Deswegen denke ich, dass das Instrumentarium, das uns heute zur Verfügung steht, uns, wenn es gut angewandt wird, vor Lohnverwerfungen, die Sie alle befürchten, schützt: im Normalfall der Tarifvertrag; da, wo in Ausnahmefällen ein öffentliches Interesse vorliegt, die Allgemeinverbindlichkeit; da, wo es eine Entsendeproblematik gibt, zum Beispiel auf dem Bau und bei den Gebäudereinigern, und auch zum Schutz der ausländischen Arbeitnehmer das Anwenden des Entsendegesetzes; und für die Bereiche, in denen wir keine Tarifverträge hinkriegen, auch die Schärfung des Instruments zur Bekämpfung der Sittenwidrigkeit.
Ja. – Zu der Äußerung, dass man von den Löhnen nicht leben kann: Die Wahrheit ist, dass die Tarifvertragsparteien auch im Niedriglohnbereich Tarifverträge verantwortungsbewusst abschließen. Das sollten wir ihnen nicht vorwerfen. Daher gibt es natürlich auch Tarifverträge, die Löhne von 6 € vorsehen. Der allgemein verbindliche Lohn für völlig ungelernte Kräfte im Hotel- und Gaststättengewerbe liegt bei gut 5 €. Das macht deutlich, dass es mit den 7,50 € nicht so einfach ist. Das mag zwar die Schalmei sein, die viele Leute gerne hören, aber das ist nun einmal leider nicht die tarifliche Wirklichkeit.
Herr Schmeltzer, ich möchte Ihnen nur einen Rat geben. Wenn die Politik die Höhe von Löhnen festlegt, dann werden die Wahlkämpfe demnächst so ablaufen, dass Sie die Forderungen von Herrn Lafontaine bezüglich der Höhe der Löhne im Niedriglohnbereich nicht erfüllen können. Sie werden am Ende der Verlierer einer solchen Entwicklung sein.
Wenn sich diese Leute dann durchsetzen, wird es am Ende keinen Niedriglohnsektor in Deutschland mehr geben. Das bedeutet den Ausschluss von Menschen ohne Berufsausbildung aus diesem
Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Für die Fraktion der SPD hat jetzt Herr Kollege Garbrecht das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wäre ja froh, wenn wir hier im Parlament einen solchen Konsens hätten. Wir wollen existenzsichernde Löhne für die Menschen. Allein, mir fehlt ein Stück weit der Glaube,
wenn ich mir den Auftritt von Herrn Weisbrich und seine Wahrnehmung der Realität des Landes vor Augen halte.
Es ist doch nicht gerade Ihr Lager – an dieser Stelle schaue ich insbesondere Herrn Dr. Romberg an –, das in Bezug auf Niedriglöhne und Niedriglohnsektor immer im Munde führt, dass die Gewerkschaften stark sein müssen, damit sie als Tarifpartner existenzsichernde Löhne durchsetzen können. Ihre politischen Botschaften waren doch auf eine Schwächung der Gewerkschaften gerichtet.
Die aktuelle Politik der Landesregierung zum Umgang mit den Gewerkschaften in dieser Frage will ich hier nicht ansprechen; das steht auf einem anderen Blatt.
Ihnen persönlich nehme ich das ab, Herr Minister Laumann; das ist keine Frage. Nach meinem Eindruck gibt es in der CDU allerdings eine Spannbreite, die von Laumann bis Merz reicht.
Ich will noch einmal deutlich sagen: Wir lassen keinen Zweifel! Wir unterstützen Sie als Landesarbeitsminister wie den Bundesarbeitsminister in der Frage der Allgemeinverbindlichkeitserklärung.
Das Ganze ginge aber auch leichter. Zwischen Herrn Weisbrich und uns besteht ein Dissens darüber, ob eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung
auch dann durchgesetzt werden sollte, wenn einzelne Partner bzw. Arbeitgeberverbände sich dagegen sperren – nach dem Motto: Wir wollen die allgemeine Einheitssoße doch mal ein bisschen lüften. – Genau diese Differenzen bestehen, glaube ich, auch in Ihrer Koalition zwischen dem Arbeitsminister und anderen.
Herr Kollege Laumann, ich will Sie hier nicht wieder mit Norbert Blüm, einem Ihrer Vorgänger bei der CDA, malträtieren. Sie wissen, dass Kombilohn und Mindestlohn auf der gleichen Seite einer Medaille stehen.
Ich nehme Ihre Frage auf, Herr Laumann: Wie kommen wir zu existenzsichernden Löhnen? Die können wir einerseits über Allgemeinverbindlichkeitserklärungen erreichen. Aber schützt das den Staat – das will ich auch einmal deutlich fragen – vor ungerechtfertigten Mitnahmen von Sozialleistungen durch die Unternehmen? Ich sage: Nein. Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie durch im Lande gezahlte Hungerlöhne die Sozialkassen und die Steuerzahler insgesamt belastet werden.
Die CDU war immer in der ersten Reihe, wenn es um das Anprangern missbräuchlicher Inanspruchnahme von Sozialleistungen ging. Da ging es immer um die Bezieher. Sie waren auf einem Auge immer ein bisschen blind. In dieser Frage gibt es nämlich immer zwei: Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Derzeit subventionieren wir – da war die gestrige Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales ganz hilfreich – die bei uns gezahlten Hungerlöhne, die unter dem Existenzminimum liegen. Wir machen sie mit Aufstockungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch salonfähig.
