Wenn es schon keine Antworten zum Wettbewerb gibt, wäre es umso wichtiger gewesen, die Ziel-2Gelder inklusive der Ko- und der Komplementärfinanzierung zusammengefasst in Ihrem Einzelplan abgebildet zu sehen. Ich weiß, dass Sie das wirklich wollten, Frau Ministerin, und Sie wissen, dass ich Ihnen dabei die Daumen gedrückt habe.
Aber wenn Sie sich gegen Herrn Pinkwart hätten durchsetzen wollen, hätten Sie den Rückhalt des Ministerpräsidenten und/oder des Finanzministers benötigt. Diesen Rückhalt haben Sie leider nicht, Frau Thoben. Ich bedauere dies und hoffe, dass es Ihnen beim Haushalt 2008 gelingen möge.
Wenn Ihnen das dann gelingen sollte, seien Sie doch einmal richtig mutig im Haushalt 2008 und fangen Sie nach zweieinhalb Jahren Regierungsverantwortung auch einmal mit neuen Ideen zur Förderung und Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung in Nordhrein-Westfalen an. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Eiskirch. – Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Abgeordnete Lienenkämper das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Eiskirch, ich greife einmal Ihre letzte Bemerkung, Wirtschaftsministerin Thoben habe keinen Rückhalt, auf. Die einzigen Fraktionen, bei denen die Wirtschaftsministerin keinen Rückhalt hat, sind die Oppositionsfraktionen. Sie glauben gar nicht, was in den die Regierung tragenden Fraktionen für ein Rückhalt für diese Wirtschaftsministerin besteht.
Sie werden aber noch genug Zeit haben, das zu erleben. Denn das, was wir – die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und die sie tragenden Fraktionen – hier gemeinsam machen, wird auch, soweit es um die Wirtschaftspolitik geht, das Land Nordrhein-Westfalen verändern, und zwar deswegen, weil es dringend nötig ist. Sie haben das 39 Jahre lang nicht getan. Wir werden das tun. Darauf freuen wir uns schon.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute über die Perspektiven der nordrhein-westfälischen Wirtschaft und des Mittelstandes zu einem Zeitpunkt, zu dem die Menschen – das haben Sie zutreffend formuliert, Herr Kollege Eiskirch – in Deutschland im Allgemeinen wie auch in Nordrhein-Westfalen im Besonderen mit wachsendem Optimismus nach vorne blicken. Nach einer Wachstumsprognose für das laufende Jahr in Höhe von 2,3 % prognostiziert das RWI für das kommende Jahr immer noch 1,9 % Wachstum. Dabei ist wichtig, dass die konjunkturellen Antriebskräfte nach wie vor intakt sind.
Diese positive Entwicklung zeigt sich zum einen in den steigenden Auftragseingängen aus dem Ausland, also in der positiven Entwicklung der Exportwirtschaft. Viel wichtiger ist jedoch zum anderen, dass auch in der Binnenkonjunktur eine deutliche Erholung zu verzeichnen ist. Wirtschaftliches Wachstum ist dabei vor allem von den Rahmenbedingungen abhängig, die Politik setzt.
Sie haben diese Rahmenbedingungen bewertet und gesagt, alles komme von der Bundesregierung. Ich lasse das einfach einmal so stehen. Das muss man im Grunde nur zitieren. Das erklärt sich von selber. Der Kollege Brockes ist offenkundig willens, dazu gleich noch ein paar Ausführungen zu machen; ich lasse ihn.
Wirtschaftliches Wachstum ist Aufgabe der Politik. Die Wirtschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist allerdings der Akteur, der dieses
Wachstum erzeugt. Deswegen sollten wir zu den Werten der freiheitlichen Gesellschaft zurückkehren und auf die Leistungsbereitschaft und Solidarität der Akteure setzen. Das geht nur durch eine Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft und nur dadurch, dass wir die überzogene Regelungspolitik der Vergangenheit hinter uns lassen.
