Protocol of the Session on March 28, 2007

Ich lasse die Frage von Frau Löhrmann gerne zu.

Herr Minister, vielen Dank. Ich habe allerdings auch die herzliche Bitte, dass Sie die Präsidentin ausreden lassen, wenn sie sich an Sie richtet.

Entschuldigung, Frau Präsidentin. Ich hatte das nicht mitbekommen.

Immerhin haben Sie im Ansatz reagiert. – Frau Löhrmann, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Herr Uhlenberg, ich möchte Sie erstens bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir den Antrag schon eingereicht und gestellt hatten, bevor wir wussten, was Sie gestern vor Ort verkündeten. Also, den Zusammenhang jetzt herzustellen …

(Minister Eckhard Uhlenberg: Also ziehen Sie ihn zurück?)

Nein, den ziehen wir nicht zurück. Uns interessiert jedoch – und das möchte ich Sie fragen –, wie Sie die Vertragsgestaltung, insbesondere den Zeitraum, im Lichte der Aussagen des früheren CDU-Fraktionsvorsitzenden Linssen, die Herr Remmel hier heute zitiert hat, erklären. Das hätten wir gerne von Ihnen im Rahmen dieses Tagesordnungspunkts erläutert. Wie rechtfertigen Sie diesen Zeitraum?

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist zu rechtfertigen, Frau Abgeordnete Löhrmann, weil dieser Einstieg den Vorteil bietet, dass jetzt große Mengen Holz nicht nur gekauft – es wird zurzeit viel Holz in Südwestfalen gekauft –, sondern auch abtransportiert werden. Das ist doch das Wichtigste, damit dieses Holz nicht vom Borkenkäfer befallen wird. Es wird die Zusage gemacht, dass in den nächsten Jahren eine bestimmte Menge Holz geliefert wird. Hinsichtlich der Menge sind wir flexibel. Was die Preise angeht, so werden diese der jeweiligen Marktlage angepasst. Von daher gibt es in diesem Vertrag, der sich in den letzten Stunden seiner Verhandlung befindet, noch keine abschließenden Werte.

Es ist für die Landesforstverwaltung überhaupt kein Problem, diese Mengen in den nächsten Jahren zu erfüllen. Dieser Vertrag trägt nun in der ganz konkreten Situation, in der man den Menschen und Waldbauern in Nordrhein-Westfalen helfen muss, dazu bei, dass wir zu einer Stabilisierung der Märkte kommen.

Ich weiß nicht, ob Sie sich schon einmal mit den Waldbauern vor Ort unterhalten haben. Sie sind

höchst nervös, dass das Holz womöglich noch nicht abtransportiert ist, bevor der Borkenkäfer kommt. Diesem Anliegen tragen dieser Vertrag und weitere Verträge, die jetzt noch folgen, Rechnung.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung sind und zur Abstimmung kommen können.

Die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat direkte Abstimmung beantragt. Dazu kommen wir jetzt, und zwar über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/4025. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag gegen die Stimmen der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD mit den Stimmen der Fraktionen CDU und FDP abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt

5 Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/3978

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich Herrn Minister Dr. Wolf vonseiten der Landesregierung das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zentraler Punkt der Reform des Landtagswahlrechts ist die Einführung der Zweitstimme; wir orientieren uns hier an der Bundestagswahl. Bis auf BadenWürttemberg und das Saarland gilt auch in den anderen Flächenländern das Zweistimmenwahlrecht. Mit zwei Stimmen – einer für den Wahlkreiskandidaten und der anderen für die Partei – eröffnen sich für die Wahlberechtigten und die Parteien mehr Möglichkeiten demokratischer Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Parlaments.

Auf dem Stimmzettel sollen wie nach dem Bundeswahlgesetz die ersten fünf statt bisher die ersten drei Listenbewerber der jeweiligen Partei auf

geführt werden. Dies erhöht die Transparenz für die Wählerinnen und Wähler.

