Protocol of the Session on March 7, 2007

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

denn Sie wollen keinen wirklichen Bestandsschutz –, zurücknehmen und klarmachen, dass Sie einen echten Bestandsschutz meinen und nicht den Tod auf Raten?

(Beifall von den GRÜNEN)

Wie weit, meine Damen und Herren, wollen Sie sich eigentlich bei der früheren Kommunalpartei CDU noch von ihrer kommunalpolitischen Basis entfernen? Wie viele Resolutionen soll es aus den Stadt- und Gemeinderäten, wie viele Resolutionen soll es aus den Kreistagen eigentlich noch gegen diese Politik geben?

Ich hoffe für unsere Fraktion, ich hoffe für die Unternehmen, und ich hoffe für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber ich hoffe auch für die vielen Vernünftigen, die es bei Ihnen in der Kommunalpolitik gibt, dass Sie sich von diesen Plänen noch abbringen lassen und im Gegensatz zu den Zwischenrufen der FDP mindestens auf das Bemühen des Städtetages, der Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammern eingehen, die Ihnen sagen, dass das, was Sie machen, völlig überzogen ist und dass alles das, was Sie vorgeben, in Zukunft durch das Gesetz verhindern zu wollen, auch mit dem heutigen Gesetz verhinderbar ist.

Meine Damen und Herren, in dieses Bild passt, dass sich dieser Innenminister an der Stelle – ich will es freundlich formulieren – so weit vergaloppiert, dass er in einem Interview, das er heute Morgen in WDR 5 gegeben hat, als Beispiel dafür, was man bekämpfen müsse, anführte: Busreparaturunternehmen der öffentlichen Hand, die möglicherweise andere Aufträge annehmen könnten.

Meine Damen und Herren, daran ist mehreres bemerkenswert! Erstens: Das existiert in dieser Form nicht. Zweitens: Reparaturen für private Kunden sind mit dem heutigen Gesetz durch die Kommunalaufsicht jederzeit zu stoppen. Drittens. Der Innenminister kennt die Gesetze nicht ausreichend. Sonst würde er das nicht als Argumentation gebrauchen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Biesenbach das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will diese Form der Ansprache wählen, denn sie ist neutraler, Frau Löhrmann – warum, werden Sie gleich merken.

Über die Fassung des Gemeindewirtschaftsrechts wird hier im Landtag ja eigentlich in periodischen Zeitabständen immer wieder debattiert.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Weil es offen- sichtlich den Menschen unter den Nägeln brennt!)

Ist das jetzt ein erheblich neues Faktum, das dazu beiträgt?

(Gisela Walsken [SPD]: Nein! Das interes- siert Sie nicht? Alles klar!)

Dann gehe ich jetzt einmal direkt in medias res. Wir, Herr Remmel und Herr Becker und Herr Jäger, nehmen die Menschen, die da draußen stehen, ernst.

(Lebhafte Zurufe von der SPD: Oh!)

Das aber, was Sie machen,

(Ralf Jäger [SPD]: Wir schenken Ihnen die Redezeit! Gehen Sie einmal nach draußen!)

ist genau das, was der Kollege Dr. Rudolph jetzt eben mit sizilianischem Verhältnis zur Wahrheit meinte. Das, was Sie machen, ist ein verlogenes Spiel.

(Gisela Walsken [SPD]: Vorsichtig!)

Ich nehme die Rüge gleich entgegen. – Das, was Sie hier machen, kann entweder nur wider besseres Wissen sein, oder Sie zeigen, dass Sie vom Gemeindewirtschaftsrecht auch nicht die blasseste Ahnung haben.

(Beifall von CDU und FDP – Horst Becker [GRÜNE]: Gilt das auch für die CDU- Bürgermeister?)

Herr Becker, ich habe Sie bis jetzt immer eingeschätzt …

Liebe Kollegen, ich möchte den Einwand des Kollegen Becker insofern aufgreifen, dass auch wie für ihn vorhin gilt, dass ich dem Kollegen Biesenbach nicht das Wort entzogen habe und er es damit ganz überwiegend in diesem Hause auch hat.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Ich nehme das gleich entgegen. Ich will auch sagen, warum. Lassen Sie es mich doch ganz einfach begründen. Sie haben heute hier beide, Herr Jäger und auch Sie, Herr Becker, dargestellt, dass just die Tätigkeiten im Abfallbereich und alle die Dinge, die in den § 107 Abs. 2 passen, künftig einer Beschränkung unterliegen. Das kann nur jemand behaupten, der nie ins Gesetz gesehen hat, oder er kann es nur wider besseres Wissen tun.

