Protocol of the Session on September 1, 2005

Ich rufe jetzt die

Mündliche Anfrage 7

der Abgeordneten Asch von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf:

Zukunft der Horte in Nordrhein-Westfalen

Die Landtagsfraktionen von CDU und FDP haben den Ausbau der offenen Ganztagsschule unter Einbeziehung und schrittweiser Überführung der vorhandenen Hortplätze in der Vergangenheit stets abgelehnt. Horte wurden als Voraussetzung für ein „plurales

und differenziertes Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsangebot in NRW“ angesehen, deshalb seien die Horte zu erhalten und nicht „durch einfachere und preiswertere Angebote wie die offene Ganztagsschule“ zu ersetzen. (Siehe Antrag Drucksache 13/3947, "Horte erhalten").

Die Planung der rot-grünen Landesregierung sah vor, die Landesfinanzierung von Hortplätzen 2007 auslaufen zu lassen, einhergehend mit einer bedarfsgerechten Ausweitung des Angebots an Ganztagsgrundschulen.

Koalitionsvertrag und Regierungserklärung der neuen Landesregierung machen keine konkreten Aussagen zur Zukunft der Horte, für die sich CDU und FDP in Land und Kommunen im Wahlkampf zur Landtagswahl massiv eingesetzt haben. Stattdessen wird ein Dreisäulenmodell der Kinderbetreuung aus Tagesmüttern und -vätern, Familienzentren und Ganztagsschulen angekündigt.

Beabsichtigt die Landesregierung an einer anteiligen Hortplatzfinanzierung durch das Land in dieser Wahlperiode festzuhalten?

Mittlerweile ist Herr Minister Laschet eingetroffen. Ich bitte Sie nun um Beantwortung.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich möchte mich zunächst in aller Form entschuldigen. Der Sitzungsdienst hatte uns die Zeit 16:30 Uhr genannt. Ich war vor der Tür zu einem Gespräch. Das wird in Zukunft nicht mehr vorkommen.

Zur Antwort: Horte leisten nach Auffassung der Landesregierung einen wichtigen Beitrag zur Bildung, Erziehung und Betreuung. In der Vergangenheit hatten ca. 30.000 Kinder im gesamten Land das Glück, einen Hortplatz zu erhalten. Sie wissen, in manchen Städten gibt es lange Wartelisten um diese Hortplätze, da sich die Horte durch ein intensives Betreuungsangebot auszeichnen, gerade auch für Kinder mit besonderem Förderbedarf.

Die offene Ganztagsschule kann bis heute noch nicht leisten, was Horte leisten. Das bedeutet für uns, dass die Horte nicht einseitig aufgekündigt werden und durch die offene Ganztagsschule in ihrer bisherigen Form ersetzt werden können. Der Bedarf an Horten in den verschiedenen Regionen Nordrhein-Westfalens ist sehr unterschiedlich. Deshalb wollen wir die Zukunft der Horte mit den Trägern erörtern. Wir legen großen Wert darauf,

diese Gespräche zu führen. Diese haben auch begonnen.

Aber die Grundaussage der alten Landesregierung, dass ab 2007 Horte nicht mehr gefördert werden, ist nicht die Position der neuen Landesregierung.

(Beifall von der CDU)

Hier hat eine Korrektur stattgefunden. Zwingende Voraussetzung für die weitere Reduktion der Horte ist, dass die offene Ganztagsgrundschule in ihrer Qualität gesteigert wird. Wir werden durch eine Verdoppelung der Lehrerstellenanteile zu einer deutlichen Verbesserung kommen. Damit kann eine Förderung für Kinder auf einem höheren Niveau als bisher erreicht werden. Eltern werden sich dann nicht mehr um die hochwertige pädagogische Bildung sorgen müssen.

