Protocol of the Session on December 21, 2006

(Beifall von der CDU)

Ich glaube, in den letzten 60 Jahren hat es keine Landesregierung geschafft, in so kurzer Zeit so viel Unruhe und Unsicherheit zu verbreiten, zu so viel Verunsicherung beizutragen und

(Beifall von der SPD)

einen derartigen Vertrauensverlust in der inneren Politik herbeizuführen. Ich sage Ihnen: Machen Sie so weiter! Die Opposition freut es nicht, denn uns geht es auch ums Land.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Wir müssen feststellen: Sie versinken mit Ihrer Innenpolitik in politischer Kraftlosigkeit. – Schönen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rudolph. – Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Kollege Kruse das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschätzter Kollege Rudolph, ich möchte sofort zu Ihren Ausführungen kommen. Die Opposition der vergangenen beiden Perioden war dadurch gekennzeichnet, dass eigene Anträge,

(Zurufe von der SPD)

eigene Konzepte, eigene Initiativen vorgestellt und diskutiert wurden. Was haben Sie als SPDFraktion, als innenpolitischer Sprecher heute zu diesem Einzelplan 03 vorgetragen? – Ich erkenne keinen Antrag, keine Idee, keinen neuen Vorschlag. Von Ihnen ist nichts gekommen.

(Zuruf von der CDU: Heiße Luft!)

Ich sage auch in aller Offenheit: Die neue Landesregierung kann die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahrzehnte nicht in einer Periode korrigieren, sondern es wird voraussichtlich sehr viel länger dauern.

(Beifall von der CDU)

Ich sage ebenfalls mit aller Nachdenklichkeit: Auch mit dem vorliegenden Entwurf für den Landeshaushalt 2007 verdeutlicht die Landesregierung, dass die Konsolidierung des Haushaltes absolute Priorität behält. Zu dieser Grundausrichtung – es zieht sich wie ein roter Faden durch alle Haushaltsplanberatungen – gibt es ernsthaft diskutiert keine Alternative.

Weil die Möglichkeiten unseres Landes zur Generierung zusätzlicher Einnahmen begrenzt sind, muss die Konsolidierung des Landeshaushaltes konsequenterweise über eine Reduzierung der Ausgaben erfolgen. Seit Mitte des vergangenen Jahres haben wir erhebliche Schritte zur Auflösung des hinterlassenen Reformstaus und zur Modernisierung unseres Landes unternommen. Die Zielvorgaben der Koalitionsfraktionen und unserer Landesregierung sind eindeutig: Wir wollen die Verwaltung des Landes verschlanken, bisher unübersichtliche Kompetenzen entflechten sowie Transparenz und Ergebnisverantwortung im Verwaltungshandeln erhöhen.

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Die Verwaltungsstrukturreform gehört ohne Zweifel zu den schwierigsten Reformvorhaben. Sie wird viele Jahre in Anspruch nehmen. Sie ist nicht nur deswegen erforderlich, weil wir vor einer dramatischen Finanzsituation der öffentlichen Haushalte stehen und die Sanierung dringend geboten ist, sondern auch deswegen, weil wir den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen stärken müssen und ohne Innovationen des öffentlichen Sektors unser Bundesland nicht fit ist für die internationalen Herausforderungen.

Wir wollen die Leistungsfähigkeit der Verwaltung trotz der notwendigen Veränderungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger erhalten und verbessern. Auf diesem mehrere Jahre andauernden Weg der Veränderungen wird auch den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes einiges zusätzlich an persönlichem Einsatz abverlangt. Nicht nur bei den Personalräten oder den Personal- und/oder Interessenvertretungen lösen die von der Landesregierung bis jetzt eingeleiteten Schritte eine mitunter starke und emotionale Betroffenheit aus – bis hin zu Widerständen, Prozes

sen, Demonstrationen und Mahnwachen bei einer Vielzahl von Beschäftigten. Das wird von uns nicht unterschätzt.

Wir werden uns darum bemühen, die Menschen in diesem notwendigen Prozess mitzunehmen, wohl wissend, dass dies leichter vorgetragen als getan ist. Aber das ist der Unterschied zu Ihnen, Herr Kollege Rudolph: Sie waren ideell Ende der 90er-Jahre so weit wie wir zu Beginn dieser Legislaturperiode. Sie sind aber dem Widerstand erlegen. Sie haben sozusagen vor Protesten kapituliert. Das verdeutlichen alle Protokolle der vergangenen Legislaturperioden. Sie haben davor kapituliert. Wir haben nicht nur den theoretischen Willen, sondern auch die politische Kraft, die notwendigen Reformen durchzusetzen. Denn zu diesem schon im Landtagswahlkampf diskutierten und in der Koalition vereinbarten Weg des Bürokratieabbaus gibt es keine Alternative.

