Protocol of the Session on September 13, 2006

zulänglich ist. Der Solidarpakt II wird nicht von westdeutschen Kommunen mitfinanziert, sondern er ist Aufgabe und Finanzierungslast des Bundes.

Aber ich will mich damit jetzt gar nicht weiter aufhalten, sondern ich will Ihnen sagen, weshalb diese Initiative kontraproduktiv ist. Wir alle wissen doch um die Sensibilität in anderen Bundesländern, insbesondere in den ostdeutschen Ländern, was diese Diskussion angeht. Frau Kollegin Kraft hat das Thema ja nicht heute erstmals hier aufs Tapet gebracht, sondern sie hat es vor etwa vier oder fünf Wochen schon einmal mit einer großen deutschen Zeitung bundesweit vertont. An demselben Tag, als Frau Kollegin Kraft diesen Ball aufs Spielfeld geworfen hat, kam sofort der Kontereffekt aus der SPD. Es ist genau das passiert, meine Damen und Herren, was zu erwarten war, wenn man mit einer solchen Initiative nicht differenziert, nicht vorsichtig, nicht abgestimmt genug vorprescht. Es gab sofort presseöffentlich massiven Gegenwind von Sozialdemokraten aus Ostdeutschland, die augenblicklich gesagt haben: Mit uns wird so etwas nicht passieren. Das ist die Sackgasse, in der man dann landet, wenn man bei diesem sensiblen Thema nicht nur nicht fachlich fundiert, sondern auch nicht politisch vorsichtig und diplomatisch vorgeht.

(Beifall von der FDP)

Auch deshalb ist diese Initiative der falsche Weg.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Was meinen Sie denn, was dabei herauskommen würde, wenn eine solche Bundesratsinitiative gestartet würde? – Die wäre doch schon versenkt, die wäre doch schon zum Tode verurteilt, bevor die Druckerschwärze wirklich trocken ist. Wir können doch nur dann Fortschritte erreichen, wenn wir gemeinsam fraktionsübergreifend dieses Feld beackern.

(Ralf Jäger [SPD]: Dann stimmen Sie dem Antrag doch zu!)

Ich habe Ihnen doch gerade schon einmal gesagt, dann müssen Sie etwas fachlich Fundiertes vorlegen

(Ralf Jäger [SPD]: Ach so!)

und nicht mit einer solchen Hauruck-Initiative kommen.

(Ralf Jäger [SPD]: Dann nehmen wir dem- nächst Bilder! Dann können auch Sie mitre- den!)

Da können Sie versuchen, Herr Kollege Jäger, einmal zwei oder drei Überschriften zu setzen.

Danach ist die Debatte erledigt. Eben das wollen wir nicht. Wir wollen in der Sache vorankommen.

(Beifall von der FDP)

Wir wollen nicht nur zwei oder drei Schlagzeilen produzieren. Allein darin besteht das Resultat Ihrer Initiative, ein paar Schlagzeilen, eine Plenardebatte, und dann ist das Thema im Bund leider durch. Das wollen wir nicht.

Deshalb müssen wir das, weil es nun einmal vertragliche Festlegungen gibt – beim Solidarpakt II sogar bis 2019 –,

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

die wir nur im Konsens mit den anderen natürlich revidieren können, sehr vorsichtig in die Diskussion einspeisen.

Ich will, weil das hier noch gar nicht in dem Maße thematisiert worden ist, auf ein aus unserer Sicht sehr wichtiges Fundament noch einmal hinweisen dürfen, nämlich auf die zweite Stufe der Föderalismusreform. Wir glauben, dass wir die Debatte über mehr Verteilungsgerechtigkeit zwischen West und Ost, die Debatte darüber, wie wir es schaffen können, dass in Zukunft von dem, was in Nordrhein-Westfalen erwirtschaftet wird, wieder mehr in Nordrhein-Westfalen verbleibt, politisch nur dann durchhalten können, wenn wir eine Plattform für Gespräche mit dem Bund und den anderen Ländern finden. Nach unserer Überzeugung haben wir jetzt die Chance, wenn wir diese zweite Stufe der Föderalismusreform, die zwischen den Ländern und dem Bund im Prinzip verabredet ist – wir haben noch keine inhaltliche Klärung, aber es ist klar, dass es diese Gespräche geben wird –, zur Plattform für diese, wie ich doch hoffe, fraktionsübergreifende Initiative der politisch relevanten Kräfte hier in Nordrhein-Westfalen machen können.

