Gerda Kieninger

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Last Statements

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frau Monheim, was Sie gefordert haben, ist alles gut und richtig. Aber das hilft doch nicht den Frauen, die jetzt in der Situation sind, die jetzt so gut wie keine Rentenansprüche haben, die jetzt irgendwann in Rente gehen und ein Minimum an Rente bekommen, die dadurch, dass sie vielleicht in Teilzeit oder in Minijobs gear
beitet haben, bevor sie in den SGB-II-Bezug geraten sind, gar keine Rentenanwartschaften hatten und vielleicht etwas angespart haben.
Frauen haben grundsätzlich ein anderes Sparverhalten oder Vorsorgeverhalten als Männer. Das wird natürlich an dieser Stelle berücksichtigt. Deswegen unterstützen wir den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen.
Diesen Frauen hilft aber überhaupt nicht weiter, dass dieser Arbeitsmarkt praktisch noch ausgeweitet wird, dass der Bereich der geringfügig Beschäftigten noch ausgeweitet werden soll, dass Frauen mit der Herdprämie gezwungen werden sollen, zu Hause zu bleiben.
All das trägt dem doch überhaupt nicht Rechnung.
Nur 8 % der Frauen gehen nach der Erziehungsphase wieder in Vollzeit in den Beruf zurück, alle anderen aber nur in Teilzeit unter 15 Stunden. Damit erwerben sie doch keine großartigen Rentenanwartschaften.
Das heißt, wir haben also ein ganz anderes Verhalten von Männern und Frauen. Das muss berücksichtigt werden. Wir haben gesagt: Wir wollen das hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen tun, wir wollen an jeder Stelle gendern, also auch bei der Berücksichtigung des Schonvermögens. Deswegen ist dieser Antrag zu unterstützen.
In dem Antrag heißt es, dass das Schonvermögen individuell berechnet werden muss und die Rentenansprüche geprüft werden müssen. Die Rentenansprüche von Frauen sind nun einmal wesentlich niedriger als die von Männern. An der Stelle gilt es, zu handeln und einen Ausgleich zu schaffen, und zwar auch beim Schonvermögen, damit Frauen die Chance haben, das bisschen Ersparte mit nutzen zu können, wenn sie ihr Weniges an Rente bekommen. Deswegen stimmen wir diesem Antrag zu. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Im April 2009 hatten 7,1 Millionen Menschen einen Minijob. Das sind etwa 1,2 Millionen Minijobs mehr als noch im Jahre 2003. Auf den ersten Blick könnte man denken, der Minijob wäre eine Erfolgsgeschichte, aber nur auf den ersten Blick.
Es gibt wohl kaum ein anderes Arbeitsmarktinstrument, das so stark genutzt wird. Aber ist es wirklich ein Arbeitsmarktinstrument? Warum ist dies so? Es liegt daran, dass Minijobs massiv subventioniert werden, und dies, indem sie von Steuern und Sozialabgaben befreit sind, also Brutto für Netto und nicht nur mehr Netto vom Brutto. Das freut die Arbeitgeberinnen, und das freut auch den Arbeitnehmer und die Arbeitnehmerin.
Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag auf Bundesebene ist zu lesen, dass die Bundesregierung die Erhöhung und die Dynamisierung der Grenzen sozialversicherungsfreier Minijobs prüfen wird. Was bedeutet das denn? Sollen dadurch noch mehr Minijobs entstehen?
Das Ziel, die Brückenfunktion von Minijobs für den Übergang in voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu stärken, ist damit nicht zu erreichen.
Ist der Minijob denn wirklich eine Erfolgsgeschichte? Welches Ziel sollte denn mit den Minijobs erreicht werden? Erinnern wir uns: Der Minijob sollte gering qualifizierten Arbeitslosen ermöglichen, überhaupt in den Arbeitsmarkt zu kommen. Minijobs sollten
einen niedrigschwelligen Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen und damit eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt sein. Ob das Konzept Minijob erfolgreich ist, sollte sich doch ebenfalls an diesen Kriterien messen lassen.
Und wie sieht die Realität aus? Mittlerweile wissen wir einiges über Minijobs. Rund 2,2 Millionen Menschen sind in Nebenjobs geringfügig beschäftigt. Diese Menschen haben also eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Für sie ist es attraktiv, noch zusätzlich einen von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern befreiten Job auszuüben, manchmal sogar im selben Unternehmen statt Überstunden. Dies erspart dann Sozialbeiträge und höhere Steuern. Wir können wohl davon ausgehen, dass hier das Ziel der Minijobs verfehlt und in manchen Fällen gar pervertiert wurde.
Für 4,9 Millionen Menschen ist der Minijob die einzige Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt überhaupt. Hier gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Fälle. Im ersten Fall handelt es sich um Minijobber und Minijobberinnen, die in Haushalten leben, die über weitere Einkommensquellen verfügen: überwiegend Frauen, die Familienarbeit leisten und gerne mehr Erwerbsarbeit leisten würden, aber keine Chance auf umfangreichere Beschäftigung haben.
Gleichzeitig haben wir durch das Ehegattensplitting aber auch Anreizstrukturen geschaffen, die Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalten, die aus diesem Grund – in Anführungszeichen – „nur“ im Rahmen eines Minijobs etwas hinzuverdienen wollen. Denn wenn „frau“ in einem Teilzeitjob – 18 Stunden in der Woche, 15 € pro Stunde – rund 1.080 € im Monat verdient und dank Steuerklasse V 500 € netto herauskriegt, dann ist das kein Anreiz. Leistung muss sich lohnen, betonen CDU und FDP. – Ja, gerne!
Das Ehegattensplitting bestraft die Leistung vieler erwerbstätiger Frauen geradezu. Wir unterstützen daher die Bundesfamilienministerin Köhler ausdrücklich in ihrem Vorhaben, das Ehegattensplitting auf den Prüfstand zu stellen, wie sie unlängst angekündigt hat. Sie wird feststellen: Das Ehegattensplitting ist leistungsfeindlich und muss abgeschafft werden.
Ein weiteres Problem sind die eigenen Rentenansprüche. Diese werden von Minijobberinnen und auch von den Minijobbern leider oft nicht bedacht. Das Resultat ist fehlende Altersvorsorge, und Altersarmut ist damit vorprogrammiert. Für diese Zielgruppe ist das arbeitsmarktpolitische Instrument der Minijobs aber eigentlich gar nicht gedacht gewesen.
In dem grundsätzlich anderen zweiten Fall existiert kein weiteres Haushaltseinkommen. Nur ist dann der Minijob bei Weitem nicht existenzsichernd. Hier werden in erheblichem Maße aufstockende Leistungen nach dem SGB II in Anspruch genom
men. Diese Menschen wollen gerne mehr arbeiten, um sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Wir wissen heute, dass für die Menschen der Minijob leider nur selten als Brücke in die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fungiert. Der arbeitsmarktpolitische Erfolg des Instruments ist also sehr zweifelhaft.
Es muss uns aber auch interessieren, um welche Art von Jobs es sich bei den Minijobs handelt und wie die soziale Situation der Menschen aussieht, die diese Minijobs ausüben:
80 % der Minijobs sind in Dienstleistungsberufen, in der Gastronomie oder im Einzelhandel zu finden. Nebenbei bemerkt, stellen die geringfügig Beschäftigten in diesen Branchen mittlerweile etwa ein Viertel aller Beschäftigten, bei den Gebäudereinigern sogar 50 %.
75 % der Beschäftigten in Minijobs haben eine Berufsausbildung. Sie sind also nicht gering qualifiziert; sie sind qualifiziert. Diese Menschen brauchen eine andere Brücke in den Arbeitsmarkt.
Trotz Berufsausbildung haben 80 % der Minijobber und Minijobberinnen Stundenlöhne unterhalb der Niedriglohnschwelle. Das ist auch ein Grund dafür, dass nahezu jeder vierte Minijobber bzw. jede vierte Minijobberin mit einem Armutsrisiko konfrontiert ist. 1998 war es nur jeder zehnte. Der Mindestlohn würde dieses Problem natürlich mindern.
