Protocol of the Session on June 14, 2007

Es mag durchaus sein, dass das ein CDUKollege ist. Wir haben gesagt: Wir stehen dem offen gegenüber. Wollen wir einmal sehen, was daraus wird.

(Beifall von CDU und FDP – Jürgen Unruhe [SPD]: Gut, das ist eine klare Aussage!)

Gut. – Meine Damen und Herren, jetzt ist Herr Dr. Karthaus von der SPD-Fraktion an der Reihe.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! NordrheinWestfalen ist ein Land mit einer reichhaltigen Natur und einem reichhaltigen Kulturerbe. Landschaften, die ihren ländlichen Charakter dem komplexen Zusammenwirken des bäuerlich wirtschaftenden Menschen mit den natürlichen

Standortbedingungen verdanken, wechseln ab mit stärker industriell geprägten Gebieten.

Die Eigenarten unserer Landschaften spiegeln gleichfalls die Traditionen der dort lebenden Menschen wider. So ergibt sich das abwechslungsreiche Bild unseres Landes mit seinen abgrenzbaren Regionen wie dem Bergischen Land, der Eifel, dem Niederrhein oder dem Münsterland. Daneben gibt es aber auch noch – das ist gut und sehr wichtig – Landschaftsteile, deren Natürlichkeit in hohem Maße erhalten geblieben ist. Aus unterschiedlichen Gründen hat sie der Mensch nur wenig beeinflusst und wenig verändert.

Diese relativ ungestörten Gebiete bewahren einen großen Anteil am natürlichen Erbe – insbesondere Tierarten und Pflanzengesellschaften, die Bestandteil der Natur sind, die sich ohne wesentliche Eingriffe des Menschen entwickeln. Schon hieraus ergibt sich: Solche Gebiete sind ökologische Schätze. Sie sind in einem dicht besiedelten, intensiv genutzten Land selten.

Es war sinnvoll und richtig, dass Rot-Grün, dass die alte Landesregierung konsequent den Nationalpark Eifel ins Leben gerufen hat. Hier sind neben den eben erwähnten Kriterien auch weitere entscheidende Gesichtspunkte erfüllt, nämlich Großflächigkeit und viel Potenzial zur Entwicklung der – merken Sie sich bitte dieses Stichwort – natürlichen Dynamik. Wir können heute sagen: Der Nationalpark Eifel ist auf einem guten Weg. Er sichert ein Stück unseres Naturerbes und bietet gleichzeitig ein umfangreiches Angebot an Naturerlebnissen und Umweltbildung.

Nun aber hat eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Landesministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz festgestellt, dass es einen weiteren Bereich in unserem Land gibt, der sich als Nationalpark eignet: das Siebengebirge.

Man müsste sich eigentlich uneingeschränkt freuen, Herr Minister, wenn in Ihrem Hause endlich bemerkt würde: Nordrhein-Westfalen verdient in der Tat mehr Naturschutz. Nordrhein-Westfalen muss Mut zu weiteren Nationalparks haben. Aber leider, meine Damen und Herren, erfolgt die Ernüchterung sogleich, wenn man sich die Einzelheiten näher anschaut.

Das insgesamt 1.000 Quadratmeter große Siebengebirge besitzt eindrucksvolle landwirtschaftliche sowie geologische Merkmale und beherbergt fast 1.600 Pflanzenarten. Das ist viel, jedenfalls mehr als in anderen Bereichen. Das Siebengebirge ist in der Tat ein Hotspot der Artenvielfalt. Ich

durfte selbst als Biologe dort einige Gutachten erstellen. Ich kenne das eigentlich sehr genau.

Ein wichtiger Grund liegt aber darin – jetzt hören Sie bitte genau zu –, dass diese Region eine uralte Kulturlandschaft ist. Sie zeigt jahrhundertelange menschliche Nutzung und Bewirtschaftungssysteme in allen Facetten: Weinberge, Gärten, Obstwiesen, Steinbrüche, Bergbau, Landwirtschaft und historische Waldnutzungsformen – all das in einer mosaikartigen Nutzung ergänzt durch Laubwälder. Das ist ein Hauptgrund für diese Artenvielfalt und damit auch für die ökologische Bedeutung des Siebengebirges. All das besitzt in der Tat Naturschutzqualität, und es gibt auch viele Naturschutzgebiete.

