Protocol of the Session on May 23, 2007

Herr Rasche, angesichts dessen ist es nicht besonders hilfreich und glaubwürdig, sondern – mit Verlaub – ein Stück weit Parteipolitik, wenn Sie sagen, der grüne Antrag sei deswegen in der Sache nicht zu begrüßen, weil er Ihnen abverlangen würde, eine Initiative zu starten, in deren Verlauf Sie noch sehr viele Gespräche auf Bundesebene mit zahlreichen anderen Bundesländern und Fachpolitikern führen müssten. Wenn Sie davon ausgehen, dass die Initiative für ein Trassenpreissystem etwas Richtiges ist, sollten Sie das nicht so einfach wegschieben, sondern konkret sein

und das, was möglich ist und sachlich dazu führt, dass das von uns allen gemeinsam in den Vordergrund gestellte Ziel umgesetzt wird, erreichen helfen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Herr Rasche, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch eine grundsätzliche Bemerkung machen: Ich wünschte mir, dass es bei allen Unterschieden, die es ansonsten in der Sache und über den Weg vielleicht gibt, wenigstens in Bezug auf den Lärm als Problem für große Teile der Bevölkerung, der hauptsächlich von den Verkehrsträgern und nur noch in den seltensten Fällen aus der Industrie kommt, in diesem Haus insgesamt etwas mehr Einigkeit gäbe, und zwar auch in Bezug auf Straßenlärm und Fluglärm. Denn wenn wir Gesundheitsförderung und -erhaltung betreiben wollen, sollten wir uns alle Verkehrsträger anschauen, nicht alleine die Bahn.

Wir werden uns bei Ihrem Antrag enthalten, weil er durchaus richtige Bestandteile hat, aber der beschriebene Weg nicht konsequent ist und nicht konsequent in den Bundesrat führt. Dem Antrag der Kolleginnen und Kollegen der SPD werden wir zustimmen. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Als nächster Redner spricht nun für die Landesregierung Herr Minister Wittke.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Becker, ich bin nicht dafür bekannt, dass ich den Bundesverkehrsminister bei jeder Gelegenheit in Schutz nehme. Aber nachdem Sie sich hier so intensiv über die Rolle der Bundesregierung im Allgemeinen und des Bundesverkehrsministers im Besonderen ausgelassen haben, will ich doch noch darauf hinweisen, dass bis vor eineinhalb Jahren Ihre Partei den Bundesumweltminister gestellt hat. Mir ist nicht bekannt, dass Herr Trittin sich nur ein einziges Mal um das Thema Bahnlärm gekümmert hat.

(Beifall von der CDU)

Vor dem Hintergrund ist es schon eine gewisse Unverschämtheit, hier so zu tun, als sei die Lärmproblematik bei der Bahn erst während der letzten eineinhalb Jahre eingetreten. Das ist wahrlich nicht der Fall. Darum ist es gut, dass sich dieser

Landtag unter einer neuen Mehrheit dieses Themas annimmt.

Diese Landesregierung hat großes Verständnis für die berechtigten Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, die insbesondere auch im Rheintal, Herr Kollege Jung, sowie bei den Strecken des Seehafenhinterlandverkehrs großen Belastungen durch Schienenverkehrslärm ausgesetzt sind. Hier steht der Bund in einer besonderen Verantwortung.

Wir begrüßen daher ausdrücklich, dass die Bundesregierung die Mittel des Lärmsanierungsprogramms, mit dem bisher in erster Linie Schallschutzmaßnahmen wie Lärmschutzwände und schalldämmende Fenster finanziert werden, von ursprünglich 51 Millionen € auf 76 Millionen € und nunmehr im Haushaltsjahr 2007 sogar auf 100 Millionen € aufgestockt hat.

Die Landesregierung begrüßt auch, dass die verbindlichen Vorgaben der Europäischen Union zu Lärm und Abgas bereits in nationales Recht umgesetzt wurden.

Dies bedeutet: Neue Elektro- und Dieselschienenfahrzeuge sowie neue oder mit neuen Bremssystemen versehene Güterwagen müssen seit Anfang dieses Jahres bereits die von der Europäischen Kommission verbindlich vorgegebenen Lärmgrenzen der technischen Spezifikation Lärm einhalten. Die Deutsche Bahn AG beschafft bereits seit 2001 grundsätzlich Güterwagen mit Verbundbremssohlen, den sogenannten K-Sohlen, die die Lärmemissionen quasi halbieren.