Zur Berechnung der Mandatsverteilung wollen wir – wie auch im Bund angestrebt – ein neues Verfahren einführen. Dieses ist insgesamt ausgewogener und gerechter als das bisherige. Dadurch lassen sich für die Zukunft unerwünschte Anomalien zulasten einzelner Parteien besser vermeiden.

Weiter sieht der Gesetzentwurf die Aufstellung von Ersatzbewerbern in den Wahlkreisen vor. Damit wollen wir eingedenk des Dresdener Falles bei der letzten Bundestagswahl Nachwahlen bei Tod des eigentlichen Kandidaten vor der Wahl verhindern. Die Ersatzbewerber sollen ihre Funktion bei einer Wahl des eigentlichen Bewerbers verlieren, es ist aber zulässig, Ersatzbewerber zugleich als Listenbewerber aufzustellen.

Ein anderes wesentliches Anliegen der Reform des Landtagswahlrechts ist es, die Klarheit und Wahrheit oder, anders ausgedrückt, die Homogenität von Wahlvorschlägen zu gewährleisten, damit die Wähler wissen, welche politischen Zielvorstellungen unterscheidbar zur Auswahl stehen.

Nur zu gut haben wir die Diskussionen über die Aufstellung von WASG-Mitgliedern auf Landeslisten der PDS bei der Bundestagswahl 2005 in Erinnerung. Den Wahlausschüssen waren damals die Hände gebunden, weil das Bundeswahlgesetz Listen ohne parteipolitische Homogenität nicht eindeutig verbietet und es den wegen der Neutralität verpflichteten Wahlausschüssen nicht zugemutet werden kann, politische Einstellungen von Wahlkandidaten zu überprüfen. Nach unserem Gesetzentwurf sollen deshalb nur solche Bewerber von einer Partei aufgestellt werden dürfen, die Mitglied dieser Partei sind und keiner anderen Partei angehören oder die parteilos sind. Dies ist von den Bewerbern gegenüber dem Wahlleiter eidesstattlich zu versichern.

Meine Damen und Herren, bei der letzten Bundestagswahl wurden bei der Briefwahl in zwei Wahlkreisen versehentlich über 10.000 Stimmzettel vertauscht. In solchen Fällen kann nach der jetzigen Rechtslage die Erststimme nicht als gültig gewertet werden, weil sie für einen Kandidaten aus einem anderen Wahlkreis abgegeben wurde.

Nach geltendem Recht ist aber auch die Zweitstimme ungültig. Die Zweitstimme gilt jedoch unabhängig vom jeweiligen Wahlkreis einer bestimmten Partei. Wir wollen deshalb rein vorsorglich, auch wenn wir hoffen, dass sich das nicht wiederholen wird, bei Stimmzettelvertauschung die Zweitstimme bei eindeutiger Ankreuzung als

gültig anerkennen. Mit einer entsprechenden Regelung im Bundeswahlgesetz kann ebenso gerechnet werden.

Zum Schluss etwas Praktisches: Der Erwerb der Mitgliedschaft im Landtag nach der Landtagswahl soll nicht mehr einer Annahmeerklärung mit Wochenfrist bedürfen, sondern mit der amtlichen Feststellung des Wahlergebnisses kraft Gesetzes erfolgen. Damit wird eine schnellere Anberaumung der konstituierenden Sitzung des Landtags möglich. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Wolf. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Töns das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der heute vorliegende Gesetzentwurf hat eine längere Geschichte: Bereits im November 2005 hatte die Fraktion der Grünen Ähnliches beantragt. Damals wurde eine weitere Beratung mit Hinweis auf Änderungen im Bundeswahlgesetz vertagt. Heute sollen wir über das weitere Verfahren befinden.

Ich stelle fest: Die politischen Rahmenbedingungen haben sich geändert, die Bedenken, die gegen das Gesetzesvorhaben sprechen, leider nicht. So frage ich Sie, meine Damen und Herren, ob wir mit dieser Wahlrechtsänderung tatsächlich einen Fortschritt erreichen, ob wir das demokratische System stärken.

(Ralf Witzel [FDP]: Natürlich!)