Das hat dazu geführt, dass es hervorragende Konzepte und Initiativen zur Pflege und Entwicklung dieser Kulturlandschaft gibt. So ist im Masterplan der Regionale das Siebengebirge mit dem Pleiser Ländchen als wertvoller Kulturlandschaftsbereich ausgewiesen, und im Zentrum steht dabei die Klosterlandschaft Heisterbach, eine der kulturhistorisch am besten untersuchten Bereiche im gesamten Rheinland.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Siebengebirge ist, wie ich gerade ausgeführt habe, ohne Zweifel eine ökologisch überregional wertvolle Region. Aber sie ist in großen Teilen eben eine uralte wie auch aktuelle Kulturlandschaft. Und damit wird es sehr schwer, daraus einen ernsthaften internationale und nationale Standards einhaltenden Nationalpark zu machen. Denn das würde bedeuten, dass viele der eben angeführten und sehr wertvollen Lebensräume keine Zukunft mehr haben, da der ungestörte Ablauf der Naturvorgänge die Bewirtschaftung und Pflege ersetzen würde. Und man muss wissen, dass das etwas ganz anderes ist als das, was dort bisher existiert.

Aus Sicht der reinen Ökologie braucht das nicht weiter tragisch zu sein. Aber man ersetzt doch keine Landschaft, die sogar international ein Markenzeichen ist, durch eine andere. Lieber Herr Uhlenberg, ich bin gespannt auf das Fachgutachten aus Ihrem Haus. Ich bin darauf gespannt, was dort dazu ausgeführt ist, wie 75 % der Fläche in einen weitgehend naturnahen Zustand mit Prozessdynamik, also wachsen lassen, überführt werden sollen, wie ein ungestörter Ablauf der Naturvorgänge mit Hunderttausenden Touristen vereinbar sein soll, wie das überdimensionierte Straßenbauvorhaben des Ennert-Aufstieges hineinpasst.

Es gibt noch mehr kritische Punkte. Und Ähnliches habe ich in meiner Kleinen Anfrage vom

6. Juni aufgeführt. Im Antrag der Grünen fehlt mir übrigens die fachliche Konsequenz, wo die Problempunkte zwar zum Teil benannt sind, deren Auswirkungen letztlich aber nicht bearbeitet wurden.

Meine Damen und Herren, damit kein Missverständnis entsteht: Wir werden uns einem Nationalpark Siebengebirge, der die erforderlichen internationalen Qualitäten erfüllt, nicht verweigern. Im Gegenteil: Hierfür werden wir gerne mitstreiten. Sie müssen jedoch mit unserem Widerstand rechnen, wenn hier eine Nationalparksausweisung erfolgen sollte, die den Namen nicht wert ist, die sogar unsinnige Eingriffe in eine alte Kulturlandschaft beinhaltet und die national wie international nur belächelt würde.

Wir werden es auch nicht zulassen, dass eine mangelhafte Naturschutzpolitik im Lande mit einem Nationalpark kaschiert würde, der außer Presseterminen einer Förderung des Tourismus und der Unterbringung der von der Landesregierung aufgabenlos gemachten Forstleute nichts aufzuweisen hat. – Danke schön.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Dr. Karthaus. – Herr Ellerbrock hat nun das Wort für die FDP-Fraktion.

Herr Dr. Karthaus, inwieweit der Ennert-Aufstieg überdimensioniert ist oder nicht, das zu beurteilen überlassen wir besser in besonderem Maße der Region.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, die Grünen haben es geschafft, aus einem eigentlich konsensualen Themenkreis heraus einen aus meiner Sicht lediglich ärgerlichen, letztendlich überflüssigen Antrag zu machen – nach dem Motto: Ich habe da was gehört. Da gab es am 29. Mai eine Mitteilung der Stadt Bonn. Hoppla, jetzt komme ich. Ich will mich mit fremden Federn schmücken, auf die Lokomotive draufsetzen und mich an die Spitze der Bewegung setzen.

