Protocol of the Session on January 25, 2007

Dazu noch: Ich war im Bundestag, als das dritte Jahr aus der Förderung der BA herausgenommen wurde. Es war nicht die Unionsfraktion, die das beantragt hat.

Das Zweite: Ich verstehe die BA auch. Dass sie angesichts von 3.300 arbeitslosen Fachkräften die Umschulung in diesem Bereich dem Arbeitsmarkt anpasst, erwarten wir von einer BA eigentlich – und zwar in vielen Punkten. Auch das müssen Sie sehen.

Vielen Dank für die Beantwortung der Frage. – Die zweite Zwischenfrage stellt der Kollege Killewald. Bitte, Herr Killewald.

Herr Minister, ich bekomme eine Sache nicht ganz zusammen. Auf der einen Seite sagen Sie, die IAT-Berechnungen seien schon alt und wir könnten sie nicht heranziehen. Aber was Ihre Zahl von 3.000 betrifft: Sie sagen, wir brauchen 18.000 Altenpflegefachkräfte. Nehmen wir einmal die Zahl des IAT, nämlich 15.000. Dann kommen wir auf die Zahl von 3.000, und dann ist diese Zahl gegenüber Ihrer Berechnung ganz falsch. Ich verstehe nicht, wieso Sie die Äpfel nicht mit den Äpfeln und die Birnen nicht mit den Birnen verrechnen. Können Sie mir noch einmal deutlich sagen, wie Sie auf diese Rechnung kommen? Das verstehe ich nicht.

Erster Punkt. Es ist doch so: Nach den Berechnungen, die wir haben, und wenn der Bedarf an Altenpflegefachkräften bei 18.000 liegt, erreichen wir bei durchschnittlich gut 3.000 Abschlüssen pro Jahr diese Zahl.

Zweiter Punkt. In der Pflege werden nicht nur Fachkräfte benötigt, sondern wir brauchen logischerweise auch viele Hilfskräfte und zum Beispiel auch Seniorenbegleiter, was hoffentlich stär

ker über das Ehrenamt läuft. Wir können das nicht alles nur über die Fachkräfte machen.

Herr Kollege, mein großes Problem ist: Ich kann nicht im Jahr 2007 eine Ausbildung für Menschen machen, die wir 2015, 2017 oder 2018 brauchen, denn es findet einfach keiner befriedigend, wenn er in drei Jahren seine Abschlussprüfung macht und dann keinen Arbeitsplatz findet. Sie müssen das ganz logisch sehen. Natürlich ist das ein Stück Wahrheit. Sehen Sie das einfach ein; es ist doch hier überhaupt kein parteipolitischer Streit.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das ist nicht wahr!)

Ich glaube, dass wir angesichts der jetzigen Situation auf dem Arbeitsmarkt für Pflegefachkräfte sogar einen geringfügigen Überhang haben. Sonst hätten wir nicht 3.300 arbeitslose Kräfte. Die Zahl derjenigen, die über landesgeförderte Schulplätze ausgebildet werden, steigt. Sie alle haben einen Lehrvertrag mit einem ambulanten oder stationären Träger.

(Norbert Killewald [SPD]: Beantworten Sie meine Frage!)

Deswegen ist es für mich ganz einfach so, dass wir keinen Pflegenotstand haben. Reden Sie ihn nicht herbei! Und für einen möglichen Pflegenotstand in 20 Jahren kann man nicht heute ausbilden. Das ist die Wahrheit.

(Beifall von der CDU)

Herr Minister, vielen Dank für die Beantwortung der beiden Fragen. – Als letzte Rednerin hat Frau Howe von der SPDFraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Laumann, Sie haben uns hier viel vorgetragen. Ich möchte gern einiges dazu sagen und auf Ihre Ausführungen reagieren.

Erstens. In dem Antrag haben wir nichts von einem Pflegenotstand geschrieben.

(Minister Karl-Josef Laumann: Den brauchen Sie aber, um die Umlage durchzusetzen, die Sie beantragen!)