Trotz Einsparungen und einem Rückgang der Gesamtausgaben um 37 Millionen €, also um rund 3,6 %, konnten die Titel zur Förderung der Wirtschaft und zur Energieverwendung im Jahr 2007 deutlich erhöht werden. Der Grund hierfür liegt in der Rückführung der Kohlehilfen im nächsten Jahr. Somit konnten die Einsparungen insgesamt abgefedert werden.
Der vorliegende Haushalt des Wirtschaftsministeriums verdeutlicht eindrucksvoll, was es bedeutet, wenn durch eine nicht zukunftsgerichtete Politik der Vergangenheit Handlungsspielräume eingeschränkt werden und keine Luft mehr da ist für eine zukunftsgerichtete Gestaltung. In wohl keinem Einzelplan des vorliegenden Haushalts wird dies so deutlich wie in diesem Einzelplan der Wirtschaftsministerin; denn mehr als 50 % der Etatmittel werden gezwungenermaßen immer noch allein für die Subventionierung der Steinkohle verwendet, also für eine vergangenheitsorientierte Politik – eine astronomisch hohe Summe für die Subventionierung von rund 30.000 Arbeitsplätzen, die vor dem Hintergrund von 1 Million Arbeitslosen in diesem Land aus unserer Sicht dauerhaft in keiner Weise mehr zu vertreten ist.
Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, arbeiten wir so engagiert daran, dass in Berlin im Kohlekompromiss unter Einschluss aller Beteiligten ein Ausstiegsdatum aus dem Steinkohlebergbau festgeschrieben wird. Die Menschen in diesem Land werden es uns danken, weil dadurch Geld frei wird, das viel besser für Forschung und Entwicklung, für Innovation und für zukunftsgerichtete Projekte investiert werden kann. Die Wirtschaft in unserem Land wird froh darüber sein.
Eine gute Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, bemisst sich keinesfalls an der Höhe von Subventionen und der großzügigen Ausstattung von Förderprogrammen; vielmehr ist eine gute Wirtschaftspolitik eine Politik, die Wahrheit und Klarheit in den Vordergrund des Handelns stellt, klare Linien aufweist, berechenbar ist und langfristig Vertrauen schafft.
Menschen und Betriebe dazu bringt, wieder eigenständig unternehmerisch tätig zu werden. Der Staat muss sich zurücknehmen und den Einzelnen wieder zur Selbstbestimmung und Selbstverantwortung ermutigen. Weg von der Regelungspolitik, hin zur Ordnungspolitik – das ist der Kompass des Haushalts, der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir es ganz besonders, dass die Wirtschaftsministerin den Mittelstand in den Fokus ihrer Politik gerückt hat. Durch die Beibehaltung der Erhöhung der Meistergründungsprämie zeigt sich, dass wir alle Möglichkeiten nutzen, um neue Existenzen zu gründen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Eine Insolvenzquote von lediglich 3 % – ich wiederhole noch einmal, was heute Morgen gesagt worden ist: damit liegen wir in Deutschland an der Spitze – in den ersten fünf Jahren verdeutlicht die Wirksamkeit dieses Programms. Auf diese Weise werden dauerhaft Existenzen geschaffen.
Ein weiterer Baustein sind die Beratungsprogramme im Bereich des Mittelstandes und für Existenzgründer, die die Qualität und Bestandsfestigkeit der jungen Unternehmen sichern sollen.
Die Wirtschaftsministerin hat bei ihrem Amtsantritt ein Konglomerat von verschiedenen Beratungsangeboten angetroffen. Dies wird strukturiert, sodass die Betroffenen tatsächlich einen Nutzen davon haben. Auch das ist ausgesprochen sinnvoll.
