Protocol of the Session on May 3, 2006

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Genial? Das war doch wohl zulasten der Arbeitnehmer, die das selber kofinanzieren müssen!)

Dazu sage ich Ihnen eines: Was nichts kostet, ist auch nichts wert. Und die Zahl von etwa 10.000 Bildungschecks, die wir seit Januar in Nordrhein-Westfalen an tüchtige Leute, die sich beruflich weiterqualifizieren wollen, ausgegeben haben, bestätigt mein gutes Programm.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie stehlen sich aus der finanziellen Verantwortung!)

Wir haben dafür gesorgt, dass der Berufsschulunterricht in 19 Innungen so flexibilisiert wird, dass im zweiten Ausbildungsjahr nur noch ein Berufsschultag stattfindet, damit wir im Handwerk wieder zu mehr Lehrstellen kommen. Ist das etwa eine falsche Politik?

Wir haben dafür gesorgt, dass wir in der Altenpflegeausbildung heute rund 300 Altenpflegerinnen in Nordrhein-Westfalen mehr in der Ausbildung haben als zu Ihrer Regierungszeit. Ist das etwa schlecht? Es sind 300 mehr als zu Ihrer Zeit, und dann wagen Sie es, diese Politik zu kritisieren?

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Natürlich, weil sie die al- ten Kosten von uns dafür eingesetzt haben!)

Auch hier sind wir auf einem guten Weg.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Meine Sozialpolitik ist dadurch gekennzeichnet, dass wir in der Behindertenpolitik äußerst verlässlich sind. Dies muss so sein. Wer am Schutz von ungeborenen Kindern interessiert ist, muss hier äußerst verlässlich sein. Wir sind hier innovativ, und wir werden in wenigen Monaten dem Landtag Nordrhein-Westfalen ein allumfassendes Konzept – auch über Ressorts hinweg abgestimmt – einer Teilhabepolitik für Behinderte in Nordrhein-Westfalen vorlegen. Das ist nämlich nicht nur eine Aufgabe der Sozialpolitik, das betrifft auch die Wohnungspolitik und viele andere Felder.

Deswegen möchte ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss festhalten: Wenn man gut über die Sozialpolitik in Nordrhein-Westfalen redet, wenn man gut über das MAGS redet, wenn man gut über den Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsminister redet, ist man in NordrheinWestfalen grundsätzlich nahe bei der Wahrheit. – Schönen Dank.

(Anhaltender Beifall von CDU und FDP – La- chen von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Minister Laumann.

Meine Damen und Herren, wir kommen damit zum Teilbereich „Gesundheit“.

Ich erteile für die SPD-Fraktion Herrn Bischoff das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidenten! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Laumann, das Loben eines starken MAGS und starke Worte ersetzen keine gute Politik.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Laumann, wir wagen es, Sie zu kritisieren. Ich habe manchmal bei dem Selbstbild, das Sie hier darstellen, den Eindruck, als glaubten Sie, die Sonne würde nicht mehr am richtigen Punkt im Osten aufgehen, wenn Sie nicht Minister wären. Ich sage, Sie geht gleichwohl am richtigen Punkt auf.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Weil wir nahe bei der Wahrheit sind und sagen, was Sie und das MAGS in der Gesundheitspolitik wirklich wollen, will ich Ihnen sagen, dass Sie im Bereich der Gesundheitspolitik in Ihrer Amtszeit einen Kahlschlag in bestimmten Bereichen hinterlassen haben, den die gesamte gesundheitspolitische Landschaft als etwas völlig anderes empfindet, als dass Sie hier eine gescheite Gesundheitspolitik gemacht hätten.

(Beifall von der SPD)

Nachdem Sie erst Wochen im Amt waren, haben Sie zu dem Bereich Krankenhausinvestitionen erklärt, dass Sie die Investitionen für zwei Jahre streichen wollen. Wissend, dass sich die Krankenhäuser in einem Umwälzungsprozess und bezüglich der DRGs in einer Neuorientierung befinden. Wissend, dass unsere Krankenhäuser im Vergleich zu anderen Ländern auch darauf angewiesen sind, dass sie eine gute, qualitative und gehaltvolle Ausstattung haben müssen.

