Protocol of the Session on March 25, 2010

Vielen Dank, Herr Minister. – Wir setzen die Debatte fort. Für die SPDFraktion spricht Frau Abgeordnete Altenkamp.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Laschet, ich denke, es ist deutlich geworden, was das eigentliche Problem Ihres Gesetzes ist. Letztlich stand ja die Grundabsicht der Kommunalisierung dahinter. Sie haben die Verantwortung für die frühe Bildung kommunalisiert. Sie haben die Verantwortung auf die Kommunen übertragen, und zwar nicht etwa, weil das dort Ihrer Ansicht nach am besten geregelt werden kann, sondern weil Sie auf diesem Weg verbrämen konnten, dass Sie nicht bereit waren, ausreichend Geldmittel zur Verfügung zu stellen.

So kommt es dann auch zustande, dass Sie als Minister sich die Unverschämtheit leisten, auf den Brief eines Kollegen aus Aachen folgendermaßen zu antworten:

Gerne teile ich Ihnen deshalb mit, dass die Stadt Aachen – wie im Übrigen alle andere Jugendämter auch – davon ausgehen kann, dass die zum 15. März im KiBiz.web gemeldeten U3-Plätze gefördert werden.

Dabei lassen Sie völlig aus, dass es in der Zwischenzeit landauf, landab wesentlich niedrigere Meldungen seitens der kommunalen Jugendämter und der kommunal Verantwortlichen gibt, als es tatsächlich Bedarf gibt. Das kann ich aus meiner Heimatstadt und aus mehreren Nachbarstädten im Ruhrgebiet berichten.

Woran liegt das? – Es steht nicht genug Geld zur Verfügung, und diese Landesregierung lässt die Kommunen in vielfacher Hinsicht im Stich. Insbesondere lässt sie die Mittel, die seitens des Bundes für das KiföG und die U3-Plätze zur Verfügung stehen, im Landeshaushalt versickern und leitet sie nicht, wie andere Bundesländer es tun, an die Kommunen weiter.

Ich will noch einmal das Thema Sprachförderung aufgreifen; das scheint ja Ihr letzter Rettungsring in dieser Diskussion zum sogenannten Kinderbildungsgesetz zu sein. Nehmen wir einmal an, Sie hätten tatsächlich mehr Geld für die Sprachförderung bereitgestellt. Dann ist es aber immer noch so,

dass Sie nicht wirklich erklären können, worin der Sinn dieses Sprachtests in dieser Größenordnung liegt.

Es fallen über 30.000 Unterrichtsstunden von Grundschullehrerinnen aus, um diesen Sprachtest durchzuführen.

(Beifall von der SPD)

Was erreichen Sie mit diesem Sprachtest? – Sie stellen die Tagesform des Sprachvermögens von Vierjährigen fest. Das ist ein absolut ungeeignetes Verfahren, um das tastsächliche Sprachvermögen von Vierjährigen darzustellen. Deshalb ist das Geld dafür verschwendet, und der Test ist in keiner Form – schon gar nicht pädagogisch – zu rechtfertigen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Im Hinblick auf die Kindertagespflege haben Sie eben ganz vorsichtig formuliert, was eigentlich die dahinter stehende Problematik ist. In den letzten drei Haushalten haben Sie Geld für 23.000 bis 25.000 Kindertagespflegeplätze bereitgestellt, die Sie bräuchten und fördern wollen, um den U3Bedarf zu decken. In der vorletzten Woche haben Sie aber bekannt gegeben, es seien nur Mittel für 11.000 Plätze abgerufen worden. Außerdem haben Sie angekündigt, man müsse bei der Qualifizierung wohl noch ein bisschen nachlegen.

Das, Herr Minister, deutet aber nur darauf hin, dass die Opposition mit ihrer Argumentation recht hatte, dass die Eltern vor allen Dingen erst einmal institutionelle Plätze suchen, dass Tagespflege an vielen Stellen kompensatorisch ist

(Minister Armin Laschet: Na und? Das ist doch wunderbar!)

und dass Sie deshalb mit Ihrer Absicht ins Leere laufen, soviel Geld in die Tagespflege zu stecken, das Sie viel besser zur Verstärkung und Verbesserung der Personalsituation in den Einrichtungen verwenden könnten.

Frau Kastner hat gefragt, wo denn unsere Vorschläge sind. – An Vorschlägen, das KiBiz zu verändern, hat es seitens der Oppositionsfraktionen, insbesondere unserer Fraktion, aber wohl kaum gemangelt.

(Ralf Witzel [FDP]: Aber an Geld!)

Ich will Ihnen außerdem noch etwas in Erinnerung rufen, Frau Kastner: Es waren die Oppositionsabgeordneten, die Sie und den Minister auf die Ergänzungskräfteproblematik aufmerksam gemacht haben. Sie haben das Problem negiert und so getan, als gäbe es das gar nicht.

Vor dem Hintergrund zeichnet es sich ab, dass wir am Ende des Evaluationsprozesses, den Sie einleiten wollen – Sie sagten, dass Sie das mit den Ergänzungskräften langfristig regeln wollen –, immer noch Ergänzungskräfte haben werden, die nicht die

Möglichkeit einer Weiterbildung hatten. Deshalb fordern wir, nicht die Evaluation abzuwarten, sondern sofort zu beginnen.