Die gleiche Handschrift zeigt sich bei der Ausgestaltung zukünftiger Förderprogramme. Es wird keine trennscharfe Abgrenzung bei den Ziel-2Fördergebieten mehr geben, vielmehr wird es darum gehen, die Fördermittel im Wettbewerb zu vergeben. Die Qualität der Einzelvorhaben wird dabei im Vordergrund stehen. Durch die Vergabe der Mittel im Wettbewerbsverfahren wird ein grundlegender Mentalitätswandel eingeleitet. Nicht ein bestimmter Förderstatus der Region oder ein geografischer Standort, sondern allein das Potenzial der Idee ist somit entscheidend.
Meine Damen und Herren, Motor für den Erfolg unserer Wirtschaft war und ist der Export. Daher ist eine gezielte Außenwirtschaftspolitik wichtiger Bestandteil unserer Wirtschaftspolitik. Gerade in unserem Mittelstand gibt es zahlreiche Hidden Champions. Diese unbekannten Weltmarktführer sind oft kleine und mittelständische Unternehmen, die unauffälligen Produkten große Marktanteile am Weltmarkt ermöglichen. Sie tragen einen entscheidenden Anteil zur Leistungsbilanz unseres Landes bei, ohne den Facetten und Symptomen
von Großunternehmen zu verfallen. Diese Unternehmen sind Pioniere auf ihrem Gebiet und unverzichtbares Element bei der Entwicklung und Steigerung der Innovationsfähigkeit unseres Landes.
Der bekannte Wirtschaftsfachmann Kerkhoff hat es schon früh gesagt: Die Wirtschaft muss durch kompetente Mitarbeiter selbst innovative und gute Leistungen erbringen. Soweit ich weiß und so, wie wir das sehen, findet das derzeit in hervorragender Weise statt.
Ohne Frage wären noch weitere Maßnahmen im Bereich der Wirtschaftspolitik wichtig und hilfreich, aber auch die aktuelle Wirtschaftspolitik – darauf hat Frau Thoben vielfach hingewiesen – stößt an die Grenzen einer politischen Hinterlassenschaft der leeren Kassen.
Deshalb gilt umso mehr, dass es zu einem grundlegenden Umdenken kommen muss, damit in Zukunft die heimische Wirtschaft weiter belebt, Arbeitsplätze geschaffen und Geld verdient wird, um wieder Gestaltungsräume zu eröffnen, die die Zukunft sichern.
Diesem Gedanken tragen der Ihnen vorliegende Haushalt des Wirtschaftsministeriums, das bisherige Handeln des Wirtschaftsministeriums und der die Regierung tragenden Fraktionen Rechnung. Wir werden alles daransetzen und alles dafür tun, NRW wieder nach vorne zu bringen. NRW kommt wieder! – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lienenkämper. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Priggen das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe wenige Verbliebene auf den Tribünen! Ich möchte in meinem ersten Beitrag zum Haushaltsplan 08 auf vier Punkte und mit ein paar Worten auf die Kohle eingehen.
Es gibt in dem Haushaltsplan 08 neben der Steinkohle sozusagen auch einen Resthaushalt. Dieser Resthaushalt macht ein weiteres strukturelles Problem des Einzelplans 08 deutlich. Von den rund 330 Millionen bis 340 Millionen €, die dem Einzelplan 08 für Wirtschaftsförderung stehen, entfallen ungefähr 270 Millionen € auf die EUProgramme, ca. 50 Millionen € auf die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ und lediglich 20 Millionen €
auf titelscharf ausgewiesene, inhaltlich konkret zuzuordnende Förderprogramme wie zum Beispiel das Programm Gründungs- und Wachstumsfinanzierung, Meistergründungsprämie, die mehrfach angesprochen wurde, und Tourismusförderung.
