Protocol of the Session on May 3, 2007

Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Fehring das Wort.

Sehr geehrter Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde versuchen, dieses emotionale Thema noch einmal sachlich zu beleuchten, Herr Remmel.

Wie in zahlreichen Anträgen und Debatten zuvor wenden sich die Grünen auch in dieser Aktuellen Stunde mal wieder ihrem Lieblingsthema zu, den Klimaschutzzielen. Dabei werden wie selbstverständlich die Initiativen der Landesregierung in diesem Bereich als nicht ausreichend kritisiert. Die Grünen suggerieren: Nordrhein-Westfalen könne praktisch im Alleingang das Weltklima retten.

Luft kennt jedoch keine Grenzen und erfordert daher weltweite Kooperation und gemeinschaftliches Handeln zur Begrenzung der negativen Einflüsse. Dieses können weder Nordrhein-Westfalen noch die Bundesrepublik allein erreichen. Auf die Bundesrepublik entfallen 20 % der Einwohner und ein Viertel der Emissionen in der Europäischen Union. Dennoch haben wir uns verpflichtet, 75 % der europäischen Reduktionsverpflichtungen zu übernehmen, Herr Remmel. 75 % der europäischen Reduktion übernehmen wir. Hier wird deutlich, dass wir entgegen Ihren Behauptungen Vorreiter auf diesem Gebiet sind. Auch der seit kurzem in den USA eingetretene Sinneswandel gibt Anlass zur Hoffnung, dass ein Kioto-PlusAbkommen möglich sein könnte.

Nachdem man sich in der Vergangenheit immer gegen ambitionierte Klimaschutzziele gewehrt hat, wurden jetzt endlich das Potential und auch die Notwendigkeit erkannt. Leitziel des Konzeptes von Sigmar Gabriel ist die Reduktion der CO2Emissionen bis zum Jahre 2020 um 40 % gegenüber 1990. Meine Kollegin Frau Fasse hat das Zahlenmaterial schon ausreichend vorgetragen.

Die Landesregierung hat diese Forderung bereits vor der Veröffentlichung des Bundeskonzeptes aufgegriffen. Die vorgelegten Energiekonzepte zu erneuerbaren Energien, Biomasse, Energiefor

schung und Energieeffizienz sind ein Schritt in die richtige Richtung. Beispielsweise im Konzept für Energieforschung wird deutlich, dass die angestrebten Ziele nur durch die Verdopplung der Energieproduktion bis 2020 gegenüber 1990 erreicht werden können. Dazu ist ein grundlegender Technologie- und Strukturwandel in der Energiewirtschaft nötig.

Für die Energieforschung bedeutet das eine sehr viel stärkere Herausforderung. Mittelfristig muss es zu einer deutlichen Steigerung in der Umsetzung der Forschungsergebnisse kommen. Dazu gehören die Verbesserung von Speichersystemen, die Entwicklung CO2-armer Kraftwerkstechnik im fossilen Bereich und auch die Wasserstoffforschung. Langfristig gehört dazu auch eine Ausweitung der Grundlagenforschung, auch wenn klar ist, dass die konkrete Umsetzung solcher Erkenntnisse einen sehr viel längeren Prozess erfordert.

Die Grünen verkennen, wie auch in dieser Aktuellen Stunde wieder deutlich wurde, die energiewirtschaftlichen Realitäten. Es ist utopisch zu glauben, in den nächsten 20 Jahren auf Kohle und Kernenergie verzichten zu können. Dies ist allen, die sich mit diesem Thema ernsthaft beschäftigen, auch klar. Wir können leider die benötigte Energie durch die erneuerbaren Energien allein nicht zur Verfügung stellen – in NRW nicht und in der gesamten Bundesrepublik ebenfalls nicht.

Windträchtige Standorte sind nicht mehr vorhanden. Die Aufrüstung vorhandener Windkraftanlagen schreitet aus betriebswirtschaftlichen Gründen – und sicherlich auch aus planungsrechtlichen Gründen; darauf hat Herr Minister Uhlenberg schon hingewiesen – nur allmählich voran. Die Offshore-Technik einschließlich der stromabführenden Leitungstrassen lässt ebenfalls auf sich warten.