Für neue und neu motorisierte Diesellokomotiven sind ebenso verbindliche Grenzwerte zur Bekämpfung der Emissionen von gasförmigen Schadstoffen und luftverunreinigenden Partikeln vorgeschrieben. Aber es gilt auch: Vor allem für den im Betrieb befindlichen Güterwagenpark, der etwa zur Hälfte aus ausländischen Fahrzeugen besteht, ist nach wie vor ein erhöhter Handlungsbedarf gegeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung ist bereits im Sinne des Antrags der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP tätig geworden. So hat der Bundesrat am 15. Dezember vergangenen Jahres eine Entschließung zur Reduzierung des Lärms durch Güterverkehr auf der Schiene mit den Stimmen Nordrhein-Westfalens gefasst. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, zusätzlich zum Lärmsanierungsprogramm an Schienenstrecken der Eisenbahnen des Bundes mit jährlich 100 Millionen € Folgendes zu tun:

Erstens. Im Jahr 2007 ist ein Sonderprogramm zur finanziellen Unterstützung einer schnelleren Umrüstung vorhandener, in Deutschland zugelassener Güterwagen auf lärmmindernde Verbundstoffbremssohlen aufzulegen. Um in einem Zeitraum von weniger als zehn Jahren den vorhandenen und in Deutschland zugelassenen Bestand an lauten Güterwagen umzurüsten, sollten dazu jährlich 60 Millionen € bereitgestellt werden.

Das bestehende Lärmsanierungsprogramm sollte – zweitens – zur Erprobung effizienter und kostengünstiger Lärmminderungstechnologien – zum Beispiel Dämpfungselementen am Gleisoberbau – geöffnet werden.

Drittens. Der Bund als Eigentümer der DB Netz AG wird gebeten, mit höheren Trassenpreisen für laute Fahrzeuge einen wirtschaftlichen Anreiz zur schnelleren Umrüstung alter Güterwagen zu schaffen.

Viertens. Die Bundesregierung wird schließlich gebeten, bei der Europäischen Kommission darauf hinzuwirken, dass auch auf europäischer Ebene Anstrengungen für eine möglichst schnelle Umrüstung aller in Europa verkehrenden Güterwagen unternommen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in einem nationalen Verkehrslärmschutzpaket „Lärm vermeiden – vor Lärm schützen“ hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am 2. Februar dieses Jahres die Initiative der Länder zum Lärmschutz im Schienengüterverkehr aufgegriffen. Zwischenzeitlich haben die Verkehrsminister der Länder den Bund auch um eine Überprüfung der Regelungen des Bundesemissionsschutzgesetzes gebeten. Damit ist insbesondere der zugestandene Schienenbonus von 5 Dezibel unter dem Gesichtspunkt der Auswirkungen des Schienenlärms auf die Gesundheit der Menschen im Lichte neuerer Lärmwirkungsforschungen zu untersuchen.

Sie haben außerdem den Bund aufgefordert, bis zur nächsten Verkehrsministerkonferenz im Oktober dieses Jahres einen Zeitplan vorzulegen, bis wann die bisher von den Ländern geforderten Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Lassen Sie mich deshalb abschließend hinzufügen: Beim zukünftigen Ausbau transnationaler Strecken wie zum Beispiel der von Rotterdam nach Genua, also der Rheinstrecke, sind, wenn ein zusätzliches Gleis gebaut wird wie zum Beispiel von der deutsch-niederländischen Grenze über Emmerich nach Oberhausen, die strengen Lärmvorsorgegrenzwerte der 16. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz einzuhalten.

Sie sehen an all diesen Initiativen, dass die Landesregierung die Forderungen des CDU/FDPAntrags teilt und in Teilen schon umgesetzt hat. Das Land ist allerdings weder Aufsichts- noch Genehmigungsbehörde der Eisenbahnen des Bundes bzw. der in Deutschland verkehrenden Privatgüterwagen und kann allein von daher der DB AG und den Privatwagenhaltern keine verbindlichen Weisungen erteilen. Die Landesregierung wird sich aber auch weiterhin für die Umsetzung der in dem Antrag geforderten Maßnahmen zur Bekämpfung des Schienenverkehrslärms einsetzen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der SPD der Kollege Wißen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass der Ministerpräsident einmal hier ist.

(Zurufe von der CDU)

Mit Verwunderung habe ich heute Morgen eine Schlagzeile gelesen, die behauptet, dass der NRW-Reformzug auf Hochtouren rolle.

(Zurufe von der CDU: Ja!)

Das passt augenfällig gut zum heutigen Antrag der schwarz geführten Regierungskoalition mit dem Thema Schienenlärm. Beiden, der Regierungsarbeit wie diesem Koalitionsantrag, sind nämlich zwei Sachen gemein: Es wird viel Lärm um nichts veranstaltet. Dieser Antrag bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Immer dann, wenn man erwarten könnte, dass das Land eine Initiative bei der Reduzierung des Schienenlärms ergreift, wird mit dem Finger in Richtung Berlin gezeigt, wobei allerdings drei Finger auf einen selbst zurückweisen.

