Protocol of the Session on June 14, 2007

Ich hatte gestern Abend das Vergnügen, mit Herbert Reul in Wuppertal zu diskutieren, und habe dabei mitbekommen: Im Europaparlament machen die das auch. Ich finde diesen Vorschlag richtig. Sie werden diesen Vorschlag wahrscheinlich ablehnen, weil es ein zusätzliches Gremium ist. Dann kommen die Kollegen irgendwann und sagen: Dann ersetzen wir den Ausschuss für Bergbausicherheit durch einen Ausschuss für Klimafragen als Querschnittsausschuss.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann sind Sie die Letzten, die sich querlegen. Es ist eine vernünftige Sache, so vorzugehen. Ich kann für unsere Fraktion nur signalisieren: Wir werden das unterstützen, weil immer deutlicher wird: Es eine Querschnittsaufgabe, die den Agrarbereich berührt, die das Wirtschaftsministerium berührt, die sehr stark auch das Verkehrs- und Bauministerium berührt, die letztendlich auch wegen der Auswirkungen – ich erinnere an die 30.000 Hitzetoten im Jahre 2003 – den Gesundheitsausschuss berührt und letztendlich auch die Frage Stadtentwicklung, Städteplanung, Durchlüftung. Da kommen wir alle nicht heraus.

Herr Ellerbrock, schütteln Sie nicht den Kopf. Das ist keine Hysterie. Und Herr Weisbrich hat unrecht, wenn er da von Pepita spricht. Die Diagramme in dem Buch, das Herr Uhlenberg vorgestellt hat, sind hoch interessant. Es mag nicht alle interessieren, aber so ein Diagramm über die Entwicklung der Apfelblüte – sie ist um 14 Tage vorgezogen – und Diagramme darüber, dass die Anzahl der Hitzetage in den Innenstädten zunimmt, sind schon von Bedeutung. Wenn wir dann wissen, dass 2003 in dem heißen Sommer 35.000 vor allem ältere Menschen mehr gestorben sind, weil sie über längere Phasen diese Hitzeperiode nicht aushielten, heißt das: Wir müssen bei uns in den Städten Konsequenzen ziehen, was Durchlüftung und anderes angeht. Das sind Sachfragen, um die man nicht drum herumkommt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deswegen ist der Vorschlag der SPD richtig. Wir sollten in Ruhe überlegen – ich kann nur an Sie appellieren –: Machen Sie uns die Freude, schlagen Sie die Ersetzung vor! Die CDU kann gerne den Vorsitz behalten, auch mit dem Kollegen, der ist hoch kompetent. Dann befassen wir uns gemeinsam mit dem Thema intensiver auch auf lange Sicht. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die Fraktion der CDU hat der Kollege Weisbrich das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wenn ich die Debatte verfolge, dann wäre es meiner Meinung nach sinnvoll, zu versuchen, die Dinge zusammenzubinden und zu schauen, wie man gemeinsam weiterkommen kann. Wir haben in Kernfragen – das sagte ich vorhin schon – keinen Dissens. Der Dissens erstreckt sich immer auf die Methoden. Da gehen wir von unterschiedlichen Voraussetzungen aus.

Herr Kollege Römer, um noch einmal das Stichwort Braunkohle aufzugreifen: Ja, es ist richtig, dass ich seinerzeit gegen den Ausbau von Garzweiler II war; daraus mache ich überhaupt keinen Hehl. Nur: Die Dinge haben sich geändert. Ich war immer für den Ausbau von Kernenergie und habe nicht verstanden, wie man 100.000 Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern im Braunkohlebereich rappzapp ohne Sozialausgleich und ohne irgendetwas plattmachen konnte und dann hier neue Löcher aufmacht. Das war für mich ein emotionales Problem. Mittlerweile sind die Dinge, wie sie sind.

Jetzt ist es so, dass wir die Braunkohle an dieser Stelle haben und dafür sorgen müssen, dass diese nationale Energiesicherheitsreserve vernünftig eingesetzt und ausgenutzt wird. Ich habe zwar ein gewisses Verständnis, wenn Sie als SteinkohleLobbyist sagen, die Braunkohle braucht keine zusätzlichen Emissionszertifikate,

(Norbert Römer [SPD]: Die kommen!)

aber wenn wir einen vernünftigen Energiemix dauerhaft aufrechterhalten wollen, dann müssen wir schon über unterschiedliche Benchmarks für unterschiedliche Brennstoffe nachdenken.

(Beifall von der CDU)

Kollege Priggen, mir ist etwas noch nicht ganz klar geworden. Sie haben die 25 % Kraft-WärmeKoppelung angesprochen. In dem Kontext, in dem

Frau Löhrmann die Presseerklärung abgegeben hat, war das nur so zu verstehen, dass die Differenz zwischen dem heutigen Gaseinsatz und der Kraft-Wärme-Koppelung mit mehr Gas und weniger Braunkohle gespeist werden müsste. Anders macht die ganze Zahlenreihe keinen Sinn.