Zwei Drittel aller Minijobs werden von Frauen ausgeübt. In der Folge der Ausweitung der Minijobs ist die Frauenerwerbsarbeit in den vergangenen Jahren gestiegen, vor allem in Westdeutschland. Dies hat allerdings nicht zu einer Ausweitung des Anteils von Frauen am gesamten Erwerbsvolumen geführt, sondern ist mit einem Rückgang der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von weiblichen Beschäftigten einhergegangen. Mit anderen Worten: Die zunehmende Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen hat zu einer Umverteilung der bezahlten Arbeitszeit unter den Frauen geführt.
Anspruch auf Arbeitslosengeld im Fall eines Jobverlustes existiert bei Minijobbern und Minijobberinnen bekanntlich nicht. Aber was uns wirklich erschrecken muss, ist Folgendes: Minijobbern werden viele Rechte vorenthalten, die ihnen dem Gesetz nach zustehen – ob aus Unkenntnis der Rechtslage oder absichtlich, sei dahingestellt. Fakt ist, dass es gängige Praxis ist, dass keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gewährt wird und kein Weihnachtsgeld und kein Urlaubsgeld gezahlt werden. Kündigungsfristen werden in der Regel nicht eingehalten. Bezahlter Urlaub wird ohnehin höchst selten gewährt. Am schwerwiegendsten hinsichtlich des Übergangs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erscheint mir aber, dass Minijobber von betrieblicher Weiterbildung fast gänzlich ausgeschlossen sind.
Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass Minijobber und Minijobberinnen hier zu ihrem Recht kommen. Minijobs sind keine Arbeitsverhältnisse, bei denen die üblichen Arbeitnehmerrechte außer Kraft gesetzt sind. Hier ist viel Aufklärung zu leisten.
Daher fordern wir mit unserem Antrag die Landesregierung auf, in Zusammenarbeit mit Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften eine Aufklärungskampagne zu Arbeitnehmerrechten auch für Minijobber zu starten. Darüber hinaus fordern wir die Landesregierung auf, die Arbeitgeber darauf hinzuweisen, dass sie ihrer Fürsorgepflicht nachkommen müssen. Schließlich fordern wir die Landesregierung auf, weitere Maßnahmen zur Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte von geringfügig Beschäftigten zu ergreifen sowie sich für eine Festsetzung der Stundenhöchstzahl in Minijobs auf Bundesebene einzusetzen. Letzteres könnte bewirken, dass Minijobs wenigstens gerechter entlohnt werden. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer! Besonders begrüße ich die Pfadfindergruppe St. Georg aus Bochum, die auf der Zuschauertribüne sitzt, die an der 72Stunden-Aktion „Uns schickt der Himmel“ teilgenommen hat.
Aber nun zu unserer Großen Anfrage. In diesem Jahr haben wir 60 Jahre Grundgesetz feiern dürfen. Besonders Elisabeth Selbert hat darum gekämpft, den Art. 3 Abs. 2 ins Grundgesetz zu bekommen:
Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
Der Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen weist große geschlechtsspezifische Unterschiede und Nachteile auf. Es beginnt mit der Berufswahl, setzt sich fort bei der Entlohnung für gleiche Arbeit, Unterbrechung für Familienzeiten, den Wiedereinstieg bis hin zur beruflichen Entwicklung und der Karriere. Frauen sind auch heute noch, 60 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes, in nahezu allen Bereichen des Arbeitsmarktes in Führungspositionen unterrepräsentiert und bei prekärer Beschäftigung überrepräsentiert.
Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Situation von Frauen am Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen sollte uns, dem Parlament, eine genaue Analyse liefern, um daraus Lösungen der unterschiedlichen Probleme zu erarbeiten. Leider sind diese Antworten in vielen Bereichen sehr dürftig. Die Daten reichen in vielen Bereichen nicht aus. Die Stichtagsstatistik der Bundesagentur für Arbeit spiegelt nicht die tatsächliche
Situation wieder; darauf hat meine Kollege Günter Garbrecht schon heute Morgen sehr deutlich hingewiesen. Das fängt schon beim Einstieg in die Ausbildung an und setzt sich beim Wiedereinstieg in den Beruf fort. Wenn es keine Daten gibt, dann gibt es auch keinen Handlungsbedarf – so wohl die Devise der Landesregierung. Das ist Schönfärberei. Aber genau in diesen Handlungsfeldern gibt es Handlungsbedarf. Aber auch mit den gegebenen Antworten wird deutlich, wo gehandelt werden muss. Das Grundproblem ist das traditionelle Versorgermodell, das immer noch das Erwerbsleben dominiert.
Aber die traditionelle Familie ist nicht mehr die Regel. Andere Lebensmodelle werden gewählt und auch gelebt. Der eigene Beruf und die finanzielle Unabhängigkeit sind immer wichtiger für Frauen, insbesondere auch für junge Frauen. Von 35 % der 16- bis 29-jährigen Frauen wird eine Vollzeitbeschäftigung als ideal angesehen, in der Altersgruppe der 30- bis 44-jährigen Frauen wollen dies nur 23 %. Das zeigt uns aber sehr genau, dass eine Veränderung der Einstellung bei jungen Frauen stattgefunden hat.
Junge Frauen haben oft die besseren Schulabschlüsse. Da ist es schon erstaunlich, dass sich das bei der Berufsauswahl nicht widerspiegelt, denn 56 % der jungen Frauen wählen unter den Top Ten der „weiblichen Berufe“ ihren Ausbildungsberuf aus, alle im Dienstleistungsbereich und überwiegend schlecht bezahlt. Damit wird der Grundstein für spätere Mini- und Midi-Jobs gelegt.
Doppelt so viele Frauen wie Männer arbeiten in einem Mini-Job-Verhältnis. Dasselbe gilt für MidiJobs-Arbeitsverhältnisse. In den Wirtschaftszweigen Handel, Gastronomie, Pflege, in denen vor allem Frauen arbeiten, ist der Anteil an Mini- und MidiJobs besonders hoch.
Bei typischen „Männerberufen“ im technischen und handwerklichen Bereich ist der Anteil an Mini- und Midi-Jobs sehr gering. Statt dagegen zu steuern, will die schwarz-gelbe Bundesregierung eine Ausweitung der Mini-Jobs. Das ist natürlich genau der falsche Weg. Die Ausweitung der Mini-Jobs geht zulasten der versicherungspflichtigen Arbeitsplätze.
Und die Mini-Jobs sind oft schlecht bezahlt. Die Arbeitsstunden sind viel zu hoch und die Bedingungen überwiegend schlecht. Über ihre Rechte sind viele Mini-Jobberinnen nicht aufgeklärt. Hier wäre ein Mindestlohn die richtige Antwort. Es kann doch nicht sein, dass mit staatlichen Mitteln zum Beispiel für sogenannte Aufstocker sittenwidrige Löhne bei KiK & Co. subventioniert werden.
Sittenwidrige Löhne sind bereits verboten. Dazu gibt es ein höchstrichterliches Urteil. Es braucht nicht extra in einen Koalitionsvertrag geschrieben zu werden. Von daher wäre es schon sinnvoller, das zu verbieten.
Reden Sie ruhig weiter. Jede zweite Mutter, das heißt 50 % aller Mütter, ist drei Jahre in Elternzeit.
Ich freue mich, dass Sie das mit den sittenwidrigen Löhnen verstanden haben.
Es muss aber jede einzelne dagegen klagen. Das ist das Problem.
Es ist nicht einfach so verboten – das könnten Sie tun in Ihrer Koalition –, sondern jede einzelne Frau, jeder einzelne Mann muss dagegen klagen, um Recht vor Gericht zu bekommen, damit dann letztendlich festgestellt wird, dass es ein sittenwidriger Lohn ist. Das ist das eigentliche Problem.
