Protocol of the Session on April 6, 2006

Wie so häufig in der Vergangenheit verwechseln Sie auch bei der Begründung des vorliegenden Antrages Mittelkürzungen mit Neustrukturierungen.

(Hannelore Kraft [SPD]: Oh!)

Neue effiziente Strukturen sind nun einmal

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Das ist aber hoch spannend! Das sagen Sie mal den Forschungsinstituten so!)

danke schön – mit einer Umverteilung der Mittel verbunden. Gezielte Forschungsförderung für starke Regionen – nach Ihrer Politik der Förderung mit der Gießkanne wird das im Land als wohltuend rational empfunden.

(Hannelore Kraft [SPD]: Bei dem Geld brau- chen Sie keine Gießkanne! – Zuruf von Hei- ke Gebhard [SPD])

Und das nicht mit weniger, sondern mit mehr Mitteln. Sicherlich haben auch Sie, Frau Gebhard, die Erläuterungen zum Einzelplan 6 gelesen. Bei Innovationsförderung wird dort insgesamt ein Plus von 1,3 % oder 6,2 Millionen € ausgewiesen.

(Beifall von der CDU)

Unterstellt man – und das tue ich – bei Ihnen hinreichende politische Erfahrung, dann interpretieren Sie den vorliegenden Sachverhalt mit Wissen und mit Wollen falsch.

(Hannelore Kraft [SPD]: Da haben Sie nicht zugehört! Die Kollegin hat das gerade er- klärt!)

Bei uns zu Hause heißt das Täuschung, liebe Frau Gebhard. Bedenken Sie die Folgen Ihrer Äußerungen! Sie erzeugen Unsicherheit und Angst. Der Duktus Ihres Antrages ist dafür ein beredtes Zeugnis, Ihre Äußerungen heute übrigens auch.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Gucken Sie mal auf die Angst der Forscher! Wo le- ben Sie eigentlich?)

Sie sind damit, meine Damen und Herren der Opposition, auf dem falschen Weg, und das nicht nur in der Hochschul- und Innovationspolitik.

Unser ehemaliger Bundespräsident Roman Herzog hat es in seiner Berliner Rede vom 26. April 1997 auf den Punkt gebracht:

„Eine von Ängsten erfüllte Gesellschaft wird unfähig zu Reformen und damit zur Gestaltung der Zukunft. Angst lähmt den Erfindergeist, den Mut zur Selbstständigkeit, die Hoffnung, mit den Problemen fertig zu werden.“

Während Sie die Dinge, vor denen Roman Herzog eindringlich warnt, offensichtlich als erstrebenswertes Ziel Ihrer politischen Arbeit entdeckt haben, ist die Koalition der Erneuerung dabei, mit

den wenigen finanziellen Mitteln, die Sie ihr hinterlassen haben, die notwendigen Änderungen mit mutigen Schritten anzugehen. Fehlende Verlässlichkeit, unzureichende Planbarkeit und eine überbordende Bürokratie, das sind Ergebnisse Ihrer Regierungszeit, meine Damen und Herren der SPD.

Zu den negativen Auswirkungen auf Forschung und Entwicklung in unserem Land nur zwei Beispiele:

Erstens. Der Anteil des Personals in Forschung und Entwicklung ging überdurchschnittlich stark zurück. Im Ländervergleich liegen wir zurzeit auf Platz elf von 16.

Zweitens. Die Anzahl der Patentanmeldungen ist in den letzten zehn Jahren – da hatten Sie die Verantwortung, soweit ich mich erinnere – in NRW um 5,8 % gesunken. Im Vergleich dazu: BadenWürttemberg hat ein Plus von 3,5 %. Statt innovativer Lösungsvorschläge kommen Sie nun mit diesem Antrag: „Wo bleibt die Innovation beim Innovationsminister?“

Erste Antwort: Alleine die Tatsache, dass wir seit dem 22. Mai 2005 ein Ministerium mit Zuständigkeit für diese fachübergreifende Thematik haben, ist bereits eine Innovation, zu der Sie innerhalb von 39 Jahren nicht in der Lage waren.

(Beifall von der CDU)

Zweite Antwort und eigentlich die dem Titel nach geforderte: Wo? – Ich sage: in Köln, in Dortmund, in Marl, in Aachen, in Düsseldorf oder in Jülich!