Für das universell einsetzbare Biogas, das erfreulicherweise ein weiteres Standbein für unsere Landwirte darstellt, kann in NRW allerdings nur auf ca. 250.000 Hektar zurückgegriffen werden. Wie Sie wissen, haben wir in der Bundesrepublik Deutschland rund 12 Millionen Hektar Ackerfläche. 30 % davon kann man für erneuerbare Energien einplanen; das ist betriebswirtschaftlich und ackerbaulich in Ordnung. Somit wird das leider nie ausreichen.

Herr Eiskirch, im Übrigen freue ich mich darauf, dass unsere Betriebe – sprich: Stahlproduzenten, Anlagenbauer und auch Landwirte – hier ihre Chancen nutzen. Allerdings ist mir auch bewusst,

dass wir mittelfristig am bewährten Energiemix festhalten müssen.

Herr Remmel, von daher bin ich gespannt auf Ihre künftigen Antworten dazu, wie der von Ihnen immer wieder geforderte Umbau der Energieversorgung innerhalb der nächsten 13 Jahre erfolgen soll, ohne dabei Zigtausende Arbeitsplätze in unserem Land zu gefährden.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das ist doch eine alte Strophe! Sie stammt noch aus dem Wahlkampf!)

Sie verschweigen nämlich oft die Kosten, die durch den von Ihnen geforderten grundlegenden Wechsel entstehen. Diese Kosten – das verschweigen Sie ebenfalls – müssen in letzter Konsequenz von Verbrauchern und Industrie übernommen werden. Allein der Umbau der Struktur der Übertragungsnetze, die von einer zentralen auf eine dezentrale Einspeisung umgerüstet werden müssten, um erneuerbare Quellen besser nutzen zu können, stellt ein Milliardenprojekt dar, das nicht kurzfristig realisiert werden kann.

Wir alle haben ein Interesse daran und tragen Verantwortung, gemeinsam an dem Ziel eines weiteren wirksamen Kündigungsschutzes zu arbeiten. Dieser Herausforderung werden wir gerecht werden.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Fehring. – Für die SPD-Fraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Römer zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Weil der Ministerpräsident jetzt an dieser Debatte teilnimmt, will ich einen Punkt ansprechen, der noch nicht zur Sprache gekommen ist. Minister Gabriel – darauf ist hier vielfach hingewiesen worden – hat für die Bundesregierung eine Regierungserklärung zu diesem wichtigen Thema abgegeben.

Ich hätte mir gewünscht – ich glaube, viele in diesem Hause hätten das auch gewünscht –, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung die Kraft aufgebracht hätte, heute ebenfalls eine Regierungserklärung zu diesem für das Industrieland Nordrhein-Westfalen bedeutenden Thema abzugeben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist nicht der Fall.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Weil sie nichts zu sagen hat!)

Offensichtlich werden Sie dieser Verantwortung, die die Menschen Ihnen auferlegt haben – ich wiederhole das noch einmal –, nicht gerecht.

Es kann nur zwei Gründe dafür geben, dass keine Regierungserklärung der Landesregierung zu diesem wichtigen Thema erfolgt ist. Entweder sind die Differenzen zwischen Herrn Pinkwart, Frau Thoben und Herrn Uhlenberg so unüberbrückbar – manches ist hier ja deutlich geworden –, dass eine gemeinsame Regierungserklärung innerhalb der Landesregierung nicht abgegeben werden konnte, oder der Klimaschutz und die damit verbundenen Chancen für Nordrhein-Westfalen sind für die Landesregierung des Energielandes Nummer eins einfach kein Thema. Beides wäre fatal.