Von 25 % der Väter, die in Elternzeit gehen, beanspruchen 61 % nur ein oder zwei Monate. Nur 8 % der Frauen steigen nach der Familienphase wieder in Vollzeit in den Beruf ein. Zwischen 2005 und 2008 lagen die Anteile der in Teilzeit beschäftigten Wiedereinsteigerinnen zwischen 90,5 % und 92,1 %. Auch ein Jahr nach Wiederaufnahme des Berufes arbeiten 48 % der Frauen in Teilzeit und 33 % weniger als 15 Stunden in der Woche. Nicht alle wollen dies. Demgegenüber arbeiten 78 % der Männer bereits wieder in Vollzeitstellen. Mehr als viermal so viele Frauen wie Männer arbeiten in Teilzeit.
Das geplante Betreuungsgeld der neuen Bundesregierung ist da genau das falsche Signal. Es wird ausgerechnet die Kinder aus den Kitas fernhalten, die frühe Förderung besonders nötig haben. Die Mütter aber wird sie in Mini-Jobs drängen. Dort erwerben sie keine Ansprüche auf Weiterqualifizierung oder gar Altersabsicherung. Altersarmut ist damit vorprogrammiert. Aber auch Frauen in Führungspositionen stoßen immer wieder an die gläserne Decke. Mit einem Beschäftigungsanteil der Frauen von 44 % sind sie mit einem Prozentsatz von 23 % auf der oberen Führungsetage in Nordrhein-Westfalen deutlich unterrepräsentiert.
Frauen haben eher in kleinen Betrieben eine Führungsposition inne als in Großbetrieben. Je nach Wirtschaftszweig variiert der Frauenanteil in Frauenführungspositionen. Es ist schon bemerkenswert, wenn auf der Grundlage der Mikrozensus-Befragung von 2007 der Frauenanteil an Positionen mit
leitender Tätigkeit im Handel 32 % beträgt, aber von 57 % der im Handel beschäftigten Frauen nur 7,4 % eine leitende Tätigkeit inne haben. Männer stellen fast 43 % der Beschäftigten im Handel, sind aber zu 21 % in leitenden Positionen.
Im Koalitionsvertrag von CDU und FDP sind zum Thema Frauen in Führungspositionen nur allgemeine Floskeln zu lesen. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen soll maßgeblich erhöht werden. Das hört sich erst einmal gut an. Es soll einen Stufenplan, verbindliche Berichtspflichten und transparente Selbstverpflichtungen geben.
Die Berichte haben wir längst, und die Selbstverpflichtung haben wir seit 2001. All das hat nicht zum Erfolg geführt. Verbindliche, verpflichtende Maßnahmen und Zielvorgaben: Fehlanzeige! Aber diese Forderungen hat Frau Merkel ja schon auf der Bundeskonferenz der Frauenunion zurückgewiesen.
Die Frauenunion wird noch dicke Bretter bohren müssen. Ich freue mich aber, dass dadurch vielleicht Bewegung ins Spiel kommt und die gläserne Decke hoffentlich bald zerspringt. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Unser Arbeitsmarkt ist nach wie vor gespalten: in einen besseren Arbeitsmarkt für Männer und einen schlechteren für Frauen. Das ist mittlerweile allgemein bekannt und auch völlig unstrittig. Frauen bekommen in diesem Land immer noch 23 % weniger als Männer, verdienen aber eigentlich mehr –
ganz zu schweigen davon, dass die meisten Beschäftigten im Niedriglohnbereich und in den ungeschützten Beschäftigungsverhältnissen sowie in Teilzeitbeschäftigungen Frauen sind oder dass Migrantinnen, ältere Arbeitnehmerinnen und Frauen mit Behinderung nochmals schlechtere Chancen haben.
Junge Frauen haben heute die besseren Schulabschlüsse, aber die schlechteren Aussichten im Beruf, in Führungspositionen, in Vorständen oder in Aufsichtsräten. Ein Grund für die bestehende Benachteiligung von Frauen bei Entlohnung und Führungsposition ist die Männerdominanz in Aufsichtsräten und Vorständen. Das ist skandalös. Aber heu
te reden wir über Frauen in Führungspositionen. Frauen in Führungspositionen: je höher, desto seltener. Hier zeigen alle aktuellen Zahlen, dass es keine gleichen Chancen für Frauen gibt.
Die Hans-Böckler-Stiftung hat in diesem Monat folgende Ergebnisse veröffentlicht: In den 160 wichtigsten Aktiengesellschaften an der deutschen Börse ist nur in 16 Vorständen mindestens eine Frau vertreten. Insgesamt liegt der Frauenanteil in den Vorständen bei gerade einmal 3 %. Unverändert gilt: je höher das Börsensegment, desto niedriger der Frauenanteil. Im DAX-30 arbeitet in nur einem Unternehmen überhaupt eine Frau im Vorstand. Und auch in den Aufsichtsräten der umsatzstärksten Unternehmen sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert. In nur etwa 10 % aller Aufsichtsräte sind Frauen vertreten.
Bemerkenswert ist übrigens, dass in Unternehmen ohne Mitbestimmung nur 2,6 % der Aufsichtsratsmitglieder weiblich sind, in mitbestimmten Unternehmen sind Frauen dagegen zu 11,7 % in den Aufsichtsräten vertreten. Auch hier zeigt sich mal wieder der positive Effekt der betrieblichen Mitbestimmung. Aber wir brauchen viel mehr Frauen in unseren Aufsichtsräten, da eine Vielfalt gerade im Bereich der Kontrolle den Unternehmen gut tut. Das wissen auch die Frauen in der CDU inzwischen.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet am 24. März dieses Jahres von einem Positionspapier der Abgeordneten Milz, Rühl und Doppmeier. In diesem orientieren sie sich an der seit 2002 in Norwegen gültigen Vereinbarung. Innerhalb der nächsten zehn Jahre soll demnach der Frauenanteil in Aufsichtsräten auf 40 % erhöht werden.
Das kann nur eines bedeuten: Auch die Frauen in der CDU haben erkannt, dass es nicht ausreicht, auf Selbstverspflichtung der Wirtschaft zu setzen. Alle Appelle und Selbstverspflichtungserklärungen der Wirtschaft, Frauen den Zugang zur Führungsebene zu erleichtern, haben versagt. Das kann man leicht aus den Zahlen ablesen, die ich vorgetragen habe. In Norwegen war die Situation vor Einführung der gesetzlichen Geschlechterquote – von 40 % in Aufsichtsräten – vergleichbar mit der in Deutschland heute. Auch in Norwegen hatte die Freiwilligkeit keinen Erfolg. Erst das Gesetz von 2006 brachte die Wende.
Unser gemeinsames Ziel lautet: Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten auf 40 %. Die Zukunft der deutschen Wirtschaft hängt nämlich auch davon ab, dass alle Potenziale, die von Frauen und von Männern, effektiv genutzt werden. Den Frauen in der Union bieten wir unsere Unterstützung an, ihr Ziel zu erreichen. Dafür unser Antrag heute. Stimmen Sie ihm zu! – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Als Dortmunder Abgeordnete, die auch vor Ort war, glaube ich, die Situation noch einmal beleuchten zu müssen.
In einem Lied der Arbeiterbewegung heißt es:
Der 1. Mai ist unser Feiertag. Er ist der Schulzen und der Meier Tag, weil wir an diesem Tag marschieren und unsere Einheit demonstrieren.
So sollte es auch am 1. Mai in Dortmund sein. Denn Dortmund ist eine weltoffene, tolerante Stadt, die dies mit ihren Verantwortlichen und ihren Bürgerinnen und Bürgern lebt.
Herr Orth, Sie sollten nicht einfach Äpfel mit Birnen verwechseln. Wenn Sie meinen, das sei Kommunalpolitik, dann sind Sie auf dem falschen Dampfer.
Sie haben zwar nicht zum Thema geredet, den Sinn wahrscheinlich aber auch nicht verstanden.
Der vom Oberbürgermeister ins Leben gerufene Aktionsplan für Vielfalt, Toleranz und Demokratie wird jährlich mit 100.000 € ausgestattet und dokumentiert, wie wichtig uns in der Stadt Dortmund ein friedliches Miteinander ist.
