Vielen Dank, Herr Kollege Lienenkämper. – Für die SPD-Fraktion erhält Herr Abgeordneter Eiskirch das Wort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir unterhalten uns hier im Plenum zum sechsten oder siebten Mal über die Förderperiode der Ziel2-Gebiete für die Jahre 2007 bis 2013. Das Thema ist von Anträgen der Grünen und der SPD ge
Es fing mit dem operationellen Programm an und ging über die sozioökonomischen Kriterien, die nicht klar definiert worden sind. Es ging über die Realisierung einer privaten Kofinanzierung und die Titel sowie die Gestaltung der Wettbewerbe – ich weiß bis heute nicht richtig, wie diese gestaltet werden – bis hin zum heutigen Thema, der Beteiligung der Kommunen. Darüber hat sich die Landesregierung auch schon einmal geäußert, wenn dies auch etwas nebulös und nicht in wirklicher Einigkeit zwischen Frau Thoben und Herrn Wolf geschah. Es wurde bis heute nicht konkret gesagt, wie es gehen soll.
Insofern bin ich dankbar, dass aus den Reihen der Opposition endlich angemahnt wird, konkret zu sagen, wie die blumigen Versprechungen umgesetzt werden und wie die unter Haushaltssicherungskonzepten stehenden Gemeinden – die sogenannten HSK-Gemeinden – im Wettbewerb mitmachen sollen. Mit dem Entschließungsantrag wird das auch deutlich.
Sie wissen, wir sind nicht gegen Wettbewerbe. Wir sagen, die Wettbewerbe müssen Wettbewerbe um die besten Projekte in den strukturschwachen Regionen sein, weil es ein Programm für strukturschwache Regionen ist. Die Projekte müssen so gestaltet werden. Sie sehen das anders.
Besonders Wettbewerbe in den strukturschwachen Regionen müssen transparente und faire Startbedingungen haben. Transparent ist das Thema Wettbewerbe bei Ihnen bis heute nicht. Faire Startbedingungen muss aber bedeuten, dass unter Haushaltssicherung stehende Kommunen, die trotzdem wachstumstreibende Projekte, Innovationsprojekte oder Investitionsprojekte voranbringen wollen, eine Chance an Teilhabe haben. Darin stimme ich der Analyse der Grünen durchaus zu.
Frau Löhrmann, ich stimme nicht zu, wenn Sie sagen, es handelt sich um das Landesinnovationsprogramm, bei dem alle HSK-Gemeinden mitmachen können müssten. Das ist nicht so. TIP war zum Beispiel ein Landesinnovationsprogramm, das es nicht mehr gibt. Manche Programme waren landesweit aufgestellt. Wir reden hier über Technologieförderung in Regionen, die von der EU als strukturschwache Regionen definiert sind. Dafür ist dieses Programm gedacht. Wir sind für die Unterstützung von besonders wachstumstreibenden Technologien und Innovationen, wie es der Schwerpunkt 2 vorsieht.
Herr Kollege Lienenkämper, lassen Sie mich noch eines sagen. Ich würde nur sehr ungern mutwillig von einer Fraktion fehlinterpretiert, die mitgetragen hat, dass Städte wie Gelsenkirchen vor Gericht zur Erhöhung von Kindergartenbeiträgen getrieben werden. Sie tun so, als ob wir an dieser Stelle für eine Hundert-Prozent-Förderung wären.
In unserem Entschließungsantrag heißt es: Der Kofinanzierungsanteil der Kommunen muss in HSK-Gemeinden zulasten des Landes abgesenkt werden; das Land muss in diesen Fällen mehr tun. Das fordern wir an dieser Stelle.
Es muss also nicht für alle HSK-Gemeinden eine solche besondere Unterstützung geben. Es muss Hilfe für diejenigen Kommunen geben, die Schwächen in ihrer Wirtschaftsstruktur und in ihrer Finanzstruktur haben. Sie wissen, es gibt auch HSK-Gemeinden mit sehr gesunder Wirtschaftsstruktur und großer wirtschaftlicher Potenz. Es ist überhaupt nicht angesagt, dass diese jetzt trotzdem ganz besondere Unterstützung bekommen und in ihrer wirtschaftlich kompetenten und potenten Region Mittel erhalten, die die EU gibt, um strukturschwache Regionen zu unterstützen. Also noch einmal: Das sind wachstumstragende Impulse
Wir haben die Sachlage auch sehr deutlich gemacht. Mich wundert, dass die Landesregierung bis heute nicht konkret sagt, mit welchen Mitteln und unter welchen Kriterien sie das Ganze möchte. Wir warten auf diese konkreten Lösungsvorschläge, Frau Thoben. Wenn ich Herrn Breuer richtig verstanden habe, werden wir gleich auch welche zu hören bekommen.
Ich bin darauf sehr gespannt. Ich hoffe, sie sind fair und transparent und geben den Kommunen, die ansonsten keine Chancen haben, in den von Ihnen initiierten, aber noch nicht beschriebenen Wettbewerben mithalten zu können, eine realistische Chance, gute Projekte auch in ihren Regionen verwirklichen zu können.