Vielmehr ist er mit dem Titel „Pflegenotstand verhindern“ überschrieben. Das ist eine perspektivische Aussage, keine gegenwärtige.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der FDP)

Das geht auch an die FDP-Fraktion: Die Umlage ist keine Zwangsabgabe. Das ist sie nun wirklich nicht.

(Beifall von der SPD – Minister Karl-Josef Laumann: Sie muss rechtlich möglich sein!)

Vielmehr ist sie ein Instrument, um die Altenpflegeausbildung perspektivisch auf eine gute, solide Basis zu stellen – nichts anderes – und damit qualifiziertes Personal für den zukünftigen Bedarf auszubilden.

Ich kann Ihnen nicht primär widersprechen. Ich will nicht sagen, dass Sie da falsch liegen. Ich kann Ihnen aber analog dazu sagen: In der Krankenpflegeausbildung haben wir auch keinen Pflegenotstand; trotzdem wird dort die Umlagefinanzierung eingeführt.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Auch in der Krankenpflege gibt es arbeitslose Krankenschwestern und Krankenpfleger, analog zur Altenpflege.

(Minister Karl-Josef Laumann: Das ist eine andere gesetzliche Grundlage!)

Das mag so sein, aber dennoch reden wir hier über die Perspektive. Wir wollen uns – das hat bereits Herr Killewald ausgeführt – mit Ihnen über die Perspektive und darüber unterhalten, ob nicht die Umlagefinanzierung auch in diesem Fall wieder eingeführt werden soll, weil sie sehr sinnvoll ist.

Außerdem kommt es durch das jetzige System in den Heimen zu Wettbewerbsverzerrungen

(Beifall von der SPD – Minister Karl-Josef Laumann: Nein!)

jawohl! –, die wirklich gravierende Auswirkungen haben. Herr Minister, ich sitze in einem Kuratorium einer diakonischen Einrichtung, die auch ein Fachseminar für Altenpflege vorhält. Derzeit hat dieses Fachseminar 80 bis 88 Plätze besetzt. Jedes Jahr schließt dieses Fachseminar mit einem durchschnittlichen Defizit von 40.000 bis 50.000 € ab, weil die Einrichtung die praktische Ausbildung durchführt. Sie bildet selber im eigenen Heim 18 Auszubildende von den Schulplätzen, die landesfinanziert sind, praktisch aus. Dabei entsteht dieses Defizit von durchschnittlich 40.000 bis 50.000 €. Für dieses Jahr wird sogar ein Defizit von 65.000 € prognostiziert.

Das ist eine Hausnummer, die Heime nicht mehr stemmen können. Das geht so nicht mehr. Deshalb werden sukzessive Ausbildungsplätze in den Heimen abgebaut und nicht mehr besetzt. Dass

Sie die theoretischen Plätze über die Landesfinanzierung vorhalten, bedeutet nicht, dass am Ende auch ausgebildet wird. Genau da liegt die Krux.

(Minister Karl-Josef Laumann: Doch!)

Nein. – Und mit Ihrer Helferausbildung schaffen Sie keinen adäquaten Ersatz für die qualifizierten Fachseminare.

(Minister Karl-Josef Laumann: Selbstver- ständlich!)

Nein, das schaffen Sie nicht. – Auch Seniorenbegleiter können Sie der Pflege nicht zurechnen. Das sind Hilfstätigkeiten, die eher in einen anderen Bereich gehören, aber nicht in die Pflege.

Die Ausbildung belastet auch deshalb die Heime, weil man aufgrund der Neuerung, die ich durchaus für richtig halte, die Altenpflegeausbildung qualitativ anzuheben, in den Heimen Praxisanleiter braucht. Diese Praxisanleiter stehen in der realen alltäglichen Pflege als Kollegen nicht mehr im kompletten Ausmaß zur Verfügung. Auch das belastet die Pflege, auch das verschlechtert die Rahmenbedingungen und den Pflegealltag aller Altenpflegerinnen und Altenpfleger.