Im Übrigen verschließt die Landesregierung nicht die Augen vor der Realität. In der Praxis bringen bereits heute viele Kommunen Hortplätze in die offene Ganztagsgrundschule ein. Das ist auch richtig so. Das soll auch die Entscheidung der Kommunen bleiben. Dieser Prozess wird sich fortsetzen. Wir werden daher mit Bedacht und Sorgfalt über die weiteren Perspektiven der Hortangebote beraten.

Dazu gehört auch die Klärung der Frage, in welcher Größenordnung in Zukunft Hortplätze vorgehalten werden können. Ich wage einmal die Prognose, dass, selbst wenn die offene Ganztagsschule dieses pädagogische Angebot in seiner Qualität erreicht hat, wir für ganz besondere Gruppe von Kindern - das ist insbesondere im Integrationsbereich ein wichtiger Themenkomplex - auch in einem geringen Umfang Horte in Zukunft brauchen.

Das Jahr kann man nicht festlegen. Aber diese besondere Förderung in sozialen Brennpunkten wird es auch in Zukunft geben, wenn die Träger, wenn die Kommunen das wollen. Diese Entscheidung liegt letztlich bei den Kommunen. Wir als Land werden den Kommunen nicht vorschreiben, wenn sie Hortplätze über 2007 hinaus bereithalten wollen.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank. - Es gibt eine Zusatzfrage der Abgeordneten Asch. Bitte schön.

Herr Minister Laschet, in Ihrer Antwort sind Sie meiner Meinung nach nicht hinreichend konkret geworden. Ich meine, dass

Familien und Eltern das Recht haben, Sicherheit darüber zu bekommen, wie ihre Schulkinder zukünftig nachmittags betreut werden.

Ich möchte Sie bitten, ganz konkret zu benennen, wieviel Prozent der Hortplätze im Jahr 2007 nach den Planungen Ihres Ministeriums in die offene Ganztagsschule überführt werden. Die Zahl müsste in Ihrem Haus bereits festliegen, weil die Kommunen und auch die Träger Planungen für diesen Zeitraum vorgenommen haben.

Herr Minister Laschet.

Die Planung liegt nicht bis zum Jahr 2007 fest, sondern die Kommunen sind in einem Prozess, für sich selbst Lösungen zu organisieren. Wir senden heute an die Kommunen das Signal, dass sie auch in Zukunft das Recht haben, die Hortplätze, die sie noch nicht in die offene Ganztagsschule eingebracht haben oder bei denen sie nicht die Absicht haben, sie in die offene Ganztagsschule einzubringen, auch über 2007 hinaus erhalten können.

Im Moment sind es 2.205 Hortplätze, die eingebracht worden sind. Diese Zahl wird in den nächsten Jahren steigen. Aber die Kommunen, die über 2007 hinaus das noch für nötig erachten, können dies tun. - Frau Asch, das wird in unserem Haus niemand beantworten können, weil wir eben nicht davon ausgehen, dass die Landesregierung besser weiß, was in den Kommunen vor Ort zu geschehen hat.

(Beifall von der CDU - Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Vielen Dank. - Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Gödecke, SPD-Fraktion.

Herr Minister, das Recht der Kommunen, auch über das Jahr 2007 hinaus die Horte aufrechtzuerhalten, ist völlig unstreitig, und darum geht es auch gar nicht bei den Fragen.

(Zurufe von der CDU)

Das wirklich Spannende an Ihrer Aussage ist die Frage, wie die Finanzierung aussehen soll. Deshalb frage ich Sie, ob Sie sich auch für die Landesregierung über das Jahr 2007 hinaus an der Finanzierung der Horte beteiligen werden.

Herr Minister Laschet, bitte.

Dass es unstrittig ist, dass es über das Jahr 2007 hinaus Horte geben soll, an denen sich das Land beteiligt, ist mir neu. Denn aus den Landtagsdebatten der letzten Wahlperiode geht doch hervor, dass das in der Tat der Streitpunkt war. Rot-Grün hat gesagt: Ab 2007 ist Schluss. - Sie haben das hier im Landtag beschlossen. Und jetzt lautet die Botschaft: 2007 ist nicht Schluss. - Das ist der Unterschied.

