Meine Damen und Herren, es mutmaßt allerdings schon abenteuerlich an, in welchen Geschäftsfeldern sich die Kommunen und Stadtwerke in den vergangenen Jahren breitgemacht haben. Hier seien als Beispiele zu nennen: Reisebüros, Nagelstudios, Gartenbau, Autorecycling und Autoreparatur, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Consulting und Ingenieurdienstleistungen, Gebäudemanagement, Anlagen-Contracting, Energiekostenabrechnung für private Wohnungsbaugesellschaften und Verwalter von Liegenschaften.
Dass die städtischen Unternehmen hierbei besonders die zahlreichen Handwerksbetriebe in arge Bedrängnis gebracht haben, lässt sich aus dieser Aufzählung unschwer ableiten.
Wie weit und umfassend öffentliche Daseinsvorsorge nach der derzeitigen und von der Opposition vehement verteidigten Lage offensichtlich interpretiert wird, zeigt uns ein Beispiel der Stadtwerke Bielefeld.
Herr Kollege Jäger, das möchte ich Ihnen gleich gerne einmal zeigen. „Die Energie, die PartyLaune schafft.“ Stadtwerke Bielefeld:
„Für Partylaune sorgt unser Party-Paket mit Bistro-Stehtischen und Schirmen, Heizstrahlern, Zapfanlage, Gasgrill und Brenngas.“
Herr Kollege Becker, wir können froh sein, dass sie keine eigene Kantine haben – sonst würde man die Würstchen und das Bier gleich noch mitgeliefert bekommen.
Meine Damen und Herren, bei allem Verständnis für das Anliegen der Kommunen, sich aufgrund der angespannten Haushaltslage neue Einnahmequellen zu erschließen: Damit ließe sich letztlich eine völlig unbegrenzte wirtschaftliche Betätigung des Staates begründen. Dies ist nicht nur
aus ordnungspolitischer Sicht abzulehnen, sondern auch mit erheblichen Nachteilen und Gefahren für die Kommunen selbst verbunden.
Es ist ein Gebot der kommunalen Entscheidungsträger, mit dem Geld ihrer Bürger sorgfältig umzugehen. Daraus folgt, dass sie bei sämtlichen Investitionsentscheidungen – hierzu zählt eindeutig auch der Aufbau eines neuen Geschäftsfeldes – generell verpflichtet sind, unverantwortliche Risiken zu vermeiden.
Meine Damen und Herren, viel zu oft haben sich kommunale Unternehmen vor dem Hintergrund eines fehlenden Konkursrisikos in waghalsige finanzielle Abenteuer gestürzt – zum Schaden der Steuerzahler. Deshalb muss man einige Entscheidungsträger vor sich selbst schützen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Als nächster Redner spricht für die Landesregierung Herr Minister Dr. Wolf.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist ein weiterer untauglicher Versuch der Opposition, zur Unzeit eine Diskussion anzuzetteln, nämlich vor Einbringung des Gesetzentwurfs in den Landtag.
Das können Sie machen, meine Damen und Herren. Wir werden natürlich auch gerne mit Ihnen darüber debattieren. Nur: Es nutzt nichts. Sie sollten den Beratungsgang in aller Ruhe abwarten. Ich glaube, Sie haben dann Chancen, dass Ihre Argumente bis dahin zumindest noch ein bisschen der Prüfung unterzogen werden. Was Sie vorgetragen haben, waren weitestgehend Beiträge zur Desinformation. Ich glaube, dass wir Ihnen an dieser Stelle wie auch beim vorherigen Tagesordnungspunkt nicht auf den Leim gehen werden. Sie wollen schlichtweg Unfrieden in die Koalition hineintragen, obwohl es eine abgestimmte Kabinettsvorlage gegeben hat. Diese Kabinettsvorlage ist bei der Verbändeanhörung gewesen. Sie geht jetzt in einen zweiten Turn zur nächsten Kabinettsentscheidung. Dann werden wir uns im Parlament damit beschäftigen.