Diese Maikundgebung mit mehreren tausend Teilnehmenden – Männern, Frauen und Kindern, Jung und Alt –, die friedlich für Arbeitnehmerrechte demonstrieren wollten, wurde aber von über 300 Neonazis brutal angegriffen. Das ist eine weitere Eskalationsstufe in der Entwicklung der Neonaziszene in Nordrhein-Westfalen.
Die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten waren völlig unvorbereitet. Ohne jegliche Schutzkleidung haben sie sich mutig und entschlossen diesem brutal angreifenden braunen Mob entgegengestellt. Dafür gebührt ihnen unser aller Dank.
An die verletzten Beamtinnen und Beamten gehen von hier aus unsere besten Genesungswünsche.
Es stellt sich aber die Frage: Wie konnte das passieren? – Es gab kein Konzept, Herr Engel, für das Sie sich brav bedankt haben. Das war doch der Punkt. Eine Woche vor der Demonstration hatte der DGB-Vorsitzende beim Kooperationsgespräch mit der Polizei die Frage gestellt, ob dem Staatsschutz Hinweise auf mögliche Störungen der DGBDemonstration vorlägen. Es lagen keine Erkenntnisse vor.
Am Donnerstagnachmittag, also am 30. April 2009, war im Internet zu lesen, dass das vom Verwaltungsgericht Lüneburg ausgesprochene Verbot der Nazidemonstration in Hannover weiterhin Bestand hat. Da der Eilantrag vom Oberverwaltungsgericht nicht angenommen wurde, erging vonseiten der Rechten ein offener Aufruf, mit kreativen Aktivitäten bei den DGB-Demonstrationen tätig zu werden.
Am späten Donnerstagnachmittag informierte der DGB-Vorsitzende die Polizei über diesen Tatbestand. Der Polizei war bekannt, dass der eigentlich für Hannover geplante Aufmarsch der Nazis jetzt in Siegen stattfinden sollte. Daher befand sich die in Dortmund stationierte Einsatzhundertschaft auch auf dem Weg nach Siegen. Infolgedessen war die Polizeipräsenz am Dortmunder Hauptbahnhof mit seiner Funktion als Verkehrsknotenpunkt nicht ausreichend. Jeder Sonderzug zu einem Fußballspiel wird intensiver begleitet.
Nur so konnte es dazu kommen, dass sich am Morgen des 1. Mai eine Horde schwarz bekleideter Nazis am Dortmunder Hauptbahnhof sammeln konnte. Nach Aussage der Einsatzleitung der Polizei sollten diese nach Siegen zu einer Demonstration weitergeleitet werden. Das geschah aber nicht. Die Meute stürzte aus dem Dortmunder Hauptbahnhof in Richtung des Platzes der alten Synagoge, dem Treffpunkt der DGB-Maidemonstration.
Um 11:50 Uhr wurde dem DGB-Vorsitzenden vom Einsatzleiter der Polizei mitgeteilt, dass die Nazis im Sturmschritt auf die Demonstration des DGB zuliefen. Der Vorsitzende des DGB setzte daraufhin sofort den Demonstrationszug in Gang, um einen Puffer zwischen den friedlichen Demonstranten und dem tobenden braunen Mob zu schaffen. Für diese besonnene Entscheidung möchte ich mich hier im Parlament beim DGB und den Kolleginnen und Kollegen ausdrücklich bedanken.
Damit dürfte auch dem Letzten klar sein, wie ernst diese Bedrohung unseres Rechtsstaates ist. Dies war keine Auseinandersetzung zwischen extremistischen Gruppen, wie es gerne dargestellt wird. Hier sind friedliche Bürgerinnen und Bürger ohne Vorwarnung und ohne Grund von randalierenden Nazihorden brutal angegriffen worden.
Es hat keine Provokation oder Dergleichen stattgefunden. Die Nazis haben zum wiederholten Male ihr wahres Gesicht gezeigt. Diese Menschen haben weder Respekt vor dem Gesetz noch vor Menschenleben.
Diese braune Brut hat bereits für den 5. September 2009 einen Aufmarsch in Dortmund geplant. Ich kann die Aussage des Polizeipräsidenten, vor dem Hintergrund dieser Vorgänge eine neue Bewertung vorzunehmen, nur unterstützen. Unter dem Eindruck des 1. Mai ist es nicht verantwortbar, eine derart große Zahl militanter Faschisten durch Dortmund marschieren zu lassen.
Ich komme zum Schluss. – Die Personen, die am 5. September 2009 zu erwarten sind, werden mit denen von letzter Woche fast identisch sein. Sie wollen das Demonstrationsrecht des Grundgesetzes in Anspruch nehmen, treten es aber gleichzeitig mit Füßen und verhöhnen die Demokratie sowie das Grundgesetz.
Enden möchte ich mit einem Zitat aus einem Lied der Arbeiterbewegung mit dem Titel „Gute Tradition“. Darin heißt es:
Nazis raus aus unserer Stadt,
weil es hier keinen Platz für Faschisten hat, …
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Morgen finden an vielen Orten in Deutschland Veranstaltungen zum Equal Pay Day statt. Frauen machen mit roten Handtaschen auf die Lohnungleichheit aufmerksam. Bis zum 20. März dieses Jahres müssen Frauen in unserem Land arbeiten, um das Einkommen zu erreichen, das ihre Kollegen bereits am Jahresende 2008 erreicht hatten.
Damit befinden wir uns europaweit so ziemlich am Ende der Skala der Lohnungleichheiten der Geschlechter. Aber auch weltweit schneiden wir nicht viel besser ab. 23 % Lohnunterschied sind die traurige Bilanz in unserem Land. EU-weit sind es 17,4 %. Auch im gleichen Beruf ist unterschiedliche Bezahlung festzustellen. Verdient eine Ingenieurin 17 % weniger als ihr Kollege, so sind es bei der Verkäuferin 37 %.
Frauen verdienen natürlich mehr, sie bekommen es nur leider nicht.
In diesen Tagen war in der Presse zu lesen: Herr Minister Laschet macht sich für eine gerechte Entlohnung stark. Ein Viertel weniger Lohn für Frauen,
das ist ein Zustand, der nicht akzeptabel ist. – So wird der Minister in einer Meldung von ddp zitiert. – Da muss ich Herrn Minister Laschet recht geben. Wo er recht hat, hat er recht.
Der Minister stellt auch fest: Es gibt nicht nur eine Ursache für Lohnungleichheit. Deshalb müssen wir auch an verschiedenen Stellen ansetzen. – Auch da gebe ich dem Minister recht.
Die Landesregierung startet ein Projekt in vier Unternehmen, in denen veränderte Beurteilungskriterien für die Entlohnung erarbeitet und erprobt werden. Das ist ein richtiger Schritt, den auch wir unterstützen. Aber viele Schritte sind nötig, um zum Ziel zu kommen.
Ein Grund für die Ungleichheit ist die hohe Teilzeitquote von Frauen. Auch hier befinden wir uns in Deutschland leider in den Spitzenpositionen. Das gilt ganz besonders in Nordrhein-Westfalen
Auf Platz 3 befinden wir uns in Nordrhein-Westfalen bei der geringfügigen Beschäftigung. Eine Großzahl der Minijobbeschäftigten ist weiblich, und das nicht, weil Frauen nicht so viel arbeiten wollen – sie arbeiten vielfach mehr und länger für 400 € –, sondern ihnen werden leider keine anderen Jobs angeboten.
Das erklärt sich zum einen mit den Bereichen, in denen Minijobs vorwiegend ausgeübt werden. Da sind zum Beispiel Einzelhandel, Gastgewerbe, Callcenter, haushaltsnahe Dienstleistungen, Pflege und andere sorgende Tätigkeiten zu nennen; alles Bereiche, in denen nach wie vor überwiegend Frauen tätig sind.
Nach der Novelle zum Ladenöffnungszeitengesetz sind die 400-Euro-Jobs sprunghaft angestiegen. Ganze Discounterfilialen werden mit 400-EuroBeschäftigten betrieben. Arbeitsgerichte haben schon sittenwidrige Löhne festgestellt. Gestern gab es ganz aktuell ein Urteil zu KiK: 5,20 € sind zu wenig.
