Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, diese Debatte zeigt einmal mehr, welche weite Schere sich zwischen wohlfeilen Forderungen, die hier von den Koalitionsfraktionen formuliert werden, und der konkreten Umsetzung auftut.
Es lässt sich trefflich auf andere schimpfen, Herr Lindner – wohl auch in der Hoffnung, dass es vom eigenen Unvermögen ablenkt.
Die wahren Ablenkungsmanöver betreiben doch Sie. Für den Fall, dass Sie es immer noch nicht gemerkt haben: Sie tragen jetzt die Verantwortung. Sie könnten hier auf Landesebene umsetzen, was Sie in Richtung Berlin immer fordern.
Herr Lindner, in diesem Zusammenhang fällt mir ein: Wissen Sie eigentlich, dass Sie mittlerweile den Spitznamen „Kampfbambi“ haben? Fröhlich werfen Sie – wie schon so oft – die rhetorische Windmaschine an. Sie geißeln den Formelkompromiss von Berlin in der Presse. Er sei zu spät und nicht weitreichend genug. Sie haben damit sogar Recht. Wir als Grüne fordern seit langem auch den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Der Unterschied ist nur: Sie haben zwar Recht, aber Sie haben nicht die Berechtigung, von anderen etwas einzufordern, was Sie auf Landesebene selbst realisieren und in Angriff nehmen könnten.
Sie spielen Opposition in der Koalition und tun so, als hätten Sie in dem Punkt gar nichts mit der Landesregierung zu tun. Das haben Sie bei der Forderung getan, 96 Millionen € für den Landesjugendplan einzustellen. Sie haben es bei der Beitragsfreiheit über die Presse getan. Jetzt machen Sie es wieder bei dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz.
Das Interessante ist: Es lässt sich in der Öffentlichkeit immer sehr gut verkaufen, aber Sie als FDP setzen sich ausgerechnet in diesen familienpolitischen Fragen in der Koalition nicht durch. Bei
Das löst bei mir den Verdacht aus, dass Sie sich in der Öffentlichkeit zwar das sozialpolitische Deckmäntelchen umhängen,
Ähnliches trifft auch auf Herrn Minister Laschet zu. Er schimpft – er hat es eben wieder getan –: Das kommt 2013 zu spät! – Das ist genau unsere Position. Wir fügen nur hinzu, Herr Minister: Sie hätten jetzt mit dem neuen Kindergartengesetz konkret die Chance, dieses Problem landespolitisch zu lösen, indem Sie den Rechtsanspruch in das KiBiz hineinschreiben.
Meine Damen und Herren, eines wissen wir doch alle, und dazu müssen wir uns nur die Erfahrungen angucken, die wir mit dem Rechtsanspruch für die drei- bis sechsjährigen Kindergartenkinder gesammelt haben: Erst als der Anspruch gesetzlich unterlegt war, ist eine bedarfsdeckende Ausstattung mit Plätzen erfolgt.
Herr Minister Laschet, die Bedarfsdeckung von 20 %, die Sie 2010 erreichen wollen, entspricht noch nicht der Deckung des bei den Eltern wirklich vorhandenen Bedarfs. Wir wissen genau: Dieser liegt bei 40 bis 50 %. Ihn fragen Sie ja vorsichtshalber gar nicht erst ab.
müssen Sie 70.000 Plätze für die unter Dreijährigen einrichten. Wir werden sehen, ob Sie das von 2008 bis 2010 schaffen.
Ihr zweiter Versuch eines neuen Kindergartengesetzes sieht nicht viel besser aus als der erste; ich habe ihn eben auf den Tisch gekriegt und kurz angeguckt. Auch in diesem Gesetzentwurf haben Sie wieder eine Höchstgrenze für U3-Plätze definiert. Wollen Sie die Kommunen, die schon jetzt mehr als 20 % Bedarfsdeckung bieten, weiter deckeln? Müssen die jetzt Plätze abschaffen? Wenn Sie in das Gesetz Höchstgrenzen hineinschreiben, werden Sie den bedarfsdeckenden Ausbau an U3-Plätzen nicht erreichen.
Herr Minister, es hat mich wirklich enttäuscht, dass ausgerechnet Sie als Integrationsminister dieser unsäglichen „Herdprämie“ das Wort reden. Sie und die CSU haben offenbar immer noch nicht den Gong gehört.
Demnächst werden 50 % der Kinder – in Köln ist das in manchen Gebieten schon so – einen Migrationshintergrund haben. Diesen Kindern wollen Sie Bildung, Sprachförderung und Integration vorenthalten,
denn Sie werden die Eltern belohnen, die ihr Kind nicht in eine Kita schicken. Meine Damen und Herren, das ist eine Bildungsverhinderungsprämie und nichts anderes.
Meine Damen und Herren, wir brauchen einen Rechtsanspruch, wir brauchen ihn jetzt im Landesgesetz, damit unter anderem solche Dinge nicht mehr passieren können wie in der Stadt Solingen, die der Regierungspräsident angewiesen hat, ihre Zahl an U3-Plätzen nicht zu erhöhen, weil sie in der Haushaltssicherung ist bzw. keinen genehmigten Haushalt hat. Das ist die Realität, die Sie herstellen, wenn Sie keine gesetzliche Grundlage schaffen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann hier im Landtag fast den Eindruck haben, dass vielen Rednern von Rot-Grün überhaupt nicht mehr auch nur in Ansätzen bewusst ist, was Sie hier vor zwei Jahren bei Ihrer Abwahl hinterlassen haben.
Es freut mich, wenn Sie hier jetzt auch das Thema Familienpolitik entdecken. Es reicht aber nicht aus, dass Sie eine Politik betreiben wie Christoph Kolumbus: Sie brechen auf zu neuen Ufern, Sie wissen nicht, wohin die Reise geht – aber wenigstens alles auf anderer Leute Kosten.