGs gemäß den Empfehlungen des BAföG-Beirates einzusetzen.

Ich frage mich als Erstes: Bei wem soll er sich denn, bitte schön, dafür einsetzen? Die Erhöhung des BAföGs ist partei- und fraktionsübergreifend völlig unstrittig und wird 2008 kommen. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Das ist beim letzten Mal schon so dargestellt worden. Das BAföG wird zu 65 % vom Bund und zu 35 % von den Ländern finanziert. Ich bin absolut sicher, dass NordrheinWestfalen den entsprechenden Gesetzesvorgängen zustimmen wird und es überhaupt keinen Zweifel daran gibt, dass das BAföG erhöht wird.

Ihre Forderung, lieber Herr Schultheis, ist im Grunde schon allein aus dieser Überlegung heraus völlig obsolet.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Ich kann Ihnen natürlich nicht ersparen – Sie haben es ja vorausgesehen –, noch einmal auf die Ursachen hinzuweisen, wenn Sie hier in epischer Breite darstellen, wie schrecklich es sei, dass die armen Arbeiterkinder nicht an die Universität kämen und nicht von unserem Bildungssystem profitieren könnten. Woran liegt das denn? Wer hat

denn in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren in diesem Land Verantwortung getragen?

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Und wer ist denn schuld daran, dass sich zahlenmäßig nur winzigste Anteile von Arbeiterkindern an den Universitäten wiedergefunden haben?

(Beifall von der CDU – Karl Schultheis [SPD]: Das ist nicht nur ein NRW-Problem!)

Es ist nicht nur ein NRW-Problem. Es ist in dem größten Bundesland aber ein entscheidendes Problem. Dafür tragen Sie mit Ihrer Fraktion die Verantwortung.

Es geht übrigens auch anders. Sie sehen in mir das lebende Beispiel. Ich habe in den 80er-Jahren als ein solch armes Arbeiterkind studiert – erfolgreich, und das auch ohne BAföG.

(Karl Schultheis [SPD]: Herzlichen Glück- wunsch!)

Zweite Bemerkung: Studienbeiträge. Ich habe den Eindruck, dass dies das eigentliche Ziel Ihres Antrages ist. Wir müssen und können hier zum x-ten Mal wiederholen: Das NRW-Gesetz über Studienbeiträge ist nach unserer Auffassung gut und richtig.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Ein Studium ist eine Investition in die eigene Zukunft. Investition hat immer auch mit Geld zu tun – manchmal leider auch mit dem eigenen Geld.

(Karl Schultheis [SPD]: Solange man das hat, ist das okay!)

Deswegen ist es gut und richtig, in seine eigene Zukunft zu investieren.

Wir haben mit diesem Gesetz in NordrheinWestfalen eine quasi vorbildliche Sozialverträglichkeit geschaffen. Die Studienbeiträge bewegen sich mit maximal 500 € pro Semester in einer durchaus moderaten Höhe. Wir haben die Möglichkeit eines Darlehens, das sehr großzügig vergeben wird, mit der Möglichkeit einer nachgelagerten Zahlung eingeräumt. Das ist eine hervorragende Sache.

Außerdem haben wir die Kappungsgrenze der Studienbeiträge plus BAföG sehr großzügig bei – in Anführungszeichen – „nur“ 10.000 € festgelegt. Ich gebe zu, dass das für einen Studienanfänger durchaus eine große Summe ist. Erfahrungsgemäß relativieren sich solche Summen im Laufe der Jahre und des Lebens aber durchaus. Rückblickend betrachtet: Wenn ich in einem akademischen Beruf arbeite, sind 10.000 €, die ich in die

eigene Zukunft investiert habe, durchaus keine unüberwindliche Größe mehr.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Sehr richtig!)

Die Abschaffung der Studienbeiträge wäre daher für den Einzelnen nun wirklich kein Vorteil. Sie wäre aber ein immenser Nachteil für alle Studierenden und die Hochschulen. Wie Sie wissen, werden die Studienbeiträge in die Verbesserung der Studienbedingungen und der Lehre investiert. Das ist mittlerweile – schon nach kurzer Zeit – an den Hochschulen auch sehr deutlich erkennbar. Wenn man mit offenen Augen durch die Hochschulen geht, sieht man das. Ich habe auch immer noch keinen Hinweis auf eine eventuelle missbräuchliche Verwendung von Studienbeiträgen, auch wenn Sie hier immer wieder versuchen, etwas anderes zu betonen.

Drittes Stichwort: Stipendien. Bei der Vorbereitung dieses Tagesordnungspunktes habe ich heute im Internet nachgeguckt, wie viele Stipendien es überhaupt gibt. Die Zahl ist fast nicht zu erfassen. Auch heute schon gibt es Hunderte von Möglichkeiten, hier in Nordrhein-Westfalen oder in Deutschland insgesamt an ein Stipendium zu kommen.