Es hat sich in den letzten Jahren leider gezeigt, dass die Obergrenze von 400 € und die reduzierten Steuern und Abgaben für Minijobs zu oft den Blick auf das Verhältnis von Arbeitsleistung, Arbeitszeit und Arbeitsentgelt verstellen. Dem wollen wir mit einer korrespondierenden Obergrenze für die wöchentliche Arbeitszeit begegnen. Wer für maximal 400 € in einem Minijob arbeitet, darf dafür nicht länger als maximal 15 Stunden pro Woche beschäftigt werden. Wenn man dann zu diesen 400 € die pauschalierte Steuer und die Sozialabgaben hinzurechnet, kommt man bei maximal 15 Stunden gerade mal auf einen Mindestlohn von etwas über 8 €.
Um dieses Ziel zu erreichen, fordern wir die Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen. Das würde den Beschäftigten in den Minijobs – das sind, wie ich ausgeführt habe, vorwiegend Frauen – helfen und wäre ein Schritt zur Anhebung des Lohnniveaus. Meine Damen und
Herren, ich lade Sie ein, auch diesen Schritt zu unterstützen, einen weiteren Schritt zum Ziel der gerechten Entlohnung.
Wir von der SPD wissen aber auch, dass viele weitere Schritte nötig sind. Lassen Sie mich noch einige nennen: Wir brauchen noch mehr Frauen in Aufsichtsräten; denn die dortige Männerdominanz ist ein Grund für die bestehende Benachteiligung bei der Bezahlung und der Besetzung von Führungspositionen. In einer dpa-Meldung von heute ist zu lesen, dass der Verband deutscher Unternehmerinnen auch dieses unterstützt und ganz eindeutig sagt: Wären die Frauen ebenbürtig vertreten, hätte das Zockerunwesen in der Finanzbranche kaum dieses Ausmaß annehmen können. – Aber für verbindliche Maßnahmen in diesem Bereich gibt es in diesem Hohen Hause keine Mehrheit. Das wissen wir, das haben wir schon feststellen können.
Wir brauchen auch Regelungen für die Privatwirtschaft. Dann kommen Frauen auch endlich an die Spitze.
Ja, ich komme zum Schluss. – Und wir wollen, dass sogenannte Frauenberufe nicht schlechter bewertet und bezahlt werden als die Berufe, die überwiegend von Männern ausgeübt werden. – Ich hoffe auf eine erfolgreiche Beratung im Ausschuss und danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und Damen! Nachdem die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen 2006/2007 die Axt bei der Frauenpolitik angelegt haben, ist die Fraueninfrastruktur im Lande zu einer Restgröße geworden. Wie schon in den vergangenen Jahren muss ich auch heute feststellen, dass Frauenpolitik unter dieser Regierung so gut wie gar nicht stattfindet.
Seit sage und schreibe drei Jahren stehen im Haushalt Mittel für eine sogenannte Hotline W – W für Wiedereinstieg. Wenn man funktionierende Strukturen zerschlagen hat, ist es aber gar nicht so einfach, eine Beratung zum Wiedereinstieg in den Beruf – welcher Art auch immer – wieder aufzubauen.
Nun ist Anfang 2009, und wir lüften das Geheimnis. Das Netzwerk W geht an den Start, und zwar in 23 Kreisen und 14 kreisfreien Städten. Eine kleine Rechnung: 74 % der Kreise und 42 % der kreisfreien Städte sind beteiligt.
Insgesamt 37 bezuschusste Projekte an 41 Standorten bilden das Netzwerk W. In diesem Rahmen werden lokale Angebote gesichtet, Bedarfe identifiziert und Unternehmen sensibilisiert, um sie in Form einer Website präsentieren zu können, die dann auch der Hotline als Grundlage zur Verfügung stehen soll.
Allerdings stellen sich folgende Fragen: Was passiert, wenn die Projekte des Netzwerkes ausgelaufen sind? Was ist mit der Nachhaltigkeit? Wer pflegt dann diese Website? – Es gibt also viele offene Fragen und keine Antworten. Das ist die Koalition der Ernüchterung und der Enttäuschung.
Es ist Konsens in diesem Haus, dass wir Gewalt gegen Frauen nicht dulden. Bedauerlicherweise werden Frauen aber auch in diesem Land Opfer von Gewalt. Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, reden in der Innen- und Rechtspolitik gerne vom Opferschutz, der wichtiger sei als Täterschutz.
Dies muss aber auch in den Fällen gelten, in denen Frauen Opfer von Gewalt werden. Für den Opferschutz müssen dann auch die notwendigen Mittel bereitgestellt werden. Der Haushaltsansatz wird seit 2007 überrollt, nachdem er 2006 drastisch gekürzt worden ist. Nicht einmal die Inflationsentwicklung und die Tarifabschlüsse der letzten Jahre werden in Ihrem Haushaltsentwurf berücksichtigt.
In den Frauenberatungsstellen und bei den Frauennotrufen hat sich die Finanzsituation dramatisch entwickelt. Für die Frauenberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt und die Frauennotrufe bedeutet das, dass die Beratungszeiten und Öffnungszeiten gekürzt werden. Für die Frauen, die Hilfe suchen, heißt das aber, in größter Not keine schnelle Hilfe und Beratung zu bekommen.
Wir wollen, dass diesen Frauen zeitnah geholfen wird. Deshalb wollen wir den Haushaltsansatz um 150.000 € erhöhen, wie es die Beratungsstellen und Notrufe auch fordern.
Die Deckung erbringen wir aus dem Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Im Zeitalter des Internets können viele Hochglanzpublikationen eingespart werden, besonders wenn sie einseitig in der Darstellung sind. Als Beispiel will ich nur das Buch „Frauen verändern EUROPA verändert Frauen“ nennen, in dem elf engagierte Europäerinnen vorgestellt werden, die allesamt der EVP angehören. Es stellt sich die Frage: Hat keine andere Partei engagierte Europäerinnen?
Seit 2006 ist die vierte Fachstelle in den Frauenhäusern ersatzlos gestrichen. Die Aufgaben sind damit allerdings nicht weggefallen. Ein Verzicht auf die nachsorgende Betreuung bringt zwangsläufig eine massive Erhöhung der Rückfallquote mit sich.
Die Frauenhäuser sind daher gezwungen, diese Aufgaben auch weiterhin wahrzunehmen. Das aber führte in den letzten Jahren zu einer Reduzierung der Betreuungsplätze. Da die Plätze für gewaltbetroffene Frauen ein Mindestangebot vorhalten müssen, trifft die Kürzung die Kinder, die gerade in Gewaltbeziehungen die größten psychischen Belastungen ertragen müssen.
Die zu dünne Personaldecke führt dazu, dass zu Zeiten, in denen die meisten Notfälle zu verzeichnen sind, nämlich nachts, die Frauenhäuser nicht mit dem nötigen Betreuungspersonal ausgestattet sind und Aufnahmen unmöglich werden. Wir wollen, dass geschlagene Frauen mit ihren Kindern auch nachts eine Zufluchtsstätte in Nordrhein-Westfalen haben.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Frauenhäusern haben in den letzten Jahren mit großem persönlichen Einsatz versucht, diese Kürzungen zu kompensieren. Dafür gebühren ihnen unser Dank und unsere Wertschätzung. Trotz vieler unbezahlter Überstunden stehen die Einrichtungen inzwischen mit dem Rücken an der Wand. Das kann nur durch eine Mittelausstattung, wie sie bis 2005 etatisiert war, abgewendet werden. Wir fordern daher, die vierte Stelle in den Frauenhäusern wieder zu finanzieren.
Nach fast vier Jahren schwarz-gelber Landespolitik stelle ich fest: Für Frauen im Lande sind und bleiben Sie die Koalition der Ernüchterung und Enttäuschung. – Herzlichen Dank.
Herr Minister, kommt es noch in dieser Legislaturperiode?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gleichstellungspolitik kann man bei den Beratungen des Haushaltsplans für das Jahr 2008 kaum noch erkennen. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben sich in den letzten Jahren sukzessive aus der Frauenpolitik verabschiedet. Sie halten auch im Europäischen Jahr der Chancengleichheit weiterhin diesen schlechten Kurs.
