Protocol of the Session on March 15, 2006

Ich will für die SPD-Fraktion abschließend drei Bemerkungen machen, die sich insbesondere an der Schnittstelle zwischen Arbeitsmarktspolitik und haushaltsnahen Dienstleistungen bewegen. Herr Minister ist darauf eingegangen.

Ich spreche erstens die Neuregelung der sogenannten Minijobs im Jahre 2003 als ein Ergebnis eines Vermittlungsverfahrens an, an dem alle Parteien, die im Hause vertreten sind, beteiligt waren. Die damals getroffene Regelung liegt sowohl im Interesse der Beschäftigten als auch der Nutzer.

Die Regelung hat aber auch dazu geführt, dass wir in einigen Bereichen, insbesondere im Handel, eine Aufspaltung von Vollarbeitsverhältnissen verzeichnen. Von daher ist die Anhebung der Sozialversicherungsbeiträge in diesem Bereich, die die Bundesregierung beabsichtigt, richtig. Richtig ist vor

allem – wir begrüßen das als SPD-Fraktion –, dass die Privathaushalte davon ausgenommen sind.

Wir müssen erkennen, dass noch viel Überzeugungsarbeit im Lande notwendig ist, Arbeitsplätze aus der Schwarzarbeit heraus in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu führen. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten. Wir müssen alle unseren Beitrag dazu leisten. Deshalb frage ich Sie, Herr Minister: Welchen Beitrag leistet die Landesregierung, und welchen Beitrag leisten Sie?

Zweite Bemerkung. Wir wollen die Arbeit, die in Deutschland zu tun ist, mit den Menschen tun, die legal im Lande leben, gleich welcher Herkunft sie sind. Auch die Arbeit, die nach Status und/oder Stundenlohnniveau als unattraktiv gilt, muss getan werden. Es müssen Wege für eine angemessene Entlohnung gefunden werden. Bei hoher Arbeitslosenzahl sollten wir uns nicht Pflegerinnen, Apfelpflücker oder Spargelstecher aus dem Ausland holen, um durch sie die vom Status her sogenannte minderwertige Arbeit für uns erledigen zu lassen. Da müssen andere Wege gefunden werden.

Das ist wieder eine Herausforderung für die Politik, für die Gesellschaft. Wir wollen uns dieser Herausforderung stellen. Wir fragen: Welche Antworten gibt die Landesregierung hierzu? Welche Antworten geben Sie, Herr Minister Laumann?

Wir sind uns einig, dass ein dauerhaft staatlich finanzierter Niedriglohnsektor durch Kombilöhne, der dann auch noch zulasten des Arbeitslosengeldes II finanziert werden sollte, zu Recht ad acta gelegt wurde. Den Beitrag, den Sie, Herr Minister Laumann, dazu geleistet haben, stützen wir ausdrücklich.

Wir sind aber auch der Überzeugung, dass das vom Bundesminister für Arbeit und Soziales, Franz Müntefering, vorbereitete Maßnahmenbündel zum Bereich Kombilohn, das gleichzeitig die Verankerung eines Mindestlohns im Auge hat und das Entsendegesetz einbindet, die richtige Vorgehensweise ist.

Kombilohn und Mindestlohn sind für uns zwei Seiten derselben Medaille. Wir verbinden damit die Hoffnung – das haben auch andere Redner gesagt –, dass auch die haushaltsnahen Dienstleistungen, wie im Antrag angesprochen, davon profitieren. Resultierend aus Erfahrungen, setzen wir aber die arbeitsmarktpolitischen Effekte eher zurückhaltend an.

Zugegeben, es gibt keinen Königsweg in der Arbeitsmarktpolitik. Wenn jedoch schon ein Tariftreuegesetz in diesem Landtag bei der schwarz

gelben Koalition Teufelswerk ist, wird die Durchsetzung der Position zu Kombi- und Mindestlohn in der Koalition und in der Landesregierung, Herr Minister, von Ihnen noch viel Überzeugungskraft verlangen. Insbesondere in dem Bemühen, auf Bundesebene eine tragfähige Lösung zu erreichen, unterstützen und begleiten wir Sie gerne. Sie würden jedoch keine Unterstützung von uns erhalten, wenn Sie wie in Niedersachsen oder Hamburg mit einem Quasikombilohnmodell daherkämen.

Vertreter der Arbeitsgemeinschaften und der Optionskommunen – Kollegin Steffens hat es auch angesprochen – haben in der letzten Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales noch einmal ihre Forderungen und Wünsche an das Land formuliert. Klar ist – das gehört auch zur Wahrheit von Arbeitsmarktpolitik –, dass ca. 15 bis 20 % der Arbeitslosengeld-II-Bezieher mit den arbeitsmarktpolitischen Instrumentarien des SGB II kurzfristig nicht in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren sind. Sie erwarten für diese Menschen die Hilfe und Unterstützung des Landes.

