Protocol of the Session on December 20, 2006

Ohne mit der Wimper zu zucken, wischt die schwarz-gelbe Koalition ihre eigenen Versprechungen vom Tisch. Statt das Weiterbildungssystem in Nordrhein-Westfalen auf zukünftige Anforderungen auszurichten, betreibt Schwarz-Gelb grob fahrlässig seine Demontage, ganz nach dem Motto: Was schert mich mein Geschwätz von gestern? – Statt ihre Versprechen umzusetzen, kürzt die Koalition der Täuschung und Enttäuschung die Mittel nach dem Weiterbildungsgesetz: rund 6 Millionen € in diesem Jahr und im nächsten Jahr nochmals um 8 Millionen €. Es wird eben nicht draufgesattelt, wie Sie es gerade versucht haben darzustellen, Frau Ministerin, sondern es wird weiter gekürzt. So viel Kurzsichtigkeit ist kaum nachvollziehbar.

Lebensbegleitendes Lernen ist zwingend notwendig, wenn wir ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum erzielen wollen. Dazu bedarf es aber auch einer funktionierenden Infrastruktur. In NordrheinWestfalen wird diese von den politisch Verant

wortlichen gerade systematisch kaputtgeschlagen.

Die OECD schreibt uns zudem ins Stammbuch, dass die Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen in Deutschland schon jetzt auf einem dramatisch niedrigen Niveau rangiert.

Deshalb wäre es das Gebot der Stunde, die Weiterbildung zu stärken. Deshalb unterstützen wir ausdrücklich die Forderung der Weiterbildungsträger an die Landesregierung, sich zu ihren Ankündigungen vor der Wahl zu bekennen. Alles andere schadet dem Wirtschaftsstandort NRW, aber vor allem den Menschen in unserem Land. – Danke schön.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stotz. – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Klaus Kaiser das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man diese Debatte ein wenig Revue passieren lässt, kann man feststellen, dass es bei Frau Schäfer immer um zwei Themen geht. Einen Punkt hat Frau Sommer sehr genau beschrieben. Sie sagte, es sei ein Zahlensalat. Ich hatte mir aufgeschrieben, dass das, was Sie vortragen, ein bisschen buchhalterisch ist.

(Carina Gödecke [SPD]: Wir reden doch ü- ber den Haushalt in zweiter Lesung! – Ute Schäfer [SPD]: Wir sind beim Haushalt!)

Genau! Deshalb Frau Schäfer, werde ich auch die nächsten 20 Male noch genau zuhören, wenn Sie uns erklären wollen, dass Sie die 2.000 Stellen, die Sie kw-gestellt haben, nicht realisiert hätten.

(Widerspruch von Ute Schäfer [SPD])

Das müssen Sie mal jemandem klarmachen! Ich glaube, ein besseres Beispiel für Intransparenz oder ein besseres Beispiel für Rosstäuscherei kann man nicht finden.

(Beifall von CDU und FDP)

Der zweite Punkt in dem Zusammenhang kann man vielleicht aus dem Kontext heraus erklären. Es ist ja nicht zufällig, dass Frau Sommer eine der bekanntesten und beliebtesten Ministerinnen des neuen Kabinetts ist.

(Zustimmung von der CDU – Lachen von SPD und GRÜNEN)

Das hat Ursachen: Sie macht nämlich eine gute Politik, was von der Bevölkerung anerkannt wird.

(Beifall von CDU und FDP)

Der kleine Unterschied zu Ihnen, Frau Schäfer, oder auch zu Frau Beer ist nach meinem Eindruck der, dass Sie in der nordrhein-westfälischen Schulwirklichkeit nach Ihrer Regierungszeit noch nicht unmittelbar angekommen sind.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Gödecke?

Natürlich.

Bitte.

Danke schön, Herr Kaiser. Ich will auf das, was Sie eben gesagt haben, zurückkommen. Kann ich, wenn Frau Sommer, wie Sie eben selbst gesagt haben, die bekannteste Politikerin im Kabinett ist, was daran liegt, dass sie beliebt ist und gute Politik macht, den Umkehrschluss ziehen und sagen, dass all diejenigen, die nicht bekannt sind, schlechte Politik machen und unbeliebt sind?

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Ah! – Marc Ratajczak [CDU]: Was ist das für ein Scheiß! – Weitere Zurufe von der CDU)

Nur zur Vollständigkeit: Ich habe gesagt: eine der beliebtesten Politikerinnen. Ich glaube, die Frage können Sie sich selber am besten beantworten. Ich denke, das müssen wir jetzt nicht in diesem Kontext machen.

(Sören Link [SPD]: Eine schwache Antwort!)

Ja, ich hatte auch eine stärkere Frage erwartet, Herr Link!

(Heiterkeit und Beifall von CDU und FDP)

Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich hatte gedacht, dass das irgendwie zum Thema gehört. Insofern war ich wirklich ein bisschen überrascht.