Sie haben Recht, dass die Pflegeleistung sicherlich steigen wird. Wir haben aber noch einen zusätzlichen Faktor. Die Verweildauer in den Heimen ist gesunken. Derzeit liegt sie zwischen sieben und elf Monaten. Aber in dem Bereich handelt es sich ausschließlich um Schwerstpflegebedürftige. Die normale Durchmischung der Bewohnerinnen und Bewohner in Heimen, wie es sie früher gab, gibt es nicht mehr, sondern hier wird Schwerstpflege geleistet. Daran werden höchste qualitative Anforderungen geknüpft, die mit dieser Pflegehilfe nicht alleine zu bewältigen sind. Ich sage das ausdrücklich.

Außerdem – ich weiß nicht, ob es Ihnen bekannt ist – hat sich inzwischen bei der Helferinnenausbildung der geförderte Satz auf 280 € minimiert. Dort wird also nicht mehr der höhere Satz gezahlt, sondern für die Helferinnenausbildung gibt es auch nur noch 280 €, was sicherlich nicht dazu führen wird, dass die Heime verstärkt auf die Helferinnenausbildung setzen werden.

Nun möchte ich noch etwas zu den Krankenpflegekräften sagen, die angeblich freigesetzt werden. Das mag alles so sein. Durch das neue Berechnungssystem, die DRGs, gibt es dort sicherlich einen Überschuss. Die Zahl 15.000 mag stimmen – das will ich nicht anzweifeln –, aber ich sage Ihnen aus eigener Erfahrung: Diese 15.000 Krankenpflegekräfte gehen nicht in die Altenpfle

ge, nicht in die Heime und auch nur bedingt in die ambulante häusliche Pflege. Die suchen ganz andere Berufsperspektiven. Die werden Sie für diese Tätigkeiten nicht gewinnen können. Die melden sich lieber arbeitslos, als dass sie sich in Altenpflegeheime begeben. Das kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung sagen.

(Beifall von der SPD)

Das heißt, hier muss dringend etwas getan werden. Sie selber sagen ja auch, dass in diesem Bereich in den nächsten vier Jahren 29.000 neue Jobs entstehen könnten. Aber sie müssen finanziert werden, und zwar auch mit Landesmitteln. Die Pauschale ist inzwischen von 337 € auf 280 € gekürzt worden. Das führt dazu, dass die Defizite in der Ausbildung nicht mehr zu kompensieren sind und dass die Fachseminare immer weiter abgebaut werden.

Eines Tages kommen wir zu dem Pflegenotstand, den wir heute noch nicht haben. Deshalb ist es notwendig, über ein anderes Finanzierungssystem in der Altenpflege zu reden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Howe. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich noch einmal Frau Kollegin Steffens zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Laumann, Ihr Redebeitrag hat mich zu einem kurzen Widerspruch animiert.

Sie sagen, man könne keine Umlage einführen, weil dies zu Klagen führen würde. Die Argumentation kenne ich rauf und runter. Das war ja damals auch die Argumentation des Ministeriums, weshalb man die Umlage abschaffen muss. Seltsamerweise ist das aber eine NRW-spezifische Argumentation, denn es gibt Bundesländer, in denen es die Umlage noch gibt. Dort ist die Pflegesituation hinsichtlich des Verhältnisses von abgehenden Pflegekräften zu den zu Pflegenden, die in den jeweiligen Bundesländern leben, nicht anders als in Nordrhein-Westfalen. Außerdem gibt es Bundesländer, die derzeit darüber nachdenken, die Umlage einzuführen.

Von daher fände ich es sinnvoll, sich einmal mit Ihren Kollegen – auch CDU-Kollegen – in anderen Bundesländern zu unterhalten und sich von denen beraten zu lassen, wann ein Pflegenotstand ein

tritt und was notwendig ist, um einen Pflegenotstand zu verhindern.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)