Kollege Remmel, sich so mit fremden Federn zu schmücken heißt doch letztendlich, dass Ihre ansonsten hier dargestellte operative Hektik nunmehr durch geistige Windstille ersetzt wird.

(Heiterkeit von der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist einfach ärgerlich, nichts anderes. Anstatt sich zu freuen, dass auf lokaler Ebene nunmehr gesagt wird: „Jawohl, wir

wollen dieses Naturerbe und überlegen, inwieweit wir das in einen Nationalpark umwandeln können, inwieweit wir die unterschiedlichen Nutzungsansprüche an den Raum zusammenbinden können, um etwas Vernünftiges daraus zu machen“, versuchen Sie nun, Ihr Süppchen zu kochen und einen Ton in die Debatte hineinzubringen, bei dem ich mich frage: Was soll das eigentlich? Dabei wird die Zielrichtung vorgegeben, man müsste doch gemeinsam etwas machen.

Die regionale Initiative aufgreifen, das haben alle Kollegen bestätigt: Da war in der Region etwas, das ist ins Ministerium gegangen, dann wurde es aufgegriffen. Dort führt man Gespräche. Dann hat man eine Dienstleistung des Ministeriums in Anspruch genommen, und das ist einfach gut gelaufen. Dann steht darin – das ist vielleicht das Besondere dabei –, Clemens Pick hat Ansätze geliefert, indem er sagte: Das ist aus der Region heraus gewachsen.

(Beifall von der CDU)

Das ist ja eine ganz schlimme Sache. Das wirklich Neue in dem Antrag der Grünen ist: Die Landesregierung ist nun aufgefordert, diese Idee positiv aufzugreifen und mit allen Beteiligten, insbesondere mit den Vertreterinnen und Vertretern aus dem Naturschutz, zügig zu handeln. – Mein Gott, was ist das flach, Herr Kollege! Wir hoffen, dass da etwas zusammenwächst, das ein breiter Konsens ist. Jetzt versucht man, da sein Süppchen zu kochen. Es fällt sehr schwer, sich ernsthaft damit auseinander zu setzen.

In der Mitteilung der Stadt Bonn vom 29. Mai heißt es:

Unter Federführung des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NordrheinWestfalen (MUNLV) hat eine Arbeitsgruppe zahlreicher Institutionen Belange sowie Kriterien geprüft und festgestellt, dass das Siebengebirge fachlich für eine Nationalparkausweisung geeignet ist. Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe liegt vor. Nunmehr muss der Antrag beim zuständigen Landesumweltministerium in Düsseldorf eingereicht und von diesem genehmigt werden. Insgesamt stehen die Chancen gut, dass das Siebengebirge nach dem Nationalpark Eifel der zweite Nationalpark in Nordrhein-Westfalen überhaupt wird.

Das ist eine prima Sache. Da bedarf es keiner Aufforderung. Sie müssen weder diese Landesregierung noch die Fraktionen Schwarz und Gelb zum Jagen tragen noch zu irgendetwas auffordern, was wir ohnehin schon selbst tun.

Herr Kollege, es gibt eine Zwischenfrage von Herrn Remmel.

Selbstverständlich.

Ja, Herr Remmel, bitte schön.

Ich möchte den Kollegen Ellerbrock fragen: Für wie wichtig halten Sie den Sachverstand, der zweifellos bei den Naturschutzverbänden vorhanden ist, hinsichtlich einer konsensualen Entwicklung, dass es tatsächlich auch zu einem Nationalpark Siebengebirge kommt?

Herr Kollege, die Bedeutung, die Schwarz und Gelb den Naturschutzverbänden zusprechen, werden Sie daran erkennen, dass wir ihre Vertretung bei den unteren Landschaftsbehörden ausdrücklich erweitert haben. Nicht nur haben wir dem BUND zwei Sitze zugesprochen, nicht nur der LNU zwei Sitze zugesprochen, sondern sogar einen Sitz mehr, nämlich drei Sitze. Sie mögen daran erkennen, dass wir die Arbeit der Naturschutzverbände sehr wohl zu schätzen wissen und gerne mitspielen.