Damit Sie eine Vorstellung und ein Gespür für die Dimension erhalten, will ich Ihnen einmal die Zahlen für NRW vortragen. Zum Stichtag Oktober 2006 – ich zitiere nicht aus dem Sozialbericht, der den Zeitraum bis 2005 umfasst, sondern die aktuellen Zahlen – erhielten 200.000 Menschen in NRW zusätzlich zu ihrer Erwerbstätigkeit Unterstützungsleistungen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Heizung und Miete, die von den Kommunen gezahlt werden. 20 % der erwerbsfähigen hilfebedürftigen SGB-II-Bezieher sind erwerbstätig.
Bei einer überschlägigen Rechnung kommt man zu dem Ergebnis, dass sich allein in dieser Kategorie die Zahlungen der Kommunen, also der öffentlichen Hand, auf 720 Millionen € belaufen. Mit 720 Millionen € finanzieren die Kommunen dieses Landes die Hungerlöhne, die im Land gezahlt
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Der Minister darf sich nicht nur mit der Altersarmut und abgesenkten Renten beschäftigen, die auch eine Folge einer solchen Politik sind.
Daher laden wir Sie noch einmal ganz deutlich ein, gegen den Missbrauch dieser Leistungen durch die Unternehmen vorzugehen. Wie sollte man das auch anders bezeichnen? Soll man es etwa „legales Schlupfloch“ und „Ausnutzung der gesetzlichen Möglichkeiten“ nennen? Geben Sie also auch in dieser Frage Ihre Blockadehaltung auf!
Ich will nur eines sagen – Sie sind ja auch gelernter Metaller, Herr Minister –: Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung ist die Karosserie oder die Landmaschine. Bitte verleihen Sie ihr mit dem Mindestlohn auch noch Räder. Wir stehen da an Ihrer Seite. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Garbrecht. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Brakelmann das Wort. Bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird Ihnen nicht gelingen, uns mit diesem Antrag die Zustimmung zu gesetzlichen Mindestlöhnen quasi durch die Hintertür abzuluchsen. Wir alle wollen eine vernünftige Lösung gegen Lohndumping. Wir alle wollen doch, dass für anständige Arbeit anständiger Lohn gezahlt wird. Wer in Vollzeit arbeitet, muss einen Lohn bekommen, der seine Existenz sichert.
Dieses Problem droht sich in Zukunft aufgrund der Entwicklung auf europäischer Ebene noch zu verschärfen. Ich nenne an dieser Stelle nur die Arbeitnehmerfreizügigkeit ab 2009 und die Öffnung der Dienstleistungsmärkte. Davon wird auch Nordrhein-Westfalen direkt betroffen sein. Dieses Problem wird sich allerdings nicht durch die Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen lösen lassen.
Im Kampf gegen Lohndumping kann die Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf Branchen, in denen es soziale Verwerfungen gibt, durchaus sinnvoll sein. Das sieht der DBG im Übrigen genauso. Die Union in Berlin will das ebenfalls – auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie sprach sich vor der letzten Runde, in der die Koalitionsspitzen über dieses Thema diskutierten, dafür aus, das Entsendegesetz bei Bedarf auf weitere Branchen auszuweiten.
Aber das ist Bundespolitik, meine Damen und Herren. Wir in Nordrhein-Westfalen können auch allein gegen Lohndumping vorgehen, wie unser Arbeitsminister Karl-Josef Laumann Anfang dieses Monats eindrucksvoll bewiesen hat. Der Minister hat im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Wach- und Schließgewerbe erstmals Tariflöhne für allgemein verbindlich erklärt. Damit erhalten alle Beschäftigten dieser Branchen den tariflich festgelegten Mindestlohn, auch wenn die entsprechenden Unternehmen nicht tarifgebunden sind.
Dies ist im Einvernehmen mit den Sozialpartnern geschehen. Das ist auch gut so. Selbst Sie, verehrter Kollege Schmeltzer von der SPD, konnten nicht umhin, dieses Vorgehen von Minister Laumann als richtigen Schritt und gut für die Beschäftigten zu loben. Recht haben Sie, Herr Schmeltzer!
In vielen Branchen aber werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Mindestarbeitsentgelten nicht mehr erfasst. Deshalb muss man sicher darüber nachdenken, ob die rechtlichen Regelungen zu Allgemeinverbindlichkeitserklärungen erleichtert werden können. Derzeit ist der Tarifausschuss des Landes oder des Bundes – er setzt sich aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen – zwingend an der Entscheidung beteiligt.
Die CDA beispielsweise fordert, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sicherzustellen, dass Allgemeinverbindlichkeitserklärungen für Branchen, in denen es soziale Verwerfungen gibt, nicht von den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber blockiert werden können. Ich glaube, darüber sollte man zumindest einmal nachdenken.
Einem flächendeckenden Mindestlohn, auch für bestimmte Branchen, erteilen wir eine klare Absage. Herr Minister hat noch einmal erläutert, warum das so ist. Damit stehen wir nicht allein auf weiter Flur. Ihr Parteigenosse, der frühere NRWMinisterpräsident – nicht unbekannt – und Bun
deswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat sich in der ZDF-Talkshow bei Maybrit Illner öffentlich gegen Mindestlöhne ausgesprochen. Auch Ihr ehemaliger Bundestagskollege, Klaus-Werner Jonas, der in Leipzig drei Friseurgeschäfte mit rund 40 Vollzeitbeschäftigen betreibt, ist vehement dagegen eingetreten.