Mit dem vor wenigen Tagen verabschiedeten Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen ist das Land aus unserer Sicht einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zu weniger Bürokratie und mehr Bürgerfreundlichkeit gegangen. Die Eingliederung von Sonderbehörden schafft klarere Strukturen und richtet die Verwaltung des Landes auf mehr Leistung und Qualität aus. Dabei leidet die Qualität der ehemaligen Sonderbehörden nicht, sondern sie wird aus unserer Sicht durch neue Bündelungen und Synergieeffekte gestärkt.

CDU und FDP werden auch im kommenden Jahr den eingeschlagenen Kurs der Neuorganisation und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung fortsetzen, weil wir mehr auf die Fähigkeiten der Menschen vertrauen, statt auf die Regulierungen durch Staat und Bürokratie.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Koalitionspartner räumen der inneren Sicherheit weiterhin einen hohen Stellenwert ein. Sie bleibt eine Kern- und Zukunfts- und damit auch eine klassische Landesaufgabe.

Im Zeitalter der Globalisierung, der offenen Grenzen für Menschen, Waren und Dienstleistungen und der Herausforderungen durch den internationalen Terrorismus wächst die Bedeutung an öffentlicher Sicherheit für Lebensqualität und Gemeinschaftsleben, aber auch für die Qualität eines Wirtschaftsstandorts. Wir wissen alle, dass zum Beispiel die Anonymität von Ballungsgebieten, die vielfache Auflösung tradierter Sozialstrukturen, die europäische Entwicklung und viele andere Entwicklungen die Schwellen für kriminelles Handeln herabgesetzt haben. Wir wollen alle, dass Nord

rhein-Westfalen ein liberales, sicheres und natürlich lebenswertes Land ist. Deswegen darf die Gefährdung von Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Verhinderung von Straftaten nie dem Finanzdiktat der desolaten öffentlichen Haushalte zum Opfer fallen.

Ich gestehe uneingeschränkt zu, dass die Stimmungslage bei den Polizeibediensteten zurzeit alles andere als gut ist. Sie ist aus einer Vielzahl wahrscheinlich unterschiedlicher Gründen zum Teil niedergedrückt und emotionsgeladen. Das nehmen wir außerordentlich ernst, wohl wissend, dass wahrscheinlich kein schneller Beitrag zur kurzfristigen Verbesserung beziehungsweise zur Beruhigung geleistet werden kann, zumal die Möglichkeiten in Anbetracht der hohen Personalkostenquote nur in sehr geringem Umfang gegeben sind. Deswegen verfolgen wir konsequent die Linie, Polizeivollzugskräfte im Vollzugsdienst und nicht fachfremd für Verwaltungstätigkeiten einzusetzen.

(Beifall von der FDP)

Dem Bedarf an Verwaltungskräften in den Polizeibehörden möchten wir durch Umsetzungen in der Landesverwaltung entsprechen. Deshalb war es richtig, die Polizeiorganisation zu verändern und Strukturen zu verschlanken. Mit der Herauslösung der Dezernate 25 und 26 aus den Bezirksregierungen lösen wir nicht nur die Polizeiabteilungen auf und verlagern Aufgaben an bestehende Polizeibehörden, sondern bemühen uns auch darum, Effizienzgewinne durch Binnenmodernisierung zu erzielen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich benötigen wir auch im Bereich der Polizei langfristig ausgerichtete Personalentwicklungs- und Einsatzkonzepte. Die Debatte über die Altersstruktur haben wir hier kürzlich geführt. Arbeitsverdichtungen und weitere, sprich zusätzliche Aufgaben der polizeilichen Arbeit gehören genauso in ein Gesamtkonzept wie die Polizeidichte in den sogenannten ländlichen Bereichen unseres Landes. Die Kriminalitätsentwicklung erfordert ebenfalls eine Neuausrichtung der Aus- und Fortbildung. Das sind nur einige Aspekte, die für uns ebenso auf der Tagesordnung stehen wie die Novellierung des Polizeigesetzes. Wie gesagt: Wir können nicht alle Fehlentwicklungen der Vergangenheit in ein bis zwei Jahren, geschweige denn in einer Periode, korrigieren.

