Vor diesem Hintergrund fordern wir die Regierungsfraktionen noch einmal auf: Ziehen Sie die Konsequenzen, handeln Sie nicht fahrlässig gegen das Grundgesetz, und tragen Sie dieses kritische Gesetz nicht mit! – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, vielen Dank für das Wort. Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Lieber Herr Eumann, Sie wissen, ich schätze Sie sehr für Ihre handwerkliche Art, Reden hier vorzubereiten und vorzutragen. Heute haben Sie uns wieder ein Schulbeispiel geboten, nämlich das Schulbeispiel einer Empörungsrede,
Aber eine Sache, Herr Eumann, kann ich Ihnen auch diesmal nicht durchgehen lassen. Wir haben als Gesellschaft unseren Mitgliedern ein großes Versprechen gegeben, nämlich das Versprechen, dass jede und jeder, wenn sie oder er über Talent und Fleiß verfügt, in diesem Land alles werden kann. Dieses Versprechen aber, dieses große Versprechen unserer Gesellschaft haben Sozialdemokraten in 39 Jahren Regierungsverantwortung systematisch gebrochen.
Dass Sie jetzt hier Lordsiegelbewahrer der Chancengerechtigkeit werden wollen, ist bizarr. Da hätten Sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten politisch anders handeln müssen.
Das sage ich insbesondere als jemand, der sich nicht nur mit Hochschulpolitik beschäftigt, sondern auch mit Fragen der Elementarerziehung und des Schulwesens. Da liegt nämlich der Schlüssel für Chancengerechtigkeit, nicht im Hochschulwesen. Wir haben auch unter dem gebührenfreien Hochschulstudium nur einen Anteil von 12, 13 oder 14 % – die Studien gehen auseinander – von Studierenden aus sogenannten bildungsfernen Schichten.
Das zeigt: Nicht die Gebührenfreiheit oder die Belegung mit Gebühren ist eine Voraussetzung dafür, dass auch diejenigen, die benachteiligt sind, ein Studium aufnehmen. Das Problem liegt früher, nämlich im Elementarbereich – hier handeln wir mit den Familienzentren – und im Schulsystem; hier handeln wir durch eine verlässliche Unterrichtsversorgung.
Ich erinnere mich gut daran, dass ich im Landtagswahlkampf und auch danach viele Podiumsdiskussionen zur Hochschulfinanzierung geführt habe. Das waren nicht immer einfache Veranstaltungen.
Das will ich zugeben. Da gab es auch Veranstaltungen, bei denen uns Blumen zugeflogen sind, an denen noch die Töpfe dran waren.
Wir haben aber trotzdem dort unsere Position vertreten. Wir haben gesagt: Wir wollen erstens Studienbeiträge einführen, um die Qualität der Lehre zu verbessern. Wir wollen das zweitens sozialverträglich tun, indem wir eine nachgelagerte Finanzierungsmöglichkeit schaffen. Drittens haben wir gesagt: Wir wollen, dass das Aufkommen aus den Studienbeiträgen exklusiv den Hochschulen zur Verfügung steht.
Spätestens beim dritten Punkt haben dann alle gesagt: Ja, der internationale Vergleich und die Erfahrungen mit Rot-Grün haben gezeigt, das ist nur eine leere Floskel, eine Ankündigung, auf die man nicht bauen kann. Deshalb bin ich froh, dass dieser Landtag in dieser Woche klarzieht und sich dieses Anliegen zu Eigen macht. All das, was die Studierenden leisten, kommt ihnen selbst zugute.
Deshalb vertreten Sie nicht die Interessen der Studierenden, sondern Sie versuchen, in einer billigen Fortsetzung des Wahlkampfs Ängste zu schüren. Das ist nicht gerechtfertigt.
Es gab ein breites Anhörungsverfahren, Herr Eumann, an dem Sie gelegentlich auch teilgenommen haben. Es gab Terminwünsche der Sozialdemokraten, was die Anhörung angeht. Die haben wir uns zu Eigen gemacht und Sensibilität für Ihre Terminlage gezeigt, weil uns daran gelegen war, mit Ihnen im Gespräch zu bleiben über die Organisation des Studienbeitragssystems.
Wir haben unterschiedlichste Sachverständige gehört. Das Ministerium hat ein Anhörungsverfahren durchgeführt. Wir haben im Ausschuss miteinander beraten, auch unter Hinzuziehung von Sachverständigen. Es gab externe Gutachten, die uns vorgelegt worden sind. Gesichtet worden sind die Gutachten, die die anderen Bundesländer in Auftrag gegeben haben, die ebenfalls Studienbeiträge einführen wollen.
