Protocol of the Session on January 26, 2007

Es gibt nichts Wichtigeres, als sich von diesen Leuten Rat zu holen und auch einmal den Blick von außen zu ertragen. Dass dieser dann nicht bei allem, was man tut, konstatiert: „Ihr seid alle supertoll“, das ist völlig klar. Ich hoffe, dass Sie an dem Punkt so klug sein werden, sich immer wieder den Rat anderer zu holen und vor allem auch einer Gruppe, die Ihre Arbeit kritisch beäugt. Das Medienland NRW braucht das. Wir haben über die Bedeutung des Landes ja schon beim vorigen Tagesordnungspunkt gesprochen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Witzel?

Ja, gerne.

Das habe ich mir gedacht. – Bitte schön.

Das ist nett, Herr Keymis. – Sie hatten gerade assoziativ den Eindruck erweckt, es gäbe einen Zusammenhang zwischen den Inhalten des Berichtes des Landesmedienrates und diesem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Deregulierung. Deshalb meine Frage: Ist Ihnen bekannt, dass unsere Strukturvorschläge zur Entschlackung der Gremien bei der LfM schon viele Monate vorher von uns öffentlich kommuniziert waren, bevor der Bericht, den Sie zitiert haben, Ende letzten Jahres öffentlich vorgestellt wurde?

Ich bin gar nicht sicher, ob das, was Sie darstellen, zeitlich so zusammenkommt. Aber richtig ist natürlich, dass Sie öffent

lich in den letzten Monaten zu der Novelle gar nichts kommuniziert haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Insofern ist es möglich, dass es da Parallelen gibt in der Entwicklung der Diskussion. Das ist ja genau der Vorwurf, den wir Ihnen machen.

Ich kann bei der Gelegenheit auch noch auf den vorherigen Tagesordnungspunkt kurz eingehen, Herr Präsident. Es ist so, dass wir in der Tat lange über den Medienantrag der Grünen diskutiert haben. Das war aber gar nicht unsere Absicht, sondern hing mit haushaltspolitischen und anderen Tagesordnungspunkten zusammen. Wir waren deshalb bereit, den Punkt sogar noch bis in den Januar zu schieben. Das war also ein Entgegenkommen unserer Fraktion und kein In-die-LängeZiehen, wie Herr Breuer es dargestellt hat.

Bei Ihnen ist es genau umgekehrt: Sie haben sich monatelang geziert, diese Novelle auch nur punktuell öffentlich wahrnehmbar zu diskutieren, abgesehen von der Anhörung der CDU-Fraktion, die es gegeben hat und die eben lobend erwähnt worden ist. Im Prinzip hat es eine öffentliche Debatte aber noch nicht gegeben. Sie fängt erst jetzt mit der Einbringung in den Landtag und damit auch in den Hauptausschuss an. Ich denke, wir werden ja auch noch eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchführen. Insofern ist das jetzt Diskussionsgegenstand, aber vorher haben Sie sich sehr bedeckt gehalten.

Das hat natürlich mit einem bestimmten Punkt zu tun. Der Kollege Eumann hat es eben dazwischengerufen: Da wedelt der Hund mit dem Schwanz. – Das ist so ein Vorwurf, den wir aus unserer Koalitionszeit auch kennen. Immer, wenn dieser Vorwurf kam, waren wir ein bisschen stolz und haben gesagt: Guck mal an, wie wir mit dem Hund wackeln! – Das tut die FDP ja jetzt manchmal auch. Aber manchmal ist das schade und falsch. In diesem Fall, wie es hier gelaufen ist, hat die FDP – Herr Brinkmeier, es tut mir Leid – viel zu viel Einfluss auf diese MiniNovelle gehabt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das ist bedauerlich, weil die CDU als große und immer noch wichtige Volkspartei eigentlich mehr Menschen verpflichtet wäre, als es die Klientelpartei FDP meistens ist. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN – Christian Lind- ner [FDP]: Man fragt sich, für welche Klientel Sie sprechen!)

Vielen Dank, Herr Keymis. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Breuer das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

(Marc Jan Eumann [SPD]: Zählen Sie doch mal!)

Ich habe gezählt. Wir sind in den Koalitionsfraktionen immer noch deutlich mehr Abgeordnete als die Kollegen von den Sozialdemokratie, Herr Eumann. Das ist eigentlich auch der neuen Legislaturperiode noch nie anders gewesen, und das wird sich, glaube ich, auch nicht ändern.