Diese konkreten Lösungsvorschläge zu unterbreiten ist Ihr Job, Frau Thoben. Ich hoffe, Sie konnten sich an der Stelle gegenüber Herrn Dr. Wolf durchsetzen. Wir brauchen diese Vorschläge sehr dringend. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Eiskirch. – Für die FDP-Fraktion erhält das Wort – und er ist bereits auf dem Weg zum Pult – der Kollege Engel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und dem Entschließungsantrag der SPD wird ein Problemfeld im Rahmen der Umsetzung des NRW-Ziel-2-Programms angesprochen. Es handelt sich um die Inanspruchnahme von EU-Ziel-2-Mitteln, genauer gesagt: um den Europäischen Fonds für Regionalentwicklung.
Die Mittel müssen grundsätzlich in gleicher Höhe durch nationale Mittel kofinanziert werden. Die Kofinanzierung erfolgt aus dem Landeshaushalt, aus Mitteln verschiedener Bundesprogramme, aus Beiträgen Dritter und aus Kommunalhaushalten. Um in den Genuss der Ziel-2-Fördermittel zu kommen, müssen die Kommunen grundsätzlich einen Eigenanteil leisten. Daraus werden wir sie auch nicht entlassen. Die finanzielle Eigenbeteiligung der Kommunen ist bei vielen anderen Landesförderungen seit Jahren Usus, also der Fall, und auch keine neue Nachricht.
Sie, meine Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, befürchten nun, dass in der kommunalen Landschaft zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen kommt, da Kommunen im Haushaltssicherungskonzept bzw. in der vorläufigen Haushaltswirtschaft den Eigenanteil nur durch das – in Anführungszeichen – „Anzapfen“ der beliebten Quelle Kreditinstitut aufbringen können und zusätzliche Kredite von der Kommunalaufsicht genehmigt werden müssen.
Völlig richtig stellen Sie allerdings in Ihrem Antrag das Problem dar; der Kollege Lienenkämper hat darauf hingewiesen. Es wird Kommunen in der vorläufigen Haushaltsführung die Erbringung des Eigenanteils noch schwerer fallen als Kommunen mit genehmigtem Haushaltssicherungskonzept. Das ist klar.
Völlig richtig stellen Sie auch aus meiner Sicht dar, dass hiergegen etwas unternommen werden muss. In Ordnung! Da es sich um ein Problem der praktischen Anwendung handelt, bin ich davon überzeugt, dass dieses Problembewusstsein auch in der Landesregierung besteht und dazu hier sicherlich gleich noch etwas in geeigneter Weise gehört werden wird. Sicherlich wird die Landesregierung dies auch zu gegebener Zeit im Plenum vorlegen.
Für völlig falsch halte ich aber Ihre Forderung, den Kofinanzierungsanteil der HSK-Kommunen auf einen Nullbetrag – also eine Hundert-ProzentFinanzierung – abzusenken. Ich halte diese Forderung juristisch grundsätzlich für falsch. Es wird Ausnahmen geben. Das wird man im Einzelfall
Ich halte diese Forderung aus zwei Gründen für falsch. Einerseits stellen Sie die Forderung, dass der Landesfinanzanteil im Gegenzug zur Absenkung des Kofinanzierungsanteils der Kommunen erhöht wird, dies vor dem Hintergrund, dass das Land Nordrhein-Westfalen sich in einer nach wie vor schwierigen, angespannten Finanzlage befindet und ein strikter Konsolidierungskurs gefahren werden muss und auch gefahren wird. Das Land kann nicht noch mehr finanzielle Ausgaben schultern.
Andererseits würden wir mit einem solchen Anreiz, nämlich dem Verzicht auf die Erbringung eines Eigenanteils, geradezu alle Bemühungen für eine sparsame nachhaltige Finanz- und Haushaltswirtschaft konterkarieren. Und der Verzicht auf Kofinanzierung seitens der HSK-Kommunen ist dann auch ungerecht gegenüber den Kommunen, die einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Löhrmann, Herr Eiskirch, der osmotische Druck muss an dieser Stelle bleiben.
Vielen Dank, Herr Kollege Engel. – Jetzt hat das Wort für die Landesregierung Frau Ministerin Thoben.
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie sagt jetzt was zum Rückenwind! – Thomas Eiskirch [SPD]: Sie sagt jetzt was zum richtigen Zeit- punkt!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Löhrmann hat recht. Auf die Einlassung von Herrn Eiskirch einzugehen lohnt sich allerdings nicht. Er will nicht verstehen, er liest nichts, und deshalb stellt er immer dieselben Fragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, am Ende des Jahres 2006 befanden sich 197 Kommunen in der Haushaltssicherung, weil sie ihren Haushalt nicht ausgleichen konnten – 82 Kommunen davon mit einem genehmigten Haushaltssicherungskonzept und 115 Kommunen in der dauerhaften vorläufigen Haushaltswirtschaft, weil sie kein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept aufstellen konnten.
