Protocol of the Session on March 25, 2010

Der FrauenRat NW hat in seiner Mitgliederversammlung am 7. März 2010 einstimmig einen Antrag und eine Resolution beschlossen, die einen Mindestlohn zum Ziel hat. Der FrauenRat NW vertritt ca. 70 Frauenverbände in Nordrhein-Westfalen. Frau Westerhorstmann und ich sind Mitglieder im Vorstand. Das ermuntert mich, Sie, liebe Kolleginnen – ich spreche ganz bewusst nur die Damen an – von der CDU und der FDP, aufzufordern: Geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß, stimmen Sie unserem Antrag zu! Die Frauen, für die wir stellvertretend hier im Parlament unseres wunderbaren Landes sind, danken es Ihnen und uns.

(Beifall von der SPD)

Lassen Sie uns Frauen ein Signal in das Land hinaustragen, dass wir in Frauenangelegenheiten fraktionsübergreifend zusammenhalten.

Ich möchte mich noch von einigen Kolleginnen verabschieden, die dem nächsten Parlament nicht mehr angehören werden, an erster Stelle die Ausschussvorsitzende, Frau Rühl; auch Frau Monheim wird nicht mehr dabei sein. Das war eine sehr angenehme Zusammenarbeit mit beiden. Und ganz besonders verabschieden möchte ich mich von Helga Gießelmann,

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

die 20 Jahre lang in diesem Haus die Fahne für die Frauen hoch gehalten hat, die für unsere Frauenhäuser und für das Landesgleichstellungsgesetz gekämpft hat. Helga, du hast für die Frauen hier wirklich Großes geleistet – und du leistest es immer noch. Danke!

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Frau Kollegin Meurer.

Bevor ich Frau Kollegin Westerhorstmann für die Fraktion der CDU das Wort gebe, möchte ich Folgendes ergänzen. Ich bin gerade auf ein Säumnis hingewiesen worden: Die Rüge eben bezog sich auf den Abgeordneten Horst Becker. Ich hatte den Vornamen offensichtlich nicht genannt. Das noch zur Präzisierung.

Frau Kollegin Westerhorstmann, Sie haben das Wort.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Unter anderem das, Herr Becker. Ich darf Sie bitten, auch das zu unterlassen.

Frau Westerhorstmann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sicherlich wird heute niemand mehr die Bekämpfung von Entgeltungleichheiten in Frage stellen. Alle hier anwesenden Fraktionen haben längst erkannt, dass die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, die hierzulande aktuell bei 23 % liegt, nicht hinnehmbar ist. Sicherlich wissen wir auch, dass allein die Erkenntnis nur die halbe Miete ist. Dennoch bin ich froh, dass zumindest dieser gemeinsame Nenner bei der heutigen Debatte gegeben ist. Aber kommen wir zum Punkt.

Was gilt es im nächsten Schritt zu unternehmen, wenn wir den Nenner erweitern und es nicht nur bei der halben Miete belassen wollen? Wie sieht es mit der Warum- und mit der Wie-Frage aus? Warum besteht in der modernen Zeit von heute diese Lohnlücke? Warum haben Frauen, die immerhin 51 % der Gesamtbevölkerung ausmachen und sogar die besseren Bildungsabschlüsse haben, trotzdem 23 % weniger Geld in der Tasche als ihre männlichen Kollegen?

Liebe Frau Kollegin Meurer, es ist eben nicht nur eine Frauenfrage. Ich denke, dass wir die Männer da mit ins Boot nehmen müssen und dass wir sie mit in die Pflicht nehmen müssen.

(Beifall von Ilka von Boeselager [CDU])

Wie können wir dann diese Lohnungleichheit bekämpfen? – Entscheidend für das Warum und Wie ist vor allen Dingen die Betrachtung der Ursachen für Lohnunterschiede. Dabei wird deutlich – und das macht die Bekämpfung so langatmig –, dass die Ursachen mehrdimensional sind.

Das beginnt mit der Berufswahl von Mädchen und jungen Frauen. Während beispielsweise technische und mathematische Berufe eher Jungensachen sind, wählen Mädchen Berufe wie Bürokauffrau, Kauffrau im Einzelhandel, Arzthelferin, Friseurin – allesamt Berufe mit geringen Karrierechancen.

Eine weitere, entscheidende Ursache ist die Berufsunterbrechung. Noch immer sind es meist die Frauen, die die Hauptverantwortung für die Familienar

beit übernehmen. Der Wiedereinstieg gestaltet sich häufig schwierig. Und wenn er gelingt, kommt hinzu, dass Frauen den Einkommensvorsprung ihrer männlichen Kollegen gar nicht oder gar nicht so leicht aufholen können.