Daher, Herr Minister, fordern wir Sie auf: Stellen Sie sich den Anforderungen insbesondere für diese Personengruppe! Also, abschließend die Bitte: kein Schnellschuss wie in Niedersachsen und Hamburg.

(Minister Karl-Josef Laumann: Deswegen habe ich auch nicht gesagt, wie ich es ma- che!)

Ich will Sie ja nur vor Entwicklungen bewahren. Sie können immer noch die Redezeit ausnutzen oder überziehen, um doch noch darauf zu antworten.

Ich möchte Sie vor einem Modell Laumann bewahren, das Modell Fielmann heißt: Da musst du ja nichts dabeitun. Daher fordern wir Sie auf: Setzen Sie bei einem Kombilohnmodell auf der Bundesregelung auf! Dann gibt es im Sinne des Antrags auch Chancen und Entwicklungen zu den haushaltsnahen Dienstleistungen. Kommen Sie insbesondere den Forderungen von Optionskommunen und Arbeitsgemeinschaften in diesem Feld nach!

Letzte Bemerkung: Der Bedarf an haushaltsnahen Dienstleistungen ist nicht gleichzusetzen mit einer Nachfrage nach haushaltsnahen Dienstleistungen. Das ist auch angesprochen worden. Diese Erkenntnis sollte bei allen Modellentwicklungen handlungsleitend sein. Handlungsleitend muss auch sein, die Nachfrage nicht über Dienstleistungspools und Agenturen zu stimulieren und zu entwickeln, vor allem dann nicht, wenn die Mo

dellprojekte, wie es in Nordrhein-Westfalen der Fall war, einen ungeheuren öffentlichen Finanzierungsbedarf haben. Diesen Ansatz wollen wir nicht fördern.

Wir freuen uns auf eine kritisch-kontroverse, aber auch konstruktive Diskussion im Ausschuss mit dem Antragsteller und der Landesregierung. Wir stimmen der Überweisung des Antrags in die Ausschüsse zu. – Danke schön.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Garbrecht. – Als nächste Rednerin hat für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Westerhorstmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist heute schon vielfach angeklungen – darin sind wir uns alle einig –, dass der Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen erhebliche Potenziale beinhaltet, die zu erschließen sich lohnt.

Nicht erst seit heute ist uns bekannt, dass die Wertschöpfung im Haushalt größer ist, als im Bruttoinlandsprodukt ausgewiesen.

Richtig ist, dass der Bedarf an haushaltsnahen Dienstleistungen angesichts des demographischen Wandels aller Voraussicht nach weiter steigen wird. Es wird daher Zeit, dem privaten Haushalt als Betrieb mehr Aufmerksamkeit entgegenzubringen.

Einen wichtigen Schritt in diese Richtung hat die Bundesregierung getan, indem sie die Möglichkeit, die Kosten für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen wie Kinderbetreuung, Betreuung von Pflegebedürftigen steuerlich zu berücksichtigen, auf den Bereich der Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ausgeweitet und auch diese teilweise steuerlich abzugsfähig gemacht hat.

Es geht aber auch – das habe ich in Ihrem Antrag vermisst – um die gesellschaftliche Anerkennung dieser wertvollen Arbeit, die sich nicht ausschließlich in Euro und Cent bemisst. Sie drückt sich vielmehr darin aus, wie wir mit Menschen umgehen, die sich für eine derartige Arbeit entschieden haben. In der Haltung Ihnen gegenüber drückt sich aus, welche Werte uns als Gesellschaft wichtig sind.

Da hilft es nicht, meine Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, die Augen davor zu verschließen, dass gerade Sie es waren, die den Ar

beitsplatz Haushalt zu einem Arbeitsplatz zweiter Klasse degradiert haben – mit fatalen Wirkungen für die in diesem Bereich tätigen Menschen, mit fatalen Wirkungen auch für uns Frauen. Sie waren und sind sich nicht einmal zu schade, immer wieder die gleichen alten Klischees aus der Mottenkiste zu holen und durch die Presse zu jagen, mit der Folge, dass in diesem Bereich kaum noch jemand ein Arbeitsfeld suchte und dieser Bereich mit den Jahren einen enormen Imageschaden davongetragen hat. Hat die CDU das Thema „haushaltsnahe Dienstleistungen“ auf die Agenda gebracht und diskutiert, so kamen Sie uns unmittelbar mit dem Vorwurf einer Politik für Frauen à la Rüschenbluse und Faltenrock.

Frau Steffens, Sie werden sich sicherlich daran erinnern. Bei Ihnen heißt diese Politik dann „Haushaltsnahe Dienstleistungen ausbauen – Perspektiven für ältere Menschen, für neue Arbeitsplätze und zum Abbau illegaler Beschäftigung schaffen“.