Hinsichtlich der haushaltsrechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten, die erforderlichen Eigenanteile aufzubringen, ist zwischen Kommunen mit genehmigtem Haushaltssicherungskonzept und Kommunen in der vorläufigen Haushaltswirtschaft zu unterscheiden.
Die Kommunalaufsicht geht davon aus, dass Kommunen mit einem genehmigten Haushaltssicherungskonzept in der Regel in der Lage sind, den Eigenanteil bei EU-kozufinanzierenden Maßnahmen gegebenenfalls auch durch Kreditaufnahme aufzubringen. Bedingung ist, dass die Laufzeit und die Genehmigungsfähigkeit des Haushaltssicherungskonzepts nicht gefährdet werden.
Für Kommunen in der vorläufigen Haushaltswirtschaft aufgrund eines nicht genehmigten Haushaltssicherungskonzepts, das sogenannte Nothaushaltsrecht, gilt Folgendes:
Kommunen in der vorläufigen Haushaltswirtschaft müssen die gesamte Haushalts- und Finanzwirtschaft mit dem Ziel führen, baldmöglichst ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept aufstellen zu können, um den vom Gesetz vorgesehenen Zustand geordneter Finanzverhältnisse wiederherzustellen.
Die Kreditaufnahme für Investitionen ist haushaltsrechtlich entweder gar nicht oder nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen möglich. Die betroffenen Kommunen dürfen grundsätzlich nur Ausgaben tätigen, zu deren Leistung sie rechtlich verpflichtet sind oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind. Insofern können sie keine Kredite zur Finanzierung der kommunalen Eigenanteile aufnehmen.
Frau Löhrmann, trotz dieser Rechtslage hat das Innenministerium jedoch mit dem Runderlass vom 4. Juni 2003 einen Weg für Kommunen mit einem Nothaushalt eröffnet, damit auch sie Investitionen durchführen und insbesondere Eigenanteile für mit EU-Mitteln finanzierte Projekte aufbringen
können. Danach kann eine Kommune grundsätzlich für ihre Investitionsmaßnahmen und die daraus resultierenden kassenwirksamen unrentierlichen Eigenanteile eines Haushaltsjahres eine genehmigungsfähige Kreditaufnahme bis maximal zur Höhe der gesamten ordentlichen Tilgung realisieren. Dabei können alle verfügbaren und im Haushaltsjahr kassenwirksamen investiven Deckungsmittel, zum Beispiel Pauschalen des Gemeindefinanzierungsgesetzes, Feuerschutzpauschale, Straßenbaubeträge, Veräußerungserlöse und Rücklagenentnahmen, herangezogen werden.
Mit dieser Verfahrensverweise haben die Kommunen in der vorläufigen Haushaltswirtschaft nach Einschätzung der Kommunalaufsicht eine flexible Gestaltungs- und Steuerungsmöglichkeit zur Finanzierung von Eigenanteilen. Nach den bisherigen Erfahrungen lagen im Übrigen nur wenige Kommunen mit ihrer jahresbezogenen Dringlichkeitsliste aller Eigenanteile über der oben genannten Maximalgrenze. In Einzelfällen ist es durch Nachverhandlungen in Kooperation mit den zuständigen Aufsichtsbehörden und den Kommunen gelungen, konstruktive Lösungen zu erreichen.
Die Kommunalaufsicht wird bei Bedarf auch im Rahmen der neuen Ziel-2-Förderung Hilfe leisten, damit die Kommunen eine Investitionsdringlichkeitsliste für das jeweilige Haushaltsjahr konzipieren und der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung der Kreditaufnahme vorlegen können. Das wird dazu führen, dass Haushaltssicherungskommunen nicht von den Investitions- und Innovationsimpulsen der Förderprogramme bzw. den Wettbewerben ausgeschlossen werden.
Die gesetzlichen Bestimmungen der Haushaltssicherung und des Nothaushaltsrechts zwingen die Kommunen zur Ausgabendisziplin und in der Regel dazu, die Eigenbeiträge durch Einsparungen an anderer Stelle oder durch zeitliche Verschiebungen anderer Maßnahmen zu erwirtschaften. Von den damit verbundenen, durchaus schmerzlichen Sparanstrengungen können die Kommunen aus rechtlichen, nicht zuletzt verfassungsrechtlichen Gründen nicht einfach freigestellt werden, und die bereits großzügige Duldungspraxis kann nicht weiter ausgedehnt werden. Deshalb kann die Kommunalaufsicht auch die Option einer konditionierten zusätzlichen Kreditaufnahme nicht einräumen.
Die Landesregierung berücksichtigt bei der Höhe der Eigenanteile die Finanzlage der Kommunen. Für Kommunen in schwierigen Haushaltslagen, insbesondere für Kommunen mit vorläufiger
Haushaltswirtschaft, soll der Eigenanteil regelmäßig 20 % betragen, damit Fördermaßnahmen in diesen Kommunen nicht an dem zu erbringenden Eigenanteil scheitern.
Entweder es interessiert Sie, dass ich jetzt präziser werde, oder es interessiert Sie gar nicht; wenn ich das einmal dazwischensagen darf.