Protocol of the Session on February 7, 2007

Auf längere Sicht – das mag zehn, 20 oder 30 Jahre dauern – werden wir nicht klarkommen, wenn wir uns nicht auf ein einheitliches Niveau verständigen. Das hat natürlich Konsequenzen; denn es bedeutet, dass wir in den industrialisierten europäischen und amerikanischen Staaten zu einer CO2-Reduktion um 80 % kommen müssen, während die anderen, beispielsweise die Chinesen, ein Level von maximal 3 bis 4 t erreichen dürfen.

Das heißt, dass sie anfangen müssen, sparsamere Technologien einzusetzen. Wir sind doch überhaupt nicht auseinander bei der Einschätzung, dass es vernünftig ist, wenn alle Welt – ich nenne nur Indien und China – hocheffiziente Kraftwerke in Nordrhein-Westfalen kauft. Wenn dadurch CO2 eingespart wird, hat doch kein Mensch etwas dagegen. Das ist auch der Kernpunkt.

Wir haben heute kein apokalyptisches Szenario angesprochen. Die Kernfrage ist nun einmal: Verschlafen wir als Industrie- und Technologieland die Märkte, die als Konsequenz aus all diesen Prozessen in den nächsten zehn, 20, 30 oder 40 Jahren Beschäftigung und modernste Technologie für uns und unsere Kinder und Enkel hier in Nordrhein-Westfalen schaffen?

Auf diese Frage sind heute wieder Antworten gegeben worden – zum Beispiel von Herrn Ellerbrock –, die nur skurril sind.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Ellerbrock hat an dieser Stelle gesagt, dass wir die Technologieführerschaft bei CO2-freien Kraftwerken haben wollen. Herr Weisbrich, wie wir alle wissen – wir führen ja auch eine Anhörung dazu durch –, ist die Separierung von CO2 – Abscheidung und Verpressung in die Erde – noch nirgendwo gelungen. Wir sind offen für die Forschung und für die Diskussion. Das Ganze ist hochriskant. Der Wirkungsgrad, den wir gerade auf 43 % gesteigert haben, geht, wie Sie gesagt haben, 15 % in die Knie. Es stellt sich also die Frage, ob das überhaupt ökonomisch darstellbar ist.

Ich kann ganz gelassen damit umgehen; denn in dem Moment, in dem eine solche Separierung von CO2 für Rheinbraun Vorschrift würde, wären wir mit den erneuerbaren Energien wettbewerbsfähig. Dann bräuchten wir nur noch die Frage zu diskutieren, ob Rheinbraun die Energie inklusive CO2-Speicherung erzeugt oder ob wir zu den gleichen Kosten erneuerbare Energien einsetzen.

Neben dem mit der CO2-Speicherung verbundenen hohen Risiko müssen Sie zur Kenntnis nehmen – das wissen Sie auch –, dass selbst eine weltweite Separierung und Speicherung uns wieder nur für eine bestimmte Zeit hilft. Dann sind die unterirdischen Lagerstätten auch voll.

Herr Ellerbrock, nun komme ich zu Ihrer Aussage, wir wollten uns für wirtschaftlich nutzbare regenerative Energien einsetzen. Sie wissen ganz genau, dass es jetzt darum geht, dass die weltweit entstehenden Märkte mit Hightech aus Deutschland, vor allen Dingen aus NRW, besetzt werden können. Aus diesem Grund müssen wir bestimmte Dinge initiieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass die von Ihnen immer wieder verteufelte Windindustrie-Monstertechnik – das ist ja Ihre Sprachwahl, die sonst kein Mensch pflegt – von der CDU-geführten Regierung unter Bundeskanzler Kohl initiiert worden ist. Das Ganze wurde dann unter Rot-Grün in Berlin gut fortgesetzt – auch mit Unterstützung zum Beispiel des Deutschen Bauernverbandes. Das hat dazu geführt, dass wir die Nation mit dem höchsten technologischen Standard weltweit sind und dass unsere Firmen Exportanteile zwischen 70 und 80 % erzielen – mittlerweile mit zunehmender Tendenz.