Worin konkret soll der Vorteil liegen? Als Argument kann nicht allein die Kongruenz zum Bundeswahlrecht herhalten. Wir haben hier nicht über das personalisierte Verhältniswahlrecht auf Bundesebene zu diskutieren. Dass dieses durchaus nicht unproblematisch ist, sehen wir zurzeit im Bundestag. Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, bröckelt die Mehrheit im Bundestag weg, und Sie haben nichts Besseres zu tun, als sich dieses Problem ins eigene Haus zu holen. – Herzlich willkommen, Herr Biesenbach.

Nicht dass ich missverstanden werde: Ich persönlich bin nicht sonderlich unglücklich darüber, dass das jetzt passiert, aber ich bin dafür, dass wir die Mehrheiten im Landtag ordentlich wechseln, nämlich da, wo die Bürgerinnen und Bürger mitentscheiden – bei der nächsten Landtagswahl. Eins wird deutlich: Von kurzfristigen Vorteilen für diese

oder jene Partei abgesehen, wird keinerlei Stärkung des demokratischen Systems durch Einführung der Zweitstimme erkennbar.

(Beifall von der SPD)

Deshalb lehnen wir ein rein taktisches Herumfummeln an historisch gewachsenen und bewährten Wahlsystemen ab. Wenn Sie schon mit einem Mehr an Partizipation für Bürgerinnen und Bürger in unserem Land argumentieren, haben Sie dann nicht etwas Entscheidendes vergessen?

Warum, so frage ich, wollen Sie das Landeswahlgesetz ändern, ohne das Wahlalter auf 16 Jahre herabzusetzen? Sind wir uns in diesem Hause nicht über Parteigrenzen hinweg einig, dass die ablehnende Akzeptanz der Politik gerade bei jungen Menschen ein Problem für unser demokratisch verfasstes Land ist? Sind wir uns nicht einig darüber, dass wir gerade jüngere Menschen stärker an Politik partizipieren lassen wollen, weil es um ihre Zukunft geht?

Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, können Sie dem 16-jährigen Jugendlichen in unserem Land, der sich politisch engagieren will, erklären, warum er seinen Oberbürgermeister wählen darf, aber die Mitglieder des Landtags nicht? Herr Pinkwart – er ist heute nicht anwesend – hat noch kürzlich gegenüber ddp erklärt, dass er ein Wahlrecht für Jugendliche ab 16 auch auf Bundes- und Landesebene für wünschenswert hält.

Können Sie sich in dieser Frage gegenüber Ihrem Koalitionspartner nicht durchsetzen, Herr Witzel? Das gelingt Ihnen doch sonst bei jeder noch so unsinnigen „Privat vor Staat“-Frage. Wenn es aber um vitale demokratische Fragen geht, kneifen Sie den Schwanz ein.

(Beifall von der SPD)

Aber das ist ja auch kein Wunder. Reden wir doch offen! Diese Wahlrechtsänderung ist ein Geschenk an die FDP nach dem Motto: Kumulieren und Panaschieren habt ihr bei der Gemeindeordnung nicht bekommen, dafür gibt es jetzt die Zweitstimme bei der Landtagswahl.

Dabei müssen Sie aber aufpassen, meine Damen und Herren von der FDP, dass sich dieses Geschenk nicht als Danaergeschenk erweist. Bisher hat noch niemand bewiesen, dass eine Zweitstimmenregelung Vorteile für die kleineren Parteien bringt. Im Gegenteil: Zweitstimmen bewirken doch vor allem bei den kleineren Parteien eine Fokussierung auf Persönlichkeiten. Das führt mich zu der Frage, meine Damen und Herren von der FDP, wo Sie diese Persönlichkeiten hernehmen

wollen. Ich sehe sie in Ihrer Landtagsfraktion nicht.

(Christof Rasche [FDP]: Ehrlich?)

Aber das soll nun wirklich nicht meine Sorge sein.

Kurzum: Dieser Gesetzentwurf verfehlt sein Ziel komplett. Der Gewinn für Demokratie ist gleich null; aber dafür verpassen wir eine echte Chance für mehr Beteiligung von jüngeren Menschen am politischen Prozess. Trotzdem: Glückauf!