Ich bin auf einen Artikel in der „Zeit“ vom 16. Oktober 2003 gestoßen:

„Wohin mit dem Geld? 1.300 Stiftungen bieten Stipendien an – doch jede fünfte findet keine Studenten.“

Ich gehe davon aus, dass es mittlerweile mehr als 1.300 Stiftungen und möglicherweise auch noch größere Sorgen gibt, die richtigen Studenten und Studentinnen zu finden. Ich glaube, das ist eher die Schwierigkeit: auf Studierendenseite das richtige Stipendium zu finden und auf Stipendiengeberseite die richtigen Stipendiaten zu finden. Dennoch: Mehr wäre sicherlich wünschenswert. Da sind wir ganz schnell beieinander. Aber: Stipendien können aber nicht verordnet werden. Es liegt wohl in der Natur der Sache, dass Stipendien eine freiwillige Sache sind. Es gibt bundesweit elf große Stiftungen, die Stipendien vergeben, von Cusanus bis Rosa Luxemburg. Da wird jeder etwas finden, der entsprechende Voraussetzungen mitbringt. Wenn ich mich richtig erinnere, sind die Mittel aus dem Bundeshaushalt für diese großen Stiftungen kürzlich noch einmal deutlich erhöht worden.

Bleiben wir in Nordrhein-Westfalen! Wir haben beispielsweise den Studienfonds OstwestfalenLippe. Das ist eine gute Idee, die in der Region entstanden ist und die nach meinem Kenntnis

stand in anderen Regionen derzeit sehr aufmerksam beobachtet und dort möglicherweise übernommen wird. Es gibt eigene Stiftungen, die zum Beispiel von der Uni Duisburg-Essen, der Fachhochschule Münster und möglicherweise noch anderen Hochschulen eingerichtet wurden. Das ist eine gute Entwicklung, die wir sehr positiv begleiten werden.

Nach meiner Auffassung – da unterscheiden wir uns sicherlich wieder – hat ein Stipendium aber durchaus auch etwas mit Leistung zu tun. In Ihrem Antrag und auch in Ihrer Rede war schon wieder zu erkennen, dass es ein etwas gestörtes Verhältnis zu Leistungen als Vergabekriterium gibt.

(Bernd Schulte [CDU]: Überhaupt nicht!)

Ihr Vorschlag, liege Kolleginnen und Kollegen der SPD, zu einer quasi missbräuchlichen Verwendung des Ausfallfonds der Studienbeiträge zeigt, dass Sie es entweder nicht richtig verstanden oder dass Sie es nicht zu Ende gedacht haben. Denn wenn wir auf der einen Seite die Studienbeiträge abschaffen, haben wir auf der anderen Seite auch keinen Ausfallfonds mehr, mit dem wir Stipendien finanzieren könnten. Da passt also irgendetwas nicht zusammen.

Zu den Studentenwerken: Wir haben im Jahr 2006 bei den Studentenwerken Kürzungen vornehmen müssen. Das war ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung. Erinnern Sie sich an die Debatte von heute Morgen: Da hat gerade Ihre Fraktion massiv weniger Neuverschuldung, mehr Sparsamkeit, mehr Haushaltskonsolidierung gefordert. Der Ministerpräsident hat dargestellt, dass das immer mit der gleichzeitigen Forderung nach mehr Geldausgabe einherging, was eben nicht zusammenpasst.

(Zuruf von der SPD: Doch!)

Aber auch hier haben die Studentenwerke ihren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung geleistet. Ich habe den Eindruck, dass sie das ganz gut verkraftet haben.

In 2007 gab es keine weiteren Kürzungen. Der Haushaltsplan 2008 – dieser liegt seit kurzer Zeit auf den Tischen – sieht sogar eine kleine, wenn auch geringfügige Erhöhung der Zuschüsse an die Studentenwerke vor.

Ich glaube, Ihr Antrag ist in sich nicht schlüssig. Wir liegen mit dem, was wir unsererseits vorgetragen haben, auf einem guten Kurs. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss, bin aber sicher, dass wir Ihrem Antrag auch da nicht zustimmen können. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hollstein. – Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Lindner das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich ergreife gern vor dem Landtag das Wort. Ich habe heute eine Redezeit von acht Minuten zur Verfügung, werde sie aber nicht ausschöpfen können,

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Sehr gut!)

denn das Papier, das die Opposition, das die SPD hier vorgelegt hat, ist nichts weiter als ein reiner Showantrag, ein ganz dünnes Süppchen, teils bearbeitet, teils überholt, teils bereits verschiedentlich im Landtag debattiert.

„Bildung, Bildung, Bildung und nochmals Bildung“, heißt es in der Überschrift etwas hochtrabend. Ich habe mich allerdings gewundert, dass Sie nur Hochschulbildung thematisieren. Eine Vielzahl der verschiedenen Initiativen, die Sie hier anregen, haben wir unter anderen Tagesordnungspunkten, auch bei anderen Gelegenheiten, zum Beispiel in Haushaltsberatungen – Stichwort: Studentenwerke –, erschöpfend debattiert. Und die paar Punkte in Ihrem Antrag, die neu sind, die sind nicht gut. Das hat gerade schon der Kollege Hollstein angesprochen.

Sie schlagen etwa vor, Mittel aus dem Ausfallfonds des Studienbeitragsgesetzes für Stipendien zu verwenden.

(Karl Schultheis [SPD]: Nicht benötigte!)

Dann müsste der Satz reduziert werden. Wenn sich nachhaltig herausstellte, dass wir dem Ausfallfonds zu viele Mittel zuführen, dann müsste der Prozentanteil reduziert werden. Sie schlagen jedoch etwas ganz anderes vor. Sie wollen das Geld, das für die sozialverträgliche Ausgestaltung der Studienbeiträge zur Verfügung steht, etwa zur Entlastung von BAföG-Empfängern, anders verteilen, nämlich in einem dezentralen System. Auf diesem Weg werden wir Ihnen nicht folgen. Ich glaube auch, dass das mit der ursprünglichen Idee unseres sozialverträglichen Modells unvereinbar wäre.