Der Versuch, Frauenpolitik als Teilbereich der Familienpolitik zu deklarieren, funktioniert aber nicht. Frauen verdienen mehr. Mit dem Haushalt 2006 wurden durch drastische Kürzungen im Gleichstellungshaushalt die Netzwerke beim Gewaltschutz und bei der Frauengesundheit zerschlagen. In den Haushaltsberatungen 2007 läutete das Totenglöckchen für die Regionalstellen. Die Finanzierung der sogenannten vierten Stelle in den Frauenhäusern musste dran glauben.
Aber was sind die Folgen dieser drastischen Einschnitte? Die werden jetzt deutlich. Durch die Streichung der vierten Stelle in den Frauenhäusern ist natürlich Personal abgebaut worden. Damit ist die nachsorgende Betreuung von ehemaligen Bewohnerinnen faktisch vollständig zum Erliegen gekommen.
Die Aufnahme von betroffenen Frauen außerhalb der Büroöffnungszeiten ist nahezu unmöglich ge
worden. Das bedeutet: Frauen, die geprügelt werden, müssen bis zum nächsten Tag warten, weil in der Nacht keine Aufnahme stattfinden kann.
Allein im letzten Jahr sind in den Frauenhäusern rund 100 Plätze weggefallen. Das zeigen uns der Bericht und die Stellungnahme der autonomen Frauenhäuser.
In den Ballungsräumen ist eine Notaufnahme heute nicht mehr möglich. Betroffene Frauen werden auf ländliche Räume verwiesen oder müssen ihre Bedrohung ganz einfach weiter erdulden.
Aber Frauenhäuser brauchen keine Wartezimmer. Wir brauchen eine auskömmliche Finanzierung der Frauenhäuser, und zwar flächendeckend.
Einzig und allein die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist noch ein Thema in der Frauenpolitik. Es bleibt alles wie gehabt: Bewährte Strukturen werden zerschlagen und nicht, wie von Minister Laschet zugesagt, konzeptionell weiterentwickelt. Die neuen Angebote lassen auf sich warten. Das ist von den Koalitionsfraktionen politisch so gewollt. Alibianträge sollen davon ablenken, dass Frauenpolitik nicht mehr auf der Agenda steht. Das ist die Koalition der Täuschung und Enttäuschung.
Für die sogenannte „Hotline W“ werden von der Landesregierung gerade einmal 200.000 € veranschlagt. Meine Befürchtungen, die ich im letzten Jahr geäußert habe, bestätigen sich. Die „Hotline W“ ist und bleibt ein Placebo. Den Wiedereinstieg in den Beruf kann diese Hotline den Frauen nicht erleichtern; denn mit diesen 200.000 € kann wohl kaum im ganzen Land eine qualifizierte Beratungsarbeit geleistet werden. Es bleibt eine Koalition der Täuschung und Enttäuschung.
Dass der Frauenminister keine Übersicht der frauenrelevanten Haushaltsstellen aus anderen Einzelplänen mehr vorlegt, ist bezeichnend; denn die Kürzungen würden sonst deutlich. Beim Innenminister werden die gleichstellungsbezogenen Fortbildungsmaßnahmen um mehr als 10 % gekürzt, und auch bei Schule und Weiterbildung finden wir diese Kürzungen.
Dass den Hochschulen wie bereits im Vorjahr keine Mittel für die Frauenförderung zur Verfügung gestellt werden, das hatten wir schon erwartet. Aber dass Existenzgründungskredite für Frauen von dieser Regierung, die in ihren Sonntagsreden immer die Privatinitiative preist, weiter zurückgefahren werden, das ist doch wohl mehr als ärgerlich.
Formal wurde der Gleichstellungshaushalt gegenüber 2007 überrollt. Das ist wahr. Angesichts der gerade geschilderten Einschnitte der letzten Jahre rate ich Ihnen aber jetzt schon dringend davon ab, das gleich als frauenpolitischen Erfolg zu feiern.
Allerdings gibt es zwei Bereiche, in denen mehr Mittel für Frauen zur Verfügung gestellt werden. Das möchte ich hier nicht verschweigen. Im Zuständigkeitsbereich des Ministerpräsidenten gibt es eine moderate Ansatzerhöhung für Kulturförderung. Es gibt auch eine Aufstockung der Mittel für Kongresse und Workshops für Frauen im ländlichen Raum: um sage und schreibe 150 %. Ob es wohl ein Zufall ist, dass die frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion die Vorsitzende der Vereinigung der Landfrauen ist? Das frage ich mal.
Für die Frauen im Lande sind und bleiben Sie die Koalition der Täuschung und Enttäuschung.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, wenn Sie entschieden haben, dass es demnächst eine pauschale Bauförderung gibt, sollten Sie das auch in Ihren Gesetzentwurf schreiben,
statt Ihrer Fraktion oder den Koalitionsfraktionen aufzutragen, dies zu tun.
Ich glaube, es wäre sinnvoll, so zu handeln und den Gesetzentwurf zurückzuziehen.
Aber ich will mich jetzt auf andere Dinge beschränken. Herr Minister, es geht hier nämlich eindeutig um Ihren Wortbruch.
In der 20. Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales legten Sie den Kriterien
katalog für das Investitionsprogramm 2007 vor. Heute nennen Sie Ihren eigenen Kriterienkatalog „intransparent“. Mit Ihrem Wortbruch machen Sie das Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 zu einer Farce.
Alle Krankenhäuser, die auf der Prioritätenliste der Bezirksregierungen oben standen, haben fest mit einer Förderung aus dem Investitionsprogramm 2007 gerechnet. Ich halte es da mit Johannes Rau: Ein gebrochenes Versprechen ist wie ein gesprochenes Verbrechen.
Für das Städtische Klinikum Dortmund, ein Klinikum der Maximalversorgung, das schon 2006 auf Platz 2 der Förderliste stand, hat das, wie für viele andere auch, verheerende Auswirkungen.
Nachdem es schon im Jahre 2006 keine Investitionen gab, werden auch 2007 keine Investitionsmittel zur Verfügung stehen. Die fest eingeplanten Mittel in Höhe von 20 Millionen € zur Finanzierung des neuen OP-Zentrums werden in Dortmund dringend gebraucht; denn dieser Neubau ist wirtschaftlich zwingend erforderlich.
Er würde für das Klinikum einen Einspareffekt von 4 Millionen € im Jahr bedeuten, die für den Konsolidierungsplan dringend gebraucht würden.
Das Bauvorhaben stand 2007 auf Platz 1 der Förderliste. Somit ist davon auszugehen, dass die Landesmittel auch fließen. Nun gibt es aber gar nichts.
Stattdessen soll es demnächst eine Baupauschale geben. Das heißt, das Land fördert mit der Gießkanne, nicht mehr nach Schwerpunkten. Teure Abteilungen werden demnächst geschlossen, denn sie finden bei dem Gießkannenprinzip keine Berücksichtigung.
Jetzt sagt der Herr Minister, Dortmund könne bereits im kommenden Jahr mit etwa 3 Millionen € rechnen, die als Baupauschale zur Verfügung stehen.
Damit können riesengroße Investitionen ausgelöst werden, da das Geld auch für Zinsen und Tilgung eingesetzt werden dürfe.
Allerdings steht dieses Geld unter jährlichem Haushaltsvorbehalt.
Wie dürfen wir denn das verstehen? Glauben Sie tatsächlich, dass eine Bank einen 30-Millionen-€Kredit gibt, wenn die Rückzahlung unter Haushaltsvorbehalt steht?
Was Sie anbieten, ist ein ungedeckter Scheck.
Welche finanziellen Auswirkungen hätte es denn, wenn das Dortmunder Klinikum mit der Baukostenpauschale von 3 Millionen € am Kreditmarkt einen Kredit über 30 Millionen € aufnehmen würde? – 47 % der Baupauschale würden direkt an die Banken fließen. Meine Damen und Herren, das ist keine Krankenhausinvestitionsfinanzierung. Das ist eine Bankensubventionierung.