(Beifall von der CDU)

Ich habe für die Zuschauer auf der Tribüne eine wichtige Anmerkung. Hier wird ja immer der Eindruck erweckt, als ob das, was hier eingebracht wird, klar wäre und so gemacht würde. Es ist aber nicht verboten, Vorstellungen von anderen Fraktionen zu diskutieren. Und wenn Sie von den anderen Fraktionen eigene Vorstellungen zum Bürgerfunk haben – ich habe in den letzten Monaten nichts gehört –, dann bringen Sie sich doch in die Debatte ein und tun Sie nicht so, als müsste man auf Gedeih und Verderb an dem jetzigen Gesetzentwurf festhalten.

(Claudia Nell-Paul [SPD]: Das ist ja nicht zu glauben!)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kuschke?

Gerne, Herr Kuschke.

Herr Kuschke, Sie haben das Wort.

Herr Minister, bedeutet das, dass wir davon ausgehen können, dass zu dem Bereich, der zur Disposition gestellt wird in dem Sinne, dass neue Erkenntnisse kommen können, zum Beispiel durch Anhörungen, auch die zentralen Felder „Abschaffung des Medienrates“ und „Abschaffung der Medienversammlung“ gehören?

Herr Kuschke, Frau Nell-Paul hat gesagt, dass der Bürgerfunk reformbedürftig ist. Wenn die SPD zu der Erkenntnis gekommen

ist, dass der Bürgerfunk reformbedürftig ist, dann stellt sich doch die Frage, warum Sie das bisher nicht angepackt haben, weder in den letzten Monaten noch in der letzten Legislaturperiode. Das soll das heißen, Herr Kuschke.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Clau- dia Nell-Paul [SPD])

Frau Nell-Paul, Sie haben auch gesagt, der Bürgerfunk sei besser als sein Image. Ist er nun gut genug oder ist er reformbedürftig? Hier möchte ich Butter bei die Fische. Ich finde, das sollten Sie sagen.

(Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Die Regierungsfraktionen haben diesen Gesetzentwurf am 9. Januar vorgelegt. Dieser sieht auch eine Umgestaltung der Rahmenbedingungen für den Bürgerfunk vor. Das ist nicht überraschend, denn damit wird eine Zielvorgabe des Koalitionsvertrages umgesetzt. Die Landesregierung unterstützt diesen Gesetzentwurf ausdrücklich.

Auch wir wollen eine Qualitätssteigerung im Programm des Bürgerfunks erreichen. Wir sind der Meinung, dass viele der im Bürgerfunk ausgestrahlten Beiträge eine hohe, teilweise sogar eine professionelle Qualität aufweisen. Herr Keymis, nach meiner Kenntnis und nach meiner Information ist es nicht verboten, dass ein Redakteur Beiträge, die seiner Meinung nach eine hohe Qualität haben, auch zu anderen Zeitpunkten, wenn das die Redaktion auch so sieht, einspeist. Diesen Aspekt dürfen Sie nicht ohne Weiteres vernachlässigen.

Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich das soziale Engagement von einer Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern, die mit ihren Programmbeiträgen eine für das demokratische Gemeinwesen wichtige Leistung erbringen.

Es kann jedoch auch nicht bestritten werden, dass im Bürgerfunk zahlreiche Programmbeiträge ausgestrahlt werden, die ein solches Niveau nicht immer – zurückhaltend formuliert – erreichen. Derartige Programmbeiträge schwächen dann insgesamt die Akzeptanz für die Gesamtveranstaltung Bürgerfunk beim Zuhörer. Das muss man deutlich sagen.

Programmbeiträge minderer Qualität werden häufig zum sogenannten Abschaltfaktor und schaden damit sowohl dem lokalen Rundfunk als auch der Arbeit engagierter Bürgerfunker, die ein hochwertiges Programm auf die Beine stellen.

Wenn die Opposition angesichts der vorgelegten Entwürfe meint, damit würde Bürgerfunk zu einer

Veranstaltung ohne Hörer oder – so haben Sie es gerade formuliert – es sei der Todesstoß für den Bürgerfunk, so handelt es sich um starke Polemik, denn dieses Szenario hätte vielmehr dann gedroht, wenn sich die Regierungsparteien nicht zu der dringend notwendigen Neuregelung des Bürgerfunks entschlossen hätten.

Das ist also ein Beitrag zur Evaluierung des Bürgerfunks und nicht zu dessen Abschaffung. Zuhörer ernst nehmen heißt auch, sich um die Qualität des Programms zu kümmern, und nicht, die Dinge einfach so laufen zu lassen. Die Notwendigkeit einer Qualitätsoffensive wird darüber hinaus auch aus wissenschaftlicher Sicht durch die hier eben bereits erwähnte Studie bestätigt.