(Beifall von Oliver Keymis [GRÜNE])

Das ist die positive Folge. Das Ganze wäre nicht in dieser Weise entwickelt worden und nicht so in Gang gekommen, wenn es nicht gefördert worden wäre.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir befinden uns hier auch im Konsens. Es ist völlig klar, dass wir aufgrund des knappen öffentlichen Geldes nichts Unwirtschaftliches fördern wollen. Das Ziel ist, es so zu entwickeln, dass es die Wirtschaftlichkeit erreicht.

Frau Ministerin Thoben, ich stimme völlig mit Ihnen überein, wenn Sie einen Zertifikatehandel für Autos vorschlagen. Das ist eine überaus spannende Option. Wenn wir meinen, wir könnten noch in zehn, 20 oder 30 Jahren die Weltmärkte

mit unseren Porsche Cayennes, Daimlers und anderen großvolumigen Autos bedienen, dann müssen wir aufpassen, dass nicht aus Indien oder China hocheffiziente Kleinwagen für die Hälfte des bei uns üblichen Preises hierher zurückkommen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn sie dort gute Wagen bauen können, dann sind sie auch in der Lage, irgendwann den 7erBMW für die Hälfte des Preises zu liefern.

In Bezug auf die Technologieführerschaft bei effizienten Motoren hat die Bundesrepublik Deutschland etwas verpasst. Die Hybridantriebe kommen aus Japan. Die in NRW entwickelte Abgastechnik kommt in französischen Autos zurück.

Hier ist ein Impuls notwendig. An dieser Stelle müssen wir uns positiv aufstellen. Wir müssen die Entwicklung fördern – nicht einmal unbedingt mit Geld, sondern durch klare politische Vorgaben.

Wir sind bei Ihnen, wenn Sie ernsthaft eine nordrhein-westfälische Initiative anstreben, den CO2Zertifikatehandel für Autos einzuführen. Derjenige, der meint, einen solchen Porsche oder einen riesengroßen VW oder Daimler mit 1.000 PS zu brauchen, soll das dann auch über den Emissionshandel bezahlen. Gleichzeitig haben die Vernünftigeren, die mit einem Kleinwagen bescheidener zurechtkommen, den entsprechenden Bonus.

(Beifall von den GRÜNEN)

Bringen Sie so etwas ein. Ich nehme das als Aufschlag auf. Wir werden uns darum bemühen und einen Vorschlag machen. Lassen Sie uns in einen Wettbewerb der Ideen eintreten.

Herr Kollege Priggen.

Dann schauen wir, wie man das weitertragen kann. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Brockes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Priggen, ich finde es schon bemerkenswert: Zum einen sagen Sie, die Ausführungen des Kollegen Ellerbrock seien skurril. Im nächsten Satz führen Sie aber

genau das Problem an, das Herr Kollege Ellerbrock auch genannt hat, nämlich dass die CO2freien Kraftwerke mit Wirkungsgradverlusten verbunden sind. Insofern weiß ich nicht, was Sie dem Kollegen vorwerfen.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Wenn man es nicht versteht, kann man es auch nicht nach- vollziehen!)

Meine Damen und Herren, wir sollten die gesamte Debatte versachlichen. Wir sind hier in diesem Hohen Haus wohl alle der Meinung, dass wir die Klimaschutzanstrengungen weltweit verstärken müssen. Dazu muss Nordrhein-Westfalen selbstverständlich ebenfalls seinen Beitrag leisten. Die Ministerin hat ja auch ausgeführt, welchen Maßnahmenkatalog die Landesregierung bereits ergriffen hat: von der Energieeffizienz über die Energieeinsparung bis hin zur Biomassestrategie und zur Geothermie.

Zur Geothermie haben wir einen gemeinsamen Antrag aller vier Fraktionen dieses Hauses beschlossen, der sich auch mit Fragen der Wärmedämmung, Gebäudesanierung etc. befasst. Werfen Sie uns also nicht vor, wir würden an dieser Stelle nicht handeln! Nordrhein-Westfalen wird seinen Beitrag leisten.

Aber welchen Beitrag müssen wir noch auf Bundesebene bringen? Ich würde Ihnen empfehlen, einmal in das Gutachten zu schauen, das Sie heute schon den ganzen Tag anpreisen. Denn die Experten, Frau Schulze, sagen, dass wir den Kampf gegen die Erderwärmung ohne den effektiven Einsatz der Kernenergie nicht gewinnen können. Zu diesem wichtigen Punkt haben Sie heute keinen einzigen Satz gesagt.