Wenn wir uns in eine derartige Abhängigkeit von Russen oder anderen Lieferanten begeben – wir haben im Augenblick noch beschränkte Liefermöglichkeiten aus den Niederlanden und der Nordsee –, hängen wir, wenn diese erschöpft sind, mit neuen GuD-Kraftwerken auf Gasbasis voll und ganz am Fliegenfänger von unsicheren Kantonisten. Das kann man nicht wollen, auch nicht die Preisschwankungen, die damit verbunden sind.

Was ein Energieprogramm auf Bundesebene anbelangt, haben wir ein Problem. Da hat es mehrere Anläufe gegeben, aber in Berlin verweigert sich die SPD permanent, über die substanziellen Dinge zu reden, nämlich Kernenergie in die Diskussion einzubeziehen. Die EU, die Internationale Energieagentur, die ganze Welt drängt uns und sagt: Ihr in Deutschland seid verrückt geworden, dass ihr aus Kernkraftwerken, die einen hohen Sicherheitsstandard haben, aussteigt. So bekommt ihr den Klimaschutz nie auf die Reihe.

(Zuruf von Bodo Wißen [SPD])

Also wenn, dann muss man darüber vernünftig reden und auch darüber nachdenken, wie man beispielsweise im Verkehrssektor den Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft schafft. Verkehr ist bei uns vom Energieeinsatz her fast vollständig importabhängig. Wenn wir davon herunterkommen wollen, müssen wir, abgesehen von Biokraftstoffen, die wir wettbewerbsfähig im internationalen Maßstab bei uns wahrscheinlich auf Dauer auch nicht erzeugen können, in die Wasserstoffwirtschaft hinein und müssen schauen, wie wir das regeln.

In der ganzen Debatte stellt sich für mich immer die Frage: Wie hoch kann die Umstellungsgeschwindigkeit sein, dass die Kosten für die Bürger erträglich bleiben? Das ist der Kernpunkt.

Herr Priggen, Sie haben gesagt: 27 % erneuerbare Energien müssen wir in Nordrhein-Westfalen auch erreichen. – Ich habe nichts dagegen. Nur: Lassen Sie uns einmal überlegen, wie man das schaffen kann, lassen Sie uns überlegen, welche Kosten dadurch für die Bürger entstehen, und lassen Sie uns eine vernünftige Anpassungsgeschwindigkeit wählen. Wir sollten uns hier nicht ideologisch die Brocken um die Ohren werfen,

sondern gucken, wie man gemeinsam dieses Problem lösen kann.

Ich sage es klar: Wenn wir einen Weg sehen, der es ohne zig Milliarden Kosten ermöglicht, dass wir diese 27 % erneuerbarer Energien erreichen und uns damit eine zusätzliche Versorgungssicherheit schaffen, dann ist das selbstverständlich ein Potenzial, das zur Reduzierung von klimaschädlichem Braunkohleeinsatz führen kann. Aber solange dieses Potenzial nicht aufgezeigt ist, solange es nur wie eine Vision in der Luft hängt, so lange kann man das nicht machen.

Jetzt noch eine Bemerkung zu dem Ausschuss Klimaschutz. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das liegt doch nicht am Ausschuss, sondern das liegt daran, dass auch die Organisationsstruktur der Landesregierung so ist, wie sie ist. Was haben wir von einem zusätzlichen Ausschuss, wenn zwei oder gar drei Minister darin herumrühren? Das gibt doch keine einheitliche Perspektive und keine einheitliche Lösung.

(Zuruf von Carina Gödecke [SPD])

Entschuldigung, die Energiepolitik ist in Nordrhein-Westfalen eindeutig dem Wirtschaftsministerium zugeordnet. Und wenn das so ist, dann ist die Ministerin für diese Bereiche zuständig und dann kann das im Wirtschaftsausschuss behandelt werden.

Es ist doch das Problem: Bei uns ist es so organisiert, dass Energiepolitik integraler Bestandteil der Wirtschaftspolitik ist wegen der Bedeutung für Arbeitsplätze und wirtschaftlicher Entwicklung.

(Carina Gödecke [SPD]: Wir sind keine Ma- rionetten der Landesregierung!)

Dabei werden wir es belassen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir eine Lösung, die alles noch problematischer macht, akzeptieren können. – Schönen Dank.

(Beifall bei CDU und FDP – Frank Sichau [SPD]: Vorhin haben Sie von intellektueller Herangehensweise gesprochen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Thoben das Wort.

(Zurufe von der SPD)

Erst einmal für die Vernunft.