Wenn wir diese Plattform nutzen, meine Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dann werden wir das nicht unter der Überschrift machen können: Wir wollen die West-Ost-Transfers allein auf den Prüfstand stellen. Dann wird das nach meiner festen Überzeugung nur gehen, wenn wir sagen: Die Bund-Länder-Finanzbeziehungen und insbesondere der Länderfinanzausgleich insgesamt müssen auf den Prüfstand. Wir wollen mehr Gerechtigkeit haben. Wir wollen mehr Leistungsgerechtigkeit. Dort, wo Ressourcen erwirtschaftet werden, müssen diese Ressourcen auch investiert werden können.

(Beifall von der FDP)

Wir sind weiterhin selbstverständlich – das ist das Gebot des Grundgesetzes, und mein Kollege Horst Engel hat sehr zu Recht darauf hingewiesen – bereit, Solidarität gegenüber anderen Ländern zu üben. Wir wollen aber, dass dort, wo nicht zuletzt auch durch harte Sanierungsschritte, wie wir sie derzeit in Nordrhein-Westfalen unternehmen, mehr Wachstumsdynamik entstehen kann, dass Länder, die sich einer solchen Rosskur unterziehen, am Ende des Tages auch mehr davon profitieren – die Länder, aber auch die Kommunen. Das muss die eigentliche Zielsetzung sein, eingebettet in die Diskussion über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen, über den Länderfinanzausgleich insgesamt, auf der Basis der zweiten Stufe der Föderalismusreform.

Meine herzliche Bitte ist, dass wir wirklich schauen, auch in gründlichen Gesprächen zwischen den Fraktionen, wie wir uns insgesamt dabei vernetzen können, wie wir damit auch unsere Fraktionen in den anderen Ländern und auch im Deutschen Bundestag dafür gewinnen können.

Eine separate Hauruck-Initiative, wie sie uns die SPD heute präsentiert hat, ist sachlich nicht nur unzulänglich, sie ist auch mit methodisch der falsche Weg, das falsche Instrument, um am Ende des Tages zu Verbesserungen für Nordrhein-Westfalen und für unsere Kommunen zu kommen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Dr. Papke. – Meine Damen und Herren! Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Schluss der Beratungen.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/2484 einschließlich des Entschließungsantrages Drucksache 14/2542 an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform – federführend – sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Empfehlung zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu:

4 Gesetz zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz – LÖG NRW)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/2478

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfes erteile ich für die Landesregierung Frau Ministerin Thoben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jede staatliche Regelung des Ladenschlusses ist ein Eingriff in die Berufsfreiheit.

(Zuruf von der SPD)

Dieser Hinweis ist auch nach 50 Jahren Ladenschlussrecht und Diskussionen erforderlich. Eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten ist keine Abweichung vom grundrechtlichen Normalzustand, sondern dessen Wiederherstellung. Das Verbot der Ladenöffnung zu bestimmten Zeiten ist ein fortbestehender und rechtfertigungsbedürftiger Eingriff des Staates in die Berufsfreiheit.

Daher sagt unser Gesetzesvorschlag: Freigabe der Ladenöffnungszeiten an Werktagen. Sechs mal vierundzwanzig ist eine Formel, die deutlich macht, dass der Staat den werktäglichen Verkauf nicht regeln will und muss. Das bedeutet übrigens nicht, dass die Geschäfte von nun an rund um die Uhr öffnen müssen. Nur: Es kann sich keiner mehr beschweren, wenn er seinem Kollegen nicht gönnt, dass der sich eine Öffnungszeit aussucht, die er selber nicht gerne hätte.