Nur weil Sie eben wieder einiges berichtet haben, was nicht wahr ist, will auch ich, ohne alle Beiträge zu wiederholen, einige Punkte klarstellen. Sie
Es ist eindeutig so, dass das dort zitierte Beispiel der Stadt Bochum nicht trägt. Wenn die Stadt Bochum ihre Bürger bisher zu 10 % aus Eigenerzeugung mit Strom versorgt und das auf 30 oder 50 % steigern will, sage ich: Bingo, das darf sie. Das wird sich auch unter dem neuen Recht nicht ändern. Es wird hier mit Ängsten gespielt, obwohl alle – das unterstelle ich einmal –, die sich auch auf der Oppositionsseite ein bisschen mit dem Thema beschäftigen, wissen, dass § 107 Abs. 2 an dieser Stelle herauszunehmen ist. Er ist nicht betroffen. Wer die Versorgung mit dem Nötigsten, nämlich mit Wasser und Energie, leisten will, kann das auch weiterhin tun.
Weil Sie auch hier wieder Szenarien malen, dramatisieren – natürlich auch ein Stück interessengeleitet –, sage ich Ihnen: Was haben Sie uns nicht alles bei parallelen Reformvorhaben vorhergesagt, und was ist hinterher daraus geworden? Das kennen wir doch, es läuft jedes Mal so. Wegfall der Schulbezirke, Untergang des Abendlandes! Inzwischen melden sich die Städte freiwillig und wollen es vorher machen. Ladenöffnungsgesetz abgeschafft! Wo ist das Drama, das Sie vorhergesagt haben? Lassen Sie doch einfach einmal die Reformen wirken, die natürlich ihren guten Grund haben.
Es ist doch von Herrn Kollegen Biesenbach genauso wie von Herrn Kollegen Brockes in anschaulicher Weise deutlich gemacht worden, dass es in der Vergangenheit Missbrauch gegeben hat und dass natürlich die Besorgnis besteht, dass es ihn in der Zukunft gibt. Wir wollen uns beispielsweise bei der Frage der Subsidiaritätsklausel an Länder wie Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz anpassen, wo es vergleichbare Subsidiaritätsklauseln gibt, die besagen: Stadtwerke sollen ein besonderes Bedürfnis haben müssen, damit sie sich wirtschaftlich betätigen dürfen.
Das bezieht sich aber ausdrücklich nicht auf das, was im öffentlichen Diskurs ist, nämlich Energieversorgung, Wasserversorgung, Wohnungswirtschaft, Verkehrswirtschaft. Dort sind sie selbstverständlich in der Lage, ihren Bürgern nach wie
vor das zu leisten, was sie auch heute zu leisten imstande sind. Deswegen wäre es wichtig, denjenigen, die draußen demonstrieren oder sonst ihren Widerstand artikulieren, zu sagen, dass wir in einen Diskurs darüber eintreten, was sich wirklich ändert, und deutlich zu machen, dass wir Auswüchse verhindern wollen, aber nicht an die Grundfeste der Kommunalwirtschaft gehen.
Wir alle wissen, wie wichtig gerade auch Daseinsvorsorge vor Ort ist. Es geht darum, Exzesse zu verhindern. Dazu dienen die Gesetzesverschärfungen, die so oder in ähnlicher Form in vielen anderen Kommunalverfassungen auch zu finden sind. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD Herr Kollege Körfges das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin gelinde gesagt bestürzt über die Argumente oder vielmehr über die Versuche, Argumente vorzutäuschen, die hier seitens der Vertreterinnen und Vertreter der Regierungskoalition unternommen werden.
Ich weiß genau, Kollege Biesenbach, wenn die CDU inhaltlich sprachlos ist, dann müssen Sie ran. Sie machen dann eine pauschale Beschimpfung von allem und jedem, verkneifen sich jedes Argument in der Sache und meinen dann, Sie hätten einen guten Job gemacht. Ich würde Ihnen empfehlen: Unterhalten Sie sich doch bitte mit Ihren Kolleginnen und Kollegen aus der CDU, die vor Ort all das, was hier als „schäbige Stimmungsmache“, als „Beschimpfungen“ bezeichnet worden ist, vertreten. Sagen Sie das doch Ihren eigenen Leuten!