Wir werden NRW bis 2015 zum Innovationsland Nummer eins machen. Mit den Spitzenforschungsprojekten, die sich an den genannten und weiteren Standorten abzeichnen, kommen wir diesem Ziel einen sehr guten Schritt näher. Staatliche Kontrolle und zentralistisches Lenken sind Ideen von gestern. Freiheit, Wettbewerb und Verantwortung bei den Menschen vor Ort, das sind unsere Grundsätze, das sind unsere Leitplanken auf dem Weg an die Spitze. Das kommende Hochschulfreiheitsgesetz wird das in hervorragender Weise dokumentieren.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Abwarten!)

Selbstverständlich bekommen Sie die fertigen Konzepte rechtzeitig vor der Beratung in den Ausschüssen und hier im Plenum. Bis dahin, meine sehr geehrten Damen und Herren der antragstellenden Fraktion, billigen Sie uns doch einfach das zu, was Sie für sich selbst so gerne in Anspruch nehmen. Beispielsweise Frau Kraft – sie ist leider

nicht mehr da – in der „Westfälischen Rundschau“ vom 31. März 2006: Sorgfalt geht vor Schnelligkeit.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Oder Ihr Parteivorsitzender, Herr Dieckmann, in „Westpol“ am 5. Februar 2006 mit dem Satz: Es wäre vollkommen unangebracht, jetzt mit halbfertigen Konzepten in die Öffentlichkeit zu gehen. – Nichts anderes wollen wir. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Löttgen. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Dr. Seidl.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Begriff Innovation ist in der Tat ein schillernder, Herr Löttgen. Er kann vieles, er kann aber auch nichts bedeuten. Letzteres scheint uns bei der sogenannten Innovationspolitik der Landesregierung der Fall zu sein. Denn wenn ich mich an die Regierungserklärung von Minister Pinkwart vom 1. Februar 2006 erinnere, klingen mir die Floskeln und Worthülsen noch in den Ohren: Stärken stärken, Profile schärfen, Exzellenz fördern, Freiräume schaffen, Denkverbote abbauen, Kräfte bündeln, Wettbewerb fördern und innovative Zukunftsfelder erschließen!

(Christian Lindner [FDP]: Alles richtig!)

Aber es gibt keine konkreten Vorschläge, geschweige denn Konzepte, nicht einmal einen Blick in die Zukunft. Wenn von „Kreativität freisetzen“ und „Kräfte bündeln“ die Rede ist, heißt das für die Hochschulen und die Forschungseinrichtungen doch im Klartext: Wir kürzen die Zuschüsse und entlassen euch in die freie Marktwirtschaft. Guckt, wo ihr bleibt!

So geht es zurzeit nicht nur den drei renommierten Instituten im Wissenschaftszentrum. Während das Kulturwissenschaftliche Institut in Essen inzwischen in die Trägerschaft der drei Ruhrgebietsuniversitäten übergeleitet wird, bleibt die Zukunft des Institutes Arbeit und Technik, IAT, und des Wuppertal-Institutes ungewiss. Dabei leisten alle drei Einrichtungen eine hervorragende und anerkannte Forschungsarbeit mit einem Wirkungsgrad weit über Nordrhein-Westfalen hinaus.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die Diskussion in der letzten Wissenschaftssitzung hat gezeigt, Herr Pinkwart, dass Sie für den Erhalt der Institute keinerlei Garantie abgeben wollen.

Ein ähnliches Schicksal erleiden auch andere landeseigene Forschungsinstitute, die der 20%igen Generalkürzung zum Opfer fallen. Folgt man der wirtschaftsliberalen Logik der Regierungserklärung, so soll die entstehende Finanzierungslücke durch Dritte geschlossen werden., Offen bleibt, meine Damen und Herren, wie Sie öffentliche oder private Träger oder gar Unternehmen motivieren wollen, den von der Landesregierung verursachten Substanzverlust auszugleichen oder gar verstärkt in die Forschungslandschaft in Nordrhein-Westfalen zu investieren.

Darüber hinaus haben Sie, Herr Pinkwart, bei der Vorstellung der RWI-Studie angekündigt, sich verstärkt um das Dreiprozentziel bei den FuE-Ausgaben zu kümmern. Deshalb wollen wir Sie heute noch einmal konkret fragen, wie Sie im Haushalt 2006 sicherstellen wollen, dass der öffentliche Anteil der FuE-Ausgaben in Nordrhein-Westfalen nicht zurückgeht, und wie Sie vor allem die Wirtschaft in die Pflicht nehmen wollen.