Wir können nicht zum einen aus der Kernenergie aussteigen und zum anderen auf die Verstromung verzichten. Ich nehme als Beispiel die Fraktion der Grünen, die zwar die Technik optimieren, aber den Ausstieg aus der Kernenergie, aus der Steinkohleverstromung und aus der Braunkohleverstromung möchte, um auf erneuerbare Energien zu setzen. Dabei sagen die Experten selbst – nehmen Sie Herrn Vahrenhold als Beispiel –: Das können die erneuerbaren Energien in dieser kurzen Zeit nicht erreichen. Wir brauchen die Kernenergie noch weitere Jahre.

In ihrer Übersicht bleibt also nur noch Gas übrig. Gas müssen wir importieren. Dort haben wir bereits die Abhängigkeit von Russland. Wenn wir Ihrer Strategie folgen würden, Herr Kollege Priggen, würden wir die Gasimporte weiter erhöhen – Russland und Herr Putin werden sich freuen – und bei uns neue Gaskraftwerke bauen. Das wür

de dazu führen: Russland liefert mehr Gas und baut selbst neue Steinkohlekraftwerke, aber nicht auf unserem modernen hohen Level, sondern solche, die wir als Dreckschleudern bezeichnen müssen. Ihre Strategie führt also unter dem Strich zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch eine Grafik zeigen.

(Der Abgeordnete hält einen Artikel aus der „Bild-Zeitung“ hoch.)

Gestern war es in der „Bild-Zeitung“ bildlich schön dargestellt, Frau Kollegin Schulze, wer die Emittenten sind: hauptsächlich Amerika, China, Indonesien.

(Svenja Schulze [SPD]: Wer liefert die Filter- technik?)

Deshalb ist es wichtig, dass wir gerade dort, wo die Emissionen am höchsten sind, ansetzen und für Effizienzsteigerungen sorgen, indem dort moderne neue Technik aus Nordrhein-Westfalen zur Geltung kommt. Dann haben wir dem Klimaschutz gedient. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Römer das Wort.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Jetzt kommt „Privat vor Staat“!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ich will aus dieser Debatte das aufnehmen, was dazu dienen kann, zu diesem Thema gemeinsame Vorstellungen zu entwickeln. Ich bin dankbar, Frau Kollegin Fasse, dass Sie vor diesem Hohen Hause klargemacht haben – wenn auch offensichtlich nicht für die gesamte CDU-Fraktion –: Für Sie ist ein Klimawandel da, entstanden und befördert durch menschliches Handeln, durch die Menschen insgesamt, und der Klimawandel erfordert auch aktiven Klimaschutz. So weit stimmen wir überein.

Dass Kollege Weisbrich anschließend angefangen hat, Sie wieder ein bisschen in eine andere Ecke zu stellen und das Ganze kleinzureden, lasse ich für einen Moment beiseite. Aber wenn wir zu der gemeinsamen Überzeugung kommen, Frau Kollegin Fasse, dass aktiver Klimaschutz auch politisches Handeln erfordert, dann aber bitte auf allen Ebenen:

(Beifall von der SPD)

selbstverständlich international, selbstverständlich national, aber auch hier in diesem Land und in allen 396 Städten und Gemeinden NordrheinWestfalens. Ich bitte Sie: Springen Sie über Ihren eigenen Schatten, und warten Sie nicht nur darauf, dass auf europäischer Ebene noch Berichte über das eine oder andere erfolgen. Nein, lassen Sie uns das tun, was in Nordrhein-Westfalen notwendig ist. Das können wir gemeinsam verabreden.

(Beifall von der SPD)

Frau Ministerin, vieles von dem, was Sie vorgetragen haben, ist nicht nur diskussionswürdig und muss von uns gemeinsam aufgenommen werden, sondern ist auch mit unserer nordrhein-westfälischen Tradition, mit unserer industrie- und technologiepolitischen Erfahrung nach vorne zu bewegen. Selbstverständlich müssen Sie auch im Rahmen Ihrer Verantwortung immer wieder Instrumente überprüfen. Ja, es muss evaluiert werden. Aber nach fast zwei Jahren Regierungsverantwortung immer noch darauf zu verweisen, dass Sie noch Zeit brauchen, um einen Klimaschutzbericht, der hier schon vorgelegen hat, weiterzuentwickeln, reicht nicht aus.