Meine Damen und Herren, so geht das nicht. Sie können sich nicht dauernd einen schlanken Fuß machen und in die Büsche schlagen.

(Beifall von der SPD)

Tun Sie endlich das, was Ihre Aufgabe ist. Sorgen Sie für eine bessere Vereinbarkeit von wirtschaftlichen Interessen bei der Schienengüterverkehrsbeförderung, und ergreifen gleichzeitig Initiativen für die Menschen entlang der vielbefahrenen Strecken. Sie sind in der Regierungsverantwortung; das sollten Sie nach zwei Jahren bemerkt

haben. Handeln Sie und verweisen nicht immer auf andere politische Ebenen. Investieren Sie in den Bereich Schiene und nutzen die erwiesenen Vorteile dieses wichtigen Verkehrsträgers.

Sehr geehrte Damen und Herren, die schwarz geführte Landesregierung hat durch ihre Prioritätensetzung in der Verkehrspolitik gerade nicht dazu beigetragen, die erforderlichen Investitionen im Bereich des Schienenverkehrs mit dem nötigen Nachdruck zu verfolgen. Hier werden die absolut falschen Signale gesetzt, etwa dann, wenn der Schienenverkehr und der Straßenverkehr gegeneinander ausgespielt werden.

In diesem Zusammenhang finde ich eine Pressemitteilung des Kollegen Dr. Stefan Romberg besonders putzig, den ich jetzt auch herzlich in unserer Runde begrüße.

(Horst Becker [GRÜNE]: Der ist aber nicht putzig!)

Wenn Herr Wittke der Ankündigungsminister ist, dann sind Sie der Ankündigungsabgeordnete.

(Lothar Hegemann [CDU]: Und was sind Sie?)

Dankenswerterweise hat mir der Kollege Stinka einen Artikel gezeigt, in dem Herr Romberg behauptet, dass der Antrag der Koalitionsfraktionen nun dazu führen würde, den Lärmschutz im Münsterland wirksam zu verbessern. Herr Dr. Romberg, wenn Sie sich den Antrag ernsthaft durchgelesen hätten, dann hätten Sie bemerkt, wie viel Wasser den Rhein noch herunter fließen muss, ehe es zu einem verbesserten Lärmschutz kommt. Wenn es so weit kommen sollte, dann hat das am allerwenigsten mit diesem Antrag zu tun. Es tut mir leid.

(Beifall von der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, da wir gerade bei der Rheinschiene sind: Natürlich ist es uns allen im Landtag ein wichtiges Anliegen, den Lärmschutz an den viel belasteten Strecken zu erhöhen. Ich bin der SPD-Kollegin Renate Hendricks sehr dankbar für ihre wichtige Arbeit zum Thema Lärmschutz vor Ort entlang der Rheinschiene. Aber, sehr geehrter Kollege Lorth, wir sind der Landtag für ganz Nordrhein-Westfalen. Sie können das Problem nicht ernsthaft auf Ihren Wahlkreis beschränken.

(Beifall von der SPD)

Schienenlärm gibt es in ganz NRW: im Ruhrgebiet, an der Betuwe und auch im Rheintal. Lärm und seine Reduzierung sind grundsätzliche Prob

leme und Phänomene in der Diskussion um Verkehre.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Frage ist doch, welche geeigneten Maßnahmen die Verantwortlichen ergreifen, um die Lärmbelastungen auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Hier müssen die DB AG, der Bund, aber auch das Land eng zusammenarbeiten.

Herr Minister Wittke, nutzen Sie Ihren Spielraum. Geben Sie Ihre falsche Priorisierung des Straßenverkehrs vor dem Schienenverkehr auf. Sorgen Sie als ehrlicher Moderator für einen Ausgleich der Interessen der Unternehmer ebenso wie der Anwohner. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollegen Wißen. – Nun hat sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen noch einmal der Kollege Becker gemeldet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben eben sehr lange ausgeführt, warum Sie dafür sind, dass der Lärm, der durch die Waggons entsteht, europaweit reduziert wird, dass der Ruß aus den Dieselloks gemindert wird und dass Dieselloks mit ihrem besonderen Lärm auf elektrischen Fahrwegen anders betrachtet werden. Sie haben nur nicht gesagt, warum Sie sich dann bei den EUrechtlichen Problemen in der Kombination aus Beihilfe und Trassenpreis nicht für den von uns vorgeschlagenen Weg des Trassenpreissystems entscheiden. Sie haben auch nicht erklärt, warum Sie, wenn Sie sich so weit für uns aus dem Fenster legen, keine klare Bundesratsinitiative ergreifen.