Deshalb fordere ich die Landesregierung auf, in Bezug auf dieses wichtige Thema endlich zu beginnen, mit uns darüber zu diskutieren, wie ein die gesamten Politikfelder verbindender gemeinsamer Ansatz zustande gebracht werden kann; denn dann können wir hier auch über ein Gesamtkonzept reden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

In diesem Zusammenhang will ich auf einen zweiten Punkt hinweisen. Heute steht – ohne Debatte – ein weiterer Klimaschutzantrag der SPD-Fraktion auf der Tagesordnung. Damit wollen wir den Versuch unternehmen – das sollte im Ältestenrat in aller Ruhe behandelt werden –, in diesem Hohen Haus gemeinsam eine diesem Thema angemessene Einrichtung eines Sonderausschusses zustande zu bringen.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ich lade Sie ganz herzlich dazu ein. Dort wird sich zeigen, ob Sie endlich die Kraft aufbringen, auch nach außen deutlich zu machen, dass Sie Ihrer Verantwortung auch dadurch gerecht werden wollen, dass wir bei diesem wichtigen Thema einen interdisziplinären Ansatz wählen. Wenn die Landesregierung schon nicht dazu willens oder in der Lage ist, dann sollten wir das im Hohen Haus tun. – Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen zur Aktuellen Stunde vor. Daher ist sie an dieser Stelle beendet.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

3 Zwei Jahre Politik gegen die Kommunen und ihre Bürgerinnen und Bürger

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/4231

In diesem Zusammenhang weise ich noch auf den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/4288 hin.

Ich eröffne die Beratung und erteile das Wort für die antragstellende Fraktion der Fraktionsvorsitzenden Frau Löhrmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Römer, es ist kein Wunder, dass es kein gemeinsames Agieren und keine gemeinsame Regierungserklärung gibt, wenn die Partner, wie heute wieder deutlich geworden ist, so weit auseinander liegen.

Bei dem ebenfalls sehr wichtigen Thema Kommunalpolitik, das wir jetzt behandeln, ist das auch der Fall. Dort bestehen ebenfalls große Unterschiede. Deswegen haben wir als Grüne auch diesen Antrag gestellt. Die Kommunalpolitik dieser Regierung Rüttgers/Pinkwart/Wolf ist nämlich ein einziges Trauerspiel für die Kommunen und die Menschen in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Rüttgers, dass Sie den Sozialschauspieler geben, hat den Menschen bisher nicht geholfen. Nur der CDA-Flügel ist bedient worden.

Jetzt erleben wir ein neues Stück: Law-and-OrderParolen werden ausgegeben. Damit wollen Sie offensichtlich den Law-and-Order-Flügel der CDU glücklich machen und die Stammtische bedienen.

(Zuruf von der CDU: Was heißt „Law and Order“ denn auf Deutsch?)

Nur eine Zielgruppe haben Sie hier völlig aus den Augen verloren, nämlich Ihre eigene kommunale Basis;

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

denn Sie haben in den letzten zwei Jahren systematisch eine kommunalfeindliche Politik betrieben. Das spüren die Menschen dort, wo sie leben, in den Städten und Gemeinden unseres Landes. Dort, wo die Keimzelle der Kommune ist, wo die Keimzelle der Demokratie ist, sind die Menschen von Ihnen, Herr Rüttgers, enttäuscht, entrüstet und entsetzt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will Ihnen das gerne deutlich machen: erstens anhand der Finanzpolitik, die Sie auf dem Rücken der Gemeinden machen. Das fängt bei der Grunderwerbsteuer im GFG an und hört bei den Krankenhausinvestitionen noch nicht auf. Zu den Kindergärten komme ich noch.

Sie wollen den Anschein von Haushaltskonsolidierung erwecken. In Wahrheit ziehen Sie aber den Kommunen das Geld aus der Tasche und damit den Boden unter den Füßen weg! Das ist ein Unding.

(Beifall von den GRÜNEN und Hans-Willi Körfges [SPD])

Das hat ganz konkrete Auswirkungen. Das gefährdet kommunale Krankenhäuser, das gefährdet Weiterbildungseinrichtungen, und Gebührenerhöhungen sind an der Tagesordnung, ob in den Volkshochschulen, ob in den Familienbildungsstätten. Es ist ein Armutszeugnis, Ihr persönliches Armutszeugnis, Herr Rüttgers, dass man an den Schulbüchern der Kinder in Nordrhein-Westfalen erkennt, wo arm und wo reich ist, meine Damen und Herren.