Würde das Land die Förderung wie zugesagt bereitstellen, entstünden diese Kosten nicht.
Abgesehen davon: Wenn das Klinikum für den Bau des neuen OP-Zentrums die Baupauschale in Höhe von 3 Millionen € zur Teilfinanzierung von 30 Millionen € einsetzen würde, dann müsste die Baupauschale über einen Zeitraum von 30 Jahren fließen,
um damit die Verbindlichkeiten abzudecken.
In diesen 30 Jahren, Herr Minister, wären dann aber auch keine weiteren Bauinvestitionen möglich. Aber allein in den letzten 10 Jahren hat das Klinikum Dortmund 109 Millionen € in Baumaßnahmen investiert,
und zwar in Baumaßnahmen, die in erster Linie wegen hygienerechtlicher, baurechtlicher und brandschutzrechtlicher Bestimmungen zwingend notwendig waren. Sie können ohne langes Nachrechnen sehen, dass diese Baupauschale keinesfalls ausreichen wird.
An diesen Investitionen der letzten 10 Jahre hat sich das Land mit einem Anteil – immer mit der Ruhe – in Höhe von 22 Millionen € beteiligt. Das entspricht einem Anteil von gerade einmal 20 %.
Der Rest ist vom Träger und über Kredite auf dem Kapitalmarkt finanziert worden.
Wie wirkt sich die von Ihnen geplante Förderung durch die Baupauschale aber künftig aus, wenn man sie mit der bisherigen Förderung vergleicht? – Wie gerade gesagt, hat sich das Land in den letzten 10 Jahren mit 22 Millionen € an den Baukosten beteiligt. Nimmt man die 20 Millionen € dazu, die uns eigentlich zugesagt und versprochen waren, nun aber gar nicht mehr zur Debatte stehen, wären 42 Millionen € ins Dortmunder Klinikum geflossen. Das macht über 10 Jahre pro Jahr einen Betrag von 4,2 Millionen € aus.
Die neue Pauschale soll nun 3 Millionen € betragen. Das ist ein Rückgang von 30 % jährlich.
Aber nicht nur hinsichtlich der Investitionen in Baumaßnahmen stehen Kliniken der Maximalversorgung bei der Pauschale, wie Sie sie derzeit anbieten, schlechter da. Nach der alten Förderung gab es umgerechnet auf zehn Jahre für das Dortmunder Klinikum ca. 10 Millionen € jährlich an Landesförderung: 4,2 Millionen € für Bauinvestitionen und 5,9 Millionen € Pauschalförderung für Investitionsgüter. Zukünftig sind nur noch 8 Millionen € vorgesehen, zusammengesetzt aus der Baupauschale – Höhe 3 Millionen €, so es der Landeshaushalt denn überhaupt hergibt – und aus nur noch 5 Millionen € Pauschalförderung.
Ja, ich komme zum Schluss. – Bei der Sachlage stellt sich der Minister dann auch noch am 16. August in Dortmund vor die Presse und sagt dreist: Ich habe fachlich und emotional ein gutes Gewissen. So wird er in der „WAZ“ vom 17. August zitiert. Dem Gewissen dieses Ministers scheinen die Kranken und Krankenhäuser in diesem Land herzlich egal zu sein. Dem ist leider nichts hinzuzufügen.
Diese Regierung bleibt die Regierung der Täuschung und Enttäuschung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie als Koalitionsfraktion legen hier einen Antrag vor mit dem wohlklingenden Namen „Vereinbarkeit von Familie und Beruf voranbringen – Familienfreundlichkeit der Landesverwaltung ausbauen“. Dieser Antrag ist genauso lasch wie der Antrag 14/2579, in dem Sie die nordrhein-westfälische Wirtschaft zur Schaffung von familienfreundlichen Arbeitsplätzen auffordern.
Dass es im Bereich der Landesverwaltung und des Parlaments an der Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch einiges zu tun gibt, ist zweifelsfrei. Aber wie in allen Reden zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf spitzen Sie den Mund, aber Sie pfeifen nicht.
In der Landesverwaltung sind derzeit 48,56 % Frauen beschäftigt. Dabei beträgt der Anteil im mittleren Dienst 64,84 %. In den Besoldungsgruppen B2 bis B9 finden wir jedoch nicht eine einzige Frau. Das hat viel mit Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu tun.
Doch.
Dann müssen Sie Ihre Berichte, die im Internet stehen, ändern. Ich gehe davon aus, dass die Zahlen, die dort veröffentlicht sind, stimmen. Ich gehe davon aus, dass die Zahlen, die Sie im Internet als Landesverwaltung veröffentlichen, richtig sind, und auf diese beziehe ich mich natürlich.
Das hat viel mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu tun. In der Regel ist es doch faktisch heute noch so, dass Frau die Erziehungsarbeit leistet und aus diesem Grund oft das Teilzeit- oder Telearbeitsplatzangebot annimmt. Die – vielleicht stimmt auch diese Zahl nicht – 16 Telearbeitsplätze in der Landesverwaltung nehmen elf Frauen und nur fünf Männer in Anspruch. Das zeigt noch einmal deutlich, dass Frauen einen größeren Bedarf an Betreuungsplätzen in Arbeitsnähe haben als Männer.
Gleichwohl ist es wichtig, Herr Minister – hier gebe ich Ihnen Recht –, auch den Vätern ein Betreuungsangebot in Arbeitsplatznähe zu machen. Ich gebe Ihnen auch darin Recht, dass wir alle in dieser Gesellschaft das auch wollen müssen.
Wenn wir das Angebot der Kinderbetreuung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung oder für Abgeordnete und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wollen, dann sollte es ortsnah und als Betriebskindergarten hier oder hier am Hause sein. Das muss man dann auch klar benennen. Damit bestünde die Möglichkeit, während Veranstaltungen hier im Hohen Hause Kinderbetreuung zu leisten und mit anzubieten.
In Ihrem Antrag werden auch Weiterbildungsmöglichkeiten angesprochen. Weiterbildungsmöglichkeiten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während der Unterbrechungszeiten müssen verpflichtet eingerichtet werden – das ist ein sehr wichtiger Punkt –, um die Aufstiegschancen insbesondere der Frauen zu verbessern und damit eine Erhöhung des Frauenanteils im höheren Dienst schneller voranzutreiben. Aber auch hier spitzen Sie den Mund, ohne zu pfeifen.
Besonders interessant finde ich – beachtet man den demografischen Wandel – die Idee eines Angebots für Angestellte, die – so steht es in Ihrem Antrag – als pflegende Angehörige tätig sind. Ich finde allerdings an keiner Stelle einen Ansatz, wie eine Tagespflege für Pflegebedürftige in irgendeiner Form eingerichtet oder in Kooperation entstehen soll. Wir alle wissen, dass überwiegend die Frauen das Problem haben, Betreuungsangebote für ihre Kinder oder Tagespflegestellen für ihre Angehörigen in Arbeitsplatznähe zu finden. Gleichwohl richten Sie in Ihrem Antrag diese Angebote nur an Mitarbeiter. Frauen sind dabei aus
geschlossen. Aus diesem Grund ist Ihr Antrag ja wohl auch nicht geeignet gewesen, ihn morgen, am Internationalen Frauentag, symbolisch auf die Tagesordnung zu setzen.
Ich bitte Sie herzlich, Ihren Antrag noch einmal zu überdenken. Wir sind gerne bereit, ihn mit Ihnen gemeinsam zu beraten, um zu wirklich guten Lösungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Sinne der Frauen und Männer in dieser Gesellschaft zu kommen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der nordrhein-westfälische Beitrag zum europäischen Jahr der Chancengleichheit ist die Schließung der 46 Regionalstellen „Frau und Beruf“ an 51 Standorten.
Das kommt uns doch bekannt vor. Denn 2006 hat der Ministerpräsident das Jahr des Kindes ausgerufen und im Bereich Kinder und Jugend Kahlschlag betrieben. Wen wird es 2008 treffen? – Das ist die Koalition der Täuschung und Enttäuschung. Die Arbeit der Regionalstellen hatte in den vergangenen Jahren erhebliche Erfolge zu verzeichnen.