(Beifall von der CDU)

Sie sprechen davon, wir trieben Stadtwerke in den Tod. Das ist genau diese eigentlich verwerfliche Art, mit den Ängsten der Menschen umzugehen.

(Beifall von der CDU)

Sie verunsichern doch draußen die Mieter. Sie verunsichern die Stromkunden. Sie verunsichern die Patienten in den Krankenhäusern. Sie spielen

unverantwortlich mit den Existenzängsten der Menschen, die in den Stadtwerken beschäftigt sind. Denn alle die Tätigkeiten, die Sie genannt haben, sind von der vorgeschlagenen Änderung überhaupt nicht betroffen.

Herr Kollege Biesenbach, gestatten Sie eine Zwischenfrage sowohl des Kollegen Jäger als auch des Kollegen Becker?

Da ich sie in der Qualität vermute wie die Beiträge, sage ich Nein. – Ihr Verhalten – ich bleibe bei dieser Schärfe – mit dem Spiel mit den Ängsten kann ich nur als schäbig bezeichnen.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Horst Be- cker [GRÜNE])

Herr Becker, auch Ihres. Alles, was die Diskussionen auslöst, und alles, was die Demonstrationen auslöst, wird von der Änderung überhaupt nicht betroffen.

(Zurufe von der SPD)

Die Stadtwerke lassen Busse und Bahnen fahren. Sie versorgen Bürger mit Strom, Gas und Wasser. Sie betreiben Wohnungsbau. Sie betreiben praktisch den gesamten Bereich des öffentlichen Lebens. Daran wird sich nichts ändern.

(Ralf Jäger [SPD]: Das ist doch Quatsch!)

Dafür ist keine Änderung vorgesehen. Das gestehen sogar die Stadtwerke ein. Ich darf zitieren: Die bisherigen Aktivitäten – so der Leiter der Stadtwerke Dortmund – dürfen wir weiter verfolgen. Nur das reicht nicht aus. Alles, was der Daseinsvorsorge dient, bleibt in vollem Umfang erhalten.

Wenn Sie sich einmal den Bestandsschutz ansehen, dann sehen Sie hier auch die ganz normale gesunde Weiterentwicklung.

(Ralf Jäger [SPD]: Zitieren Sie weiter! Sie haben zwei Sätze weggelassen!)

In den gesetzlich liberalisierten Bereichen der Daseinsvorsorge sind die angemessene Weiterentwicklung und die marktgerechte Ergänzung angestammter Tätigkeitsfelder zulässig. Was wollen Sie mehr? Auch die Erweiterung der Dinge, die nicht bereits zum klassischen Geschäft gehören, gehört dazu. Das wissen auch die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, und deswegen auch meine Wertung.

Worum es in der Diskussion wirklich geht, verschweigen Sie. Das wird auf der Website des VKU, des Verbandes Kommunaler Unternehmen, deutlich. Dort können Sie lesen: Was private Unternehmen dürfen, müssen Stadtwerke auch künftig dürfen. Jegliche Einschränkung passt in keinen Wettbewerbsmarkt und gehört aufgehoben.

(Ralf Jäger [SPD]: Was dürfen die denn nicht?)

Sehen Sie sich dazu nur einmal die Stellungnahmen etwa des nordrhein-westfälischen Handwerkstages an, die Sie selber zitiert haben. Ich will aus einer zitieren:

„Wie wir erfahren, ist der Grund für die flächendeckende Kampagne der Stadtwerke NRW in einer völlig neuen Konzeption für die Stadtwerke der Zukunft zu suchen.“

(Zustimmung von Dietmar Brockes [FDP])

In einem uns zugegangenen Gutachten, das vom Verband Kommunaler Unternehmen in Auftrag gegeben wurde, „Stadtwerk der Zukunft“ wird empfohlen, dass sich die Stadtwerke zu umfassenden Infrastrukturdienstleistern insbesondere im Bereich Bauhof und Gebäudedienste profilieren.

(Dietmar Brockes [FDP]: Hört, hört!)

Die Wettbewerbsaktivitäten im Energiemarkt, auf die Sie einen solchen Wert legen, sollen reduziert werden. Das ist die Wahrheit, die Sie verschweigen.

(Beifall von CDU und FDP)