Protocol of the Session on March 24, 2010

Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Als Nächstes spricht der fraktionslose Abgeordnete Sagel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! CDU und FDP versuchen, sich über den Wahltermin am 9. Mai zu tricksen. Das kann ich hier für die Linke feststellen. Denn was steuerpolitisch auf uns zukommen wird, ist nach wie vor völlig unklar. Die marktradikalen Extremisten von der FDP wollen weiterhin Steuern senken, wie sie es schon für Hotelbesitzer getan haben; Stichwort: Mövenpick-Spende. Sie haben vor, auch in Nordrhein-Westfalen Klientelpolitik zu machen. Das ist die Politik, die Sie hier verfolgen. Die CDU hat keine klare Haltung und wackelt durch die Gegend.

Noch schlimmer ist die Situation in NordrheinWestfalen. Denn da haben Sie schon vieles gemacht, was in keinster Weise zu akzeptieren ist. Die Verfassungsgegner sitzen hier auf der Regierungsbank. Sie heißen Linssen und Wolf und sind von der CDU und der FDP.

(Christian Möbius [CDU]: Frechheit! – Weite- re Zurufe von CDU und FDP)

Zwei verfassungswidrige Haushalte sind vom Verfassungsgerichtshof in Münster bestätigt worden. Zwei erfolgreiche Verfassungsklagen liefen gegen den Innenminister, Herrn Wolf. Das ist die reale Situation, und das sagt auch etwas über das Verfassungsverständnis von CDU und FDP hier in Nordrhein-Westfalen aus.

Die Finanzagenda 2010 geht mit einer brutalen Schuldenpolitik gegen die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen einher. Die soziale Benachteiligung wird größer. Es gibt eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in Nordrhein-Westfalen. Auch das kann man ganz konkret im Armutsbericht der Landesregierung aus dem Jahre 2007 nachlesen. Es wird schwarz in Nordrhein-Westfalen – ganz schwarz, finsterste Nacht beim Haushalt 2010

(Peter Brakelmann [CDU]: Da müssen Sie mal nach Berlin schauen, wo Sie regieren!)

und bei den Menschen im Land.

CDU und FDP haben seit 2005 ein finanzpolitisches Desaster angerichtet, das zu neuen Rekordschulden führt; Stichworte: Zinslasten und Milliardensubventionen in die WestLB. Mittlerweile hat man bei der WestLB einen Schutzschirm von 17 Milliarden € für die Zocker errichtet, die bei der Bank gearbeitet haben, die Milliarden verzockt und privat Millionen abgezockt haben. Doch es gibt nicht einmal Transparenz. Es gibt nur eine Mauer des Schweigens, und das haben wir hier fünf Jahre im Landtag von Nordrhein-Westfalen erlebt.

Es gibt auch keinen Schutzschirm für die Menschen in Nordrhein-Westfalen. Arbeitslose, Hartz-IVEmpfänger und -Empfängerinnen, Sozialhilfeempfänger und -empfängerinnen leiden unter dem, was Sie in Nordrhein-Westfalen veranstalten.

Dramatische Zustände erleben wir aktuell auch bei den Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Im Jahr 2010 gibt es eine Rekordneuverschuldung von weit über 7 Milliarden €, verbunden mit einem massiven Sozialabbau für die Bürgerinnen und Bürger. Das sind die Auswirkungen der Politik von CDU und FDP im Bund und der Privat-vor-Staat-Politik von CDU und FDP hier im Land.

Sie haben einen Kahlen Asten der Rekordgesamtverschuldung von 107 Milliarden € – das war Ihre Bilanz am 1. Juni 2005 – auf jetzt 130 Milliarden € angehäuft. Sie haben 23 Milliarden € neue Schulden gemacht. Das ist ein Schuldendienst von jährlich mehr als 5 Milliarden €. Auch das ist Ihre Bilanz in Nordrhein-Westfalen.

(Zurufe von CDU und FDP)

Wir fordern als Linke einen vollständigen Kurswechsel. Denn auch die Gewerbesteuerausfälle in Millionenhöhe in jeder einzelnen Kommune in NRW führen zu weiteren massiven sozialen Verwerfungen. Städte und Gemeinden in NRW beklagen bei den Kassenkrediten aktuell rund 18 Milliarden € Verschuldung, die rasch weiter steigt.

Der Koalitionsvertrag im Bund setzt die Umverteilung von unten nach oben fort.

Herr Kollege, Sie kommen bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. – Vor allem Besserverdienende erhalten Steuergeschenke und werden entlastet. Die Städte und Gemeinden in NRW werden soziale und kulturelle Leistungen weiter kürzen müssen. Das ist die reale Situation.