Auch müssen wir Frauen in Führungspositionen betrachten, die dort nicht in gleicher Zahl vertreten sind wie Männer. Vor allem in Großkonzernen sind Vorstände und Aufsichtsräte, aber auch die zweite Führungsebene fast ausschließlich männlich.

Wie kommen wir bei dieser Ursachenvielseitigkeit zu einem guten Weg und zum Erfolg? Ist ein Gesetz, wie in Ihrem Antrag gefordert, sinnvoll – oder gar die Quotenregelung? – Meine Damen und Herren, ich denke, dass wir es uns damit ein wenig zu leicht machen. Es kann auf diesem Weg nicht klappen, weil er zu einseitig und daher auch zu kurz gedacht ist. Die Folge wäre nämlich ähnlich, wie oft in der Medizin der Fall: Die Symptome würden verschwinden, von Heilung wäre aber sicher nicht die Rede.

Zudem blenden die Antragsforderungen einen entscheidenden Faktor aus, nämlich dass die Bekämpfung der Ungleichheit nur mit Unterstützung der Unternehmen, nicht gegen die Unternehmen beseitigt werden kann. Der freiwillige Lohntest „Logib-D“, mit dem Unternehmen die Entgeltgleichheit innerhalb des eigenen Betriebes überprüfen können, wurde von Familienministerin Ursula von der Leyen im März 2009 vorgestellt. Jetzt eine gesetzliche Verpflichtung einzuführen, ohne der Wirtschaft die Chance einzuräumen, selbstständig tätig zu werden, ist verfrüht.

(Helga Gießelmann [SPD]: Es gab doch schon die Vereinbarung in der Wirtschaft!)

Eine alte Volksweisheit besagt, dass der Weg zum Erfolg nur selten per Aufzug zu erreichen ist; meistens muss man doch die Treppe nehmen. – Damit will ich verdeutlichen, meine Damen und Herren, dass meine Ansicht nichts mit Ausbremsen oder Ausblenden der Probleme zu tun hat. Der Weg zum Ziel muss einfach ein anderer sein, wenn es uns wirklich ernst damit ist, die Ursachen für die Entgeltungleichheit zu bekämpfen. Das ist vielseitiger, das ist somit anstrengender, aber sinnvoller.

Und weil es sinnvoll ist, haben wir bereits viele Maßnahmen ergriffen: Projekte zur Erweiterung des Berufswahlverhaltens von Mädchen und jungen Frauen, das Elterngeld und den massiven Ausbau von Betreuungsangeboten für die Kleinsten.

(Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Hier müssen wir auch in Zukunft weiter ansetzen und angemessene Maßnahmen weiterentwickeln. Alle Zwischenrufe in der Hinsicht laufen ins Leere, stellt man fest, wenn man mit Menschen draußen an der Basis spricht, die uns sehr wohl beipflichten,

dass gerade die Kinderbetreuung ein entscheidender Schritt auf diesen Wegen ist.

Wir sind aber auch andere neue Wege gegangen. Im Jahr 2009 haben wir den Spot „Schluss mit dem Unsinn“ in den Kinos platziert, um gesamtgesellschaftlich die Aufmerksamkeit für die Entgeltungleichheit zu erweitern.

Ein lobenswertes Beispiel aus der Praxis, welches belegt, dass es auch ohne Quoten und Gesetze gehen kann, ist die Telekom. Als erstes der 30 DAX-Unternehmen hat die Deutsche Telekom beschlossen, den Anteil von Frauen in Führungspositionen auf 30 % zu erhöhen. Wir sind zuversichtlich und hoffen, dass diese Telekom-Initiative Nachahmeffekte auslöst.

Auch wenn das Thema in der Wirtschaft noch umstritten ist, wird und muss die Erkenntnis überwiegen, dass Unternehmen mit einem höheren Frauenanteil bessere Ergebnisse erzielen und rentabler sind. Das ist der entscheidende Punkt. Sicher spielt ein erweitertes Bewusstsein für Ungleichbehandlung und Freiwilligkeit eine große Rolle; aber entscheidender Faktor ist eben nicht nur der Selbstzweck, sondern das eigene Interesse der Unternehmen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, bleiben wir also auf dem richtigen Weg: mit den Unternehmen und nicht gegen sie und mit vielseitigen Maßnahmen Schritt für Schritt anstatt mit verfrühten Schnellschüssen.

