Herr Minister, ich habe noch eine weitere Zwischenfrage der Kollegin Kraft. Ich interpretiere das etwas großzügig an dieser Stelle, obwohl die Redezeit überschritten ist, in der Erwartung, dass die Fraktionen sich nicht noch einmal zu Wort melden. – Das Wort hat die Kollegin Kraft zu einer Zwischenfrage.
Herr Minister, mir ist sehr wohl bekannt, dass knapp über 98 % der Kinder Kindertageseinrichtungen besuchen. Aber ist Ihnen bekannt, dass ich, wenn ich einen Bildungsauftrag ernst nehme und in der Grundschule darauf aufbauen will, das nur machen kann, wenn alle Kinder eines Jahrgangs in einer Einrichtung sind?
Ist Ihnen als Integrationsminister darüber hinaus bekannt, dass es heute einen interessanten Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ gibt, der darauf Bezug nimmt, auch das Problem der Integration
Das sind die Themen, die Sie als Integrationsminister dankenswerterweise – das sage ich ausdrücklich – positiv voranbringen wollen. Dann müssen Sie doch mit uns ein Interesse am gebührenfreien letzten Kindergartenjahr haben, um es verpflichtend machen und auf diesem Bildungsauftrag aufbauen zu können.
Ich verstehe das Anliegen, und man muss wohl mittelfristig über so etwas nachdenken. Nur: Ist in einem Haushaltsverfahren die Kritik „1975 schon gesagt und ewig nichts gemacht“ berechtigt?
Aber selbst wenn ich jetzt das Geld hätte, würde ich den Schwerpunkt bei der Betreuung der unter Dreijährigen setzen. Die Idee, dass wir es verbindlicher regeln müssen, ist richtig. Ich glaube, wir erreichen auch durch die nun im Schulgesetz verankerte vorgezogene Sprachförderung, also Sprachtests, eine höhere Verbindlichkeit. Viele Zuwandererfamilien werden im ersten und zweiten Kindergartenjahr eher bleiben als heute, wenn sie ihr Kind mit vier Jahren zum Sprachtest bringen. Denn sie werden an die Einrichtung herangeführt und erkennen, dass es ihrem Kind nutzt.
Wir müssen das beobachten und abwarten. Ich verstehe das Anliegen und wollte nur deutlich machen, dass meine Priorität wäre: Wenn ich das Geld hätte – ich habe es aber nicht –, würde ich es eher für unter Dreijährige einsetzen statt für Kindergartenfreiheit. – Danke.
Vielen Dank, Herr Minister. – Wie gesagt, die Redezeit wurde von Ihnen um 80 Sekunden überschritten. Ich gebe Kollegin Löhrmann für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Gelegenheit, die Redezeit auch auszuschöpfen.
Erste Anmerkung: Herr Laschet, ich wollte nichts über Ihre Liebesbeziehung zu Herrn Lindner wissen. Ich wollte von Ihnen wissen, Herr Laschet, ob die Herren Pinkwart und Wolf im Kabinett diesem Haushaltsentwurf, den die FDP so kritisiert hat, mit den Fehlern zugestimmt haben. Das wollte ich von Herrn Laschet wissen.
Zweite Anmerkung: Herr Lindner hat eben eine interessante Feststellung getroffen. Er hat gesagt, dass es mit Blick auf Kinder- und Jugendpolitik eine Verschiebung zugunsten des Schulbereichs gegeben hat. Das heißt, dass sich diese Koalition von dem Grundsatz „Bildung beginnt im Kindergarten, Bildung von Anfang an“ verabschiedet hat. Das wollte ich gerne feststellen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Wollen noch andere Fraktionen sprechen? – Für die FDP-Fraktion hat Kollege Lindner noch eine Minute.
Liebe Frau Löhrmann, Sie haben mich eben missverstanden. Ich habe über den Kinder- und Jugendförderplan gesprochen. Er wendet sich ausweislich des Gesetzes an die 6- bis 21Jährigen und betrifft keine vorschulischen Bildungsmaßnahmen. Mit dem Prozess Familienzentren, mit der Novelle des Kindergartengesetzes, die in diesem Jahr zur Beratung ansteht, haben wir das Ziel, den Bildungsauftrag vor der Schule noch stärker zu profilieren, um laut Koalitionsvertrag die Förder- und Arbeitsbedingungen in den Kindertageseinrichtungen bis 2010 zu verbessern.
Es gibt also ein klares Bekenntnis dieser Koalition dazu, Bildung von Anfang an, aber auch als Einheit von Schule und Jugendhilfe zu denken. Deshalb ist es falsch, wie Sie das tun, die Zahlen nur in den einzelnen Etats zu betrachten. Sie müssen den Gesamtansatz dieser Koalition würdigen. Der Gesamtansatz kommt Kindern und Jugendlichen zugute.
Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Weitere Wortmeldungen liegen mir zum ersten Teilbereich des Einzelplans 15 nicht vor.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den letzten zweieinhalb Jahrzehnten war Nordrhein-Westfalen die Loko
motive in der Frauenpolitik, beispielhaft für die gesamte Republik. In Zukunft eiern wir im letzten Wagen und bilden frauenpolitisch das Schlusslicht. Die Netzwerke, die über Jahre mühsam aufgebaut wurden, werden von der Landesregierung bewusst zerstört. Schon mit Ihrem ersten Haushaltsentwurf zerschlagen Sie die Infrastruktur für Frauen im Lande.
Bevor der Haushaltsentwurf überhaupt das Parlament erreichte, wurden Fakten geschaffen. Bereits am 31. Dezember 2005 wurde die Landesfachstelle gegen Gewalt an Frauen geschlossen und somit eine effektive und kostengünstige Vernetzung und Servicestelle zerstört. Das war kein Wasserkopf, Frau Westerhorstmann.
Nicht genug damit! Der Kahlschlag in der Frauenpolitik ging weiter. Selbst die auf einstimmigen Parlamentsbeschluss eingerichtete Koordinierungsstelle „Frau und Gesundheit“ wurde mit Datum 31. März 2006 geschlossen. Damit wurde der Parlamentsbeschluss missachtet und dem Haushaltsgesetzgeber nicht einmal die Chance der Beratung gegeben.
30%ige Kürzungen bei den Frauenhäusern – das bedeutet, dass die wichtige vierte Stelle ganz gestrichen wird. Ich finde das Bemühen von Frau van Dinther – sie hat das im Ausschuss dargestellt –, mit dem Landrat zu reden, um zu erreichen, dass demnächst vielleicht Ein-Euro-Stellen im Frauenhaus möglich sind, etwas zynisch.
Denn die Frauen, die jetzt entlassen worden sind, gehen ein Jahr zum Arbeitsamt, beziehen danach Arbeitslosengeld II und werden anschließend wohl wieder für einen Euro auf den Fachstellen in den Frauenhäusern eingesetzt. Wenn das Ihre Politik ist, halte ich das für merkwürdig.
Diese Überlegung zeigt aber auch, dass es Sie betrifft, betroffen macht und Sie diese vierte Stelle für wichtig halten. Sonst gäbe es diese Bemühungen nicht.
Rund um die Uhr an Sonn- und Feiertagen ist also so nicht mehr zu leisten. Frauen, denen Gewalt angetan wurde, müssen zusehen, wo sie bleiben. Sie können mit ihren Kindern auf der Parkbank übernachten, bis am nächsten Morgen die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses wieder erreichbar sind.
Für die Regionalstellen „Frau und Beruf“ läutet inzwischen die Totenglocke. Nicht genug mit über 30 % Kürzungen im Haushaltsentwurf – nein, die Koalitionsfraktionen rasieren den Rest auch noch weg, indem sie um weitere 1,26 Millionen € kürzen. Sicherlich war das auf Empfehlung von Frau Pieper-von Heiden, die ja undercover in den Regionalstellen ermittelt hat. Da hat der Schwanz wohl mit dem Hund gewedelt.
30 landesgeförderte Regionalstellen „Frau und Beruf“ müssen nach der Sommerpause die Türen schließen. Wer soll ihre Aufgabe erfüllen? Wer berät die Wiedereinsteigerinnen? Wer unterstützt und begleitet die Gründerinnen? Wer initiiert Netzwerke für Frauen, die Karriere machen wollen? Wer setzt sich dafür ein, dass Mädchen Berufe mit Zukunft wählen können? Wer holt EUGelder für Frauen in die Region? Wer vertritt konsequent in allen Gremien die Interessen der Frauen am Arbeitsmarkt?
Erst heute Morgen lag die Unterrichtung darüber in unseren Fächern, wie die Lissabon-Strategie im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter umgesetzt werden soll. Genau diese Aufgaben werden da beschrieben. Und hier wird ein funktionierendes Netzwerk an Regionalstellen „Frau und Beruf“ zerstört.
Herr Minister Laschet, Sie haben in der Ausschusssitzung im September letzten Jahres zugesichert, dass sich 2006 bei den Regionalstellen nichts verändert und keine schließen muss.
Die SPD-Fraktion hat Haushaltsanträge gestellt und Deckung vorgeschlagen. Die Regierungsfraktionen haben sich eindeutig gegen die Frauen in diesem Lande ausgesprochen. So sieht nach einem knappen Jahr gelb-schwarze Frauenpolitik aus.
Die Formulierungen gestern bei den Demonstrationen waren deutlich: Frauen raus aus Rüttgers Club! Den Frauen im Lande wird es Angst und Bange. Was wird in den nächsten vier Jahren noch zerstört? Der Rolle des Frauenministers, mit der Sie so gern kokettieren, werden Sie, Herr Minister Laschet, nicht gerecht.
Vielen Dank, Frau Kollegin Kieninger. – Als nächste Rednerin Frau Kollegin Westerhorstmann für die Fraktion der CDU.