Hier setzt der Gesetzentwurf mit einer Reihe von Maßnahmen zur Qualitätssteigerung an. Der Gesetzentwurf formuliert erstmalig einen Funktionsauftrag für den Bürgerfunk. Damit liegt eine Richtschnur vor, die künftig Orientierung bei der Gestaltung der Beiträge bieten wird.

Mit dem Auftrag wird ein zentrales Anliegen des Bürgerfunks in den Mittelpunkt gerückt, nämlich die Förderung der Medienvielfalt im lokalen Verbreitungsgebiet. Denn genau hierin liegt die große Stärke des Bürgerfunks: in der Vermittlung von Information und die Darstellung des Geschehens vor Ort aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger. Die nähere Ausgestaltung des Lokalkriteriums wird – so ist es vorgesehen – durch die LfM erfolgen.

Das Konzept der Meinungsvielfalt impliziert jedoch auch, dass unterschiedliche Meinungen miteinander verglichen und abgewogen werden können. Grundvoraussetzung hierfür ist, dass die Programmbeiträge von Zuhörern im Verbreitungsgebiet überhaupt verstanden werden. Auch das ist hier eben angesprochen worden; ich will es an dieser Stelle nicht vertiefen.

Eine weitere wichtige Funktion ist die Vermittlung von Medienkompetenz und insbesondere von Medienkompetenz an Kinder und Jugendliche. Dieser Gesetzentwurf nimmt diesen wichtigen Aspekt erstmals ausdrücklich in die neue Funktionsbeschreibung des Bürgerfunks auf. Das ist ein neuer und wichtiger Akzent.

Für Schulprojekte sieht der Entwurf die Möglichkeit der Vereinbarung zusätzlicher Sendezeiten mit den Veranstaltergemeinschaften vor. Das ist eine wirkliche Evaluierung, ein wirklicher Fortschritt. Dies wird es erlauben, entsprechende Schulprojekte zu kindgerechten Zeiten auszustrahlen.

Soweit sich die Kritik gegen die Verkürzung der Gesamtsendezeit richtet, ist darauf hinzuweisen, dass die Sendezeit für derartige Schulprojekte zusätzlich – so ist es vorgesehen – zu den üblichen Sendestunden pro Jahr zu veranschlagen ist. Das kann im Einzelfall also ein Mehr an Bürgerfunk, ein Mehr an lokaler Beteiligung von denjenigen vor Ort bedeuten. Das ist alles andere als der von Ihnen genannte Todesstoß.

Der Gesetzentwurf setzt erstmals Maßstäbe, um eine gewisse Qualifikation der Bürgerfunker sicherzustellen. Unter dem Stichwort Führerscheinprinzip soll die Veranstaltung eine geeignete Qualifizierung voraussetzen. Dies müssten doch eigentlich alle Fraktionen begrüßen.

Dass der LfM größere Spielräume im Hinblick auf die finanzielle Förderung eingeräumt werden, ist doch auch eine vernünftige Sache, die viele unterstützen müssten.

Eine Qualitätsförderung ist nach dem geltenden System einer pauschalen Förderung pro Sendeminute ausgeschlossen. Derzeit wird das bloße Abspielen von Musik genauso hoch gefördert wie der aufwendig recherchierte und aufbereitete Wortbeitrag. Ich finde es richtig – dies hat Herr Dr. Brinkmeier vorhin angesprochen –, dass das neue System die Förderung anerkannter Radiowerkstätten und der Deutschen Hörfunkakademie vorsieht. Dies war schon längst überfällig.

Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus die Abschaffung der Medienversammlung und des Medienrates vor. Dazu haben Sie kritisch Stellung bezogen, Herr Keymis. Wir werden beobachten, was sich bei der weiteren Beratung entwickelt. Ich glaube, dass diese Maßnahmen der Landesanstalt für Medien mehr Flexibilität verschaffen. Ich bin überzeugt, dass die Einbeziehung der Bürger in den Mediendiskurs durch die LfM auch künftig fortgesetzt werden kann. Es bedarf allerdings hierzu nicht eines institutionellen Rahmens wie dem der Medienversammlung, die sich nach unserer Auffassung in dieser Form auch so nicht wirklich bewährt hat. Gleiches gilt nach meiner Einschätzung für den Medienrat.

Aus der Sicht der Landesregierung setzt der von den Regierungsfraktionen vorgelegte Entwurf die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages in gelungener Weise um. Er ist somit ein wichtiger Schritt im Rahmen der Weiterentwicklung unserer Medienrechtsordnung für den Medienstandort Nordrhein-Westfalen.

Wenn Sie anmerken, da hätte der Schwanz mit dem Hund gewedelt, kann ich Ihnen nur wie auch Bernhard Tenhumberg nur sagen: Es gibt in allen