Als Sprecherin der CDU-Fraktion im Ausschuss für Frauenpolitik darf ich zum Abschluss dieser Legislaturperiode ebenfalls allen Frauen und Männern des Ausschusses ein Dankeschön sagen. Es hat sehr viele kontroverse Diskussionen gegeben. Ich bin sicher, die werden wir auch in Zukunft haben, weil wir sicherlich nicht allen Fragen übereinstimmen. Aber im Kern haben wir natürlich alle das Ziel, die Ziele der Frauen nach vorne zu bringen. Es gibt dafür nur unterschiedliche Wege, auf die wir uns nicht immer gleich verständigen können.

(Widerspruch von Barbara Steffens [GRÜ- NE])

Mein Dank gilt auch allen ausscheidenden und in Zukunft hier nicht mehr anwesenden Kolleginnen und Kollegen. Ich freue mich trotz alledem auf die nächste Legislaturperiode. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Westerhorstmann. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der FDP Frau Kollegin Pieper-von Heiden das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Und nun der Ruf der SPD nach einem Entgeltgleichheitsgesetz – nach dem Ruf der Quotierung von Aufsichtsratsmandaten.

Auch ich begrüße es, wenn sich die Telekom in ihrem Unternehmen eine Selbstverpflichtung auferlegt und für mehr Frauen in ihrem Aufsichtsrat sorgt. Aber eine von außen auferlegte Quote lehnen wir weiterhin ab. Das haben wir in dieser Legislaturperiode schon an mehreren Stellen diskutieren können.

Meine Damen und Herren von der SPD, Sie haben durchaus erkannt, dass für die Entgeltdifferenz unterschiedliche Ursachen verantwortlich sind. Da haben wir die Familienbetreuungszeiten, das Fehlen von Frauen oder von vielen Frauen in bestimmten Berufssparten, das unterschiedliche Verhalten von Frauen und Männern auch bei der Entgeltverhandlung und auch grundsätzlich schlechter bezahlte Berufe. In der Tat! Aber ich möchte auch sagen, dass es diskriminierend ist, hier von Frauenberufen zu sprechen. Leider sind das von Frauen vielfach oder überwiegend gewählte Berufe. Frauen sind nicht dafür geboren, sich einen von ganz bestimmten wenigen Berufen auszusuchen. Da besteht schon Freiwilligkeit; das möchte ich hier auch mal betonen.

Eine Frauenquote ist mit uns also nicht zu machen. Aber wir als FDP setzen uns selbstverständlich dafür ein, dass Frauen in allen Bereichen des Arbeitslebens gleichwertige Chancen und damit auch gleichwertige Arbeitsentgelte erhalten.

Wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, bereits festgestellt haben, liegen Ungleichheiten oft auch darin begründet, dass Frauen familienbedingt ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger unterbrechen als ihre Ehemänner. Darüber hinaus sind sie viel mehr als ihre Ehemänner teilzeitbeschäftigt. Vielfach wollen sie diese Arbeitsteilung innerhalb der Familie auch so.

Frauen müssen in der Tat schneller wieder in ihren Beruf zurückkehren können, wenn sie dies wollen. Aber noch einmal: Da hilft eben keine Frauenquote und auch keine Offenlegungspflicht. Da hilft nur ein gut funktionierendes Netz an Betreuungsmöglichkeiten. In diesem Bereich hat die Landesregierung ja in den letzten Jahren vieles auf den Weg gebracht. Das wissen Sie. Wir haben schon gehört, bei den Betreuungsplätzen für U3 kommen wir von zwei Komma etwas Prozent und sind am Ende dieser Legislatur nahezu bei einer Verzehnfachung angelangt. Das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Wir setzen darüber hinaus auf beste Ausbildung und unterstützen die Landesregierung in Ihren Bemühungen, Mädchen und Frauen verstärkt in

technische Berufe zu bringen, also sie für Berufe in Technik und auch für naturwissenschaftliche und technische Studiengänge zu begeistern. Das werden Sie durch ein solches, von Ihnen gefordertes Gesetz nicht schaffen. Oder glauben Sie, dass auch nur eine einzige Frau mehr ein Ingenieurstudium aufnimmt, nur weil Sie von der SPD jetzt ein Entgeltgleichheitsgesetz auf den Weg bringen wollen?

Manchmal ist da, besonders bei den Grünen, so eine Realitätsferne, eine Wirtschaftsferne vorhanden. Ich habe hier eine Pressemitteilung zum morgigen Equal Pay Day von Frau Steffens und von Frau Schneckenburger, in der steht – das wird immer wieder gesagt –, dass Frauen 23 % weniger Einkommen haben. Das stimmt ja wirklich. Aber man erweckt damit in der Öffentlichkeit den Eindruck, als läge es daran, dass Frauen für gleiche Arbeit geringer bezahlt würden.

(Ursula Meurer [SPD]: Das ist doch auch so! Das ist nicht nur der Eindruck, das ist nach- gewiesen!)