(Widerspruch von der CDU)

Sie haben uns dann permanent vorgerechnet, warum das so sein müsse. Das bedeuten wohl auch wieder die Zwischenrufe von Herrn Post und Herrn Henke, die im Gegensatz zu den Menschen in der Krankenhauslandschaft noch das glauben, was Sie, Herr Minister, einmal vorgerechnet haben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir haben gemeinsam in der Krankenhausversammlung NRW gesessen. Wir haben eine Anhörung gemacht, bei der Sie, Herr Post, auch anwesend waren. Außer drei marktradikalen Professoren – noch nicht einmal Sie glauben wohl, dass das, was die erzählt haben, irgendeine Zukunft hätte; Herr Romberg steht denen wohl näher –, die die Förderung ganz abschaffen wollten, weil der Markt auch bei der Gesundheitspolitik alles regelt, haben alle anwesenden Fachleute überhaupt nicht nachvollziehen können, warum Sie diese Kürzungen bei den Investitionen vornehmen. Kein Mensch kann das nachvollziehen, außer Ihnen selbst.

(Beifall von der SPD)

Im zweiten Schritt haben Sie die Krankenhäuser noch einmal bestraft, indem Sie bei der Finanzierung der Großgeräte, bei den Krankenhauspauschalen für Modernisierung und GeräteErneuerung, noch einmal 11 Millionen € eingespart haben, weil Sie den Zeitraum der Anpassung von zwei auf vier Jahre verlängert haben. Sie haben also die Krankenhauslandschaft in Nordrhein-Westfalen zunächst verunsichert und dann nicht nur verärgert, sondern auch gegen die Wand laufen lassen. Das tun Sie weiterhin.

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege Bischoff, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Post?

Nein, ich bin jetzt gerade gut in Schwung. Herr Post oder Herr Henke kommen bestimmt noch nach mir. Das sind die, die das, was Herr Laumann ihnen erzählt, noch glauben.

Ihre Politik führt zu einer eindeutigen Gefährdung der Krankenhauslandschaft und zu einem Desaster in der gesamten gesundheitspolitischen Landschaft. Es ist ein gesundheitspolitischer Kahlschlag festzustellen, von dem ich gerade schon sprach.

Darüber hinaus, Herr Laumann, zeigt der erste Haushalt der neuen Mehrheitsfraktionen Folgendes: Die heutige Presse gibt wieder, dass die Ansteckungszahlen bei Aids auf Rekordniveau sind. Was machen Sie? – Sie haben zunächst erklärt, Sie hätten im Bereich Aids überhaupt nicht gekürzt. Ich erinnere an die Ausschusssitzung, die Charakter hatte. Ich will das einmal schildern, Herr Laumann, die anderen waren ja nicht dabei: Als Erstes haben Sie erklärt, Sie hätten gar nicht gekürzt. Dann haben wir Ihnen erklärt, dass bei den Junkie-Programmen, bei den Programmen für Lesben und Schwule und bei den Spritzenautomaten erheblich gekürzt worden ist.

(Zuruf von der CDU: Gar nicht wahr!)

Daraufhin hat sich Herr Laumann umgedreht, wie er es gerade auch tut, und erklärt: Sagen Sie einen schönen Gruß ins Land, der Minister Laumann sagt, das mit den Spitzenautomaten machen wir wieder rückgängig. – Aber Sie haben keinen Antrag gestellt, und unsere Anträge abgelehnt. Das, Herr Laumann, nenne ich unseriöse Politik.

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege Bischoff, Herr Romberg hat eine Zwischenfrage.

Nein, ich bin gerade in Schwung. Außerdem habe ich krankheitsbedingt Schwierigkeiten mit der Stimme. Ich mache also zuerst meinen Part zu Ende.

Das nenne ich unseriöse Politik, überhaupt keinen Antrag zu stellen. Auch das war neu für mich. Ich habe das einmal „Kastration der Fachpolitiker“ genannt – ich gebe zu, das ist ein bisschen heftig formuliert –, in den Ausschüssen überhaupt keine fachpolitischen Anträge mehr zu stellen. Das haben wir anders gemacht, als wir noch Fachpolitiker in der damals die Regierung tragenden Koalition waren.

Im Bereich der Suchtgefahren sind die Fallzahlen ebenfalls erheblich gestiegen. Hier haben Sie überproportional um mehr als 20 % gekürzt, Herr Laumann. Ich sage immer Herr Laumann, ich meine aber auch die CDU- und die FDP-Fraktion, die alles nachgebetet und keine Änderungsanträge gestellt haben. Da überproportional gekürzt wurde, war das offensichtlich politisch gewollt, obwohl wir wissen, dass weiterhin im Bereich der Suchtgefahren höhere Fallzahlen da sind und dort dringend etwas getan werden müsste.