Zum Schluss möchte ich ausdrücklich die unendliche Geschichte der Einführung des Digitalfunks ansprechen – Herr Kollege Rudolph hat es, wenn ich es richtig mitbekommen habe, indirekt auch

angesprochen –, die vor mehreren Perioden hier im Landtag begonnen hat, verbunden mit der eindringlichen Bitte an Sie, Herr Minister Wolf, alles in Ihren Kräften Stehende zu tun, damit tatsächlich eine abschließende Entscheidung von Bund und Ländern spätestens bis zum Frühjahr 2007 getroffen werden kann und bis Ende 2010 bundesweit einheitlich die Funkversorgung der BOS auf digitaler Basis eingeführt ist. Alleingänge eines Landes oder der Alleingang NordrheinWestfalens machen aus meiner Sicht keinen Sinn.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Einzelplan 03 leistet einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung und behält die Kernaufgaben im Blick. Deswegen bitten wir um Zustimmung zu diesem Einzelplan. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kruse. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Düker das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dem Einzelplan 03 reden wir in erster Linie über die Sicherheit in unserem Land, über die Polizei und die Feuerwehr. Ich sage Ihnen: Dieses letzte Jahr war kein gutes Jahr für die Polizei und Feuerwehr in unserem Land.

Schauen wir uns den Bereich der Polizei an. Herr Kruse, Sie haben Ihre Wahlversprechen wieder gebrochen. Wenn Sie den Satz „Wir können in den fünf Jahren nicht sofort alles ändern!“ auf Wahlveranstaltungen, auf denen wir teilweise auch zusammen waren, gesagt hätten, dann wäre das gut gewesen. Aber nein, Sie haben den Beschäftigten der Polizei versprochen: Wir werden die Zahl der Einstellung von Polizistinnen und Polizisten von 500 auf 1.000 verdoppeln, und zwar gleich zu Beginn unserer Regierungszeit. – Sie machen das Gegenteil und setzen es fort.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Als wir sehr schmerzhafte Einschnitte bei der Besoldung von Beamtinnen und Beamten vorgenommen haben, haben Sie sich vor den Landtag gestellt und das stark kritisiert. Sie haben angekündigt, dass Sie auch das zurücknehmen werden.

(Zuruf von Theo Kruse [CDU])

Sie haben dagegen gestimmt.

Was machen Sie? – Sie kürzen das Weihnachtsgeld der Beschäftigten weiter. Sie machen das Gegenteil von dem, was Sie versprochen haben. Das ist keine gute Politik für die Beschäftigten gerade bei der Polizei.

Herr Minister, Sie überziehen das Land mit einer unorganisierten, chaotischen Polizeireform, die diesen Namen sowohl hinsichtlich der Binnenstruktur – also des Behördenaufbaus – als auch hinsichtlich des äußeren Aufbaus nicht verdient.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Kruse erklärte, dass Sie verschlanken und Behörden abbauen wollen. Wir haben immer noch 47 Kreispolizeibehörden in diesem Land. Das sind mehr als alle anderen Bundesländer zusammen haben. Warum fangen Sie denn dann nicht bei der Polizei an? Ich sage es Ihnen: Sie machen es nicht, weil dort Landräte sitzen, die das Parteibuch der CDU haben und Herr Palmen darüber wacht, dass denen nichts weggenommen wird.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Das ist doch die Leitlinie Ihrer Strukturreformpolitik. Sie überziehen das Land mit einem unbefristeten großflächigen Feldversuch: Jede Polizeibehörde darf sich organisieren, wie sie will, und nachher wird überprüft, was dabei herauskommt. Man hat schon den Überblick verloren, wie viele Modellversuche gerade bei der Polizei im Land stattfinden.

Anstatt Reformen aus einem Guss, machen Sie bei der Polizei das Gegenteil. Sie verunsichern die Beschäftigten, brechen Ihre Wahlversprechen und richten solch ein Chaos an, dass ich im letzten Jahr – ich spreche viel mit Polizisten und Polizistinnen – keinen Polizisten mehr getroffen habe, der gesagt hat: Das ist unser Innenminister. Sie haben gesagt: Das ist nicht mehr unser Minister. So viel Verunsicherung gab es noch nie. Ich freue mich, dass diese Polizei noch so gute Arbeit leistet. Aber diese gute Arbeit leistet sie nicht wegen, sondern trotz Ihrer Politik.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

So wie Sie mit den Sicherheits- und Rahmenbedingungen in unserem Land umgehen, befürchte ich, dass dies nicht mehr lange der Fall sein wird.

Was passiert bei der Feuerwehr? Die EU beschließt neue Arbeitszeitregelungen, und das ist nicht erst seit gestern bekannt. Über den Zeitraum von einem Jahr gibt es ein Gezerre, wie die neuen Arbeitszeiten für die Feuerwehr in NRW umgesetzt werden sollen.