Die Linke hat hier sehr konkrete Vorschläge gemacht: Wir fordern 1.000 neue Steuerprüferinnen und Steuerprüfer, damit die Betriebe überprüft werden. Das würde zusätzliche Steuereinnahmen von mehreren 100 Millionen bringen. Wir wollen eine Millionärssteuer. Wir wollen eine Börsentransaktionssteuer. Das sind alles Forderungen, die wir nach dem 9. Mai hoffentlich konkret durchsetzen werden, wenn wir hier als Fraktion Die Linke im Landtag sitzen.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Und zehn Politkom- missare! – Weitere Zurufe)

Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Als nächster Redner spricht für die Landesregierung Herr Minister Dr. Linssen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen drei Vorbemerkungen machen:

Erstens. Diese Regierung – das habe ich auch den Regierungsfraktionen angemerkt – ist glücklich darüber, dass die SPD diesen Antrag gestellt hat,

(Gisela Walsken [SPD]: So sieht Glück aus?)

weil uns das Gelegenheit gibt, eine brillante Bilanz vorzuweisen.

(Beifall von CDU und FDP)

Zweite Vorbemerkung: Wer Frau Walsken gehört hat, kann sich des Eindrucks nicht verschließen, dass sie ein wahrer Glücksfall für eine Regierung ist.

(Lachen von der CDU – Martin Börschel [SPD]: Für unsere!)

Zu Ihnen, Frau Walsken, mit Ihren Tiraden und Ihrer Fähigkeit, noch nicht einmal Additionen richtig zusammenbringen zu können, muss sich jede Landesregierung beglückwünschen,

(Beifall von der CDU – Gisela Walsken [SPD]: Haben Sie auch etwas anderes zu sagen als immer nur: Die kann es nicht!)

nämlich dass sie eine solche haushaltspolitische Sprecherin der Opposition hat.

(Beifall von CDU und FDP)

Dritte Bemerkung: Ja, Herr Groth, wir stehen zu diesen fünf Jahren voller Stolz.

(Beifall von CDU und FDP – Gisela Walsken [SPD]: Geht ja auch nicht mehr anders! – Ewald Groth [GRÜNE]: Warum sind Sie dann so dünnhäutig?)

Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Ich bin stolz darauf, in dieser Legislaturperiode mit diesem Kabinett und diesen Regierungsfraktionen in zum Teil sehr schwieriger Zeit Finanzpolitik für dieses Land machen zu können.

(Beifall von CDU und FDP – Ewald Groth [GRÜNE]: Die Zahlen sagen etwas anderes, Herr Minister! – Martin Börschel [SPD]: Ab- gesang!)

Bei der SPD – das merkt man ja auch an ihrem Wahlprogramm – spielen Finanzpolitik und Haushaltskonsolidierung überhaupt keine Rolle mehr. In Ihrem Wahlprogramm findet sich selbst der Begriff „Landeshaushalt“ nicht mehr. Das zeigt, dass Sie einfach auf den Weg setzen: Wir versprechen in diesen Zeiten das blaue vom Himmel, der Wähler wird es vielleicht nicht merken.

(Gisela Walsken [SPD]: Haben Sie genau hingeschaut?)

Der Wähler ist viel klüger, als Sie denken. Er weiß, was hier von Ihnen gespielt wird.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, 1995 bis 2000 – dieses Beispiel nehme ich gerne – hat Rot-Grün uns ja mit einer brillanten Koalitionsvereinbarung überrascht. Lesen Sie die nach, dann kommen Ihnen die Tränen. Ich habe das zu Beginn unserer Legislaturperiode gemacht

(Gisela Walsken [SPD]: Lesen Sie doch ein- mal Ihre eigene!)

und habe gedacht: Mein lieber Onkel Otto, was haben die für Versprechungen gemacht!

Was ist davon eingetreten? Ich komme darauf ausdrücklich zu sprechen, weil Sie immer behaupten, wir hätten aus den hohen Steuereinnahmen nicht genügend gemacht: Sie haben über 4 Milliarden € Steuermehreinnahmen in dem Zeitraum von 1995 bis 2000 gehabt, haben aber am Ende die Nettoneuverschuldung noch einmal um 400 Millionen € erhöht. Das ist Ihre Leistung gewesen!

(Beifall von CDU und FDP – Gisela Walsken [SPD]: Gucken Sie einmal in Ihre Bilanz, Herr Finanzminister!)

Zu den Jahren 2000 bis 2005 kann ich nur Folgendes beitragen: Sie haben alleine in diesen fünf Jahren bei einem Wachstum der Wirtschaft – anders als heute – 32 Milliarden € neue Schulden auf den großen Haufen draufgetan. Das war Ihre Leistung der Legislaturperiode 2000 bis 2005.

(Beifall von CDU und FDP – Gisela Walsken [SPD]: Und Sie, Herr Minister?)

Frau Walsken, ich stehe zu dieser Bilanz; ich komme gleich dazu.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Groth?

Gerne, Herr Groth.

Bitte schön, Herr Kollege Groth.

Herr Minister, da wir nicht bei Halbwahrheiten bleiben wollen, müssten Sie auch bestätigen …