Ich habe eben von gesundheitspolitischem Kahlschlag gesprochen. Den gibt es auch im Wortsinne. Programme wie „Frau und Gesundheit“ existieren schon jetzt nicht mehr. Die haben Sie kahl geschlagen, die haben Sie beerdigt. Herr Henke hat im Ausschuss eine wunderbare Beerdigungsrede gehalten. Er hat Sie über den grünen Klee gelobt, um dann unseren Antrag abzulehnen und keinen Antrag zu stellen. Die beiden Kolleginnen waren an ihrem letzten Arbeitstag in unserer Ausschusssitzung und konnten danach das Licht ausmachen. Das war wunderbar, Herr Henke, so eine Beerdigung zu inszenieren.

Genauso sind die Krebsberatungsstellen annähernd beerdigt worden. Interessant dabei ist, Sie haben fast alle Programme mit hohem ehrenamtlichen Engagement gekippt, in denen also mit geringen Mitteln eine hohe Effektivität durch ehrenamtliche Tätigkeit erzeugt worden ist. Herr Laumann, Sie sind doch Gewerkschaftler. Es gab einmal einen wunderbaren Spruch der DGBJugend: Sonntags reden, montags handeln. – Also: Sonntags das Ehrenamt loben und montags die Haushalte beschließen, mit denen das Ehrenamt abgeschafft wird. So geht es nicht.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist die Politik dieser Landesregierung!)

Ich wiederhole, zu all dem haben die die Koalition tragenden Fraktionen in drei Lesungen des Fachausschusses nicht einen Antrag gestellt. Wir haben selbstverständlich sowohl dort als auch hier für die heutige Abstimmung zu allen inhaltlichen Positionen, die ich gerade angesprochen habe, Änderungsanträge gestellt. Insofern lautet mein Fazit der ersten Haushaltsaufstellung der neuen Koalitionsfraktionen: Ihr gesundheitspolitischer Haushalt ist ein gesundheitspolitischer Kahlschlag. Sie gefährden die Krankenhauslandschaft in NRW qualitativ. Sie beerdigen wichtige und richtige gesundheitspolitische Programme.

Sie sparen bei Drogensüchtigen und Aids-Infizierten und, was noch schlimmer und wichtiger ist, bei der Aids-Präventionsarbeit, damit ihre Zahl nicht zunimmt. Somit sparen Sie an der falschen Stelle.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist schlimm für die Betroffenen. Das ist schlimm für die Gesellschaft. So ist Ihr gesamter Gesundheitshaushalt für Nordrhein-Westfalen: schlimm für die Betroffenen, schlimm für die Menschen, unzureichend für unser Land NordrheinWestfalen. Herr Minister Laumann, in punkto Gesundheitspolitik sind Sie eindeutig zu kurz gesprungen. Das Ziel einer qualitativen Gesund

heitspolitik haben Sie im ersten Jahr Ihrer Amtszeit eindeutig verfehlt.

Ich appelliere an alle Fraktionen – die Änderungsanträge werden gleich im Anschluss abgestimmt; meine Hoffnung ist nicht groß, was die Lernfähigkeit der regierungstragenden Fraktionen angeht, das will ich zugestehen –, den Änderungsanträgen zuzustimmen und die schlimmsten Auswüchse der gerade geschilderten Politik zu verhindern. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Bischoff. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Henke.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Ich will mit einigen Bemerkungen des Komplimentes, des Dankes und einer Sympathieerklärung beginnen, die ich an die Oppositionsfraktionen des Hohen Hauses richte. Das Kompliment gilt Ihren Anträgen, die Sie während der Ausschussberatungen eingebracht haben und in der zweiten Lesung stellen, nicht allen, aber doch den meisten. Denn fast alle Ihre Anträge konzentrieren sich auf Themenfelder, über die zu diskutieren sich lohnt, und es handelt sich um Anträge, denen man gerne von ganzem Herzen zustimmen würde, wenn man all das außer Acht lässt: die tatsächliche Haushaltslage NordrheinWestfalens mit immerhin gut 112 Milliarden € Verschuldung, die rot-grünen Hinterlassenschaften nach 39 Jahren SPD-geführter Regierung, die Verpflichtung Nordrhein-Westfalens für die Finanzsituation in ganz Deutschland.