Sie, Herr Minister, haben noch 47 Tage Zeit, die Probleme, die Sie mit diesem Gesetz erzeugt haben, jetzt entschlossen anzugehen. Sonst werden es andere machen. Darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Altenkamp. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Witzel. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass die Grünen die letzte politische Kraft sind, die sich in dieser Debatte mit Vorschlägen melden sollte. Als dieses Gesetz von diesem Parlament mit großer Ernsthaftigkeit beraten und beschlossen wurde, hatte Frau Asch nichts anderes zu tun, als Luftballons in den Plenarsaal zu werfen.

Sie ziehen jetzt von Veranstaltung zu Veranstaltung und antworten dort auf die Frage nach Ihrem Finanzierungskonzept: Geld ist genügend da. – Das ist die grüne Antwort. Mit Blick auf Generationengerechtigkeit und Haushaltssolidität ist das peinlich.

Sie sollten stattdessen zur Kenntnis nehmen, was mit dem KiBiz erreicht worden ist. Ich widerspreche ausdrücklich meiner Vorrednerin: Die Tagespflege ist ein wichtiges Instrument. Wir sollten sie deshalb auch weiterhin fördern und ausbauen. Es entspricht auch unserer Philosophie „Privat vor Staat“, dass nicht alles in Einrichtungen stattfinden muss. Der Charakter der Tagespflege ist besonders geeignet, in der individuellen Abstimmung mit den Bedürfnissen der Eltern flexibel zu Lösungen zu kommen. Deshalb liegt uns zu Recht an der Tagespflege. Die Opposition weiß genau, dass wir alle kommunalen Wünsche erfüllt haben. Das gilt auch für die stundenmäßige Staffelung. Das ist auch gut und richtig so.

Zur Kapazität: Sie haben bei Ihrer Abwahl im Jahr 2005 eine Bedarfsdeckung von 2,8 % hinterlassen. Das war der schlechteste Wert in ganz Deutschland. Das war unser Startpunkt.

(Beifall von der CDU)

Wir brauchen deshalb noch Zeit, um noch einen gewaltigen Schritt nach vorne zu machen. Aber wir holen auf.

Es war der Running Gag, dass Sie U3-Betreuung immer als mit einer Bedarfsdeckung von unter 3 %, nämlich 2,8 %, übersetzt haben. Dafür sind Sie Mitte 2005 zu Recht abgewählt worden. Das können Sie hier nicht verdrängen, meine Damen und Herren von der Opposition.

(Beifall von der FDP)

Eine letzte Bemerkung möchte ich zu den Elternbeiträgen machen, weil die Frage eine Rolle spielte: Ja, wir haben uns ganz bewusst entscheiden, Kommunen Freiheiten zu lassen, weil das unsere Philosophie ist. Es gibt Standards, die einzuhalten sind. Aber es ist auch richtig, dass Kommunen im Standortwettbewerb stehen und ihre Schwerpunkte bei der Ausgestaltung lokaler Politik setzen können.

Es ist falsch, dass die Opposition den Eindruck verbreitet, alle sozial bedürftigen Familien würden abkassiert. Sie wissen, Frau Altenkamp, dass die Hälfte aller Kinder in Ruhrgebietskommunen und ihre Eltern überhaupt nicht beitragspflichtig sind, wenn sie die Einrichtungen besuchen.

(Britta Altenkamp [SPD]: Was soll mir das jetzt sagen? – Gegenruf von Wolfgang Jörg [SPD]: Dass die Last bei den Kommunen liegt!)

Herr Kollege.

Das soll Ihnen sagen, Frau Altenkamp, dass wir Kommunen bewusst die Freiheit lassen, die kommunale Hoheit.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Damit komme ich zu meiner letzten Bemerkung in Beantwortung der Frage von Frau Altenkamp.

Wir kommen entsprechend zu einem System, in dem Kommunen die Gestaltungsfreiheit über ihre eigenen Beitragstabellen haben.

(Britta Altenkamp [SPD]: Hartz-IV-Empfänger und nicht mehr Ganztagsplätze!)

Es ist gut, dass davon in diesem Land unterschiedlich Gebrauch gemacht wird, weil wir nicht die Einheitsgesellschaft wollen, sondern individuelle Lösungen.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Witzel. – Frau Kollegin Asch von den Grünen, bitte schön.

(Norbert Killewald [SPD]: Ich sage nur: Re- debeitragsdefizitausgleich, Herr Witzel! Alle Wünsche der Kommunen erfüllt: So ein Blöd- sinn!)

Meine Damen und Herren! Es würde CDU und FDP gut anstehen, wenn Sie sich in der Tat in den Einrichtungen informieren

würden. Ich muss aber feststellen, dass ich bei allen Veranstaltungen, bei denen ich in den letzten Wochen war – sei es in Essen, sei es in Dortmund oder Anfang dieser Woche in Herford –, auf keinem Podium auch nur einen Vertreter von CDU oder FDP gefunden habe,

(Ralf Witzel [FDP]: Falsch! Wir beide waren doch gerade erst gemeinsam bei Komba!)

obwohl Sie eingeladen waren. Sie drücken sich darum,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

diese Realität der Eltern, der Kinder und der Erzieherinnen wahrzunehmen.