Zur Sache selbst! Überrascht war ich auch vom Beitrag von Frau Beer, und zwar insoweit, als sich erweist, dass Frau Beer regelmäßig, wenn sie hier spricht, eine Abrechnung mit dem dreigliedrigen Schulsystem vorzunehmen versucht. Es regt mich an, und ich höre gelegentlich auch gerne zu, wenn neue Ideen kommen. Auch das hat Frau Sommer richtigerweise angesprochen. Eine Bitte habe ich aber doch, Frau Beer – das gebietet

auch die Fairness und die Entwicklung, die wir zu betrachten haben –: Ihr Feldzug gegen die Hauptschule wird leider nicht an den Toren der Schule zu Ende sein, sondern er wird in die Köpfe der dort arbeitenden Lehrerinnen und Lehrer und in die Köpfe der dort unterrichteten Schülerinnen und Schüler gehen.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich würde Sie bitten, diese indirekte Diffamierung nicht aufrechtzuerhalten. Man kann sich über die Frage sicherlich sachlich auseinander setzen. Das, was Sie machen, finde ich aber wenig hilfreich. Weil ich das zum wiederholten Male in Ihren Redebeiträgen gehört habe, möchte ich darüber meine Enttäuschung zum Ausdruck bringen. Ich glaube, Sie schaffen ein anderes intellektuelles Niveau.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich möchte gerne noch etwas zu Frau Stotz sagen. Sie zitieren den Antrag, den Frau Doppmeier, Herr Recker und ich in der letzten Legislaturperiode unterschrieben haben. Ich selber habe zum damaligen Zeitpunkt nach bestem Wissen und Gewissen unterschrieben. Inhaltlich vertrete ich den Antrag auch heute noch. Nur, der guten Ordnung halber muss ich sagen: Wenn Sie, Frau Stotz, Frau Sommer aus dem Herbst 2005 nach dem Regierungswechsel zitieren und sie mit diesem Antrag in Zusammenhang bringen, dann ist das unfair; denn zum Zeitpunkt der Antragstellung war sie nicht im Amt, nicht Mitglied der Fraktion und hat eine solche Äußerung auch nicht gemacht.

(Beifall von CDU und FDP)

Deshalb: Ihr Gerechtigkeitsfeldzug in Richtung Weiterbildung geht da nicht in Ordnung; das ist in der Weise nicht akzeptabel.

Wenn man die Bilanz der alten Regierung betrachtet, dann merkt man auch, dass positive Meldungen relativ einfach gemacht werden. Wenn die Schulministerin von Nordrhein-Westfalen hier ein Jahr nach Regierungsübernahme als Erfolg verkünden kann, dass ein Schulleiter, der in der Schulleitervereinigung der Gymnasien führend tätig ist, kundtut: „Wir sind erfolgreich, weil wir jetzt 100 % Stellenbesetzung haben“, dann sagt das zum einen etwas über aktive neue Politik, es sagt zum anderen vor allem etwas über die alte Regierung. Sie wissen, wie katastrophal die Unterrichtsversorgung damals war.

(Beifall von CDU und FDP)

Insoweit stecken Sie sich das Zitat mal schön selber hinter den Spiegel.

Ich möchte etwas zur eigenen Politik sagen und was davon im Rahmen des Haushalts wichtig ist. Wenn es einen Punkt in der Schulpolitik der neuen Koalition gibt, über den Konsens besteht, dann den der individuellen Förderung. Sie ist das handlungsleitende Prinzip des neuen Schulgesetzes, gleichzeitig eine Programmatik, die in den nächsten Jahren dazu führen wird, dass sich die Schulwirklichkeit in all unseren Schulen ändern wird. Wir geben der Schule die Verpflichtung auf, jeden Schüler, der dieser Schule anvertraut wird, optimal zu fördern. Das ist ein Paradigmenwechsel, und das setzt die Priorität wieder dort, wo sie hingehört, nämlich auf eine schülerorientierte Schule. Wir brauchen nämlich keine Schulformstrukturdebatten. Das ist das Entscheidende, um das es in den nächsten Jahren geht.

Wir haben bei der Verbesserung der Qualität Erfolgreiches geleistet. Wir sind im Bereich des Ganztags erfolgreich. Wir sind vor allem bei der Qualitätsentwicklung erfolgreich; ich nenne hier nur Qualitätsanalyse, Fortbildung im Lehrerbereich und bessere Unterrichtsversorgung. Die Entwicklung von Qualität in der Schule wird das Markenzeichen der neuen Koalition sein.

Abschließend möchte ich noch einen Punkt zur Weiterbildung sagen: Ich glaube, dass es wichtig ist, die Weiterbildung auf verlässliche Füße zu stellen, wie wir es im Koalitionsvertrag gesagt haben. Das ist dadurch gelungen, dass die Koalitionsfraktionen in den Haushaltsberatungen für die allgemeine Weiterbildung zusätzlich 10 Millionen € bereitgestellt haben.

(Zuruf von der SPD: Und was haben Sie vorher abgezogen?)

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch – insofern geht das Lob ans Ministerium –, dass es gelungen ist, bis zum Jahre 2010, beginnend mit dem Jahre 2006, ESF-Mittel in Höhe von 12 Millionen € bereitzustellen. Das ist ein Erfolg.

(Zuruf von der SPD: Aber nicht Ihrer!)

Das ist zusätzliches, frisches Geld für die Weiterbildung.

(Beifall von CDU und FDP)

Eine Zahl von gestern ist in diesem Zusammenhang vielleicht wichtig: Etwa 50 % der Volkshochschulen in Nordrhein-Westfalen haben sich im Jahre 2006 an ESF-Projekten beteiligt und rufen diese Mittel ab. Das führt dazu, dass wir im Jahre 2006 eine deutliche Überzeichnung haben und

dass wir sicher davon ausgehen können, dass diese Mittel ab 2007 so abfließen, wie sie bereitgestellt worden sind. Das ist ja gerade von Ihnen, von der Opposition, immer bezweifelt worden. Es zeigt, wie flexibel unsere Weiterbildungslandschaft reagiert und wie wichtig es war, neue Projektmittel bereitzustellen.

(Beifall von der CDU)

Herr Kollege Kaiser, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Beer?