Denn mit dem Haushaltsentwurf der Landesregierung für den Einzelplan 06 werden – Frau Gebhard hat das eben dargestellt – genau die beiden relevanten landesspezifischen Forschungsförder- und Forschungstransferprogramme zusammengekürzt, die Anreize setzen. Bei den Ausgaben für Forschung, Lehre, Internationales und Transfer kürzen Sie fast ein Drittel, während das Technologie- und Innovationsprogramm „Tip“ um 20,1 % zurückgefahren wird.

Vor diesem Hintergrund haben wir Sie bereits wiederholt – auch in den letzten beiden Ausschusssitzungen – gefragt, Herr Pinkwart: Wie will die Landesregierung zukünftig noch Innovationstransfer gestalten? Wie werden beispielsweise Hochschulen in Zukunft bei der Beantragung von Mitteln der Europäischen Union unterstützt?

Auf der Auftaktveranstaltung zum 7. EU-Rahmenprogramm in der letzten Woche haben Sie zwar wieder einmal heiße, innovative Luft verbreitet, aber wenn es tatsächlich ans Eingemachte geht, nämlich an das Geld, das Nordrhein-Westfalen für die Unterstützung von Unternehmen und Hochschulen zur Verfügung stellt, streichen Sie klammheimlich die Mittel und hoffen, dass es keiner merkt.

Von Ihrer Seite gibt es bis heute keine Antwort; ich habe keine schriftliche Antwort bekommen – von der Landesregierung nicht, und auch von Herrn Löttgen kamen eben keine präzisen Antworten auf diese Fragen. Mit der Zusammenfassung der Titelgruppen 63 und 64 wird bewusst verwischt, welche Teilbereiche von den Kürzun

gen betroffen sein werden. Es ist ein richtiges Sammelsurium, was dort zusammengefasst ist.

Ich kann nur sagen: Genau wie bei den Studiengebühren oder beim sogenannten Hochschulfreiheitsgesetz entziehen Sie sich der landespolitischen Verantwortung, wenn es um die Gestaltung geht, und flüchten sich in Worthülsen und Floskeln, die Ihnen inzwischen niemand mehr abnimmt. Eine solche Politik hat mit Innovation genauso viel oder besser genauso wenig zu tun wie das Hochschulfreiheitsgesetz mit Freiheit oder das sogenannte Hochschulfinanzierungsgerechtigkeitsgesetz mit Gerechtigkeit. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Dr. Seidl. – Für die FDP spricht nun der Kollege Lindner.

Frau Präsidentin, vielen Dank! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich habe, als Frau Gebhard vorgetragen hat, mir sicherheitshalber noch einmal den Antrag durchgelesen. Ich hatte das vor einigen Tagen zuletzt getan, habe mich aber veranlasst gesehen, das noch einmal zu tun, weil ich den Eindruck hatte, dass sie zu einem ganz anderen Tagesordnungspunkt gesprochen hat, einem, der heute hier nicht verhandelt wird, nämlich zum Landeshaushalt.

Ihr Antrag hatte eher einen anderen Charakter. Sie haben von der Landesregierung eingefordert, darzulegen, wie beispielsweise das 3-%-Ziel erreicht werden soll und wie die Zukunft von Forschungseinrichtungen aussieht. Ich muss Ihnen sagen, dass Sie den Diskussionen, die wir miteinander auf, wie ich finde, beachtlichem Niveau geführt haben, entweder nicht folgen wollten oder nicht folgen konnten. Es ist schon von anderen heute gesagt worden, dass wir hier sehr umfänglich über die Innovationsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Regierungserklärung debattiert haben. Hierbei ist Ihnen auch der Kulturwechsel, die andere Philosophie in der Wissenschafts- und Forschungspolitik dargelegt worden.

Wir hatten dann in der letzten Ausschusssitzung Gelegenheit, über die Zukunft von Forschungseinrichtungen, insbesondere des Wissenschaftszentrums, zu sprechen. Ihnen ist mitgeteilt worden, dass Gespräche mit den Einrichtungen geführt werden, wie eine positive Weiterentwicklung erreicht werden kann. Die ersten Ergebnisse, über

die wir uns freuen, sind ja jetzt öffentlich gemacht worden.