Das heißt, die Wirtschaftsförderung des Landes vollzieht sich im Wesentlichen in den EUProgrammen. Für uns Abgeordnete sind diese EU-Programme aber im Wesentlichen eine Blackbox. Sie sind im Detail nicht nachvollziehbar und nicht kontrollierbar; sie werden als Blackbox verabschiedet. Was mit den Mitteln, die dort eingestellt werden, konkret passieren soll, können wir nicht nachvollziehen und steht auch nicht im Haushalt. Irgendwann bekommen wir dann voraussichtlich einen dicken Band mit dem Titel: „NRW-Ziel-2-Programm EFRE 2007 bis 2013“. Denjenigen, die sich damit befassen, wird sich dann im Jahre 2014 ein Stück weit erschließen, was in den Einzelmaßnahmen gemacht wurde.
Frühestens 2014/2015. – Über dieses Programm wird in Gremien entschieden, in denen dieses Haus schlichtweg nicht präsent ist. Man sollte sich sehr gut überlegen, ob das für Abgeordnete, die den Haushalt verabschieden, auf Dauer akzeptabel und vernünftig ist.
Nach Abzug der Mittel für den Steinkohlebereich stecken 70 bis 80 % des Wirtschaftsetats in diesen Töpfen. Das ist aus meiner Sicht nicht hinnehmbar. Frau Thoben könnte das ändern. Dies hatten wir ja auch zum Ziel unseres Antrags zu den Ziel-2-Programmen gemacht. Frau Thoben will in der neuen Förderperiode das entsprechende Gremium, den Ziel-2-Begleitausschuss, neu besetzen. Sie hat angekündigt, den Ausschuss von 30 auf 40 Plätze zu erweitern, um so im Sinne des neuen horizontalen Programmzuschnitts jede Region einbeziehen zu können. Richtig wäre es auch, zumindest je ein Mitglied der im Haus vertretenen Fraktionen einzubeziehen.
Das wäre ein wichtiger Schritt, um die parlamentarische Steuerungsfunktion, die die Verfassung diesem Haus in Verbindung mit der Haushaltsverabschiedung zuschreibt, die in der Praxis aber immer weiter erodiert, zumindest ein Stück weit herzustellen.
Frau Thoben, ich appelliere an Sie: Setzen Sie an dieser Stelle den konstruktiven Prozess, den Sie in Verbindung mit der Erarbeitung der Leitlinien und Schwerpunkte des Ziel-2-Programms 2007 bis 2013 initiiert haben – das will ich ausdrücklich anerkennen –, fort. Setzen Sie auch weiterhin auf einen Dialog mit diesem Haus in der Breite aller Fraktionen!
Ich komme zum zweiten Punkt, der Außenwirtschaftsförderung. An der Stelle komme ich nicht umhin, das, was bisher an Neustrukturierung der Außenwirtschaftsförderung betrieben worden ist, anzusprechen, also die Fokussierung der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (GfW) auf die Aufgaben Standortmarketing und Investorenakquise sowie die Gründung einer neuen Außenwirtschaftsgesellschaft NRW International, in der der Außenbereich gebündelt werden soll.
Es ist zu begrüßen, dass die Neuordnung darauf abzielt, Doppelzuständigkeiten zu beseitigen, Kompetenzen klarer zuzuschneiden. Ich habe jedoch Bauchschmerzen damit, wenn Sie sagen, dass die Außenwirtschaft praktisch völlig aus der Ministeriumsstruktur herausgelöst und an eine ausgelagerte Gesellschaft komplett abgegeben wird. Das kann ich nicht nachvollziehen. Wir haben uns ja angesehen, wie das in anderen Bundesländern gehandhabt wird. Gesellschaften mit ähnlicher Aufgabenrichtung gibt es ganz konkret in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen.
In diesen Ländern ist das Land als Gesellschafter beteiligt, entweder maßgeblich oder es ist sogar alleiniger Gesellschafter. An Baden-Württemberg International ist Baden-Württemberg mit 51 % und an der Bayern International ist Bayern sogar mit 100 % beteiligt. Das heißt, dort liegt die Steuerungsfunktion bei den Ländern. Hier ist es so, dass Sie alles an die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und an die NRW-Bank abgeben wollen. Das kann eigentlich ein Parlament nicht mit sich machen lassen.