Die Unternehmer entscheiden, im Idealfall mit ihren Beschäftigten, wann und wie lange sie öffnen wollen. Beeinflusst wird die Entscheidung durch betriebswirtschaftliche Aspekte – Nachfrageseite, Konkurrenzsituation. Es ist nicht Aufgabe des Staates, diese unternehmerische Entscheidung einzuschränken. Aussagen, dass nun die Nachtarbeit Einzug in den Einzelhandel hält, gehen an der Wirklichkeit vorbei.

Gibt es noch eine ökonomische Begründung für den Ladenschluss? – Meines Erachtens: nein. Ein Eingriff der Politik in die private Wirtschaftstätigkeit ist nur dann erforderlich, wenn ein Fehler im Funktionieren der Märkte feststellbar ist. Diese Einmischung unterstellt, dass es ein Marktversagen beim Aspekt der Ladenöffnungszeiten gibt.

Wie kommt man eigentlich dazu? Was ist das für eine Unterstellung? Andere Dimensionen, Preis, Menge, Qualität, all das, glaubt man, ist verantwortbar, nur die Ladenöffnung nicht. In keinem Land der Welt ist der Preiswettbewerb so intensiv wie bei uns. Hier funktioniert der Wettbewerb doch zum Wohle der Verbraucher bestens.

Warum soll dies gerade beim Ladenschluss anders sein? Auch eine intensive Prüfung möglicher Marktfehler, wie sie das Ifo-Institut durchgeführt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass der gesetzliche Ladenschluss nicht nur die Konsumenten und Einzelhändler in ihren Freiheiten einschränkt, sondern sogar die Funktionsfähigkeit des Marktes verhindert. Öffnungszeiten sind im Wettbewerb eine effiziente Reaktion auf die gewünschten Einkaufzeiten der Konsumenten. Dies wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ermöglichen.

Von dieser Argumentation zu trennen sind die Sonn- und Feiertage. Der Gesetzentwurf sieht vor – übrigens weicht er damit nicht um ein Jota, was die Benennung von Sonn- und Feiertagen angeht, von dem ab, was bisher gültig war –, hier nur punktuell von den bisherigen Regelungen abzuweichen. Näheres können wir später besprechen.

Der Sonn- und Feiertagsschutz genießt in Deutschland aus gutem Grund Verfassungsrang. Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt, so unsere Verfassung.

Dies ist in unserer Gesellschaft ein Konsens, der von der Mehrheit getragen wird. Der Sonntag ist ein besonderer Tag, der für Familie, Religion und Freizeit genutzt wird. Wir schreiben den Menschen nicht vor, wie oder womit sie Sonn- und Feiertage verbringen sollen, halten aber fest an der Besonderheit dieser Tage für das Zur-RuheKommen.

Dass vielen Menschen das Shopping zur seelischen Erhebung dient, wissen wir, das reicht aber nach unserer Überzeugung nicht aus, den Sonntagsschutz generell in Frage zu stellen. Deshalb die Regel: Sonntags bleiben die Geschäfte grundsätzlich geschlossen. Ausnahmen sind definiert, wohl begründet und unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen formuliert.

Ein Blick ins europäische Ausland: Die meisten Länder kennen keinen Ladenschluss an Werktagen. Länder wie Schweden, das sonst gerne als soziales Vorbild genannt wird, Großbritannien, Portugal, Irland, Luxemburg, Belgien und Frankreich kennen keinen oder einen nur sehr eingeschränkten Ladenschluss an Sonntagen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Mallorca!)

Haben sich dort Monostrukturen entwickelt? Ist dort der Mittelstand verschwunden? Sind die Länder familienfeindlich? – Ich kann das nicht erkennen.

Die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder ist seit dem 1. September rechtswirksam. Es bestand keine Veranlassung, mit dem Gesetzentwurf zu warten. Wir sind schnell, wir sind das erste Bundesland, das ein solches Gesetz in die parlamentarischen Beratungen einbringt.

(Beifall von CDU und FDP)

Das Ladenschlussgesetz, jetzt Ladenöffnungsgesetz, ist schlank und transparenter geworden. Die Einzelheiten werden Sie sicherlich zum Gegenstand der Debatte machen wollen.

Ich möchte aber noch auf einen Punkt eingehen, weil mir der häufig vorgetragen wird, wonach das familienfeindlich sei.