(Beifall von CDU und FDP)

Die Summe, die bereitsteht, fließt ja mit jedem einzelnen Hortplatz in die offene Ganztagsschule. Wir sparen ja zunächst nicht allzu viel Geld dadurch, wenn eine Kommune den Trägeranteil in die offene Ganztagsschule überführt, und insofern wird für die Kommunen, die diese Plätze noch nach 2007 nachfragen, auch eine Finanzierung garantiert werden.

Vielen Dank. - Eine Zusatzfrage hat auch Frau Abgeordnete Schäfer, SPD-Fraktion.

Herr Minister Laschet, noch einmal zur Finanzierung, weil es an dieser Stelle spannend wird. Sie haben zurzeit gesagt: Wenn die 28.000 Hortplätze, die noch da sind, nach dem Wunsch der Kommunen erhalten bleiben, dann wird die Landesfinanzierung für jeden dieser Hortplätze auch über 2007 hinaus erhalten bleiben. Das bedeutet in toto: 42 Millionen € pro Jahr für diese 28.000 Hortplätze in NordrheinWestfalen.

Das heißt, die Landesregierung sichert jetzt diesen Kommunen den Erhalt des Landesanteils an der Hortfinanzierung über 2007 hinaus jährlich zu?

Herr Minister Laschet.

Zum einen gehe ich davon aus, dass es mit dieser neuen Landesregierung gelingt, die Qualität der offenen Ganztagsgrundschule zu verbessern.

(Beifall von CDU und FDP)

Zum anderen gehe ich davon aus, dass uns die Schulministerin in zwei Jahren hier ein Konzept beziehungsweise ein Ergebnis vorträgt, das es uns erlaubt, zu sagen: Hier hat auch aufgrund der zusätzlichen Lehrerstellen eine deutliche Qualitätssteigerung stattgefunden.

Was wir Ihnen heute sagen, ist: 2007 ist nicht das Ende. - Das heißt aber nicht, dass wir bis 2020 oder 2030 weitermachen. Ihre strikte Position, dass 2007 Ende ist, hat ja bei den Kommunen zum Teil bedeutet, dass sie ihren Anteil eingespart haben und dass die Qualität, die Horte aufweisen, in der offenen Ganztagsschule nicht wiederkehrt. Diese Politik hört auf.

Also, das sind zwei Ebenen, über die wir hier sprechen: zum einen die Qualitätssteigerung in der offenen Ganztagsgrundschule - damit geht ein sinkender Bedarf an Hortplätzen einher -, zum anderen die Zusage, dass es über 2007 hinaus für eine begrenzte Anzahl von besonders förderungswürdigen Kindern Hortplätze geben wird.

Ich gehe nicht davon aus, Frau Kollegin Schäfer, dass es 2007 noch 28.000 Plätze sein werden. Denn viele Kommunen sagen: Wir begleiten diesen Prozess der Qualitätssteigerung positiv. - Diese Gespräche werden wir in den nächsten Tagen führen, und zwar mit den Trägern, mit den Kommunen und denen, die daran beteiligt sind, also auch mit den Eltern.

Aber die Aussage, 2007 seien wir bei null, ist nicht die Position dieser Landesregierung. Das ist der Unterschied.

(Beifall von der CDU)

Nun fragt Frau Altenkamp von der SPD-Fraktion.

Herr Minister Laschet, habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass Sie hier zweierlei Zusagen für die Landesregierung gemacht haben? - Zum einen wollen Sie die Lehreranteile für die offene Ganztagsgrundschule verdoppeln, und zum anderen wollen Sie die Hortplätze über das Schuljahr 2007/2008 hinaus weiter landesseitig finanzieren, wenn die Kommunen dies wollen.