Das stellt die Stiftung Warentest im „Test spezial“ zum Thema Weiterbildung im Jahre 2004 eindeutig fest. Mit einer Steigerung der Frauenerwerbsquote von 17,4 % liegen wir in Nordrhein-Westfalen zwar immer noch im hinteren Feld, aber man darf die Ausgangssituation dabei nicht außer Acht lassen. In einem montan geprägten Land, wo über Jahrzehnte der Spruch „Meine Frau hat es gar nicht nötig zu arbeiten!“ galt, ist diese Bilanz großartig.
Ein flächendeckendes Netz an Beratung für Frauen, die wieder in den Beruf einsteigen, eine Existenz gründen wollten oder Beratung zur Berufswahl brauchten, das hatten wir in NordrheinWestfalen. Nun sind 46 Regionalstellen an 51 Standorten geschlossen. Dafür gibt es elf Projekte im Lande.
Die Vernetzung ist damit nicht mehr gegeben. Von besonders guten Maßnahmen können andere nicht mehr profitieren. Jedes Projekt ist Closed Shop, denn man ist gegenseitige Konkurrenz. Es gilt nicht mehr der Best-Practice-Ansatz, von dem alle profitieren. Nein, einige wenige starten ihre Projekte, aber: Wer entwickelt neue, und was geschieht in den Regionen, in denen es keine Projekte gibt? Denn die Mittel für die Initiative „Regionen stärken Frauen“ sind gestrichen. Die jetzt begonnenen elf Projekte befinden sich im ehemaligen Ziel-2-Gebiet. In anderen Bereichen des Landes finden keine frauenfördernde Projekte statt.
Dabei zeigt uns die Statistik eine ernüchternde Bilanz. Die Verknappung des Lehrstellenangebotes geht überwiegend zulasten der jungen, gut ausgebildeten Frauen. Rechnerisch betrafen 86 % des Rückgangs von Ausbildungsplätzen Frauen. Besonders stark abgenommen hat die Anzahl der weiblichen Auszubildenden in den typisch weiblichen Berufsfeldern. Frauen, die sich in typisch männlichen Berufsfeldern bewerben, haben noch viel größere Zugangsprobleme. Da hilft kein Appellantrag zum Girls’ Day, sondern da muss man Maßnahmen ergreifen.
Der Rückzug der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, der für kurze Zeit eher zulasten von Männern ging, trifft jetzt Männer und Frauen gleichermaßen. Bei den neuen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen profitieren die Männer ganz deutlich und die Frauen sind wieder einmal die Verliererinnen.
Die Europäische Union schreibt vor, dass in allen Programmen die Chancengleichheit ein Querschnittsziel und somit immer zu berücksichtigen ist. Die anzuwendende Methode ist das GenderMainstreaming. Dafür sind nach EU-Vorgaben
10 % der Mittel aufzuwenden. Dabei ist Ziel der Lissabon-Strategie, die Frauenerwerbsquote auf 60 % zu steigern. Aber es geht auch darum, die Qualität der Arbeit für Frauen zu verbessern. Denn im EU-Vergleich sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Entgelt und Teilzeitarbeit besonders gravieren. Deshalb geht es auch darum, die Qualität der Arbeit für Frauen zu verbessern und junge Frauen zu ermuntern, in attraktive Berufe einzutreten, die immer noch Männerdomäne sind. Das sind die Fördervorgaben der Europäischen Union, und die müssen wir einhalten.
Nun war es eindeutig politischer Wille der Koalitionsfraktionen, die Struktur im Bereich Frau und Beruf im Lande zu zerschlagen. Wenn also die elf Projekte im Lande, die statt 46 Regionalstellen jetzt gefördert werden, nicht der Tod auf Raten für den Bereich Frau und Beruf sein sollen, dann müssen wir diese Projekte begleiten und weiterentwickeln. Dazu gehört, dass im Herbst dieses Jahres die Landesregierung einen Zwischenbericht vorlegt und die Arbeit der Projekte evaluiert.
Mit den erfolgversprechenden Ansätzen aus den Projekten muss ein Programm entwickelt werden, das in der neuen Förderphase des EFRE von 2007 bis 2013 landesweit umgesetzt werden kann. Damit können wir gewährleisten, dass die Frauenerwerbstätigkeit ausreichend mit Strukturmitteln gefördert und damit die Vorgabe der Europäischen Union einhalten wird. – Ich danke Ihnen.
Ja.
Ja, da kann ich Ihre Meinung durchaus teilen, Frau Kollegin.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Haushaltsberatungen 2007 werden für den Gleichstellungshaushalt Einzelplan 15 Kapitel 15 035 durch Trauerfeiern im ganzen Land begleitet. Das Totenglöckchen läutet für die Regionalstellen und auch für die Frauenpolitik in Nordrhein-Westfalen. Die ers
ten Regionalstellen sind bereits geschlossen: Gronau, Düsseldorf, Bielefeld. Weitere werden folgen.
Frauenpolitik ist für diese Landesregierung gleich Familienpolitik. Einzig und allein die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist noch ein Thema der Frauenpolitik.
Nachdem mit dem Haushalt des Jahres 2006 die Netzwerke im Bereich Gewaltschutz und Frauengesundheit durch drastische Kürzungen im Gleichstellungshaushalt zerschlagen wurden, wird die Axt in diesem Haushalt an den Regionalstellen angesetzt. Bewährte Strukturen werden zerschlagen und nicht – wie von Minister Laschet zugesagt – konzeptionell weiterentwickelt. Die neuen Angebote lassen auf sich warten. Das ist von den Koalitionsfraktionen politisch so gewollt. Alibianträge sollen davon ablenken, dass Frauenpolitik nicht mehr auf der Agenda steht.
Das ist die Koalition der Täuschung und Enttäuschung.
Existenzgründerinnen werden alleine gelassen. Berufswahlorientierung für Mädchen findet nicht mehr statt. Wie geht es mit dem Unternehmerinnenbrief weiter? Antwort auf eine Kleine Anfrage Drucksache 14/3125: Kooperationspartner zeichnen sich ab. – Zeichnen sich ab: Die müssen dann wahrscheinlich noch geschult werden, während gleichzeitig die kompetenten Frauen aus den Regionalstellen in die Arbeitslosigkeit gehen.
Wiedereinsteigerinnen bekommen ab Mitte 2007 eine Hotline W. Da ruft Frau dann an – und los geht’s: Haben Sie eine abgeschlossene Berufsausbildung, dann drücken Sie bitte die Taste 1. Haben Sie keine, drücken Sie bitte die Taste 2. Sind Sie länger als drei Jahre aus dem Beruf, drücken Sie die Taste 3. Länger als zehn Jahre, die Taste 5. Sind Sie älter als 35 Jahre, drücken Sie die Taste 6. Sind Sie älter als 55 Jahre, drücken Sie die Taste 8. – So geht es dann weiter. Darauf freut frau sich schon.
Scheinbar ist der Kernbereich des Frauenhaushaltes von weiteren Kürzungen verschont geblieben. Faktisch stellen wir aber fest, dass das Geld überall dort, wo es konkret um Frauenpolitik geht, von der Koalition der Täuschung und Enttäuschung einfach gestrichen wird.
Angeblich wird jetzt in allen Politikbereichen gegendert. Minister Laumann streicht kurzerhand die ESF-Mittel für das Programm „Regionen stärken
Frauen“. Wenn der Leiter der Regionalagentur Aachen dies öffentlich macht, wird er kurzerhand entlassen oder es gibt keine Fördermittel für die Region mehr. Frei nach Gutsherrenart!
Fragt frau nach, ob EU-Fördermittel – wie von der EU vorgegeben – gegendert werden, gibt es beim Werkstattjahr die Antwort auf eine Kleine Anfrage Drucksache 14/2252:
„Das Werkstattjahr wird zurzeit evaluiert. Dabei werden auch die Daten der Teilnehmenden getrennt nach Geschlechtern erhoben.“
Horch, horch!
„Ein erster Zwischenbericht wird im November 2006 erwartet.“