Dass gerade Sie es sind, die diesen Bereich auf einmal für sich entdecken, verwundert mich eigentlich wenig. Denn dieser Bereich ist außerhalb der Pflege sehr viel umfangreicher. Aber nur dadurch, dass man dem Ganzen die Gender-Perspektive verpasst, wird daraus keine neue Geschichte.

Immerhin freue ich mich darüber, dass Sie lernfähig sind und dem Betrieb Haushalt mehr Aufmerksamkeit widmen und – ich gebe hier meiner Hoffnung Ausdruck – auch mehr Anerkennung entgegenbringen möchten.

In diesem Zusammenhang stelle ich die Bitte: Werten Sie nicht ständig die Frauen ab, die sich für derartige Tätigkeiten entscheiden. Das haben diese Menschen nicht verdient.

Ich selbst kann sagen, dass ich Hauswirtschaft gelernt habe, und zwar von der Pieke auf, und dass ich diese Tätigkeit mit Freude ausgeübt habe. Aus eigener Erfahrung weiß ich daher um die vielfältigen Anforderungen, die dieser Beruf mit sich bringt. Neben praktischen Fähigkeiten und einer guten Zeitplanung sind vor allen Dingen sehr viele soziale Kompetenzen gefragt.

Von daher halte ich es für grundsätzlich begrüßenswert, dass Sie sich endlich dieses neuen Berufsfeldes mit Chancen für neue Arbeitsplätze annehmen. Was wir brauchen – und da schließe ich mich dem an, was der Minister gesagt hat –, ist ein niederschwelliges Angebot ohne sehr viel bürokratischen Aufwand.

Ich kenne Dienstleistungspools. Ich weiß, wie lange wir im Landfrauenservice gebraucht haben, bis

wir diese Angebote auf den Weg bringen konnten. Und ich weiß auch, dass es uns nicht weiterhilft, wenn wir eine große Einrichtung schaffen, die die Aufgaben vermittelt, und letztendlich bei denen, die in diesem Bereich arbeiten, kaum noch Geld übrig bleibt.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir dafür belächelt wurden, dass wir dieses Feld der haushaltsnahen Dienstleistungen als Jobmotor in unser Zukunftsprogramm übernommen haben. Wir müssen in diesem Zusammenhang auch über ein neues Berufsbild nachdenken. Ich bin der Meinung, dass man auch fragen darf, ob ein Abschluss immer mit einer dreijährigen Ausbildung einhergehen muss oder ob nicht auch eine verkürzte Ausbildung möglich sein kann, in der Qualitätsstandards erworben werden können, um letztendlich ein Arbeitsfeld in diesen Dienstleistungsbereichen zu finden.

Ich freue mich über Ihren Erkenntniszuwachs. Aber wie üblich haben Sie wenig Vertrauen, dass es die Menschen eigenständig regeln können. Sie wollen alles mit Subventionen und Bürokratie überziehen. So funktioniert das in Zukunft wahrscheinlich nicht mehr, meine Damen und Herren.

Ich freue mich auf die Diskussion in unserem Ausschuss und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Westerhorstmann. – Als nächste Rednerin hat die Kollegin Steffens für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mich in Anbetracht der Uhrzeit nicht mehr zu Wort melden und allen einen schönen Feierabend gönnen. Ich empfand allerdings die eine oder andere Passage in Ihrem Redebeitrag, in der Sie Klischees aufgebaut und diese als grüne Positionen dargestellt haben, als ziemliche Unverschämtheit. Ich kann Ihnen gerne unsere Wahlprogramme der letzten Jahre zustellen, damit Sie sich anschauen können, was grüne Positionen sind. Das, was Sie hier als grüne Positionen darzustellen versucht haben, hat nichts mit unseren Parteipositionen und auch nichts mit dem, was wir hier im Landtag gemacht haben, zu tun.

Ich kann mir lediglich erklären, dass diese seltsamen Klischeebilder daher kommen, dass wir uns als Grüne immer gegen das Motto „unbezahlt und an den Herd“ – das war wohl eher Ihre Program

matik – gewehrt haben. Vieles von dem, was hier in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren zur Anerkennung gerade der haushaltsnahen Dienstleistungen geleistet wurde – ob nun Dienstleistungspools oder andere Maßnahmen –, geschah auf Initiative der Grünen. Ihre Rüschenbilder der Vergangenheit haben nichts mit unserer Partei zu tun. Das möchte ich zurückweisen. Ich finde, dass das sehr diffamierend war, und das lasse ich hier so nicht stehen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Steffens. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann sind wir am Schluss der Beratung.

Der Ältestenrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/1433 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales – federführend –, den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration, den Innenausschuss, den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform, den Ausschuss für Frauenpolitik, den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, der möge mit der Hand aufzeigen. – Gegenstimmen? – Dann ist das mit Zustimmung aller vier Fraktionen so angenommen.

Ich rufe auf:

12 Staatlich-kommunale Verantwortungsgemeinschaft stärken – keine Entmündigung der Kommunen durch das Schulgesetz

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/1430