(Zuruf von Frank Sichau [SPD] – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das müssen wir aus- schließen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erzeugen in Deutschland den Grundlaststrom im Prinzip aus zwei großen Quellen, aus der Kernenergie und aus der Braunkohle. Wenn wir heute darüber reden, ob wir die Braunkohle ordentlich und richtig ausstatten, ob wir den Kraftwerkserneuerungswillen schwächen oder stärken, dann reden wir nicht über irgendetwas.

Herr Römer, ich kann Sie wirklich nicht begreifen. Sie weigern sich, über die dramatische Draufsattelung gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung Richtung Versteigerung bis zu 10 % einen Satz zu sagen. Das aber ist der entscheidende Punkt. Wir sind am Anfang der Gespräche, wo der Bundestag plötzlich glaubt – die bekommen Dollarzeichen in den Augen, weil das ganze Geld in die Bundeskasse fließen würde –, man könne jetzt nicht nur für die zweite Zuteilungsperiode die Mengen verkürzen. Wir haben ja gesagt: Das ist in Ordnung; das wirkt auch in die richtige Richtung. Die alten Kraftwerke werden teuer, wenn man sie noch weiter laufen lassen will. Also nimmt der Druck auf Abschaltung der alten zu, und der Bau der neuen wird nicht behindert. Aber bitte nehmen Sie zur Kenntnis: Wir dürfen nicht alle drei Wochen meinen: Es hat noch einer eine gute Idee, und da satteln wir drauf.

(Beifall von Christian Weisbrich [CDU])

Die SPD weigert sich, obwohl ihr Bundestagsabgeordneter unter anderem Berechungen über massive Veränderungen der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden angestellt hat, zu diesem Vorhaben eine Zeile zu sagen. Das findet aber diese Woche statt!

Die Bundeskanzlerin – Herr Priggen, ich bin voll bei der Bundeskanzlerin – möchte beim ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung bleiben. Wo denn sonst? Wir sind jetzt in einem anderen Beratungsverfahren: im Bundesrat. Dann geht das Gesetz zurück in den Bundestag.

Die SPD verkrümelt sich in der Ecke und redet von Kraft-Wärme-Koppelung, obwohl sie den Netzausbau im Ruhrgebiet so betrieben hat, dass es gar nicht wirtschaftlich wäre, das jetzt anzustreben. Ich bin sehr für weitere dezentrale Energieversorgung. Aber dies ist für die Kraftwerkserneuerung bis in die Steinkohlekraftwerke hinein so dramatisch – Herr Römer, täuschen Sie sich da nicht –, dass ich mir die Unterstützung des Landtages für unsere Bundesratsinitiative gewünscht hätte.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Thoben. – Nun hat für die Fraktion der SPD Frau Kollegin Schulze das Wort.

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Herr Weisbrich hat mich dazu gereizt, noch ein paar Worte zu sagen.

Erstens. Herr Weisbrich, wenn Sie so für Atomkraft stehen, dann sagen Sie uns doch bitte einmal: Wo in Nordrhein-Westfalen möchten Sie denn ein neues Atomkraftwerk bauen? In wessen Nachbarschaft kommt das? Dann können wir uns vor Ort ein bisschen darauf vorbereiten. Also schaffen Sie hier endlich einmal Transparenz!

(Christian Weisbrich [CDU]: Ich habe gesagt: Ich bin gegen den Ausstieg!)

Zweitens. Sie diskutieren hier immer wieder über die Braunkohle. Wenn Sie mehr Zertifikate für die Braunkohle haben wollen, dann sagen Sie, Herr Weisbrich oder Frau Thoben, uns doch einfach einmal: Wem wollen Sie dafür in die Tasche greifen? Wem wollen Sie etwas wegnehmen? Der Kuchen ist verteilt. Wollen Sie ein weiteres Mal den Stadtwerken schaden? Wem wollen Sie die Emissionszertifikate wegnehmen? Wen wollen Sie da behindern? Sagen Sie uns das einfach offen, dann können wir hier darüber diskutieren.

(Beifall von Norbert Römer [SPD])

Drittens. Ich fände es schön, wenn Sie sich innerhalb der CDU einmal in der Frage der Versteigerungen einigen könnten. Frau Reiche – die soll ja auch in der CDU sein – sagt uns, sie sei für die Versteigerung. Die Bundestagsfraktion von CDU/CSU ist für die Versteigerung. Vielleicht wäre es ganz nett, wenn Sie sich einmal zusammensetzen und miteinander darüber diskutieren würden.

In dieser Diskussion ist ganz klar geworden: Sie haben kein Konzept und Sie haben keine Strategie, wie Sie mit dem Klimawandel umgehen wollen.

(Beifall von der SPD)