Denn die Argumente, die wir zitieren, stammen zum großen Teil von CDU-Kommunalpolitikerinnen und -Kommunalpolitikern.
Ich frage mich wirklich für wie harmlos Sie nicht nur uns, sondern Zehntausende von Menschen, die ihre Betroffenheit zeigen, halten, wenn Sie sagen: Wir ändern doch eigentlich gar nichts! – Also, meine Damen und Herren, all das, was hier als Exzesse beschrieben worden ist – und ich weiß, dass der Kollege Biesenbach, der Herr Innenminister und viele andere über ein gewisses juristisches Grundwissen verfügen –, all das, was Sie beschrieben haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, ließe sich mit der gegenwärtigen Gemeinde
Von daher sind Sie immer noch die Antwort darauf schuldig geblieben, welche Ziele Sie wirklich mit dieser Änderung verfolgen.
Da ist der Beitrag des Kollegen Brockes ziemlich zielführend. Inhaltlich, bezogen auf die Leistung unserer öffentlichen Unternehmen, kommt nichts, aber bezogen auf den ideologischen Background eine ganze Menge: Ordnungspolitik, meine Damen und Herren, neoliberale Phrasen, die hier abgedroschen werden, und zwar zum Schaden unserer kommunalen Betriebe und Unternehmen! Ich habe nicht nur heute, sondern insgesamt in der Debatte kein einziges Argument wahrnehmen können, das sich auf die Leistung, auf die Qualität, auf die Wettbewerbsfähigkeit und auf die Arbeitsplätze vor Ort und auch auf den örtlichen Mittelstand bezieht.
Wir haben uns der Mühe unterzogen und in der Fläche diskutiert. – Ich habe mir sagen lassen, der Kollege Engel hat das in meiner Stadt Mönchengladbach auch getan. Der Erfolg lässt sich in der Zeitung nachlesen, meine Damen und Herren. – Wir haben auf unseren Veranstaltungen sehr viele Handwerksmeister, Kreishandwerksmeister, mittelständische Unternehmen gehabt, die uns gesagt haben: Lasst bloß die Finger von der Kommunalwirtschaft! Das sind unsere wichtigsten Partner, unsere wichtigsten Auftraggeber! – Meine Damen und Herren da schaden Sie denjenigen, die Sie angeblich in Schutz nehmen, mit Ihrer Politik!
Wenn Sie sich einmal interessiert der Frage zuwenden, wer denn alles neben kommunalen Spitzenverbänden und neben Gewerkschaften – sicherlich spielt da auch ein eigenes Interesse eine Rolle – mit uns gemeinsam gegen Ihr Vorhaben ist, dann werden Sie ganz leicht erkennen, dass es eine ganze Reihe von Hauptverwaltungsbeamten der CDU sind, die sicherlich einer sozialistischen Ideologie nicht verdächtig sein können.
Wenn Herr Sauerland, der Duisburger Oberbürgermeister, sich gerade vor dem Landtag von den Demonstranten begrüßen lässt, wenn der Krefelder Oberbürgermeister in meiner Anwesenheit dem Herrn Innenminister vorwirft, er solle die Finger von § 107 lassen, wenn der Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal – die Aufzählung wäre zu lang; ich habe die Redezeit nicht mehr, meine
Damen und Herren –, wenn ganz viele Hauptverwaltungsbeamte aus dem Bereich der CDU sagen: „Bitte, lasst die Finger davon!“, dann muss Ihnen das zu denken geben.
Ich habe mich der Mühe unterzogen, in den veröffentlichten Biografien einmal nachzusehen, wer von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, eine doppelte Identität mit sich herumträgt. Es gibt nämlich fast 30 Kolleginnen und Kollegen, die vor Ort in kommunalen Fraktionen tätig sind und Aufsichtsratpositionen in kommunalen Unternehmen übernommen haben. Es gibt mehr als 20 CDU-Kolleginnen und -Kollegen, die unmittelbar an Ratsresolutionen gegen die Änderung des § 107 beteiligt waren.
Kollege Schittges, es ist doch gelebte Schizophrenie, dass Sie in Krefeld gegen diese Landesregierung Front machen und sich hier unerkannt vom Acker machen wollen.