Dass wir hier auch die Naturschutzverbände haben, aber nicht in der in Ihrem ideologisch gefestigten Weltbild ausgesprochen besonderen Ausschließlichkeit, sonder insbesondere als ganz kleine Klientel aus dem breiten Spektrum bürgerschaftlicher Initiativen vor Ort, die nunmehr gemeinsam tätig werden können, darin unterscheiden wir uns allerdings.

Frau Präsidentin, die Meinungsbildung ist so weit fortgeschritten; ich glaube, ich brauche nicht weiter auszuführen. Ich halte den Antrag für überflüssig, er setzt falsche Töne, er ist überflüssig wie ein Kropf, inhaltlich ist er obsolet, er ist eine Schauveranstaltung. Das hat das Siegengebirge nicht verdient. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Ellerbrock. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Uhlenberg.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen weist in ihrem Antrag auf das schutzwürdige Potenzial des Siebengebirges hin. Ich kann die in dem Antrag enthaltenen naturschutzfachlichen Informationen

zu Nationalparken allgemein, zur Geschichte des Siebengebirges und zu einem möglichen Nationalpark im Siebengebirge weitestgehend bestätigen. Insofern bedanke ich mich für Ihre Unterstützung des Projekts der Region.

Eines Antrags – das ist schon aus den Beiträgen der Sprecher der Koalitionsfraktionen deutlich geworden –, der die Landesregierung auffordert, die Nationalparkentscheidung vorzubereiten, bedarf es natürlich nicht.

Lassen Sie mich kurz erläutern, welche Aktivitäten im Rahmen des Projekts bereits erfolgt sind. Im November 2006 wandten sich der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, Herr Kühn, sowie die Bürgermeisterin von Bad Honnef, Frau Feiden, und der Bürgermeister von Königswinter, Herr Wirtz, in einem gemeinsamen Brief an mich. In dem Schreiben hoben sie die hohe naturschutzfachliche Wertigkeit des Schutzgebiets Siebengebirge hervor und unterbreiteten eine Idee, im Bereich des heutigen Naturparks einen Nationalpark einzurichten. Sie baten in ihrem Schreiben um Unterstützung im Rahmen eines ergebnisoffenen Meinungsbildungsprozesses mit allen wichtigen Mandats- und Meinungsträgern in der Region.

Um diesen offenen Meinungsbildungsprozess einleiten zu können, war es erforderlich, im Vorfeld grundsätzlich abzuklären, ob das Siebengebirge überhaupt für eine Nationalparkausweisung fachlich geeignet ist und ob es durch die Einrichtung eines Nationalparks im Siebengebirge gegebenenfalls zu nicht lösbaren Konflikten mit anderen regionalen Entwicklungsperspektiven kommen könnte.

Die Fragen wurden in einer Arbeitsgruppe der Vertreter aus dem kommunalen Bereich, die dem Naturpark Siebengebirge, der Bezirksregierung Köln, dem Geologischen Dienst und dem MUNLV sowie dem Lahnhof angehört haben, geprüft. Ende April 2007 legte die Arbeitsgruppe ihren Abschlussbericht vor, aus dem hervorgeht, dass das Gebiet des Siebengebirges aus naturwissenschaftlicher Sicht für eine Nationalparkausweisung geeignet ist, aber dass es eine Reihe von Themen gibt, zum Beispiel die Verkehrssituation, zu denen in der nachfolgenden Zeit zwischen den Betroffenen weitere klärende Untersuchungen und Gespräche geführt werden müssen.

Auf Grundlage dieses Berichts beschlossen im vergangenen Monat der Landrat des Rhein-SiegKreises, die Bürgermeisterin der Stadt Bad Honnef und der Bürgermeister der Stadt Königswinter, der Vertreter der Stadt Bonn und der Vorsitzende des Naturparks Siebengebirge – das ist dort der