Niemand kann also sagen, es gäbe nicht eine hinreichende Fakten- und Zahlengrundlage, sowohl politisch als auch rechtlich.
Ganz zuletzt haben Sie ja noch das Beispiel Österreich bemühen wollen. Sie haben das Ministerium gebeten, Auskunft darüber zu geben, wie sich denn da die Studierendenzahlen nach Einführung des dortigen Studienbeitrags entwickelt haben, weil Sie gehofft haben, darüber noch ein Argument in die Hand zu bekommen.
Dann musste Ihnen das Ministerium mitteilen: Durch die Studiengebühren in Österreich ist die Zahl der Studierenden nicht zurückgegangen, sondern sie steigt immer noch. Was zurückgegangen ist, sind die Studiendauer und die Abbrecherquote.
Nun legen nur die Grünen ein neues Gutachten vor, ein Gutachten – es ist übrigens das zweite, das aus grünen Kreisen kommt –, das dem Gutachten von Herrn Achelpöhler, einem anderen Grünen, in zentralen Punkten widerspricht. Es gibt zwei Punkte, die in dem Gutachten von Herrn Hermes neu sind: Wesentlichkeitstheorie und Gleichheitssatz.
Aber Sie müssen Verständnis dafür haben, dass wir uns diese Punkte, die Herr Achelpöhler übrigens ganz anders gesehen hat, nicht zu Eigen machen können und wollen, zumal es eine Minderheitsposition ist.
Wenn Sie jetzt noch internen Gesprächsbedarf zwischen Ihren Gutachtern haben, dann habe ich dafür Respekt. Das kann aber ein parlamentarisches Verfahren in diesem Hause nicht verzögern.
Im Übrigen haben wir uns ja die Anregungen aus den Anhörungen, die wir für richtig und sachgerecht gehalten haben, zu Eigen gemacht.
Wir haben zum Beispiel Fragen des Datenschutzes anders in das Gesetz aufgenommen als ursprünglich beabsichtigt. Wir haben – Herr Ronge von der Hochschulrektorenkonferenz hat das ja angeregt – Veränderungen vorgenommen bei der Regelung, wer von Studienbeiträgen ausgenommen wird. Wir haben da Mindeststandards eingezogen. Das ist verschiedentlich angeregt worden. Diesem Anliegen haben wir uns nicht verschlossen, sondern haben es zur Verbesserung dieses Gesetzentwurfs aufgenommen.
Andere Argumente, die stichhaltig wären – wir hätten ja Interesse daran, ein Gesetz auch verfassungsfester zu machen –, haben Sie nicht vorzutragen vermocht, über das ganze breite Anhörungsverfahren hinaus nicht.
Sie konzentrieren sich auf die politische Frage: Wollen wir Studienbeiträge oder wollen wir keine Studienbeiträge? Da sind wir bereit, eine Antwort zu geben, auch wenn sie unpopulär ist. Wir wollen Studienbeiträge einführen, weil wir glauben, dass am Ende auch diejenigen, die sich an den Hochschulen heute dagegen wenden, erkennen, dass es in ihrem eigenen Interesse gewesen ist, dass wir diese Studienbeiträge eingeführt haben.
Man kann es vielleicht mit Theodor Storm so sagen: Der eine schaut: Was kommt an? Der andere fragt: Was ist Recht? Das unterscheidet den Freien von dem Knecht.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Warum beraten wir heute über ein Studienbeitragsgesetz und einen Zukunftspakt für die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen?
Wir tun dies, weil wir den Studierenden in Nordrhein-Westfalen nicht irgendein Studium anbieten wollen. Wir wollen ihnen die bestmögliche Ausbildung hier in Nordrhein-Westfalen eröffnen.
Höhere Qualität heißt: weniger Abbrecher, kürzere Studienzeiten und damit verbunden stärkere Beteiligung von Kindern aus bildungsfernen Schichten. Denn die empirischen Studien belegen: Nur dann, wenn ein Studium in der Länge und vom Erfolg berechenbar wird, werden Sie erreichen, dass die schlechten Werte NordrheinWestfalens bei der Einbindung bildungsfernerer Schichten in das Hochschulsystem endlich überwunden werden. Sie haben diese negative Bilanz zu verantworten. Wir wollen es in NordrheinWestfalen endlich besser machen.